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Geleitwort von Andreas Kruse
ОглавлениеDie Autorin Brigitta Schröder legt ein überzeugendes und bewegendes Buch vor. Dieses Buch überzeugt mit seinen Argumenten für eine deutlich stärkere Berücksichtigung spiritueller (oder religiöser) Themen in einem emotional intimen Austausch: Es legt dar, wie sehr sich in diesem Austausch das »Geistige« des Menschen ausdrücken, ich würde es nennen: aktualisieren kann. Dieser Prozess der Selbstaktualisierung ist, folgt man der Autorin bzw. jenen Autoren, die sie zu Wort kommen lässt, nicht nur bei kognitiv gesunden Menschen erkennbar, sondern auch bei Menschen, die an einer Demenz erkrankt sind; in einem weit fortgeschrittenen Stadium der Demenz vermittelt sich diese Aktualisierung immer weniger durch das Wort und immer mehr durch Mimik und Gestik.
Dieses Buch bewegt, weil es uns Anteil nehmen lässt an dem, was man mit dem Philosophen Henri Bergson (1859–1941) als unendlich fortdauernden psychischen Geschehensfluss charakterisieren kann. Die Psyche ist permanent im Fluss und erweist sich bei genauer Betrachtung als ungemein schöpferisch. Der Autorin ist es gelungen, diese schöpferischen Qualitäten der Psyche zum Ausdruck zu bringen bzw. einmal mehr lebendig werden zu lassen. Dabei stützt sie sich auch auf eindrucksvolle biografische Dokumente von Frauen und Männern unterschiedlichen Alters. Diese Dokumente wie auch die behutsam vorgenommenen Deutungen durch die Autorin zeigen uns, wie wichtig es ist, sich in den psychischen Geschehensfluss eines Menschen »einzuschwingen«. Und dieses Sich-Einschwingen erweist sich auch bei Menschen mit einer Demenz als ein Geschehen, in dessen Verlauf wir über die Psyche sehr viel erfahren und lernen.
Zu diesen Lernerfahrungen gehören die unterschiedlichen Ausdrucksformen der Spiritualität. Die Vielfalt dieser Ausdrucksformen richtet an Begleiterinnen und Begleiter, an Zuhörerinnen und Zuhörer die Aufgabe, sich gegenüber der Spiritualität (oder der Religiosität) einer Person zu öffnen, diese nicht als etwas »abzutun«, was in der heutigen Zeit »nicht mehr zählt«. In der diskreten Form, die in diesem Buch gewählt wird, sehen sich vielleicht auch jene Menschen ermutigt und ermuntert, sich mit »ihrer« – vielleicht noch verdeckten – Spiritualität auseinanderzusetzen, für die diese bislang möglicherweise noch kein Thema gewesen ist.
Eine wirkliche Bereicherung für jene, die ratsuchende oder auf Hilfe angewiesene Menschen in Krisen- bzw. in Grenzsituationen begleiten. Zudem für jene, die Impulse für die Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Spiritualität suchen und dankbar aufgreifen.
Heidelberg, im Mai 2021, Univ.-Prof. Dr. phil. Dr. h.c. Dipl.-Psych. Andreas Kruse, Direktor des Instituts für Gerontologie der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg