Читать книгу Neuanfang im Schmuckkästchen - Carmen Sommer - Страница 5

David

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„Was machen sie hier?“, weckte sie eine aufgebrachte Stimme.

Sanna öffnete die Augen und sah in ein Gesicht, dass sie in der Dunkelheit, nicht erkennen konnte.

Erschrocken sprang sie auf.

„Wer sind sie? Wie kommen sie hier herein? Verlassen sie sofort meine Wohnung, oder ich rufe die Polizei.“, schrie sie ihn an.

„Ich höre wohl nicht gut? Ihre Wohnung? Das ist meine Wohnung. Ich könnte die Polizei rufen.“

Sanna schaltete das Licht an.

„David? Sie sind David? Aber, was machen sie hier?“

„Woher kennen sie meinen Namen? Und was machen sie in meiner Wohnung?“, schaute er sie erstaunt an.

Im Schein der Lampe sah er erst, wie hübsch sie war und seine Stimme wurde sanfter.

„Ich habe die Wohnung gemietet. Von ihren Eltern.“

„Wie bitte? Wieso weiß ich nichts davon?“

„Keine Ahnung. Sie dachten, dass sie sowieso nicht mehr zurückkämen. Ich habe den Laden nebenan übernommen und ihre Eltern hatten mir dann die Wohnung angeboten. Es tut mir leid, dass sie nichts davon wussten.“

„Ist ja nicht ihre Schuld. Ich habe mich auch schon über ein halbes Jahr nicht mehr bei meinen Eltern gemeldet.“

„Das ist nicht schön. Ihre Eltern vermissen sie sehr. Sie leiden darunter, dass sie nicht mehr hier sind.“

„Mein Leben ist eben woanders. Auch wenn sie damit nicht ganz einverstanden sind.“, schüttelte er den

Kopf.

„Warum sind sie jetzt hier?“

„Neugierig sind sie gar nicht, wie?“

„Entschuldigung. Geht mich ja auch nichts an.“

„Wir haben jetzt ein Problem. Ich nehme an, dass sie auch mein Schlafzimmer benutzen?“

„Ja, natürlich. Denken sie, dass ich schon seit einem halben Jahr hier auf dem Sofa schlafe?“

Sanna schaute ihn ungläubig an.

„Nein, natürlich nicht. Ich hoffe, sie schlafen gut in meinem Bett.“, sagte er mürrisch.

„Ausgezeichnet sogar.“, gab sie zurück.

„Dann muss ich, wohl oder übel, heute Nacht auf dem Sofa schlafen.“

„Was? Können sie nicht in die Wohnung ihrer Eltern?“

„Nein, kann ich nicht und will ich auch nicht. Das hier ist meine Wohnung. Ich könnte verlangen, dass sie sich eine andere Übernachtungsmöglichkeit suchen.“

„Sie sind wohl verrückt. Ich bezahle Miete hierfür. Ich bleibe.“

„Dann sind wir uns ja einig. Sie dürfen heute noch in meinem Schlafzimmer übernachten, bis wir es morgen geklärt haben und ich schlafe hier. Noch eine Decke würde mir reichen, für eine Nacht.“

„Die bringe ich.“

Sanna drehte sich um und ging ins Schlafzimmer.

„Wer geht zuerst ins Bad? Sie oder ich?“

„Ich natürlich.“, schaute sie ihn wütend an, als sie ihm die Decke entgegen warf.

„Ok. Ich hole noch mein Gepäck aus dem Wagen.“

Dann verschwand er.

Das hat mir gerade noch gefehlt, redete Sanna mit sich selbst. Zuerst der blöde Traum und jetzt noch ein fremder Mann in der Wohnung. Aber sie konnte ihn ja schlecht aus seiner eigenen Wohnung werfen, auch wenn sie jetzt darin wohnte und Miete zahlte.

Die Wohnung gehörte immer noch David.

Johann und Ed hatten ja nicht mehr damit gerechnet, dass er wieder auftauchen würde.

Was wollte er jetzt also hier?

Sanna ging ins Bad und dann schnell in ihr Bett, das heißt, eigentlich in Davids Bett.

Sie hörte, wie er im Badezimmer hantierte und es sich, unter Murren, im Wohnzimmer bequem machte.

Bald danach war Stille.

Sie konnte nicht sofort einschlafen und lag noch eine lange Zeit wach. Sollte sie nachsehen, ob er wirklich schlief? Dann konnte sie es auch endlich.

