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9. Krisengespräch

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Dr. Karlheinz Tietze, Professor für alte Geschichte ist wahrscheinlich der sympathischste Hochschullehrer, welcher auf Erden wandelt. Gleichzeitig besitzt er den sarkastischsten Humor, den man sich vorstellen kann und den er in seine überfüllten Vorlesungen einfließen lässt. Diese sind legendär und ein Geheimtipp für Wissensdurstige. Auf die Frage eines Erstsemestlers warum er Geschichtsprofessor geworden sei, antwortete er mit einem trockenen: „Warum nicht?“ Dann fügte er hinzu: „Ich bin ein C4 Beamter, mit super Bezügen und habe viel vorlesungsfreie Zeit! Noch besser als ein Lehrer!“ Da ich ihn vor geraumer Zeit, bezüglich eines Artikels konsultieren durfte, wusste er noch genau wer ich war und nahm meine Einladung zum Mittagessen gerne an.

„Was kann ich für Sie tun?“, signalisierte, dass unsere Zeit begrenzt war. Ich erzählte ihm kurz, dass ich gekündigt hätte und mir auch mangels Alternativen nun einredete, ein Buch schreiben zu können, Querstrich müssen. Er schien nicht überrascht und antwortete: „Ja, tun Sie das. Mir ist bereits, als Sie noch Student bei mir waren, aufgefallen, dass Sie gerne reden und viel Phantasie besitzen! Zu meinen Doktoranden sage ich regelmäßig, untermauert eure Dissertation schnell noch mit einem Buch, aber die sind ja stinkfaul; wollen den Doktortitel meistens nur, um anzugeben oder erhoffen sich vielleicht dadurch, Frauen leichter ins Bett zu bekommen! Wer weiß das schon so genau. Die weiblichen Doktoranden sind da ehrlicher und vor allem zielstrebiger. Sie wollen ihn, um ihre beruflichen Karrierechancen zu erhöhen.“ „Über was wollen Sie schreiben?“ War die Frage, die ich befürchtet hatte. „Da Sie eben das Wort „ehrlich“ verwendeten, kommt es mir leichter über die Lippen: Ich habe keine Ahnung!“, sagte ich. Er schaute mich skeptisch an und machte mich ziemlich verlegen, da er sich eine Ewigkeit Zeit ließ, bis er endlich antwortete: „Ja, schreiben Sie. Schreiben Sie ohne Regeln und Tabus. Wir leben schließlich im einundzwanzigsten Jahrhundert, im Zeitalter von Internet, YouTube, Twitter, sympathischen Homo-Ehen mit Kindern. Wir haben historisch einmalig, erstmals einen schwarzen US-Präsidenten. Putin lässt ungeniert weltweit seine politischen Gegner liquidieren und kommt damit durch. Der Papst verbietet weiterhin die Verwendung von Kondomen in afrikanischen Ländern. Es gibt immer noch keine Zwangssterilisation für Verbrecher, die Kinder missbrauchen und anschließend umbringen, geschweige denn die Todesstrafe für diesen Tatbestand. Warum eigentlich nicht? Hinterfragen Sie die Dinge.“ Dann machte er eine kurze Pause und holte erneut aus: „Zum Beispiel: Hat Romeo, Julia tatsächlich so sehr geliebt, oder war er vielleicht doch nur hinter ihrem Geld her, da sie aus einer extrem wohlhabenden Familie stammte? Selten ist etwas so, wie es scheint. Reißen Sie die Masken herunter. Oder: Warum hatten die bei Raumschiff Enterprise bereits in den 60er Jahren Handys und unsereins musste noch über dreißig Jahre darauf warten. Warum macht der Staat Krebsvorsorge nicht zur Pflicht? Sicherheitsgurte anzulegen ist gesetzlich vorgeschrieben. Warum dann nicht Krebsvorsorge? Kommt er besser damit weg, wenn die Menschen früher sterben und er damit ein Vermögen an einbehaltenen Renten spart? Wie kurz davor war Martin Luther, auch als Ketzer und Verbrecher von den katholischen Schergen verfolgt und verbrannt zu werden? Widmen Sie sich dem Vatikan – neben den Nationalsoziallisten, die größten Verbrecher in der Menschheitsgeschichte. Warum wurden bis heute, die Millionen von Opfern der Inquisition und anderen katholischen ruhmreichen Aktivitäten, nicht rehabilitiert und ihre Nachfahren entschädigt? Jeder Einzelne der im Namen der katholischen Kirche – von diesen im Namen Gottes deklariert – unter Höllenqualen umgebracht wurde, ist in den Archiven des Vatikans fein säuberlich aufgelistet. Eine Perversion, die nur von den Nazis übertroffen wurde. Warum gibt es für die hunderttausenden von Frauen, unschuldig von den Sadisten des Vatikans als Hexen gefoltert, ermordet und verbrannt, keine Gedenktafel auf dem Petersplatz? Wenn Sie schon schreiben müssen, dann rütteln Sie auf! Warum musste Maria Magdalena eine Hure werden, wo sie erwiesenermaßen die Partnerin Jesus war? Womöglich mit ihm verheiratet. Stellen Sie unbequeme Fragen! Warum hat sich die umfangreiche Lüge der katholischen Kirche bis heute halten können? Obwohl sie auf dem Konzil von Nicäa 325 n. C, auf Initiative des römischen Kaisers Konstantin, als großes Kartenhaus zusammengeschustert wurde? Diese menschenverachtende Männerclique, mit ihrem heuchlerischen Zölibat, die Sadismus, Folter, Pädophilie und Massenmord mit einem göttlichen Auftrag rechtfertigen. Wie können diese Größenwahnsinnigen es wagen, sich mit Gott oder einer religiösen Botschaft in Verbindung zu bringen? Was hat ihre zwielichtige und machthungrige Existenz mit göttlichem Sendungsbewusstsein zu tun? Demut, Bescheidenheit, Gewaltverzicht und Nächstenliebe sind die Dogmen der anderen großen Religionen.Seit ihrer Existenz, missachtet die katholische Kirche jedoch, diese simplen Grundsätze.“

