Читать книгу Das kann's doch nicht gewesen sein! - Britta Irmgard Bauer - Страница 11
4. Was passiert mit Zeit, wird sie nicht gelenkt?
ОглавлениеBestimmt hatten Sie schon mal einen einzelnen Urlaubstag, an dem Sie keinen festen Termin hatten, den Sie aber nutzen wollten, um ganz viel zu erledigen. Nun frage ich Sie, wie viel konnten Sie davon wirklich umsetzen? War es am Ende nicht so, dass der Tag einfach plötzlich vorbei war und Sie nur einen Bruchteil dessen erledigt hatten, was Sie eigentlich wollten? Erinnern Sie sich an die Gefühle, die Sie dabei hatten? Waren Sie glücklich darüber, wie der Tag gelaufen ist oder frustriert, weil der Tag irgendwie verronnen ist? Haben Sie sich vielleicht gefragt: „Wo ist der Tag geblieben?“
Dinge, die erledigt werden sollten, aber keinen festen Termin dafür bekommen, haben die Angewohnheit, unerledigt zu bleiben, und zwar so lange, bis es nicht mehr anders geht.
Habe ich um eine bestimmte Uhrzeit eine Verabredung, so werde ich im Normalfall zur vereinbarten Zeit am verabredeten Ort sein. Alles andere gruppiert sich drum herum.
Setze ich ein fixes Zeitfenster für eine Sache, dann wird in den meisten Fällen innerhalb dieser verfügbaren Zeit das Wichtigste erledigt, vorausgesetzt, ich weiß genau, was ich zu tun habe.
Nehmen wir als Beispiel ein Meeting. Beginn und Ende sind festgelegt. Das Thema ist vorgegeben. Spannend wird es bei der Agenda. Gibt es keine, dann wird es am Ende des Meetings höchstwahrscheinlich noch offene Punkte geben oder man hat das Gefühl, dass noch etwas fehlt. Ist eine Agenda vorhanden, ist für jeden klar, was das Ziel für dieses Treffen ist, wie der aktuelle Stand ist, was zu klären ist und was als nächstes zu tun ist. Doch um eine Agenda zu haben, nach der sich alle Teilnehmer richten können, muss sich einer im Vorfeld die Mühe machen und diese Agenda aufsetzen.
Der Tag verrinnt, wenn wir unsere Zeit nicht planen. Wir können dann nicht mehr steuern und am Ende bekommen wir nichts von dem hin, was wir eigentlich wollten. Das Gleiche passiert, wenn in die Planung zu viele und zu große Aufgaben gepackt werden. Die Aussicht, dass man fertig wird, ist dann nicht gegeben. Am Ende erzeugt das nur Frust.
Gute Erfahrungen habe ich gemacht, wenn ich meinem Tag bestimmte Strukturen vorgebe. Das bedeutet, dass bestimmte Zeiten reserviert sind für konkrete Aktivitäten. Zwischen den geplanten Einheiten ist Raum für Unvorhergesehenes und Alltägliches. Fester Bestandteil in meinem Tagesablauf sind auch Zeiten, in denen ich meine Seele baumeln lasse, an die Luft gehe und tief durchatme.
Diese Freiräume, in denen wir nicht aktiv, sondern nur mit uns selbst beschäftigt sind, sind sehr, sehr wichtig. Das können wenige Minuten sein oder ein paar Stunden. Wir brauchen zwischendurch Zeit, um zur Ruhe zu kommen, durchzuatmen und uns zu sammeln. Wenn ich selbst wieder zentriert und fokussiert bin, ist auch mein Tagesablauf nicht so anfällig für Zerstreuung und Verwirrung.
Nehme ich mir während des Tages bewusst immer wieder einen Moment für mich, den ich nutze, um in mich hineinzuspüren, bewusst meinen Atem wahrzunehmen und innerlich zu mir Hallo zu sagen, tue ich mir bereits etwas sehr, sehr Gutes. So beugen Sie dem Gefühl vor, dass die Zeit einfach verrinnt und Sie nie Zeit für sich haben. Planen Sie diese Momente fest in Ihren Tagesablauf ein, warten Sie nicht damit bis zum Feierabend. Denn wenn Sie abends völlig erschöpft auf Ihr Sofa sinken, ist es bereits zu spät und Ihre Energien sind verbraucht.