So schlich sie leise ins Wohnzimmer. Ging ganz nah zu David, damit sie sein Gesicht besser sehen konnte und war erleichtert, als sie bemerkte, dass er fest schlief.

Schnell ging sie wieder zurück und schlief nach ein paar Minuten friedlich ein.

Als sie am nächsten Morgen erwachte, hörte sie, dass David schon in der Küche beschäftigt war. Es roch nach gutem Kaffee und frischen Brötchen.

Noch etwas verschlafen ging sie in die Küche.

„Guten Morgen.“,begrüßte sie ihn kurz.

„Guten Morgen. Gut geschlafen? Kaffee und frische Brötchen gefällig?“, drehte er sich um.

Sanna starrte ihn einen Moment lang an.

Erst jetzt bemerkte sie, wie gut er aussah. Auf dem Foto fiel es ihr schon auf. Aber in Wirklichkeit

sah er noch viel besser aus.

Schnell wandte sie sich ab.

„Gerne.“, sagte sie nur.

„Extra frische Brötchen geholt. Soll das eine Entschuldigung sein?“

Sie wollte das eigentlich gar nicht sagen.

„Eine Entschuldigung? Wofür? Das ich in meiner Wohnung übernachten wollte? Und übrigens, auch immer noch will. Ich werde ein paar Tage hier bleiben. Also finden sie sich damit ab.“

„Ein paar Tage? Hier? Wo soll ich hin? Ich arbeite hier schließlich. Meine ganzen Sachen habe ich hier eingeräumt.“

„Sie können bleiben. Wir werden uns schon arrangieren. Ich störe sie schon nicht. Und ich werde auch nicht in ihr Bett hüpfen. Das heißt, es ist ja mein Bett.“

„Das ist nett. Ich hoffe, sie halten sich auch daran. Sie werden also weiter auf dem Sofa schlafen?“

„Ja, wo sonst. Mein Bett ist ja belegt.“

Kurzes Schweigen entstand. Heimlich und unbeobachtet betrachtete Sanna Daniel. Was will er hier?

„Wollen sie jetzt einen Kaffee? Vielleicht setzen sich endlich mal an den Tisch?“

Sanna nickte und setzte sich.

„Wo ist ihre Freundin?“

Sie hielt es einfach nicht aus. Sie wollte wissen, warum er hier ist.

„Meine Freundin? Meine Eltern haben ihnen also von ihr erzählt.“

„Ja. Ich habe zufällig ein Foto von ihnen und ihr gefunden und wollte wissen, wer darauf zu sehen ist.“

„Neugierig sind sie wirklich nicht. Sie ist zu Hause. Mehr müssen sie nicht wissen.“

„Ok. Ich nehme an, eine kleine Krise?“, grinste sie.

David antwortete darauf nicht.

„Sie haben also den Laden übernommen? Einen Blumenladen in diesem kleinen Ort? Sie wollen also nichts von der Welt sehen oder warum haben sie sich hier versteckt?“

„Ich habe mich nicht versteckt. Es gefällt mir hier sehr gut. Hab schon einiges von der Welt gesehen. Sie war mir zu laut und zu hektisch. Deshalb kam ich hierher. Einfach mal was ganz anderes machen.“

David schaute sie interessiert und fragend an.

„Was hatten sie denn vorher gemacht?“

„Interessiert sie das wirklich?“

„Nein, eigentlich nicht.“

Beide saßen sich schweigend gegenüber und tranken ihren Kaffee.

„Es ist nicht nur ein Blumenladen. Es ist vielmehr.“, sagte sie plötzlich leise.

„Vielmehr als ein Blumenladen?“, schaute er sie an.

„Ja.“

„Aber sie verkaufen doch Blumen?“, fragte er nochmal nach.

„Schon. Aber in diesem Laden gibt es eine kleine Leseecke. Viele kommen immer wieder, treffen sich hier, lesen ein Buch, unterhalten sich darüber oder tauschen Neuigkeiten aus. Dabei trinken sie Kaffee und essen von meinem Gebäck. Wenn sie gehen, kaufen sie sehr oft noch einen Blumenstrauß. Sie sehen also, dass der Laden viel mehr als nur ein Blumenladen ist.“, schwärmte sie.

