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Glenlivet – versteckt wie Hobbithausen

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Im Old Manse hat sich eine internationale Gemeinschaft von Whisky-Liebhabern eingefunden. Im Wohnzimmer ist der Frühstückstisch für drei Paare aus Frankreich gedeckt. Ihre schweren Motorräder hatte Karl schon am Vortag auf dem Landhausvorplatz bestaunt, als er sein unmotorisiertes Zweirad dezent an der Hauswand abstellte. Den sechs Mittvierzigern war er am Abend nochmals begegnet, als sie in Dufftown gerade in die „Seven Stills" (Sieben Brennblasen) einkehrten. Er hatte ihnen gerade noch ein „Bon appétit“ zurufen können, bevor sie in dem nach sieben Destillatoren benannten Restaurant verschwanden und er selber zum „A Taste of Speyside" weiterzog, wo er einen Tisch reserviert hatte. Auch an diesem Morgen wird er mit ihnen nicht den Tisch teilen, denn der Old-Manse-Wirt Ossie führt ihn durch die offene Tür des Living Rooms nach hinten in die Wohnküche. In deren vorderem Teil ist ein weiterer langer Tisch gedeckt. Karl gesellt sich zu Geneviève und Alain aus Belgien. Am nächsten Tag würde er an dieser internationalen Begegnungsstätte mit einem Paar aus Dänemark plaudern.

Schnell entspinnt sich zwischen den beiden Whisky-Freunden aus dem „Vereinigten Königreich der Wallonen und Flamen“ sowie dem Bundesrepublikaner ein angeregtes Gespräch über ihre Reisestationen und vieles mehr. Die beiden haben schon einige Destillerien besucht. An diesem Tag wollen sie zum Abschluss die Speyside Cooperage anschauen, Schottlands größte Whisky-Fassbinderei. Karl hat noch gar nicht von ihr gehört. Alain erinnert ihn daran, wie wichtig die Fässer für das Reifen des Whiskys sind. „Wenn du bei der Glenfiddich Distillery bist, fährst du die Straße über die Hügel einfach weiter nach Craigellachie. Kurz vor der Ortseinfahrt wirst du sie dann schon sehen, die Riesenhaufen, zu denen alte Fässer gestapelt sind, die wieder aufgearbeitet werden sollen“, beschreibt er den Weg. Karl braucht nicht lange überzeugt zu werden. „Guter Tipp. Das schau ich mir an. Bestimmt! Die Seele des Whiskys, nach der ich ja forschen will, bildet sich gewiss auch in den Fässern heraus. Heute steht zwar Glenlivet auf meinem Programm. Aber morgen werde ich die Böttcherei mit dem Besuch bei Glenfiddich verbinden.“


Zwischen Livet und Fiddich: The Old Manse

Geneviève löffelt unterdessen ihr Porridge und ist anscheinend hellauf begeistert. Jedenfalls ruft sie „Fantastic!“ zur Pensionswirtin Diane hinüber, die ein paar Meter von ihnen entfernt auf der heißen Platte des kohlegefeuerten Herds Häufchen von Hafermehlteig zu Scones backt. „Was ist denn so fantastisch daran?“, will der skeptische Karl von seiner Nachbarin am Frühstückstisch wissen. Die neben ihm sitzende Belgierin lächelt vielsagend. Nach einer Pause verrät sie ihm die Besonderheit: „Tjaaa, in das Porridge ist ein kräftiger Schuss Whisky eingemengt. Noch dazu hat Diane – schau her! – auch viele Apfelstücke beigefügt“, sagt’s und hebt ihren Löffel mit dem berüchtigten warmen britischen Haferschleim hoch. Tatsächlich, aus der nahezu farblosen Masse lugen Apfelspalten hervor. „Mmh, vielleicht sollte ich morgen ebenfalls das Porridge probieren?“ meint er. „Das solltest du!“, bestärkt ihn Genevièves Gatte Alain von der anderen Tischseite. Karl hatte nämlich zu Beginn des Früstücks Dianes Angebot „Porridge?“ zu deren Verblüffung mit einem ziemlich brüsken, entschiedenen, knappen „Nein“ abgelehnt. Nun tut es ihm leid. „Ich werde das morgen gutmachen“, beschließt er.

