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Die Gedächtnisfeier der Liebe Christi

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„Wir wollen deiner Liebe mehr gedenken als des Weines; die Aufrichtigen lieben dich.“ Hohelied Salomos 1,4

Ich denke, dass ich über dieses Thema reden könnte, selbst wenn ich im Sterben läge, und wenn wir wieder auferstehen, wie werden wir wieder und immer wieder von Christi Liebe reden! Dies wird durch alle Ewigkeiten unser endloses Thema sein: Seine große Liebe, mit der er uns geliebt hat, da wir tot waren in den Sünden.

I.

Wenn der Heilige Geist mir hilft, möchte ich euch zunächst an die Vorbereitungen zu diesem heiligen Gedächtnismahl erinnern.

Das erste Wort ist: „Ziehe mich.“ Herr, ich möchte gern zu dir kommen, aber gleich Mephiboscheth bin ich an beiden Füßen lahm. Ich möchte gern zu dir hinfliegen; aber wenn ich überhaupt je Flügel gehabt habe, so sind sie zerbrochen. Ich kann nicht zu dir kommen. Ich liege schwerfällig und tot und kraftlos da, so ist denn die erste Vorbereitung: „Ziehe mich.“ Es ist eine milde, huldvolle, kräftige Erweisung der göttlichen Kraft, die ich nötig habe und erflehe. Ich sage nicht „Treibe mich“, sondern: „Herr, ziehe mich.“ Ich sage nicht: „Wirf mich hierhin, und zwinge mich dorthin“, sondern: „Herr, ziehe mich. Während du mich ziehst, bleibt mir die Freiheit zu laufen; ziehe mich, wir werden dir nachlaufen.“

Was wir nötig haben, das ist der sanfte Einfluss des Heiligen Geistes, uns näher zu Christus hinzuziehen, und darum rufe ein jeder den Herrn an: „Ziehe mich.“ Wir sind nicht tot; wir sind auferweckt und lebendig gemacht worden; selbst unser Weh und unser Schmerz darüber, dass wir nicht zu Christus kommen können, wie wir möchten, beweist, dass wir lebendig sind. Ich empfehle euch dieses Gebet: „Herr, ziehe mich; ziehe mich.“ Es ist Christi Werk, zu ziehen: „Wenn ich erhöht werde von der Erde, will ich sie alle zu mir ziehen.“ Es ist das Werk des Vaters. „Es kann niemand zu mir kommen“ sagte Christus, „es sei denn, dass ihn ziehe der Vater, der mich gesandt hat.“ Es ist das Werk des Heiligen Geistes, eine Seele zu Christus zu ziehen. Ich erflehe dies für mich selbst, und ich hoffe, dass ihr mit mir betet: „Komm, Gott, unser Vater und ziehe uns näher zu Christus; belebe unsere Hoffnungen; mache unsere Herzen geneigt; erwecke unsere Wünsche, und dann hilf uns, unser ganzes Wesen deinen gnadenvollen Einflüssen zu übergeben.“

Beachtet den Vers: „Ziehe mich, wir wollen dir nachlaufen.“ Mir gefällt die Veränderung in den Fürwörtern, als ob ich beten sollte: Herr, ziehe mich; ich bin unter deinen Kindern in dieser Versammlung der schwerfälligste, aber ziehe mich; wir wollen dir nachlaufen. Alle meine Brüder und Schwestern werden sogleich laufen, wenn du mich ziehst. Fühlst du nicht, mein lieber Bruder und meine Schwester, dass du diese Äußerung gebrauchen könntest? Herr, wenn du mich ziehen willst, werden alle meine Mit-geschwister mit mir laufen. Ziehe mich deshalb, mein gnadenreicher Herr!

