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Im Dialog mit Simplicissimus Grimmelshausen in Renchen

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Johann Jakob Christoph von Grimmelshausen (1621–1676) ist noch immer einer der bekanntesten Autoren der deutschen Barockliteratur. Seinen Namen verbinden viele Leser mit dem Roman Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch (1668/69), der wiederum als erster neuhochdeutscher Roman von weltliterarischem Rang gilt. Die Popularität von Grimmelshausens Abenteuerroman, der eindrucksvoll die Zeit des Dreißigjährigen Krieges mit seinen konfessionellen Konflikten, Gewaltexzessen, Zerstörungen und sozialer Verelendung der Bevölkerung schildert, ist wohl auch darauf zurückzuführen, dass er immer wieder von bildenden Künstlern, Buchillustratoren und Filmregisseuren aktualisiert worden ist. Lange galt Grimmelshausen als ›Bauernpoet‹, doch wir haben es vielmehr mit einem hochgebildeten und belesenen Autor zu tun, der mit dem Simplicissimus einen komplexen, anspielungsreichen und vielfach verschlüsselten, aber auch humorvollen Roman geschaffen hat.

Grimmelshausen wurde im hessischen Gelnhausen (Spessart) geboren. Seine Kindheit und Jugend liegen im Dunkeln, doch hat er offenkundig eine gute Schulbildung genossen. Die Familie wurde wie viele andere Familien Opfer des Dreißigjährigen Krieges. Flucht und Verschleppung waren damals an der Tagesordnung und bestimmten auch das Leben des jungen Grimmelshausen, der zu soldatischen Hilfsdiensten als Trossjunge, Pferdeknecht oder Schreiber gezwungen wurde, später eine militärische ›Karriere‹ als Musketier und Dragoner machte. Grimmelshausen nahm an den Kriegszügen quer durch Deutschland teil, und wir finden ihn auf vielen Schlachtfeldern. Seit 1638 hielt er sich im Gebiet des Oberrheins auf, wo er wiederum Dienst als Soldat tat. Nach Kriegsende blieb Grimmelshausen in der Region, quittierte den Militärdienst und war nun für die Grafen von Schauenburg – seine ehemaligen Kriegsherren – tätig, die seine literarischen Neigungen förderten. 1649 heiratete Grimmelshausen, gründete eine Familie und ließ sich in Oberkirch nieder. Hier begegnet er uns als Schaffner, also als Verwaltungsbeamter mit vielfältigen und oftmals schwierigen Aufgaben beim Wiederaufbau des kriegszerstörten Landes. Das Amt machte ihn zu einem wohlhabenden Mann, Immobilienbesitzer und zum Wirt des Gasthofs »Zum Silbernen Stern«, der noch heute existiert. Sein letztes Lebensjahrzehnt verbrachte Grimmelshausen in Renchen, wo er das Amt des Schultheißen bekleidete, also für die Gerichtsbarkeit zuständig war, und als Bürgermeister agierte. Dieses Amt hatte er bis zu seinem Tod im Jahr 1676 inne, obwohl er nochmals in den wieder aufgeflammten Krieg gegen Frankreich ziehen musste.

Obwohl in Grimmelshausens letztem Wohnort mit der Enthüllung eines Denkmals (1879) neben der Stadtkirche an die vermutete Grabstelle des Dichters erinnert wurde, richtete die Stadt Renchen erst 1998 ein Grimmelshausen-Museum ein. Allerdings hatte man schon 1977 eine Bronzeskulptur des italienischen Bildhauers Giacomo Manzu aufgestellt, die den Simplicissimus als Jäger von Soest darstellt. Als Heimstatt für ein Grimmelshausen-Museum wählte man ein Bürgerhaus aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, das zu den ältesten Gebäuden der Stadt zählt und dessen denkmalgeschützte Substanz durch eine vorsichtig moderne Neugestaltung bewahrt blieb. Das Simplicissimus-Haus ist kein Personalmuseum. Vielmehr hat man sich für ein Konzept entschieden, bei dem die künstlerische Auseinandersetzung mit Grimmelshausen und seinem Werk im Mittelpunkt steht. Gerade diese künstlerische Auseinandersetzung war stets ein Garant für das Weiterleben von Grimmelshausens Romanen. Das Museum versteht sich als »rezeptionsgeschichtliches Literaturmuseum«[10] und schlägt eine Brücke von der bildenden Kunst zum interpretativen Verständnis von Grimmelshausens Romanen. Gezeigt werden künstlerische Annäherungen an die Werke Grimmelshausens von Max Klinger über Ernst Barlach bis zu zahlreichen Gegenwartskünstlern. Grafische Blätter, Buchillustrationen und Skulpturen bilden den Schwerpunkt der Sammlung, die ständig erweitert und aktualisiert wird und damit anschaulich macht, welche Rolle Grimmelshausens Simplicissimus, aber auch seine anderen Werke in der künstlerischen Rezeption nach wie vor spielen.


Grimmelshausen-Museum in Renchen mit der Simplicissimus-Skulptur von Giacomo Manzù

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