Alain sollte sich als guter Ratgeber auch in anderer Angelegenheit erweisen. Er hat sich nämlich bei ihrem Frühstücksgeplaudere auf Nachfrage als passionierter Rennradfahrer zu erkennen gegeben. Nichts anderes hat Karl von einem sportlichen Belgier erwartet. Deshalb erzählt er ihm sogleich von seinen Malaisen mit der Fahrradkette. Am Vorabend auf dem Rückweg vom Dinner in Dufftown war Karl nämlich nochmals das gleiche Malheur passiert wie am Nachmittag. An der heftigen Steigung am Ortsausgang hatte er erneut zu hektisch geschaltet, so dass sich die Kette wieder zwischen Zahnrädern und Rahmen seines Rads verkeilt hatte. Zu Karls Glück kam gerade Noureddine vorbei. Der hilfsbereite Tunesier, der nach Dienstschluss in einem anderen Restaurant der Malt-Hauptstadt ebenfalls heimfuhr, packte Karls Rad in den Kofferraum seines kleinen Renaults und brachte ihn bis vor die Tür seiner „Schwiegermutter“. Beim angeregten Gespräch auf Französisch stellte sich nämlich heraus, dass er wenige hundert Meter hinter The Old Manse wohnt und zwar zusammen mit der Tochter von Karls Pensionswirtin Diane.

„Okay, das schaun wir uns mal an“, bietet auch Alain ohne Umschweife seine Hilfe an. „Diane, hast du in deiner Küche vielleicht ein paar gebrauchte Gummihandschuhe?“ Sie hat. Gemeinsam gehen die beiden Freizeitradler vor die Tür und lösen das Problem. Dank Dianes Gummis haben sie sich noch nicht einmal beschmutzt. „Das war ein nettes Frühstück mit einem erfolgreichen Nachspiel. Herzlichen Dank!“, sagt Karl, als Geneviève und Alain wenig später aufbrechen. Nach der Besichtigung der Speyside Cooperage wollen sie die Heimreise antreten. Zu Hause in den Hügeln oberhalb von Charleroi betreiben sie selber eine Pension. Ihren Gästen versprechen sie einen „moment hors du temps".

Jedes Mal, wenn der Whisky-Liebhaber ein Gläschen mit einem Dram aus einer neu geöffneten Flasche Single Malt an die Nase führt, daran schnuppert und das erste Schlückchen auf der Zunge schmeckt, entsteht solch ein „Moment jenseits der Zeit". Karl freut sich auf die Proben bei Glenlivet. Er schwingt sich auf seinen Sattel. Seine belgischen Freunde sind nach Norden gefahren, hinunter zum Fiddich. Er wird nun in Gegenrichtung das Rinnes-Tal weiter hinaufradeln und vom Scheitelpunkt der Straße am Westhang des 450 Meter hohen Braushie Cree hinunter ins Livet-Tal rollen.

Ben Rinnes und seine östlichen Vorhügel im Sonnenschein

Dichte graue Wolken haben sich am westlichen Horizont und im Norden jenseits des breiten grünen Tals über dem Ben Rinnes zusammengezogen. Bei leichtem Regen nimmt er die Steigung. Doch als er die Wasserscheide zwischen den beiden Tälern überfahren hat, tröpfelt es nur noch. Das ist Schottland: Four seasons in one day! „Na, ich will nicht übertreiben. Vielleicht drei Jahreszeiten an einem Tag!“, sagt er sich. Er genießt es, wie sein eisernes Gefährt nun ohne großes Zutun seinerseits dem Livet-Tal zustrebt. Ein Bächlein, das vom Rinnes heruntergeronnen kam, hat die Straße unterquert und begleitet ihn nun glucksend zu seiner Linken auf dem Weg zum Livet. Zwischen Straße und Bach sprießt üppige Vegetation. Aus dem Gras schießen hohe Schafgarbenstängel mit ihren weißen Blütendächern hervor. Dazwischen stehen massenhaft Wildblumen mit enzianblauen Blüten.