Wenn wir völlig darauf vorbereitet sein möchten, Christi zu gedenken, müssen wir zu diesem Laufschritt kommen. In himmlischen Dingen sei schnell, meine Seele. Wenn du kriechen willst, so krieche hinsichtlich deiner weltlichen Beschäftigung, aber deinem Herrn musst du nachlaufen. Dass wir es alle zum Laufschritt bringen möchten und dass wir dem Herrn entgegeneilen möchten mit dem starken, stürmischen Wunsch, der uns nicht ruhen lässt, bis wir ihm nahe sind: „Ziehe mich, wir wollen dir nachlaufen.“

Wenn ihr den Vers durchlest, werdet ihr als weitere Vorbereitung finden, dass dem direkten Gebet eine Antwort folgt: „Der König hat mich in seine Gemächer geführt.“ Was ich erbat, das habe ich sogleich bekommen, und ich habe mehr erhalten als ich erbeten. Ich betete: „Ziehe mich!“ und er hat mich leibhaftig getragen. „Der König hat mich in seine Gemächer geführt.“ Ich bat nur darum, meinem Herrn ein wenig näher zu kommen; aber er hat mich in sein Hinterzimmer geführt. Er hat mich dahin geführt, wohin er seine Braut bringt. Er hat mich hingeführt wo er seine treusten Mitarbeiter empfängt. Der König hat mich in seine Gemächer geführt, und nun sehe ich, wie wahrhaft königlich er ist. Der König hat es getan. Der König, nicht ein König, sondern der König, der ein König ist aller Könige, „der Fürst der Könige auf Erden“, nämlich mein Herr Jesus hat mich in seine Gemächer geführt.

Wie schnell ist dies geschehen! Ich wünschte, ihr glaubtet, Geliebte, dass es in eurem Fall ebenso schnell geschehen kann. Betet: „Herr, ziehe mich. Mir ist, als wäre ich ganz untüchtig, zu deinem Tisch zu kommen.“ Ist es das, was du sagst? Dann bitte: „Ziehe mich!“ und ehe du das Gebet nur ausgesprochen, wirst du dich nicht nur gezogen fühlen, sondern dich in das Verborgene der Gemeinschaft geführt sehen. „Ich wusste nicht, dass meine Seele mich gesetzt hatte zu den Wagen Ammi-Nadibs.“ (Wahrscheinlich soll es heißen: „… meine Seele setzte mich auf den Wagen meines geliebten Volkes“. Hohelied 6,12) Ich weiß und etliche unter euch wissen leider, was das heißt, sich kalt und leblos zu fühlen; aber ich weiß auch und einige von euch wissen, was es heißt, in einem Augenblick voll Lebens, voll Liebe, voll Freude und voll himmlischer Entzückung zu werden, ihr, die ihr nur kriechen konntet, fangt an zu laufen. Die ihr nur seufzen konntet, ihr fangt an zu singen. Dass es doch heute mit jedem einzelnen so werden möchte! Und ihr, die ihr meint, vergessen zu sein, werdet inne, dass euer gedacht wird. Ihr, die ihr fast vergessen habt, was eine heilige Zeit der Gemeinschaft ist, könnt es wieder lernen und erfahren, wenn ihr betet: „Ziehe mich; wir wollen dir nachlaufen. Der König hat mich in seine Gemächer geführt.“

Es gibt nun noch eine weitere Vorbereitung auf die Erinnerung Christi, und das ist die, Freude und Wonne an ihm zu haben. „Wir wollen frohlocken und uns an dir freuen.“ Komm, tu die Asche hinweg von deinem Haupt, der du wegen deiner Leiden seufzest! Komm, der du die Gemeinschaft mit Gott verloren hast und demzufolge im Finstern bist, wirf alles zur Seite! Christus ist dein, wenn du an ihn glaubst. Er hat sich dir gegeben, und er liebt dich. Freue dich dieser herrlichen Tatsache. Bedenke, wer und was er ist: wahrer Gott vom wahren Gott und doch vollkommener Mensch, Gott in menschlicher Natur, Immanuel, Gott mit uns, jetzt in den höchsten Himmeln verherrlicht, obgleich er einst um unseretwillen in die Tiefen des Todes und des Grabes hinabsank. Lobe seinen teuren Namen! Freue dich, und sei fröhlich in ihm!

Nun bitte ich euch, lasst euren Mund voll Lachens, eure Zunge voll Rühmens und euer Herz voll heiligen Entzückens sein, indem ihr daran denkt, wer euer Vielgeliebter ist, wie groß er ist und welche Größe er kraft seiner Verbindung mit euch auf euch übertragen hat. Wir können nicht gut Christi gedenken, wie wir es sollten, solange wir ein schwer bedrücktes Herz mit uns herumtragen. Komm, betrübte Seele, freue dich in dem Herrn. „Freut euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich, freut euch!“ Wenn je eine menschliche Seele Grund zur Freude hat, so muss es die Seele sein, die an Christus glaubt. Wenn jemals eins der Kinder Adams Ursache hat, fröhlich zu sein und mit den Händen zu klatschen, dann ist es der Mensch, der in Christus sein Heil, sein ein und alles gefunden hat.

