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Vorwort

von Nick Vujicic

Keine Arme und Beine zu haben hat mich im Leben vor viele Herausforderungen gestellt. Trotzdem wird mir oft bewusst: Wer ohne liebevolle Eltern aufwachsen muss, hat es noch viel schlimmer getroffen. Ich kann mir kaum vorstellen, wie hart das sein muss.

Mein Vater und meine Mutter waren immer für mich da. Das heißt nicht, dass sie mich verhätschelten und mir jeden Wunsch erfüllten. Meine Großeltern und andere Leute konnten zum Beispiel nicht verstehen, wieso meine Mutter nur dastand und zusah, wie ich als Knirps versuchte aufzustehen.

„Lass ihn“, sagte meine Mom dann. „Er muss das selbst herausfinden.“

Ich gebe zu, dass mich dieser Erziehungsansatz manchmal nervte, vor allem als meine Eltern auf einmal wollten, dass ich mir das Taschengeld verdiente. Ich musste Staub saugen, mein Zimmer aufräumen und das Bett machen. Ich erinnere mich auch an viele lange Abende, an denen Dad mich mit einer Matheaufgabe nach der anderen quälte, während meine Nintendo-Konsole nach mir rief.

Heute weiß ich, dass sie gute Eltern waren. Sie wollten mir eine starke Arbeitsmoral mitgeben, Eigenverantwortlichkeit und ein Fundament des Glaubens. Dasselbe gilt für meine Geschwister. Fast jeden zweiten Tag hörte ich von ihnen, dass mein Leben keine Limits hat.

„Bei dir fehlen vielleicht ein paar Kleinigkeiten, na und? Du kannst trotzdem alles schaffen, was du willst.“

Später fragten sich meine Eltern, ob sie es mit dem Wurzelngeben und Flügelverleihen ein bisschen zu gut gemeint hatten. Sie wollten aus mir einen unabhängigen Menschen machen … und den bekamen sie!

Mit neunzehn kündigte ich an, auf meine erste internationale Tour als Redner zu gehen. Ich hatte schon die ersten Vorkehrungen für meine Reise nach Südafrika getroffen und wollte für bedürftige Waisenkinder meinen Sparstrumpf von zwanzigtausend Dollar auflösen.

Meine Eltern hatten einige Einwände gegen diesen tollkühnen Plan, wie du dir vorstellen kannst. Sie machten sich hauptsächlich Sorgen um meine Sicherheit und fragten sich, wie ich im Rollstuhl durch Afrika kommen sollte. Und natürlich waren sie auch schockiert, dass ich jetzt schon mein mühsam aufgebautes Polster aufbrauchen wollte.

Ich erinnerte sie nicht ohne Vergnügen daran, dass sie es gewesen waren, die immer von einem Leben ohne Limits gesprochen hatten. Außerdem hatte ich doch Abend für Abend mit ihnen für die armen Kinder in der Welt gebetet.

„Das habt ihr nun davon!“, sagte ich.

Mom und Dad waren nicht begeistert, aber sie stellten sich mir auch nicht in den Weg. Manchmal sind sie heute noch bestürzt angesichts meiner großen Träume und meiner Abenteuerlust, aber sie stehen immer hinter mir und packen mit an.

Natürlich haben sie auch ihre Fehler, aber: für mich sind sie, was sie sind: vollkommen unvollkommen. Je älter ich werde, desto bewusster wird mir, dass ihre erhobenen Zeigefinger und Regeln, die mich als Teenager so nervten, mich für ein produktives und erfülltes Leben vorbereiten sollten.

Die Tatsache, dass mein Vater bei fast allem, vor dem er mich gewarnt hat, recht behielt, ist trotzdem gemein. So oft war ich der felsenfesten Meinung, dass er falsch lag, aber am Ende musste ich meist klein beigeben.

Mein Vater ist mir irgendwie immer drei Schritte voraus. Und ich habe den leisen Verdacht, dass ich ihn nie einholen werde. Als Kind habe ich mich manchmal gefragt, ob er Superkräfte hat oder an zwei Orten gleichzeitig sein kann. Er hatte drei Jobs gleich­zeitig, gründete als Laienprediger mehrere Gemeinden und half dann noch meiner Mutter, einen kleinen Wirbelwind ohne Arme und Beine sowie zwei weitere Kinder großzuziehen.

Immer, wenn wir Dad brauchten, war er auf wundersame Weise sofort da.

Zum Beispiel an dem Abend, an dem ich versucht hatte, in der Badewanne Selbstmord zu begehen. Anschließend hatte ich meinem kleinen Bruder davon erzählt, dass ich meinem Leben auf jeden Fall vor dem einundzwanzigsten Lebensjahr ein Ende setzen wollte. Aaron ging sofort zu Dad.

Mein Vater kam am Abend an mein Bett und redete mit mir. Er sagte, dass er und Mom mich liebten, dass meine Geschwister mich lieb hatten und Gott auch. Dann blieb er bei mir sitzen und strich mir über den Kopf, bis ich eingeschlafen war. Das werde ich nie vergessen.

O ja, in die Haare kriegen wir uns auch – weil wir uns so ähnlich sind. Wir haben denselben Ehrgeiz und denselben Dickkopf. Dad hat mir vorausgesagt, dass es mir mit meinen Kindern einmal nicht anders gehen wird. Als wir meinen Eltern eröffneten, dass Kanae schwanger war, lächelte er nur und sagte: „Jetzt wirst du merken, wie das ist als Vater.“

Und natürlich behielt er recht. Ich ermahne Kiyoshi, sein Spielzeug aufzuräumen. Eines Tages wird er im Haushalt mithelfen müssen, um sich sein Taschengeld zu verdienen. Wir beten abends für die armen Kinder auf der Welt. Und dann streiche ich ihm mit dem Kinn über den Kopf, bis er einschläft. Ich hoffe, dass er das nie vergessen wird.

Vollkommen unvollkommene Söhne werden zu vollkommen unvollkommenen Vätern. Aber eins werde ich anders machen als mein Vater. Wenn Kiyoshi mit neunzehn zu mir kommt und verkündet, dass er sein ganzes Erspartes in irgendeinem entlegenen Winkel der Erde an Waisenkinder verpulvern will, werde ich antworten: „Und ich komme mit!“

Mom und Dad, danke für alles.

Ihr habt mich auf ein unverschämt gutes Leben vorbereitet. Dank euch kämpfe ich für ein Leben ohne Limits und ihr habt mich gelehrt, wie man ohne Wenn und Aber liebt.

Kanae und ich werden das an unsere Kinder weitergeben.

Hab euch lieb!

Euer Nick

Nick - Alles außer gewöhnlich

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