Als er schließlich das Tal erreicht, sieht Karl bald schon jenseits des Flusses in der Ferne am Wiesenhang unterhalb des Liath-Steins (Càrn Liath, 547 Meter hoch) die riesigen Anlagen der Destillerie. Wie viele andere Whisky-Brenner hatte auch der Glenlivet-Gründer George Smith einen abgelegenen Ort gewählt, wo er vor staatlichen Steuereintreibern einigermaßen sicher war. Denn der Uisge beatha, das „Lebenswasser“ der Schotten, war zu Anfang des 19. Jahrhunderts hoch besteuert. Die Stillmen brannten ihr Produkt an versteckten Plätzen. Auf Schmugglerpfaden brachten sie ihn zu ihrer Kundschaft. Da die amtlich gemeldeten Brennereien in den Lowlands für den Massenkonsum in England hastig einen rauen und scharf beißenden Whisky produzierten, verbreitete sich der Ruf des heimlich, aber sorgfältig hergestellten, feinen Highland-Whiskys aus dem Livet-Tal im ganzen Königreich. So fragte König Georg IV. 1822 bei einem Staatsbesuch ausdrücklich nach dem eigentlich illegalen Glenlivet. Der Duke of Gordon nahm das zum Anlass, eine Milderung des Excise Acts zur Spirituosenbesteuerung zu fordern. Kaum hatte der neue Excise Act 1823 das Parlament passiert, ermunterte der Herzog seinen Pächter George Smith, eine Lizenz zu beantragen. Der tat dies und erhielt sie 1824. Das war der Beginn der großen Erfolgsgeschichte seiner Whisky-Marke.

Eine Ahnung von der Schmugglervergangenheit überkommt Karl, als er ein Stück flussabwärts an die Alte Brücke über den Livet gelangt. Der grasüberwachsene Bogen über den Fluss ist erhalten. An beiden Brückenenden wuchern Bäume. Man könnte meinen, im nächsten Moment müssten Hobbits aus dem Busch hervorkommen. Unten plätschert das Wasser des Livet. An diesem regenreichen Tag rauscht es sogar. Glenlivet ist vom gälischen Gleann-liob-aite abgeleitet und bedeutet „Valley of the smooth-flowing one“ (Tal des sanft Fließenden). „Ganz so sanft fließt er heute nicht“, stellt Karl fest. „Aber vielleicht ist ja auch ,flach fließend‘ gemeint“, rätselt er. In der Tat weist der aus vielen Gebirgsbächen gespeiste Fluss hier im Tal wenig Gefälle auf.

Der Regen nimmt zu. Die Familie, die wie Karl die Uferböschung hinabgestiegen war, um die Brücke von „Hobbithausen“ von Nahem zu betrachten, verzieht sich in ihren SUV. Auch der Radler macht sich wieder auf den Weg. Seiner nächsten Begegnung macht das feuchte Wetter nichts aus. Hinter einer Flussschleife ist ein Trupp rotbrauner Zottelwesen auf der Wiese am Livet-Ufer versammelt – keine Hobbits, sondern die gar nicht so häufig anzutreffenden Highland-Rinder. Ein argloses Kalb, das nahe am Zaun grast, schaut sogar neugierig unter seiner Beatle-Mähne hervor und direkt in Karls japanische Kamera.

Highland-Kalb

Anders als diesem Highlander wird Karl der Regen allmählich lästig. Eine Minute später ist er endlich an der neuen Brücke, fährt am anderen Ufer den Hang hoch und biegt schließlich auf die lange Zufahrt ein, die zu dem weitläufigen Areal von „The Glenlivet“ mit Produktionsstätten, Besucherzentrum und vielen, vielen Lagerhäusern führt. Die drei Buchstaben „THE“ wurden zum wichtigen Garanten für den Markterfolg der Smith‘schen Destillerie. Denn viele Konkurrenten wollten sich an den Erfolg der Smiths anhängen und benutzten für ihre Whiskys ebenfalls den Namen Glenlivet. 1884 setzten die Smiths vor Gericht durch, dass nur ihr Whisky den Namen „The Glenlivet“ führen darf. Heute gehört der in den USA meistgetrunkene Single Malt Whisky und weltweit die Nr. 2 dem französischen Spirituosenkonzern Pernod Ricard.

