Читать книгу Die Braut der Bestie - Cathy McAllister - Страница 6

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Kapitel 2

Auf der ganzen Reise zurück nach Rabenfeld grübelte Gisela über das seltsame Verhalten ihres Gemahls nach. Sie konnte sich keinen Reim darauf machen. Von der Bestie von Trugstein hatte sie erwartet, dass er wie ein Tier über sie herfallen würde und was tat er stattdessen? Er schonte sie und inszenierte alles so, dass es so aussah, als hätte er genau das getan, was sie von ihm erwartet hatte. Warum? Er war bei weitem kein Heiliger. Sie hatte mit eigenen Augen gesehen, wie er in der Halle eine Orgie gefeiert hatte und er war grimmig und furchteinflößend. Doch warum hatte er sie nicht angerührt? Wozu all diese Mühe mit dem Blut und allem?

„Frau Gisela“, erklang die Stimme ihrer Magd. „Wir sind da.“

Gisela hob den Blick und starrte auf die Festung, die sich vor ihnen erhob. Das Tor wurde gerade geöffnet und die kleine Reisegesellschaft ritt in den Festungshof. Gisela zügelte ihre Stute und ließ sich von einem Knecht vom Pferd helfen. Sie konnte förmlich die Blicke der Menschen auf sich spüren. Sie alle fragten sich sicher, warum sie nach der Vermählung wieder zurückkehrte. Es musste für alle offensichtlich sein, dass ihr Gatte sie nicht wollte. Tapfer hob sie das Kinn, schritt auf den Eingang der Festung zu und betrat das Gebäude, das ihr auf einmal fremd vorkam. Um Haltung bemüht, durchquerte sie die Halle und ging hinauf zu ihrem alten Gemach. Ida, ihre Magd, folgte ihr in geziemten Abstand. Sie überließ es ihrer Magd, die Tür hinter ihnen zu schließen. Ohne sich umzudrehen, riss sie sich das Schleiertuch vom Kopf, das sie als verheiratete Frau auswies, und warf es zu Boden.

Du benimmst dich irrational, schalt sie sich selbst. Besser hätte es doch gar nicht kommen können. Dein Gatte will dich nicht und du bist wieder zu Hause.

„Soll ich dir beim Auskleiden zur Hand gehen, Frau Gisela?“, erbot sich Ida.

„Bitte!“

Sie ließ es geschehen, dass die Magd ihr half, Ober- und Untergewand auszuziehen, und schlüpfte in ein einfaches Leinengewand für die Nacht.

„Bring mir noch eine Milch und ein Stück Brot“, ordnete sie an und die Magd verschwand eilig aus dem Zimmer, um das gewünschte zu holen. Seufzend stieg sie in ihr Bett und deckte sich zu. Zu Hause! Endlich wieder zu Hause. Warum fühlte es sich nur so seltsam an? Beinahe, als wäre es gar nicht mehr ihr Zuhause.

Eine Woche war vergangen, seit Gisela wieder auf der Festung Rabenfeld war. Nachdem man ihr die ersten Tage mit Vorsicht gegenübergetreten war, hatte das Leben langsam wieder seinen gewohnten Gang genommen. Alberic hatte einen Verwalter für die Festung mit ihr gesandt. Er übernahm die Pflichten, die bisher ihrem Bruder oblagen und sie kümmerte sich wieder um den Haushalt und die Krankenpflege.

„Frau Gisela“, erklang die aufgeregte Stimme eines der Knechte.

„Was gibt es denn, Wibert?“, fragte Gisela und schaute von ihren Kräutern auf, die sie gerade vom Unkraut befreit hatte.

„Da kommen Reiter. Es sieht so aus als wenn ... als wenn“, stammelte der junge Knecht und kam ins Stocken.

„Als wenn, was, Wibert?“, hakte Gisela ungeduldig nach. „Werden wir angegriffen?“

„N-nein. Der Herr. Wir glauben, es ist der Herr.“

„Fulk?“, rief Gisela aus und sprang auf. „Rede schon! Ist es mein Bruder?“

„Ich glaube Ja. Es sieht ganz danach ...“, antwortete Wibert, doch Gisela verstand nur noch den Anfang von Wiberts Worten, da war sie auch schon an dem Knecht vorbei gerauscht, und auf dem Weg zum Tor.