„Wow. Dann muss ich ihn mir unbedingt mal ansehen. Das wäre in einer großen Stadt unmöglich und würde nicht funktionieren. Das geht nur in einem kleinen, verschlafenen Ka… Ort.“

„Sie wollten gerade Kaff sagen? Sie sind hier aufgewachsen. Hatten Freunde hier. Es ist kein Kaff. Dieser Ort ist wunderschön und die Menschen, die hier leben, sind sehr nett und freundlich.“

„Entschuldigung. Ich weiß, dass war dumm von mir.“

„Das war es.“

Sanna stand auf, ging ins Schlafzimmer und kleidete sich an.

Was bildet er sich denn eigentlich ein? Nur weil er jetzt in einer Millionenstadt lebt, redet er so

über seinen Heimatort. Sie konnte es nicht verstehen.

„Zeigen sie mir jetzt den Laden?“, rief er.

„Er interessiert sie doch gar nicht.“

Sanna kam in die Küche zurück.

„Wow, sie sehen ja richtig gut aus, wenn sie wütend sind.“

„Lassen sie die blöden Sprüche.“

„Ich entschuldige mich nochmal, für alles. Ich weiß auch nicht, was mich da gerade geritten hat. Bitte. Ich bitte sie, zeigen sie mir ihren Laden.“

Dabei schaute er sie lächelnd an.

„Na gut. Kommen sie.“

Sanna öffnete die Tür zu ihrem Laden und blieb stehen.

„Das ist er.“

Der Laden sah so ganz anders aus, als bei seinen Eltern. Auch die Sträuße waren etwas besonderes, wie der ganze Laden. Die kleine Ecke mit den Bücherregalen, lud zum Verweilen ein. Es roch immer

noch nach frischem Gebäck, nach Kaffee und der wundervolle Blumenduft erfüllte den Raum.

„Wow. Du hast nicht zu viel versprochen. Hier kann man sich niederlassen und die Zeit vergessen.“

Es fiel ihm gar nicht auf, dass er du zu ihr gesagt hatte.

„Ja, dass war die Idee und mein Ziel. Und es funktioniert. Gut sogar.“, schaute sie verträumt.

„Warum haben sie den Kontakt zu Sascha und Doreen abgebrochen?“

„Oh, da ist sie wieder. Die Neugierige.“

Beide verließen den Laden.

„Ihr kennt euch?“, war David erstaunt.

„Ja, sie sind beide super nett. Also warum?“

„Hartnäckig ist sie auch noch.“

„Weil ich einfach wissen will, warum sie so geworden sind.“

„Wie geworden?“

„Die Eltern sind ihnen egal und nach den Freunden fragen sie auch nichts mehr.“

„Das stimmt nicht. Meine Eltern sind mir nicht egal, deshalb bin ich ja hier. Und was meine Freunde betrifft, ich hatte wenig Zeit. Das tut mir auch leid. Es stimmt, ich hätte mich melden sollen.“

„Ja, das hätten sie.“

„Aber, wissen sie was. Ich muss mich nicht rechtfertigen vor ihnen. Damit ist die Unterhaltung beendet.“

David nahm seinen Mantel und verließ die Wohnung.

Inzwischen hatte es zu schneien begonnen. Es war bitterkalt.

Er wird frieren, dachte sie.

Sie feuerte den Kaminofen an und es wurde bald wunderbar warm und gemütlich. David blieb lange weg.

Sie bereitete das Mittagessen zu. Zuerst wollte sie nur für sich kochen, dann aber kochte sie für zwei. Wenn er zurückkommt, hatte er bestimmt Hunger und ist durchgefroren.

Das Essen war fertig. David war immer noch nicht zurück. Sie hielt das Essen im Ofen warm.

Endlich hörte sie die Tür.

„Wo waren sie so lange. Es ist kalt und schneit. Sie sind bestimmt durchgefroren. Ich habe uns etwas zu Essen gemacht. Haben sie Hunger?“

„Sind sie besorgt um mich?“

„Oh, hätte ich nur den Mund gehalten.“, verdrehte sie die Augen.

„Ja, ich bin durchgefroren und habe Hunger. Etwas warmes zu Trinken wäre auch schön.“, rieb er sich

die Arme.

„Ich habe Tee gemacht. Setzen sie sich an den warmen Ofen.“

„Ich werde morgen meine Eltern besuchen und Kontakt mit Sascha und Doreen aufnehmen. Dann fliege ich wieder zurück.“

„Sie wollten doch länger bleiben? Warum so schnell?“

„Ich bin hier einfach nicht mehr zu Hause.“

„Das denke ich nicht. Sie erinnern sich wieder, wie gerne sie hier gelebt hatten. In ihrer wunderschönen Wohnung mit dem herrlichen Garten und ihren Freunden. Das alles fehlt ihnen. Habe ich Recht? Sind sie deshalb alleine gekommen? Sie mag hier nicht leben. Es ist ihr wohl alles zu klein und zu spießig.“

David schaute sie lange an.