Karl flüchtet vor der Nässe ins Visitors Center. Eine Treppe führt hoch zum Eingang. Links daneben hat Pernod Ricard die neue Halle mit den mächtigen, hochmodernen, noch größeren Stills gesetzt, den für Glenlivet typischen lampenförmigen Brennblasen. An der Seitenwand des Stillhouse prangt in wuchtigen Lettern der zweizeilige Schriftzug THE GLENLIVET, der Artikel zentriert über dem Namen. „Now I know where I am“, sagt sich Karl und tritt ein. Drinnen findet er eine Kombination von moderner Museumslobby und britischem Living Room. Vor ihm der Counter, rechts geht’s zum Shop und links wartet die gemütliche Kaminecke, wo man gerade Gekauftes nochmals studieren oder gar probieren könnte. Karl hat Glück. Die nächste Führung beginnt bereits in einer Viertelstunde.

Im Glenlivet-Besucherzentrum

Auftritt Evelyn!5 Die kecke junge Schottin versammelt um sich eine Truppe aus nicht wenigen Ländern: Engländer natürlich, Amerikaner, Franzosen, eine chilenische Familie und als unvermeidlichen Deutschen Karl selber. Als Erstes verhängt sie resolut ein Fotografierverbot innerhalb der Produktionsstätten6, dann führt sie ihre zwölfköpfige Schar hinaus in den Regen und wieder in den Keller. Den Produktionsprozess7 erläutert sie vom Mälzen über Mahlen und Maischen über die Fermentierung bis zur Destillation. Leider kann sie an den verschiedenen Stationen wie der mash tun (Maischbottich) oder den wash backs (Gärtanks) nur leere Anlagen vorführen, da diese nicht in Betrieb sind. In den meisten Jahren sei der Juli hier recht trocken und herrsche Wassermangel. Deshalb würde diese Zeit zur Reinigung der Gerätschaften genutzt und hätten die meisten Mitarbeiter der Produktion Betriebsferien.8 Auch die großen Brennblasen (Destillatoren) stehen deswegen nicht unter Dampf.

Auf diese riesigen still pots sind sie bei Glenlivet besonders stolz. Die blitzblanken Stills aus Kupfer glänzen im Licht der Destillationshalle mit ihren verglasten Außenwänden. „Unsere Destillatoren mit ihren hohen schlanken Hälsen halten den Spirit besonders lange in Kontakt mit dem Kupfer. Das trägt auch zur Verfeinerung des Whiskys bei“, beteuert Evelyn. „Aus welchem Land stammt denn der Kupfer, der zum Bau der Stills verwendet wird?“, will der grauhaarige Familienvater aus Chile wissen. „Mh, die Stills der schottischen Destillerien werden praktisch alle bei Forsyths Ltd in Rothes gefertigt. Dieses Städtchen liegt am Unterlauf des Speys etwa 30 Kilometer von hier. Ich weiß nicht, welchen Kupfer die verwenden.“ Der patriotische Señor von der Erdsüdhalbkugel erklärt sich: „Ich frage nur, weil Chile der weltgrößte Kupferproduzent ist.“ Die wie der Frager dunkelhaarige Evelyn reagiert kokett mit einem verschmitzten Augenzwinkern: „Ich bin sicher, unsere Stills sind allesamt aus chilenischem Kupfer.“

Mit einem amüsierten Lächeln ziehen Evelyn und ihre Schar aus dem Stillhouse über den verregneten Hof hinüber zum Höhepunkt der Tour, den Orten, wo der Whisky in ausgesuchten Fässern heranreift. Nicht in die eigentlichen Lagerhallen, sondern in einen Keller für Spezialitäten führt sie ihren Trupp. „Der Scotch, wenn er als solcher bezeichnet werden darf, muss mindestens drei Jahre in Eichenfässern lagern“, doziert Evelyn. „Wir bei Glenlivet lassen den Whisky mindestens zwölf Jahre reifen, bei Standardmarken bis zu 25 Jahre und für Sonderkollektionen sogar 50 Jahre und mehr.“

Die Glenlivet-Schatzkammer

Hinter Schloss und Riegel – eine Gittertür mit einem Vorhängeschloss davor und der Aufschrift „The Glenlivet Cellar“ – sehen Karl und die anderen Besucher in der dezent ausgeleuchteten Kammer solche Schätze lagern: das Beste aus den Achtzigern, Siebzigern, Sechzigern und Fünfzigern, Fässer der Jahrgänge 1983, 1972, 1964 und 1959. Der Riegel bleibt zu. „Kommt in den Nebenraum. Da steht ein angebrochenes Fass zum Probieren“, ruft Evelyn.