Ist Ihnen auch schon aufgefallen, dass Raucher am Arbeitsplatz konsequenter Pause machen? Sobald die Leute nicht mehr rauchen, verlassen sie ihren Arbeitsplatz in der Regel auch nicht mehr für eine Fünf-Minuten-Pause. Mir haben Leute schon gesagt, dass sie aus diesem Grund mit dem Rauchen nicht aufhören. Es ist bisher noch nicht üblich, am Arbeitsplatz für fünf Minuten den Stift bewusst fallen zu lassen und sich einfach kurz zu entspannen und durchzuatmen. Meist arbeiten wir den ganzen Tag durch wie ein Roboter. Im Gegensatz zu diesem brauchen wir aber Pausen, auch wenn sie nur kurz sind.
Es gibt Aufgaben, die man gar nicht gerne macht und die sich nicht immer abgeben lassen. Bei mir ist das zum Beispiel so mit dem Aufräumen und Putzen. Wenn ich keinen Grund habe und es noch erträglich ist, dann werde ich nicht aktiv. Ich weigere mich auch, dafür eine feste Zeit einzuplanen. Ich finde Tausend Ausreden um mich davor zu drücken. Irgendwann habe ich bemerkt, dass ich, wenn ich weiß, dass ich Besuch bekomme, hoch motiviert und in der Lage bin, innerhalb kürzester Zeit alles auf Vordermann zu bringen. So kann ich das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden: Ich liebe es, Besuch zu haben und kann mich so einfach motivieren, mich der ungeliebten Hausarbeit zu widmen. Ist das nicht genial?
Termine zu machen ist eine gute Sache, aber nur, wenn ich dann auch genau das mache, was geplant ist. Das bedeutet, dass es manchmal notwendig ist, dass es in dieser Zeit keine Störung gibt, von nichts und niemandem. Es ist eine Menge Disziplin dafür erforderlich, dranzubleiben und sich nicht ablenken zu lassen. Als ich begann, im Homeoffice zu arbeiten, hatte ich eine bestimmte Zeit, in der die Familie außer Haus war. In dieser Zeit habe ich gearbeitet. Nach einigen Wochen war ich sehr frustriert und ärgerlich, weil ich nie mit meinen Aufträgen fertig wurde. Die Frustration war so groß, dass ich anfing mich zu beobachten, um zu erkennen, was da eigentlich passierte.
Mein typischer Ablauf sah so aus: Ich setzte mich an den Schreibtisch, schaltete den PC ein. Dann stand ich auf, um einen Kaffee zu holen. Ich breitete die Akten aus und fing an zu arbeiten. Wenige Minuten später ging ich in die Küche, um mir etwas zu essen zu holen. Ich widmete mich wieder meinen Akten. Plötzlich fiel mir ein, dass die Waschmaschine parallel laufen könnte und ich unterbrach die Arbeit erneut. Dann klingelte das Telefon, nur ein Werbeanruf. Kaum hatte ich den Stift in der Hand, kam mir die Idee, ich könnte doch kurz meine Freundin anrufen und mich mit ihr verabreden. So verflog der Vormittag und nichts war richtig erledigt.
Wäre ich die gleiche Zeit beim Kunden oder beim Arbeitgeber gewesen, hätte ich konzentriert gearbeitet. Gefrühstückt hätte ich vorher zuhause oder in einer Pause. Die Waschmaschine wäre vor oder nach der Arbeit gelaufen, der Werbeanruf wäre auf dem Anrufbeantworter gelandet und es wäre mir nicht in den Sinn gekommen, privat zu telefonieren, wenn es nicht absolut notwendig gewesen wäre. Als mir klar wurde, wie mir mein Tag aus der Hand glitt, konnte ich es ändern. Ab sofort verhielt ich mich im Homeoffice so, als wäre ich außer Haus.
Das Geheimnis des Zeitlenkens ist zusammengefasst folgendes:
• Dem Tag eine Struktur geben.
• Feste Termine vereinbaren für das, was zu tun ist.
• Diese Termine einhalten.
• Bewusst Pausen machen.
• Ein Motiv für die Erledigung der Aufgaben finden.
• Keine Unterbrechung, die sich vermeiden lässt, zulassen.
Wenn wir nun einen Blick voraus schicken auf die bevorstehende Rentenphase, dann haben wir vielleicht keine Arbeiten mehr, die wir termingerecht abliefern müssen, aber wenn wir dem Alltag keine Struktur geben, wird die Zeit sich mit vielen unbefriedigenden Dingen füllen.