Wie Recht sie hatte. Aber das konnte er vor ihr nicht zugeben. Er hatte Heimweh, das erste mal, nach der langen Zeit. Deshalb ist er gekommen. Obwohl er dort alles hatte, fehlte ihm etwas.

„Sie haben einen wirklich guten Geschmack. Ich habe mich sofort in die Wohnung und den herrlichen Garten verliebt.“

„Du hast einige Sachen umgestellt. Es gefällt mir.“

Jetzt fiel ihm auf, dass er sie geduzt hatte.

„Entschuldige, dass ich „du“ gesagt habe.“

„Ist ok. Wir sollten dabei bleiben.“, lächelte sie ihn an.

„Ich bin Sanna.“, hielt sie ihm die Hand hin.

„Sanna? Ein ungewöhnlicher Name. Ich bin David. Aber das weißt du ja schon.“

Er nahm ihre Hand und hielt sie sekundenlang fest. Dabei schaute er sie genau an.

„Du bist wunderschön. Hat dir das schon mal jemand gesagt.“

Schnell entzog sie ihm ihre Hand.

„Möchtest du noch einen Tee? Deine Hände sind immer noch eiskalt.“

„Nein, ich möchte keinen Tee.“

Plötzlich zog er sie an sich und küsste sie.

Zuerst ließ sie es zu, dann riss sie sich los.

„Was soll das? Bist du vollkommen übergeschnappt?“

„Entschuldige. Es tut mir leid. Bitte entschuldige.“

Er wusste selbst nicht, was da über ihn gekommen war.

„Ist schon gut. Vergessen wir den Vorfall.“

„Danke. Ich wollte dich nicht verletzen. Ich kann mich nur nochmal entschuldigen.“

„Ist gut. Ok?“

„Ok.“

„Noch was, deine Eltern kommen erst morgen Abend zurück. Sie besuchen Bekannte.“

„Dann muss ich wohl noch einen Tag länger bleiben.“

„Und Doreen ist zu Sascha gefahren. Falls du sie aufsuchen wolltest. Du weißt schon, dass Sascha auswärts arbeitet?“

„Ja, hab‘s irgendwann mitbekommen. Ich habe seine Handynummer. Werde mich mal bei ihm melden.“, nickte David.

„Ich hoffe, du erträgst meine Nähe noch einen Tag länger?“

David schaute sie dabei eigenartig an.

„Es ist dein zuhause. Ich kann dich ja schlecht auf die Straße setzen. Also, machen wir das Beste daraus.“

Mittlerweile schneite es nicht mehr. Die Sonne kam sogar hervor und schickte Strahlen durch die Fenster in die Wohnung.

„Das Wetter hat sich gebessert. Ich werde einen kleinen Spaziergang machen.“

Sanna nahm ihren Mantel, schlang einen dicken Schal um ihren Hals, streifte sich die Handschuhe über und zog warme Stiefel an.

„Ich komme mit, wenn du nichts dagegen hast?“

„Meinetwegen. Wenn du unbedingt willst? Hast du nicht schon genug Schnee und Kälte abbekommen, für heute?“, fragte sie etwas genervt.

Eigentlich wollte sie allein sein. Sie musste mal ihre Gedanken sortieren.

„Hab mich ja wieder aufgewärmt.“

David spürte schon, dass es ihr nicht ganz Recht war, aber das störte ihn nicht. Er wollte sie unbedingt noch näher kennenlernen, dass ging nicht, wenn man sich aus dem Weg ging.

Nach der kurzen Zeit hatte sie schon erkannt, dass ihm seine Heimat fehlte und er nicht so glücklich war, wie er vorgab.

Am Anfang war alles neu, groß und aufregend und was hinzukam, er war verliebt.

Seine Arbeit macht ihm Spaß und verliebt ist er auch immer noch. Trotzdem. Es wurde ihm alles zu laut und zu hektisch. Deshalb kam er zurück. Er wollte ein paar Tage Ruhe tanken. Alleine sein, um Nachzudenken. Nun aber war sie in seiner Wohnung. Alleine sein war nicht möglich. Er konnte sie aber auch nicht bitten, so lange er hier war, woanders unterzukommen.

