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PROLOG FRIEDENS-
SCHLUSS
NACH EINEM
LANGEN
KONFLIKT

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Mitte Juli 1291 war König Rudolf von Habsburg 73-jährig in Speyer gestorben. Ein gutes Jahr später, am 24. August 1292, versammelte sich eine illustre Schar von Männern im kleinen Dorf Sirnach unweit des St. Galler Städtchens Wil. Die wichtigsten Häupter der grossen Adelsgeschlechter rund um den Bodensee hatten neun Tage zuvor einen Waffenstillstand vereinbart und versuchten nun einen Friedensschluss.1 Seit besagtem Sommer 1291 hatte sich ein Konflikt hochgeschaukelt, der im Dezember in kriegerischen Aktionen gipfelte. Auf der einen Seite stand der österreichische →Herzog Albrecht, Sohn des verstorbenen ersten habsburgischen Königs Rudolf. Sein Kontrahent war →Rudolf von Habsburg-Laufenburg, Bischof von Konstanz und Vetter König Rudolfs. Nach der Niederschlagung des Aufstands des sogenannten Landsberger Bundes in der Steiermark war Albrecht im April über Innsbruck nach Westen gereist. Er hatte Schwiegervater Meinhard von Tirol seine Aufwartung gemacht und hoffte nun, die Nachfolge seines Vaters anzutreten: In Frankfurt am Main stand Anfang Mai, zehn Monate nach dem Tod Rudolfs von Habsburg, endlich die Wahl des neuen Königs an. In den letzten Monaten hatte sich die politische Situation im Reich allerdings zu Albrechts Ungunsten verändert. Der →böhmische König Wenzel und die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg hatten ihm die Unterstützung entzogen, ebenso die rheinischen Erzbischöfe. Am 5. Mai wählten die Reichsfürsten Graf Adolf von Nassau zum König. Herzog Albrecht war mit seiner Anhängerschaft ins Elsass gezogen und wagte sich nicht nach Frankfurt. Er zog sich schliesslich südlich des Rheins zurück und nahm sich der Probleme in den habsburgischen Stammlanden zwischen Genfersee und Bodensee an.2

Rudolf von Habsburg hatte 1254 →Gertrud von Hohenberg geheiratet, die aus einem schwäbischen Adelsgeschlecht stammte und Besitz im Elsass in die Ehe brachte. Bei der Geburt Albrechts 1255 war Rudolf bereits 37 Jahre alt und stand schon 15 Jahre an der Spitze der Familie. Sein Vater hatte sich möglicherweise 1239 für den Kreuzzug der französischen Barone zur Verteidigung der Reste des Königreichs Jerusalem gegen die ägyptischen Ayyubiden verpflichtet. Er war 1240 im Heiligen Land verstorben. Die Habsburger waren Grafen im Aargau und Elsass und treue Vasallen des Stauferkaisers Friedrich II. Der Kaiser soll der Legende nach 1218 Taufpate von Rudolf gewesen sein. Rudolf selbst stand 1241 in Norditalien bei Faenza und Spoleto in Diensten Friedrichs. Die namensgebende Burg, hoch über der Aare bei Brugg gelegen, war damals bereits kaum mehr von Bedeutung. Rudolf hatte Besitz und Rechte zwischen Strassburg und der Innerschweiz, war ständig unterwegs, um seine Herrschaft aufrechtzuerhalten und auszubauen. Die damaligen Herrscher regierten überwiegend aus dem Sattel, besassen noch keinen Hofstaat mit vielen Bediensteten und mussten sich durch ihre Präsenz die Herrschaft sichern.

Kaiser Friedrich II. starb 1250. Rudolf konnte seine Positionen in den Wirren der letzten Jahre der Stauferherrschaft und danach – teilweise gegen den Widerstand seiner Vettern aus der eigenen Familie, der Linie Habsburg-Laufenburg – ausbauen. Und wenige Jahre später gelang es ihm, das Erbe der letzten beiden Grafen von Kyburg, die 1263 und 1264 verstorben waren, an sich zu reissen. Rudolf, als Sohn Heilwigs von Kyburg, der Schwester des letzten Kyburgers im Mannesstamm, vermochte sich gegen die mächtigen Grafen von Savoyen, die ebenfalls Erbansprüche angemeldet hatten, durchzusetzen. Mit diesem Erfolg war Rudolf zwar immer noch ein kleiner Graf im Südwesten des Heiligen Römischen Reichs, hatte aber mittlerweile eine bedeutende Hausmacht im Dreieck zwischen Freiburg im Uechtland, Konstanz und Strassburg aufgebaut. Im Frühling 1273 versuchte er, die Stadt Basel zu erobern. Eine Stadt, mitten in seinem Einflussbereich und natürliche Hauptstadt seines Territoriums. Währenddessen allerdings erreichte ihn die Nachricht seiner Wahl zum König und er brach die Belagerung ab. Die grossen Fürsten und wichtigsten Erzbischöfe des Reichs wählten nicht einen der ihren – der →böhmische König Ottokar galt als Favorit –, sondern einen weniger mächtigen Grafen; ein überraschender Entscheid.