Nebenan entfernt sie aus einem Fass den kreisrunden Pfropfen und schöpft für jeden der Gäste „a wee dram“, einen kleinen Schluck. Während die Besucher reihum den Zwölfjährigen verkosten, erfährt Karl aus dem Mund der etwas spitzbübischen Führerin zum ersten Mal etwas vom Angels’ Share. „Von jedem Fass bekommen die Engel einen Teil ab“, sagt sie mit unschuldiger Miene. „Im Ernst?“, fragt ein Skeptiker. „Nun ja, so nennen wir das, was jedes Jahr auf natürliche Weise verdunstet“, klärt sie auf. „Das sind pro Jahr maximal 2,5 Prozent.“ Oben im eigentlichen Tasting room kredenzt Evelyn zwei weitere Sorten zum Probieren. Man soll ja wissen, was man im Shop des Besucherzentrums noch erstehen könnte. „Slàinte! Gesundheit!“, prosten sich alle zu. Das bei der Verkostung benutzte Gläschen für den Dram darf jeder Gast – gleichsam als Abschiedsgeschenk – mit nach Hause nehmen. Zusammen mit den drei getrunkenen Drams rechtfertigt das dann doch den Preis von 12,50 Pfund für die Führung.

Nach einem kleinen Lunch im Coffee Shop des Besucherzentrums und einer Bergtour auf dem Fahrrad am Hang des Càrn Liath entlang, bei der sich Karl mit seinen erstandenen Flaschen eines 15-jährigen und der Founder’s Reserve im Tagesrucksack ein wenig wie ein Whisky-Händler auf Schmugglerpfad vorkommt, fährt er an der anderen Seite des Bergs zur nächsten Destillerie hinunter. Doch bei der Tamnavulin Distillery ist man auf Besucher nicht eingestellt. Im Gegenteil – „Sorry No Visitors“ steht auf dem hübschen Schild am Rand der rasengeschmückten Einfahrt zur Brennerei. Überhaupt scheinen sich in dem Dörfchen Fuchs und Hase gute Nacht zu sagen. Der Tomnavoulin Store9 hat geschlossen und ist in Wirklichkeit nur ein Kiosk mit einer zugewucherten roten Telefonzelle an seiner Seite. Die könnte zum letzten Mal vor Erfindung des Mobiltelefons benutzt worden sein, so zugewachsen von Busch und Gras wie sie ist. Karl verlässt Tamnavulin/Tomnavoulin ohne die erhofften Kekse aus dem Store für seine Teatime und tritt die Heimfahrt nach Glenrinnes an. Kein Zöllner lauert dem Whiskytransporteur auf, nur „Mom and Mary“ betrachten den Radler aufmerksam von der Weide, ein Schwarzkopfmutterschaf und sein halbwüchsiges Lamm.

In seinem plüschigen, aber sehr geräumigen Pensionszimmer betrachtet Karl nach dem Tee seine Mitbringsel. Das Nosingglas mit dem eingeschliffenen Schriftzug „The Glenlivet“ und dem Icon der Alten Livet-Brücke als Logo hat die perfekte Form, unten bauchig, nach oben zur Öffnung verjüngt – ganz anders als bei einem mit Eis gefüllten, wuchtigen Tumbler. „Aber wer trinkt schon einen Single Malt on the rocks“, sagt sich der Old-Manse-Heimkehrer. Im Bauch des Nosingglases kann sich das Aroma des Whiskys sammeln. Durch die schmale Öffnung steigt es konzentrierter und intensiver in die Nase auf. Genießerisch schnuppert Karl an dem gerade eingegossenen Fünfzehnjährigen. In französischer Limousin-Eiche ist er gereift. Er hinterlässt einen wohligen Geschmack von Mandeln und Gewürzen. Anschließend hält die Founder’s Reserve das Versprechen des Malt Masters aus Hobbithausen. Nach pikanter Orange soll sie schmecken. Mmh? Ja, so ist es!

5 Name geändert

6 Das ist in den meisten anderen Destillerien nicht üblich.

7 Details hierzu in Kapiteln über Glenfiddich und Islay 8 Andere besuchte Destillerien waren im Juli in Betrieb.

9 Die Namen des Dorfs und der Destillerie unterscheiden

sich tatsächlich in der Schreibweise.

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