Читать книгу Arbeitgeberattraktivität: Die Rolle von Work-Life-Balance und flexiblen Arbeitszeitmodellen - Carina Stiglbauer - Страница 8

2.2 Kriterien der Arbeitgeberattraktivität

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Das Konzept von employer branding wurde zum ersten Mal von Ambler und Barrow (1996, S. 187) definiert, und zwar als das Paket aus funktionalen, wirtschaftlichen und psychologischen Vorteilen, die eine Anstellung mit sich bringt und die mit dem anstellenden Unternehmen identifiziert werden („the package of functional, economic and psychological benefits provided by employment, and identified with the employing company“). Bei employer branding geht es darum, dass man für ein Unternehmen ein Image aufbaut, damit dieses am Arbeitsmarkt als „great place to work“ wahrgenommen wird (Ewing et al., 2002, S. 12). Das Konzept von employer branding ist eng mit dem Konzept der Arbeitgeberattraktivität verbunden (Bakanauskienė et al., 2011, S. 11). Um effektive employer branding-Maßnahmen zielgerichtet planen und durchführen zu können, müssen Unternehmen die tatsächlichen Faktoren kennen, die zu Arbeitgeberattraktivität führen (Arachchige & Robertson, 2011, S. 25; Sivertzen et al., 2013, S. 475). Berthon et al. (2005, S. 151) definieren Arbeitgeberattraktivität als die Vorteile, die sich ein potentieller Arbeitnehmer vorstellt, wenn er für ein bestimmtes Unternehmen arbeitet („the envisioned benefits that a potential employee sees in working for a specific organisation“). Arbeitgeberattraktivität ist insbesondere dann von grundlegender Bedeutung, wenn Unternehmen Arbeitnehmer für sich gewinnen wollen, die höherwertige Fähigkeiten und Wissen aufweisen und dadurch dem Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil geben können.

Um Arbeitgeberattraktivität messen zu können, entwickelten Berthon et al. (2005, S. 156ff) hierfür eine Skala. Letztsemestrige Studenten einer großen australischen Universität wurden in Fokusgruppen eingeteilt und Fragen zu ihrem idealen Arbeitgeber, zu den Faktoren, die sie als wichtig erachteten, wenn sie potenzielle Arbeitgeber in Betracht zogen und zu den Organisationen, für die sie am wenigsten gerne arbeiten würden, gestellt. Daraus wurden 32 Faktoren der Arbeitgeberattraktivität entwickelt, die in einer zweiten Studie mit 683 Studenten überprüft wurden. Daraus entwickelte sich die vielfach verwendete Skala, die aus 25 Elementen besteht.

Die meisten Studien zur Arbeitgeberattraktivität basieren auf dieser Skala, weshalb sie bereits mehrfach international getestet wurde und eine gute Reliabilität aufweist (Grăjdieru (Coman) & Khechoyan, 2019, S. 98f). Sie ist eine Verfeinerung und Erweiterung der drei Dimensionen von Ambler und Barrow (1996, S. 185): die (i) psychologischen, (ii) funktionalen und (iii) wirtschaftlichen Vorteile. Die Skala von Berthon et al. (2005, S. 159ff) besteht wie erwähnt aus 25 Elementen und gliedert sich in fünf Gruppen:

 1. Anwendung (A): untersucht den Wunsch in einem Unternehmen zu arbeiten, das den Mitarbeitern die Möglichkeit gibt, das Gelernte anzuwenden und andere zu unterrichten, dies in einer Umgebung die sowohl kundenorientiert als auch menschenfreundlich ist.

 2. Entwicklung (E): misst die Anziehung an Organisationen, die Anerkennung, Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen, gepaart mit karrierefördernden Erfahrungen ermöglichen und die ein Sprungbrett für zukünftige Beschäftigungen sind.

 3. Interesse (I): zeigt das Ausmaß in dem sich Personen von Arbeitgebern angesprochen fühlen, die ein spannendes Arbeitsumfeld und neuartige Arbeitspraktiken bieten und die die Kreativität ihrer Mitarbeiter nutzen, um hochwertige und innovative Produkte und Dienstleistungen herzustellen.

 4. Soziales (S): misst die Anziehung von Personen im Hinblick auf eine Arbeitsumgebung, die Spaß macht, sowie eine gute Teamatmosphäre bietet und gute kollegiale Beziehungen ermöglicht.

 5. Wirtschaftlichkeit (W): untersucht das Ausmaß, in dem sich Personen von Unternehmen angezogen fühlen, die überdurchschnittliches Gehalt bzw Vergütungssysteme, Arbeitsplatzsicherheit und Aufstiegsmöglichkeiten bieten.