Am Tor herrschte große Aufregung. Gerade waren die Männer dabei, die schweren Türen zu öffnen. Jubelrufe erklangen und Gisela schob sich durch die Menge der Gaffenden. Tatsächlich. Nur noch wenige Meter vor dem Tor kamen ihr Bruder und Ylfa, die Wikingerin, angeritten. Gisela schlug sich die Hand vor den Mund und dämpfte so den Schrei, der über ihre Lippen gekommen war.

Ihr Bruder und Ylfa ritten in den Hof und waren sofort umringt von den Leuten.

„Nicht so stürmisch“, hörte sie ihren Bruder lachend ausrufen.

„Fulk“, rief sie und kämpfte sich durch die Umherstehenden. „Macht Platz!“

Schwer atmend kam sie neben Fulks Pferd zum Stehen und fasste nach seinem Bein. Er lächelte strahlend auf sie herab, dann runzelte er die Stirn.

„Warum trägst du das Schleiertuch einer verheirateten Frau?“, fragte er barsch. „Hast du Brice ohne meine Zustimmung geheiratet?“

Gisela spürte Wut in sich aufsteigen. Wie konnte er so mit ihr reden. Wo doch alles seine Schuld war. Sie ließ ihn los und trat einen Schritt zurück. Dann drehte sie sich um und lief davon. So hatte sie sich das Wiedersehen mit ihrem Bruder nicht vorgestellt. Ihr Herz krampfte sich schmerzlich zusammen und Tränen kullerten über ihre Wangen, als sie auf den Eingang zur Halle zu rannte.

***

„Musstest du sie so anfahren?“, fragte Ylfa und schwang sich anmutig vom Pferd ohne auf Hilfe zu warten.

Fulk blickte seiner Schwester hinterher und fluchte leise. So hatte er sich seine Heimkehr nicht vorgestellt. Er hatte Gisela nicht so barsch behandeln wollen, doch als er gemerkt hatte, dass sie seinen Freund Brice während seiner Abwesenheit einfach geheiratet hatte, ohne seine Anwesenheit, da hatte er sich irgendwie hintergangen gefühlt.

„Sie wird sich schon beruhigen“, knurrte er und stieg ebenfalls vom Pferd.

„Sie ist deine Schwester. Sie schien sich so gefreut zu haben, dich zu sehen und du hast sie einfach vor den Kopf gestoßen. Du solltest dich bei ihr entschuldigen“, beharrte Ylfa.

***

Aufgebracht stürmte Gisela in die Halle. Tränen der Enttäuschung brannten in ihren Augen. Sie hatte so gehofft, dass Fulk noch leben würde und nun, als er tatsächlich wohlbehalten nach Hause zurückkehrte, da stieß er sie so vor den Kopf. Während er sich offenbar keinerlei Gedanken darum gemacht hatte, wie es seiner kleinen Schwester ohne ihn ergehen mochte, hatte man sie in eine freudlose Ehe mit einem Monster gezwungen.

Mit eiligen Schritten durchquerte sie die Halle und stürmte die Treppen hinauf. Noch nie hatte sie sich so elend gefühlt. Nicht einmal bei dieser Farce von einer Hochzeit. Sie war jetzt heimatlos. Ihr monströser Gatte wollte sie nicht und ihr Bruder anscheinend auch nicht. Sie hatte keinen Ort an den sie noch gehen konnte. Vielleicht sollte sie in ein Kloster gehen. Dort wäre sie wenigstens zu etwas Nutze. Jetzt, wo Fulk und Ylfa wieder da waren, da wurde sie ohnehin nicht mehr gebraucht. Sicher würde Fulk nun seine Ylfa heiraten. Da Gisela ja nun mit dem Hause Trugstein verbunden war, bestand auch keine Notwendigkeit mehr für Fulk, Genovefa zum Weib zu nehmen. Wie es aussah, würde man die kleine Schwester, die von ihrem Gemahl verbannt worden war, nun nicht mehr gebrauchen können.

Schluchzend floh Gisela in ihr Gemach und knallte die Tür hinter sich zu. Sie warf sich auf ihr Bett und weinte bitterlich. Wie hatte ihr Leben sich nur in so eine Tragödie verwandeln können?

Es klopfte an der Tür, doch sie reagierte nicht.

„Gisela“, erklang die Stimme ihres Bruders. „Ich bins.“

„Geh fort!“, rief sie.

„Gisela, ich möchte mit dir reden. Bitte! Darf ich reinkommen?“

„Es ist deine Festung“, rief sie. „Du kannst hier jeden Raum betreten. Was hab ich schon dazu zu sagen?“

Die Tür öffnete sich und Fulk trat in das Zimmer. Gisela rollte sich auf die Seite und wandte ihm ihren Rücken zu. Er kam näher und setzte sich auf das Bett. Seine Hand legte sich auf ihre Schulter.