In Gedanken versunken stapfte er neben Sanna durch den weißen, in der Sonne glitzernden, Schnee.

Sie bemerkte schon, dass er abwesend war und wollte ihn aus seinen Gedanken reißen.

Sanna formte unbeobachtet einen Schneeball und warf ihn auf David. Erschrocken und überrascht blickte er sie an.

„Na warte. Das wirst du mir büßen.“

So begann eine kleine Schneeballschlacht. Sie lachten und amüsierten sich, wie kleine Kinder.

Wie lange war es her, dass Beide solch einen Spaß hatten.

„Stopp. Pause. Ich ergebe mich.“, lachte Sanna.

„Ich bin schon vollkommen durchnässt.“

„Ok. Pause. Es ist schon eine Ewigkeit her, als ich das letzte mal eine Schneeballschlacht machte und soviel Spaß dabei hatte. Ich glaube, es war mit Sascha, Doreen und Karen.“

David hielt inne. Wie lange ist das schon her, als er mit Karen glücklich zusammen war. Er hatte sie fast vergessen.

„Karen war deine Freundin. Ist das richtig?“, fragte sie, obwohl sie es ja schon wusste.

„Ja. Was wohl aus ihr geworden ist. Nach unserer Trennung hatten wir keinen Kontakt mehr. Ob sie immer noch hier wohnt?“

„Nein. Sie ist weggezogen und mittlerweile verheiratet. Und schwanger.“, rutschte es ihr heraus.

„Du weißt von ihr?“, staunte David.

Sie nickte.

„Oh, Sascha und Doreen haben dir von ihr erzählt. Ist ja klar. Hat Doreen noch Kontakt?“

„Wenig. Aber sie will wieder öfter mit ihr telefonieren.“

Dabei schaute Sanna ihn lange an.

„Sie bedeutet dir wohl immer noch was?“

Sie konnte es an seinem Blick erkennen.

„Wir waren einmal sehr verliebt. Natürlich bedeutet sie mir noch was, obwohl ich sie fast vergessen hätte.“, schüttelte er ungläubig den Kopf.

„Warum hast du dich denn von ihr getrennt? Verstehe ich nicht.“

„Ich musste beruflich plötzlich ins Ausland. Kam nur noch selten heim und dann lief mir auch noch Christin über den Weg. Ich war hingerissen von ihr. Sie war so ganz anders, als die Mädchen hier und

ganz anders als Karen. Ich habe mich Hals über Kopf in sie verliebt.“

„So einfach war das?“

„Ja, so einfach. Verstehst du? Es war alles neu, so groß, so aufregend, so anders. Die Stadt, das Land, die Menschen und Christin. Ich genoss es. Das neue Leben an der Seite von Christin, dass so ganz anders war, als ich es bisher kannte. Es war wie ein Traum.“

„Und jetzt bist du aufgewacht?“

„So ungefähr.“, gab er nur kurz zur Antwort.

„Lass uns wieder zurückgehen. Mir ist kalt. Ich muss mich aufwärmen und was heißes trinken. Ein Tee wäre jetzt gut.“

„Komm her, ich halte dich warm. Ich lege dir meinen Mantel noch über.“

„Nein, dann frierst du. Wir sind ja gleich zu Hause.“, lehnte sie dankend ab.

Trotzdem umarmte er sie, um sie zu wärmen.

„Ich mache uns einen heißen Tee. Setz dich auf das Sofa. Gleich lege ich noch etwas Holz auf.“

David half ihr aus dem Mantel. Sanna ging sofort zum Ofen, legte Holz auf und setzte sich auf das Sofa. Sie nahm eine Decke, die David benutzte und deckte sich damit zu. Sie roch nach David. Sanna zog die Decke noch näher an ihr Gesicht und schloss die Augen, als sie den Duft einatmete.

„Du hast ein tolles Rasierwasser. Oder ist es dein Parfüm?“, fragte sie dabei leise.

„Hier dein Tee. Dir gefällt der Duft also? Riecht die Decke so sehr danach?“, fragte er, als er sich dicht neben sie saß.

„Ja. Sie riecht gut.“

Wieder schmiegte sie sich an die Decke. Dabei senkte sie den Blick. Was war plötzlich los mir ihr. Seine Nähe machte sie nervös.

