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Erster Brief

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Wilhelm an Heinrich

Liebster Heinrich!

Seit ich dich nicht mehr sehe, glaube ich mich gänzlich verwaist. Du warest mir allezeit mehr als Vater und Mutter. Dir konnt’ ich mein Herz ausschütten; aber wem soll ich es jetzt? – Ich habe hier einen einzigen Bekannten, Namens Friederich. Er sitzt in der Schule gleich neben mir. Wir verplaudern oft ganze Stunden daselbst und bestehen gleichwohl, wenn uns der Lehrer aufrufet; weil einer dem andern aus dem Buche einbläset. O das ist dir eine herrliche Lust, wenn man dem Herrn Schwarzrock so eine Nase drehen kann! – Er mag den Tabaksrauch nicht leiden. Gestern bohrte einer von uns ein Loch durch die Türe, und blies selben von außen in solcher Menge zur Klasse herein, dass der Herr Terzius alsobald schließen musste.

Wir wandten diese Zeit zum Spazieren an; und da gleich Vogelschießen war, begaben wir uns dahin, und fanden eine große Gesellschaft beiderlei Geschlechtes. Als wir eine Weile zugesehen hatten, entstand in dem dabei aufgeschlagenen Zelte ein heftiger Streit. Ich kann dir den Anfang nicht berichten; aber das hört’ ich, dass ein Bürger zum dasigen Förster sagte: »Herr, was untersteht Er sich, meiner Frau ans Maul zu riechen?« Der Förster gab ihm eine Ohrfeige, dass ihm die Mütze vom Kopfe flog, und nun kam’s zu Schlägen. Mir war schon bang um den armen Förster; und wenn ich nicht Schulstrafe gefürchtet hätte, würd’ ich ihm geholfen haben; denn er ist ein braver Kerl, und jeder Schüler liebet ihn. Er kann verschiedene Künste. Z.E. brunzet er dir so weit und hoch, dass es bis in die Fenster des ersten Stockes eines Hauses gehet. Zwanzig Maß Bier sind ihm nur gepfiffen. Unter andern sagen sie von ihm, dass er einen Schwanz wie ein Esel hätte, und wünschen sich alle eben solche.

Ich meines Orts halte dies für keinen Ruhm, wenn man menschliche Eigenschaften mit eseligen vergleichet. Ich habe Eselsschwänze gesehen, als ich vor der Stadtmühle vorbei ging; und wenn er eben einen solchen hätte, so wär’ er nicht im Stande, ihn in die Hosen zu bringen. Ich kann es also nicht glauben. Dem sei aber, wie ihm wolle, so bin ich mit dem meinigen zufrieden; ob mich gleich Friederich schon oft darüber ausgelachet, und ihn einen Regenwurm genannt hat. Zu was brauch’ ich ihn denn sonst als zum Brunzen; und ist er etwa zu dieser Verrichtung nicht groß genug?

Bei dieser Gelegenheit muss ich dir etwas im Vertrauen eröffnen, wovon du aber meinen Eltern, um ihnen kein schweres Herz zu machen, nichts sagen musst. Ich habe seit einiger Zeit einen unglücklichen Umstand. Fast alle Morgen, wenn ich noch im Bette liege, fühl’ ich eine gewaltige Erhärtung daran. Da wird er so steif wie ein Haselstecken; doch spüre ich meistens Linderung, sobald ich aufstehe und das Wasser lasse. Bisweilen hilft aber auch dieses nicht.

Neulich ging mein Kostherr mit seiner Frau in die Kirche und ließ mich bei seiner Sophie, die mit mir fast von gleichem Alter ist, allein. Er war kaum weg, so nahm sie mich bei der Hand und tanzte mit mir in der Stube herum. Wir wurden müde und wollten uns setzen; weil aber nur ein einziger Sessel da war, so setzte ich mich und nahm sie auf den Schoß. Als ich sie ein Weilchen gehalten hatte, kam meine Erhärtung. Er kitzelte mich gewaltig und machte so heftige konvulsivische Bewegungen, als ob er das Fieber hätte. Ich konnt’ es nicht mehr aushalten und ging hinaus, mein Wasser zu lassen; aber diesmal half es nicht. Kaum nahm ich sie wieder auf den Schoß, so stellte sich auch mein Zustand wieder ein. Ich hätte mich fast zu Tode brunzen mögen. Fast alle Augenblicke ging ich hinaus und konnte keinen Tropfen mehr erzwingen, und dennoch ließ es nicht nach.