Gebannt lauschte ich seiner Privatvorlesung. Ich Idiot war natürlich auf einen solch überraschenden, wie faszinierenden Vortrag nicht vorbereitet und hatte absolut nichts am Mann (Bundeswehrjargon!), um mir Notizen zu machen. „Noch im zwanzigsten Jahrhundert, in den frühen 80ern, wurde in Franken letztmals ein junges unschuldiges Mädchen durch Exorzismus getötet. Wie ist das möglich? Wie emotional verkümmert muss eine Gesellschaft sein, um dies zu tolerieren? Oder denken Sie an die unzähligen armen Kinder, welche im Altertum von Mönchen und Priestern missbraucht, vergewaltigt oder sogar umgebracht wurden, da diese kranken „Würdenträger“ nur so ihr scheinheiliges Zölibat ertragen konnten. Wie viele, auf diese Weise gezeugte und im Stich gelassene Kinder, wurden in Kinderheime abgeschoben? Was ist mit dem gigantischen Vermögen des Vatikans? Geschätzte 60 Milliarden Euro. Wie viel von diesem Geld, stammte von im Holocaust ermordeten europäischen Juden, als „Dankeschön“, dass der Vatikan gesuchten Nazigrößen Unterschlupf gewährte und ihnen anschließend zur Flucht verhalf? Warum verlangt niemand Rechenschaft über die Herkunft dieser finanziellen Mittel? Warum erzwingt keine Großmacht dieser Welt, die bedingungslose Öffnung – im Interesse aller Menschen – der vatikanischen Archive? Die Mafia und das organisierte Verbrechen werden doch auch weltweit gejagt und zur Rechenschaft gezwungen. Im Vergleich zum Vatikan sind diese Jungs doch Unschuldslämmer! Oder schreiben Sie über Joanne K. Rowling! Wie konnte diese Frau, die von Sozialhilfe lebte und in Kneipen schrieb, weil sie sich die Heizung in ihrer Wohnung nicht leisten konnte, die fesselndsten Romane verfassen? Diese begeistern und inspirieren weltweit Millionen von Kindern, unabhängig von ihrer Herkunft oder Nationalität. Grandios! Sind nicht Frauen das eigentliche Ebenbild Gottes? Mit ihrer Gabe, Leben zu schenken, zu lieben und uns Männer um den Verstand zu bringen? Frauen und Kinder haben bis heute weltweit die wenigsten Rechte. In Deutschland wird immer noch eher eine Tierquälerei angezeigt, als wenn einer wehrlosen Frau oder einem unschuldigen Kind Gewalt angetan wird. Nehmen Sie sich diese gefühlskalte Gesellschaft vor! Jedes Jahr wählen fast an die zehntausend Menschen den Freitod. Das sind in zehn Jahren fast hunderttausend Menschen. Und dies nur in Deutschland. Es wird geschätzt, dass sich weltweit jährlich eine Million – ja Sie hören richtig – eine Million Menschen das Leben nehmen. Meist noch sehr junge Menschen. Was für ein unbeschreibliches Drama! Oder schreiben Sie einfach über die Liebe! Ein nie endendes Thema. Ein Thema für die Ewigkeit. Was ist ein Leben ohne Liebe? Ein langer, dunkler und einsamer Tunnel ohne Licht. Ist der wahre Grund für den unausweichlichen Untergang unserer Zivilisation, nicht der gigantische Mangel an Liebe. Arbeiten Sie ungestüm! Lassen Sie ihrer Phantasie freien Lauf. Haben Sie keine Angst vor Kritikern, die nach Anerkennung lechzen. Hätte K. J. Rowling auf sie gehört, wäre nicht ein einziger Harry Potter Roman entstanden. Halten Sie fest, was Sie selbst bewegt. Fragen Sie Leute, denen Sie vertrauen, nach ihrer Meinung! Manchmal haben diese Ideen, auf die man selbst nie gekommen wäre.“ Er nahm noch einen großen Schluck von seinem Kaffee und sagte dann schließlich: „So, jetzt müssen wir leider zahlen, da ich mich um einen Doktoranden kümmern muss!“