Um Interessierten eine weiterführende Vertiefung in die Literatur der Arbeitgeberattraktivität zu ermöglichen, wird im Folgenden kurz dargestellt, in welchen Studien diese Skala herangezogen wurde: Roy (2008, S. 118ff) erweiterte die Skala um zwei Faktoren, nämlich um „starke und klare Unternehmenskultur“ sowie um „ethnische Organisation“. In seiner Studie wurden 150 Fragebögen von Studierenden in ihrem letzten Studienjahr an einer Wirtschaftsuniversität ausgefüllt. Die Befragten beantworteten Fragen zur Attraktivität von Unternehmen, die in der Liste der „best managed Indian companies of 2005“ geführt wurden. Arachchige und Robertson (2011, S. 31ff) konzentrierten sich auf Faktoren, die letztsemestrige Wirtschaftsstudenten in Sri Lanka anzogen. Auch sie erweiterten die Skala um sieben weitere Elemente, unter anderem „sehr profitable Unternehmen“ oder „Qualität des Managements“, wobei alle diese sieben Faktoren zu den von den Befragten am wenigsten bevorzugten zählten. In der Studie von Sivertzen et al. (2013, S. 473ff) wurden Ingenieurstudenten in Norwegen über drei bekannte norwegische Ingenieurbüros befragt. Des Weiteren untersuchte die Studie die Beziehungen zwischen den Dimensionen der Skala von Berthon et al. (2005) und der Nutzung von sozialen Medien in Bezug auf den Unternehmensruf und die Absicht, sich auf eine Stelle zu bewerben. Arbeitgeberattraktivität wurde in der Studie von Alnıaçık et al. (2014, S. 338ff) in Bezug auf Studenten in Lettland und der Türkei untersucht. Die Studie von Reis und Braga (2016, S. 107ff) analysierte Arbeitgeberattraktivität von Fachleuten, die hauptsächlich im Südosten Brasiliens arbeiten, wobei die Skala von Berthon et al. (2005) um fünf Elemente gekürzt wurde. Letztsemestrige Wirtschaftsstudenten in Tschechien waren die Zielgruppe von Eger et al. (2019, S. 523ff). Grăjdieru (Coman) und Khechoyan (2019, S. 99ff) analysierten die Hauptmerkmale von Arbeitgeberattraktivität für Studierende und Absolventen in Rumänien, Italien und Armenien. Auch diese Studie basiert auf der von Berthon et al. (2005) entwickelten Arbeitgeberattraktivitätsskala, wobei die Autoren ein paar wenige Elemente veränderten und unter anderem um die zwei Elemente „Work-Life-Balance“ und „Flexible Arbeitszeitgestaltung“ erweiterten. Grund für die Aufnahme dieser zwei Elemente war, dass diese Faktoren insbesondere für die jüngeren Generationen immer mehr an Bedeutung gewinnen und diese Entwicklung in der Skala von Berthon et al. aus 2005 noch nicht berücksichtigt werden konnte (Grăjdieru (Coman) & Khechoyan, 2019, S. 99; Twenge, 2010, S. 201). Daher wird für die Zwecke dieses Buchs die wissenschaftlich anerkannte Skala von Berthon et al. (2005) verwendet und auch um die zwei Elemente „Work-Life-Balance“ und „Flexible Arbeitszeitgestaltung“ von Grăjdieru (Coman) und Khechoyan (2019) erweitert. Die Themen Work-Life-Balance und flexible Arbeitszeitmodelle werden in den Kapiteln 3 und 4 ausführlich behandelt.

Die Studie von Berthon et al. (2005) sowie alle oben angeführten Studien, die diese Skala verwendeten, kamen zu unterschiedlichen Ergebnissen im Hinblick auf die Elemente, die die Befragten als am wichtigsten empfanden und somit welche Attribute für die Studienteilnehmer als attraktiv oder weniger attraktiv wahrgenommen wurden. Einzelne Studien zeigen, welche Elemente für die Befragten wesentlich waren (siehe Alnıaçık et al., 2014; Arachchige & Robertson, 2011), andere wiederum nur, welche übergeordnete Gruppe (z.B. Soziales oder Wirtschaftlichkeit; siehe Reis & Braga, 2016). Eine Erklärung für die unterschiedlichen Studienergebnisse lieferte bereits Berthon et al. (2005, S. 168): Arbeitgeberattraktivität kann aufgrund unterschiedlicher Kulturen in den jeweiligen Ländern anders wahrgenommen werden. Die Werteorientierung der einzelnen Arbeitnehmer unterscheidet sich jedoch nicht nur aufgrund von kulturellen, sondern auch aufgrund von zeitlichen Gegebenheiten (Sengupta et al., 2015, S. 307). Die Umfragen wurden in einem Zeitraum von fünfzehn Jahren durchgeführt, wodurch es auch zu Veränderungen in der Wahrnehmung von Arbeitgeberattraktivität kommen kann. In diesem Zusammenhang ist jedoch zu beachten, dass Studien, die in einem einheitlichen Zeitraum in verschiedenen Ländern durchgeführt wurden, unterschiedliche Ergebnisse zwischen den Ländern ergaben, wie etwa die Studie von Grăjdieru (Coman) und Khechoyan (2019, S. 97ff; Rumänien, Italien und Armenien) und auch die Umfrage von Alnıaçık et al. (2014, S. 336ff; Lettland und Türkei).

Nach diesem kurzen Abriss über Arbeitgeberattraktivität soll in den nächsten zwei Kapiteln auf die beiden zuvor erwähnten wichtigen Arbeitgeberattraktivitätsattribute Work-Life-Balance und flexible Arbeitszeitmodelle, näher eingegangen werden.

Arbeitgeberattraktivität: Die Rolle von Work-Life-Balance und flexiblen Arbeitszeitmodellen

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