„Es tut mir leid“, sagte Fulk heiser. „Ich ... Bitte verzeih mir, kleine Schwester. Ich wollte nicht, dass unser Wiedersehen so wird.“

„Ich ... ich auch nicht“, schluchzte Gisela.

„Dann dreh dich um und sieh mich an. Sag, dass du mir verzeihst.“

Gisela rollte sich herum und setzte sich auf. Sie wischte sich die Tränen aus den Augen, doch sie schaute ihn nicht an.

„Ich verzeih dir“, murmelte sie.

Fulk schloss sie in seine Arme und sie weinte leise an seiner Brust. Es tat so gut. Ihr Bruder hatte sie immer getröstet, wenn sie als kleines Mädchen hingefallen war oder Kummer gehabt hatte. Sie liebte ihn und war unendlich froh, dass sie ihn nicht verloren hatte. Nachdem ihre Eltern und ihr anderer Bruder vor Jahren einer Krankheit erlegen waren, war Fulk alles gewesen, was ihr von ihrer Familie geblieben war.

„Erzählst du mir, was es mit deinem Schleiertuch auf sich hat? Ich kann Brice nirgendwo entdecken. Also wie kommst du dazu. Hast du ihn geheiratet oder ist es nur ein Schutz? Um andere Männer abzuhalten, sich dir zu nähern?“

„Nein“, antwortete sie tonlos. „Ich bin verheiratet!“

„Und wo steckt Brice? Wieso lebst du nicht auf seiner Festung? Habt ihr euch gestritten?“

„Ich bin ... nicht mit Brice ...“

„Was?“, fragte Fulk entsetzt und rückte von ihr ab, um sie eindringlich anzusehen. „Wer denn? Und warum?“

„Alberic von Trugstein“, antwortete Gisela, dem Blick ihres Bruders ausweichend.

Fulk sprang auf und Gisela schaute verstohlen zu ihm auf. Er raufte sich die Haare und machte einen verzweifelten Eindruck.

„Es ist wegen mir, nicht wahr? Weil ich Genovefa nicht geheiratet habe. Ich ...“

„Einer von uns hätte so oder so dran glauben müssen“, sagte Gisela verzweifelt. „Ich hatte mich schon damit abgefunden, ehe du von Ylfas Vater entführt worden warst. Der König hätte nie locker gelassen, bis entweder du Genovefa oder ich Alberic geheiratet hätte. Doch nun ist es geschehen. Ich bin jetzt Alberics Frau.“

„Warum bist du dann hier, wenn du jetzt Alberics Frau bist? Bist du geflohen? Hat dieses Schwein dir ein Leid getan?“

Gisela schüttelte den Kopf.

„Nein. Er wollte mich nur nicht, das ist alles. Er schickte mich am Tag nach der Hochzeit zurück.“

„Wenigstens brauchst du nun nicht dein Leben an der Seite dieser Bestie verbringen“, sagte Fulk. „Du bist uns hier sehr willkommen. Dein Heim wird immer hier sein. Ylfa wird es sehr freuen, dich hier zu haben.“

„Werdet ihr nun heiraten?“, wollte Gisela wissen.

„Wir ... sind schon vermählt. Ylfas Vater bestand darauf, nachdem Ylfa in Umständen war.“

„Ylfa ist in Umständen? Aber sie sah gar nicht so aus.“

Fulks Miene verdüsterte sich.

„Sie hat das Kind verloren.“

„Das tut mir leid“, sagte Gisela und umarmte ihren Bruder.

„Ist schon okay. Ylfa ist jung und gesund. Ich bin sicher, wir werden noch eine Chance auf ein Kind bekommen.“ Er lachte leise. „Ich gebe mir alle Mühe, daran zu arbeiten.“

Gisela löste sich von ihm und sah ihn lächelnd an.

„Da bin ich mir sicher“, erwiderte sie trocken, dann wurde ihre Miene wieder traurig. „Vielleicht ist es ihr gar nicht recht, wenn ich länger hier bleibe. Sie ist jetzt die Herrin hier und ...“

„Unsinn!“, unterbrach ihr Bruder sie. „Ylfa hat schon gesagt, dass sie deine Hilfe brauchen wird.“

„O, na dann.“

„Komm. Lass uns hinunter gehen und ein Glas Met zusammen trinken. Wir haben uns so viel zu erzählen.“

Die Braut der Bestie

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