Rudolf von Habsburg erwies sich als zielstrebiger und erfolgreicher König. Nicht nur konnte er die Strukturen im Reich nach einem inneren Zerfall von über 20 Jahren – dem berühmt gewordenen Interregnum – wiederherstellen, er schaffte es auch, seine Familie auf Augenhöhe mit den grossen Reichsfürsten zu bringen. Er schmiedete Koalitionen und konnte seine Kinder erfolgreich verheiraten. Dazu gehörten Verbindungen mit den Herzögen von Bayern und Sachsen, den Markgrafen von Brandenburg und dem böhmischen Königshaus. Die Verbindung mit Böhmen war möglich geworden, nachdem Rudolf von Habsburg seinen wichtigsten Gegenspieler, König Ottokar von Böhmen, in der Schlacht auf dem Marchfeld nördlich von Wien besiegt hatte. Mit diesem Erfolg im Jahr 1278 gelang es Rudolf, die dem Reich ledigen Herzogtümer im Osten, Österreich und die Steiermark, seiner Familie zu sichern. 1282 akzeptierten die Reichsfürsten die Installierung seiner Söhne Albrecht und →Rudolf als Herzöge von Österreich und der Steiermark in Wien und Graz. Damit hatte Rudolf der Familie eine vielversprechende Machtbasis für die Zukunft gesichert. Und er verheiratete Albrecht mit →Elisabeth, Tochter seines wichtigsten Mitstreiters →Graf Meinhard von Görz-Tirol, der seinerseits das Herzogtum Kärnten erhielt.

Nachdem zwei Söhne früh verstorben waren, versuchte der König, den gleichnamigen dritten Sohn als seinen Nachfolger im Reich aufzubauen. Er verheiratete ihn mit →Agnes von Böhmen, einer Tochter des besiegten böhmischen Königs. Rudolf der Jüngere sollte die habsburgischen Besitzungen im Westen übernehmen, das zerfallene Herzogtum Schwaben wiederaufbauen, zu dem auch das Elsass und das heutige Schweizer Mittelland gehörten. Dieser Plan scheiterte mit dessen frühem Tod im Frühling 1290. Damit war Albrecht der einzige männliche Erbe.

Nach dem Tod König Rudolfs hatte sich zwischen August und November 1291 eine breite Koalition von Gegnern gebildet, die Albrechts Herrschaft in den alten Stammlanden südlich des Rheins infrage stellten und seine lange Abwesenheit in den österreichischen Herzogtümern, an deren Spitze er seit 1282 stand, nutzen wollten. Gegner, die in den vergangenen Jahren auf der Verliererseite gestanden hatten. Anführer dieser Koalition waren Graf →Amadeus V. von Savoyen, mit Hausmacht rund um den Genfersee bis nach Murten, sowie Rudolf von Habsburg-Laufenburg, Vetter König Rudolfs und seines Zeichens Bischof von Konstanz. Dazu gehörten aber auch die wichtigen Reichsstädte Bern, Zürich und Konstanz. Selbst das im April 1291 habsburgisch gewordene Luzern hatte sich abgewandt. Eine gefährliche Situation für den Habsburger Herzog, der im Winter mit schweren Problemen in der Steiermark gefordert gewesen war.

Der Friede von Sirnach Ende August 1292 stellte im Wesentlichen den Status quo wieder her. Herzog Albrecht konnte seine Stellung zwischen Genfersee und Bodensee wiedergewinnen und neu absichern. In der letzten Augustwoche kam damit ein Konflikt zum Abschluss, der in den Ereignissen des Jahres 1291 gründete. Diese stehen in der Folge im Mittelpunkt: das Ende der beeindruckenden Laufbahn des 1273 zum König gewählten Habsburgers Rudolf und die Widerstände, die nach seinem Tod im Sommer zwischen Genf und Konstanz aufloderten.

1291

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