Mit diesen Worten beendete er ziemlich abrupt seinen interessanten Vortrag. Ich bedankte mich herzlich bei ihm und versprach, ihn in Sachen Buch auf dem Laufenden zu halten. Sein Sturm der Worte hatte mich noch in seiner Gewalt, da ich regungslos sitzen blieb und mich überrascht fragte, wann wir eigentlich gegessen hatten. Ich fühlte mich wie eine Mischung aus den Journalisten, die die Watergateaffaire aufdeckten und demjenigen, der in der Wüste Iraks, die Massenvernichtungswaffen fand. Ich beglückwünschte mich insgeheim, einen so weltoffenen Prof. zu kennen. Ich bestellte noch einen Espresso und borgte mir vom Kellner einen Kugelschreiber. Auf meine Serviette notierte ich:

- Romeo war ein Macho!

- Todesstrafe oder Kastration für Kindesmörder (weltweit einheitlich geregelt?)

- Krebsvorsorge statt Renten einsparen

- der Vatikan als Zentrum für Massenmord in der Menschheitsgeschichte

- Konzil von Nicäa

- das Wunder der weiblichen Erscheinung

- der Vatikan als kriminelle Großbank

- wirksamer Schutz und Gesetzte für Kinder (weltweit geregelt und kontrolliert)

- prozentuale (mindestens 50 %), gesetzlich festgeschriebene Beteiligung von Frauen in Führungspositionen von Politik, Firmen, Konzernen, Medizin, Kultur und katholischer Kirche (hab’ ich mir jetzt schnell noch einfallen lassen, da ich ständig an Pia denke!)

- Auflösung der katholischen Kirche; Kompromiss: Radikale Reformen! Rehabilitierung ALLER im Namen der katholischen Kirche ermordeten Menschen (Männer, Frauen und Kinder), Entschädigung der Nachkommen, wo möglich; Schaffung einer einheitlichen christlichen Kirche für Katholiken, Lutheraner und Orthodoxen - wenn gewünscht.

- Rechenschaft für ihre Rolle beim Holocaust

- rigorose Öffnung der Vatikanarchive

- Bekennen zur Wahrheit über die Verfälschung der Bibel;

- Erlösung von Millionen von katholischen Gläubigen, die vielleicht der größten Menschheitslüge hinterher gerannt sind.

- Was wusste / weiß der jetzige Papst, Benedikt aus Bayern, der Ratzingers Josef, von den vielen Kindesmisshandlungen und warum macht er einen auf unschuldig. Wie viele „Leichen“ hat er möglicherweise selbst im Keller und warum hakt da kein Journalist mal nach? Ich nicht, denn ich wurde gefeuert. Vielmehr habe gekündigt! Aber die Ex Kollegen? Mal wieder jemand zum Rücktritt zwingen, so wie früher, z.B. den Bundestagspräsidenten Jenninger? Aber den Benedikt zu Fall zu bringen, dass wär’s doch! (Hab’ ich mir jetzt auch noch schnell einfallen lassen und nein, ich bin kein Katholik! Und nein: ich gebe absolut Nichts auf die neue Rechtschreibereform! Pia würde jetzt fragen: “Ist das schlimm?“ – Anmerkung des Verfassers! )

- mein neues literarisches Vorbild: K. J. Rowling

- die Liebe als Leitmotiv!

Mit einem Stapel beschriebener Servietten, fuhr ich zuversichtlich nach Hause.

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Nie mehr Blind Date

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