„Ist dir warm genug? Oder soll ich noch eine Decke holen?“

„Nein, alles gut.“

Langsam breitete sich die Wärme in ihrem Körper aus. David kam noch näher und legte den Arm um sie.

Er wollte sie wärmen.

„Keine Angst. Ich werde dich nicht küssen. Das wird nie wieder geschehen.“, teilte er ihr mit.

Sie hatte es auch nicht angenommen, also warum sagte er es dann?

„Ich habe es dir versprochen und möchte dich nie wieder verletzen.“, flüsterte er und sah sie dabei merkwürdig an. So, als wollte er auf eine Antwort oder ein Zeichen von ihr warten.

„Du hast mich nicht verletzt. Es kam einfach überraschend. Du hast dich dafür entschuldigt, damit ist die Sache vergessen.“

War sie das wirklich? Sie konnte den Kuss so einfach nicht vergessen.

„Wirklich?“, fragte er nochmal nach.

Irgendetwas lag seit diesem Kuss in der Luft. Beide spürten es, wollten es aber nicht wahr haben.

So saßen sie stumm, eng umschlungen, nebeneinander und schauten den tänzelten Flammen zu.

Jeder hing seinen Gedanken nach.

Plötzlich klingelte es. Sie wurden aus ihren Gedanken gerissen.

„Wer mag das sein, um die Zeit?“, fragte Sanna.

„Ich gehe schon.“

David löste die Umarmung und öffnete die Tür.

„David?“

„Doreen?“

„Was machst du hier?“, schaute Doreen ihn erstaunt an.

„Nun, es ist meine Wohnung, wie du weißt. Warum sollte ich nicht mal nach dem Rechten sehen? Aber komm doch rein. Ich freue mich, dich zu sehen.“

Er umarmte sie.

„Du willst bestimmt zu Sanna.“

Sie war überrascht, ihn hier zu sehen.

„Doreen? Du bist schon zurück?“, freute sich Sanna. Sie war froh, dass jemand die eigenartige Stimmung, die gerade herrschte, unterbrach.

„Ja. Wie ich sehe kennt ihr euch schon?“

Doreen schaute von einem zum andern, als sie sah, dass David sich dicht neben Sanna saß.

Lief da etwa etwas zwischen den Beiden?

„David kam überraschend gestern Abend hier hereingeschneit.“, lächelte sie ihn an.

Oh, weh, was hatte dieses Lächeln zu bedeuten, dachte Doreen.

„Aha. Und seit dem seit ihr hier zusammen? Allein?“

„Ja. Wir unternahmen heute Nachmittag eine Schneewanderung mit Schneeballschlacht. Es war lustig.“, berichtete David.

„Lustig, also?“

„Ja. Wir hatten riesigen Spaß. Was schaust du so komisch? Wie geht es Sascha? Hattet ihr ein schönes Wochenende?“, lenkte Sanna schnell das Gespräch auf Sascha.

„Ja. Es war herrlich. Er wird staunen, wenn ich ihm von David berichte.“

„Ich habe sowieso vor, mich bei ihm zu melden. Ich möchte mich gerne mit ihm treffen, bevor ich übermorgen wieder zurückfliege.“

„Du verlässt uns schon wieder? So schnell?“,staunte Doreen.

„Ja, meine Arbeit wartet.“, nickte er.

„Und deine Freundin, wie hieß sie nochmal? Bist du noch mit ihr zusammen?“, interessierte es Doreen.

„Ja klar. Wir sind verliebt, wie am ersten Tag. Sie wartet natürlich auch darauf, dass ich so schnell wie möglich wieder zurückkomme. Ihr Name ist Christin.“

Dabei schaute er Sanna von der Seite an.

„Wirklich. Das ist schön zu hören. Dann hast du ja die große Liebe gefunden. Freut mich.“

„Ich habe erfahren, dass Karen verheiratet ist?“

David fühlte sich schuldig, dass damals ihre Beziehung auseinander ging.

„Ja. Sie brauchte lange, bis sie über dich hinweg war. Aber jetzt ist sie glücklich verheiratet.“, erzählte Doreen.

„Sie bekommt ein Baby?“, schaute er Doreen traurig an.

Auch Sanna sah seinen Blick.

Anscheinend ist er immer noch nicht ganz über Karen hinweg, obwohl er sich von ihr getrennt hatte und in einer neuen Beziehung lebt.

„Ja. Bald wird sie einen Sohn auf die Welt bringen. Ich habe vor ein paar Tagen nochmal mit ihr gesprochen. Wir wollen uns demnächst treffen.“

„Schön. Einen Sohn also?“, nickte er nur.