Wir sind seitdem öfter beisammen gewesen, und da hatt’ ich allemal meine Not. Gestern wieder. Ich stand neben ihr, als sie saß, und es peinigte mich so, dass mir die Hitze ins Gesicht stieg. Auf einmal fuhr sie mit der Hand nach meinen Hosen und knipp mich bei der Spitze daran, wozu sie laut lachte und gleich davon lief. Ich hätte darauf vor Kitzel fast vergehen mögen.

Was soll ich daraus schließen? – Sollte wohl das junge Mädchen schon etwas von der Hexerei verstehen? – Alte Weiber, sagt man zwar, seien gemeiniglich Hexen, aber so jung – und dennoch, Bruder, ist es nicht anders. Sie hat es mir getan – ist eine Hexe. Wie schade ist es nicht um sie! Mir ist angst um ihre Seele, die gewiss verloren gehet, wenn die Zeit ihres Paktes mit dem Bösen aus ist. – Und ihr Vater ist Oberpastor bei der Stadtkirche. – Welche Schande für die geistliche Familie! – Ob ich ihm wohl die sündliche Kunst seiner Tochter entdecke, damit er sie kraft seines Amtes von dem Unholde los mache? – Ich will dir noch einen Beweis geben, dass die Sache richtig ist.

Ihre Kammer ist der meinigen gegenüber. Eben gestern, nachdem sie davon gelaufen war, hört’ ich darinnen ein Geräusch. Die Neugierde trieb mich, sie durch das offene Schlüsselloch zu beobachten. Lange hielt mich die Furcht zurück, ich möchte den leidigen Satan bei ihr erblicken und für meine Naseweisheit übel bezahlet werden; ich panzerte mich aber mit den Waffen des Glaubens, betete ein Vaterunser, und nun schielt’ ich hinein. Was sah ich? Den Teufel zwar nicht, aber eben so viel.

Fiekchen saß in einem Winkel auf dem Boden mit entblößtem Unterleibe. Um sie her lag in einem Zauberkreise eine Menge Petersilienwurzeln und gelbe Rüben, die zum Teil eben so geformet waren als meine Ente. Sie nahm eine um die andere und dippte sich damit in die Schenkelfügung, wobei sie ihre Beschwörung still murmelte und mit untermengten Seufzern die Augen verdrehte, als ob sie ihren Geist aufgeben wollte. Mit Endigung dieser Zeremonie ließ sie die Arme sinken und fiel auf eine Minute lang in Verzückung. Endlich stand sie wieder auf, und ich entfernte mich so geschwind als möglich.

Sind dir das nicht Beweise genug, dass sie eine Zauberin ist? – Ja, Bruder, es hat seine Richtigkeit. Sie hat mir meinen Übelstand getan und eben gestern wieder neue Kräuter gemischet, mich ferner darin zu erhalten. Von der Gewissheit ihrer Wirkung muss ich dir sagen, dass sich schon beim Zuschauen am Schlüsselloch meine Verhärtung wieder einfand und bereits ziemlich hoch gestiegen war, als ich mich zum Glücke weg begab.

Die kleine Boshafte! – Wer wird mir helfen, oder was soll ich anfangen? – Erteile mir doch deinen freundschaftlichen Rat darüber, eher will ich nichts unternehmen; denn sie ist ein gar hübsches, lustiges Mädchen, und ich möchte sie nicht gerne zum Scheiterhaufen befördern.

Nach so langem Umschweifen komm’ ich wieder auf unsern Förster. Der Bürger hatte schon eine blutige Nase und rief seine Frau zu Hilfe. Sie eilte hinzu, nahm den Mann in die Arme und drückte ihn fest an sich. Dadurch bekam der Förster Gelegenheit, ihn erst recht zu walken. Man rechnet ihr dies für Bosheit an und behauptet, dass der Förster mit ihr zu tun gehabt habe. Ich glaube vielmehr, dass sie diesen Fehler bloß aus Unerfahrenheit im Raufen begangen, und dass es töricht sei, in Schlägereien eine Frau zur Hilfe zu rufen.

Übrigens lasse ich zu, dass der Förster mit ihr zu tun gehabt hat; aber ist denn das was Böses, wenn man zu tun hat? Heißt es nicht: Müßiggang ist des Teufels Ruhebank? Indessen habe ich oft sagen hören: »Der Mann hat hübsch zu tun.« – Also muss es doch etwas Gutes sein, wenn man zu tun hat. Lebe wohl. Ich bin

Dein Wilhelm

Priap's Normalschule oder Die Folge guter Kinderzucht

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