„Ja. Wolltest du nicht auch Kinder? Ihr habt immer davon gesprochen und du wolltest unbedingt so schnell wie möglich Vater werden. Weißt du noch?“, erinnerte Doreen ihn.

„Sicher, erinnere ich mich noch. Das ist alles schon lange her. Vater bin ich nicht.“

„Will sie keine Kinder, deine Freundin?, wollte jetzt Sanna wissen.

„Wir haben noch nie darüber gesprochen. Ich denke, im Moment will sie noch keine. Sie ist glücklich in ihrem Beruf. Der macht ihr Spaß und füllt sie vollkommen aus. Ein Kind hätte da keinen Platz.“

„Aber ihr seid glücklich. Oder?“, forschte Doreen nochmal nach.

„Oh ja. Sehr. Es fehlt uns an nichts.“, dabei senkte er den Blick.

Sanna dachte anders. Ihm fehlte etwas, dass spürte sie und er hatte so etwas unbewusst angedeutet.

Doch er musste es allein herausfinden.

„Was ist mit euch? Wann werdet ihr heiraten? Und wie sieht es mit Kindern aus?“, wollte er wissen.

„Wir werden im Sommer heiraten, deshalb bin ich eigentlich gekommen, um Sanna die Neuigkeit mitzuteilen.“, lächelte sie glücklich.

„Das ist ja wunderbar. Eine schöne Nachricht. Ich freue mich für euch. Ihr seid wirklich ein schönes

Paar.“

Sanna stand auf und umarmte sie.

„Darauf wollen wir anstoßen. Ich gratuliere.“, meinte David.

„Sanna, hast du Sekt im Kühlschrank?“

„Ja, müsste da sein.“

„Du wirst doch zu unserer Hochzeit kommen?“, wollte sie von David wissen.

„Klar, sagt mir nur rechtzeitig Bescheid. Ich werde da sein.“

Er öffnete den Sekt und Sanna holte Gläser. Dann prosteten sie sich zu.

„Sanna, du wirst doch unsere Trauzeugin?“, fragte Doreen vorsichtig.

„Aber ja, gerne.“

Sie umarmten sich wieder.

„Denkst du, dass Sascha mich als Trauzeugen akzeptieren würde? Du könntest ein gutes Wort für mich einlegen.“

„Frag ihn selbst. Du willst dich doch treffen mit ihm. Ich denke, dass er sich freuen würde.“

Jetzt umarmte Doreen auch David.

„Ich habe mich gefreut, dich nach so langer Zeit, endlich wiederzusehen. Jetzt muss ich aber nach Hause. Wir sehen uns morgen, Sanna. Ich schaue wieder im Laden vorbei, wenn ich von der Arbeit komme. Machts gut.“

„Du auch. Bis Morgen Doreen.“

„Leb wohl, falls wir uns nicht mehr sehen.“, verabschiedete sich David.

Sie waren wieder allein und David ging das Gespräch nicht aus dem Kopf. Gerne hätte er Karen nochmal gesehen und sich für alles entschuldigt. Sie hatte ihm einmal viel bedeutet, das tut sie immer noch. Aber es ist keine Liebe mehr, die er für sie empfand, nur noch Freundschaft und die würde er gerne erhalten.

„An was denkst du gerade?“

David fühlte sich ertappt.

„An die Zeit damals und an Karen. Gerne würde ich mich bei ihr entschuldigen, für das, was ich ihr angetan habe. Aber wahrscheinlich ist es jetzt zu spät.“

„Es ist nie zu spät. Vielleicht hast du irgendwann die Möglichkeit dazu. Dann solltest du sie nutzen.“,schlug sie vor.

„Ich lege mich jetzt hin. Morgen habe ich einiges zu tun. Gute Nacht, David.“

„Gute Nacht, Sanna.“

Er schaute ihr noch lange nach.

Dann legte auch er sich hin.

Schlafen konnten beide nicht.

Am nächsten Morgen hörte Sanna schon früh Geräusche. Anscheinend war David schon auf.

Sie ging unter die Dusche, machte sich besonders hübsch und ging in die Küche.

„Guten Morgen. Du bist ja schon sehr früh auf den Beinen?“

„Guten Morgen. Ich dachte, du könntest ein gutes Frühstück gebrauchen, bevor du in den Laden gehst.“, lächelte er sie an.

„Das könnte ich. Es duftet köstlich.“

„Übrigens, du siehst hinreißend aus. Schade, dass du fast nur Frauen als Kundschaft hast. Die Männer verpassen was. Wahrhaftig.“

Sanna schüttelte lachend den Kopf.

„Du bist ja gut gelaunt, heute morgen. Ist es, weil du bald wieder nach Hause fliegst?“

„Möglich? Aber ich freue mich auch, meine Eltern wieder zu sehen. Sie werden Augen machen, wenn ich plötzlich vor ihnen stehe.“

„Das denke ich auch, zumal sie nicht mit dir gerechnet hatten.“

Beide frühstückten schweigsam zusammen. Ab und zu wagten sie einen Blick.

„Ich muss in den Laden.“

Sanna stand schnell auf. Wieder war diese eigenartige Stimmung im Raum.

Sie öffnete den Laden, sie stellte frisches Gebäck hin und kümmerte sich um neue Gestecke und Blumensträuße. Bald schon kam die erste Kundin.

„Guten Morgen, Sanna. Endlich ist dein Laden wieder geöffnet. Man vermisst es einfach, hier zu sitzen und sich zu unterhalten, bei all den schönen Blumen.“

„Das ist schön. Ich freue mich, wenn das alles hier gut ankommt.“, schaute sie sich um.

„Oh ja. Alle schwärmen davon. Ich treffe hier gleich ein paar Freundinnen. Wir wollen über ein Buch diskutieren.“, sagte die Besucherin.

„Ein interessantes Buch?“, fragte Sanna nach.

„Ja. Hier.“

Sie zeigte Sanna das Buch. Bevor Sanna etwas dazu sagen konnte, kamen auch schon die Anderen.

„Guten Morgen, zusammen.“

„Es ist heute wieder bitterkalt.“

„Schön, dass wir hier im warmen sitzen und einen köstlichen Kaffee trinken können.“

„Ich bringe ihn sofort. Ich biete seit heute auch Tee an. Wenn jemand möchte?“

„Nein, danke. Zuerst einmal einen Kaffee.“

Sanna brachte den herrlich dufteten Kaffee an den Tisch und widmete sich dann wieder ihren Blumen.

Dabei schaute sie gedankenverloren, ab und zu aus dem Fenster. Das Wetter war herrlich, die Sonne schien und die goldenen Strahlen fielen durch die Scheibe in ihren Laden. Der Himmel war strahlend blau. Trotzdem war es sehr kalt.

„Wo bist du mit deinen Gedanken?“

David stand hinter ihr. Ertappt schaute sie auf und sah direkt in seine braunen Augen. Einen kurzen Moment standen sie sich so gegenüber und sahen sich nur an.

„Was machst du hier? Ich dachte, du fährst zu deinen Eltern?“

„Ja gleich. Wollte mir nur nochmal bei Tageslicht deinen Laden ansehen. Es ist wirklich wunderschön und gemütlich hier. Das hast du super hinbekommen.“, nickte er anerkennend.

„Danke. Gefällt er dir?“

„Sehr gut, sogar.“, dabei schaute er sich weiter um und begrüßte die Damen, die in der Ecke saßen und sich angeregt unterhielten.

David schaute sich die Bücher an und staunte.

„Guten Morgen, Sanna.“

„Guten Morgen, Johanna, Ed. Ihr seid schon unterwegs?“, staunte Sanna.

„Mama? Papa?“

David drehte sich ruckartig um.

„David? Mein Sohn. Du bist hier?“

Johanna konnte es nicht glauben und fiel ihm sofort um den Hals.

„David. Ich freue mich, dass du mal wieder hier bist. Ist etwas geschehen?“, begrüßte ihn auch Ed.

„Nein, alles in bester Ordnung. Ich wollte euch einfach mal wieder sehen. Tut mir leid, dass ich so lange weg war.“

„Seit wann bist du hier? Und wo hast du übernachtet?“, wollte Johanna wissen.

„Seit vorgestern Abend. Und ich habe in meiner Wohnung übernachtet, wo sonst.“, lächelte er.

„Aber, wir haben die Wohnung an Sanna vermietet.“, staunte Ed.

„Habe ich mitbekommen. Ich schlief natürlich auf dem Sofa. Ich konnte ja schlecht Sanna vor die Tür setzen. Also, überließ ich ihr mein Bett.“, grinste er.

„Dann kennt ihr euch also schon.“, stellte Johanna fest.

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