Dies sind also die Vorbereitungen zu der heiligen Feier, von welcher unser Text redet. Wenn sie gut getroffen sind, wird es euch keine Schwierigkeit bereiten, der Liebe Christi zu gedenken.

II.

Nun will ich weiterhin, wenn ich dazu gestärkt werde, über den göttlichen Gegenstand dieses heiligen Gedächtnismahles sprechen: „Wir wollen deiner Liebe gedenken.“

Wir wollen zunächst der Tatsache der Liebe Christi gedenken. Welche wundervolle Sache ist es, dass der Sohn Gottes uns liebt! Ich wundere mich nicht so sehr darüber, dass er jemand von euch liebt, aber ich verliere mich in der Bewunderung der Tatsache, dass er Liebe zu mir hat. Fühlt nicht jeder Gläubige, dass das Wunder der Wunder beständig ist, dass der Herr Jesus ihn liebt? Er war in der Herrlichkeit, im Schoße des Vaters, und genoss unaussprechliche Wonne. Wenn er es nötig fand, seinen Liebesblick einem seiner Geschöpfe zuzuwenden, so gab es Myriaden glänzender Geister vor seinem Thron.

Aber nein, er musste hinabblicken auf den Staub und uns ausfindig machen, die wir seiner Beachtung gänzlich unwürdig waren. Dann hätte er uns bemitleiden, uns in unserem verlorenen Zustand lassen können; aber das war bei einem, der ein solches Herz hatte, wie unser teurer Heiland es hat, nicht möglich; er musste uns unbedingt lieben. Was es für Gott ist, zu lieben, das weiß Gott allein. Infolge der Liebe, die in unserem Herzen für die Gegenstände unserer Liebe brennt, können wir nur schwach vermuten, was die Liebe Gottes sein muss. Die Liebe Gottes muss eine mächtige Leidenschaft sein. Ich gebrauche dieses Wort, weil ich kein besseres kenne. Ich bin mir bewusst, dass es nicht das rechte ist, denn die menschliche Sprache ist zu schwach, um die göttliche Liebe zu beschreiben. Die Liebe Christi! Es muss das Wunder der Wunder bleiben, dass Jesus Christus, der Liebling des Himmels, die Augen seiner Liebe Menschen von sterblichem Gebilde, sündigen Menschen, mir ‒ mir, das ist der Höhepunkt ‒ zugewandt hat.

Aber wir wollen auch der Wesenszüge der Liebe Christi gedenken. Welch eine Liebe ist es! Er liebte uns vor Grundlegung der Welt. Mit der Göttlichkeit seines Vorherwissens sah er unsere Existenz voraus und liebte uns, da wir noch nicht da waren. Da ging er mit dem Vater einen Bund unserethalben ein und verpflichtete sich, als Stellvertreter für uns einzutreten und uns von unserem Untergang durch die Sünde zu erlösen. O die Liebe, die ewige Liebe Christi! Vom ersten Augenblick an hat er nie aufgehört, uns zu lieben. Er hat seine Erwählten durch die Jahrhunderte hindurch jeden Augenblick geliebt und hat sie völlig geliebt. Könnt ihr die Anmut dieses Gedankens in eure Seele trinken? Ich bitte euch, gedenkt der Ewigkeit und der Beständigkeit der Liebe Christi zu seinem Volk! „Wir wollen deiner Liebe gedenken.“

Es war unverdiente Liebe, welche ihren Grund nicht in uns hatte. Er liebte uns, weil er uns lieben wollte. Es war die unbeschränkte Göttlichkeit seiner Liebe, die ihn veranlasste, die zu lieben, die zu lieben er erwählte. Er liebte sie frei, ohne Rücksicht auf das, was sie je tun würden, um seine Liebe zu verdienen. Aber er liebte ebenso völlig wie freiwillig; er liebte innig, göttlich, unermesslich. Du kennst deine Liebe zu deinem Kind; sie ist im Vergleich zu der großen Sonne der Liebe Christi zu dir nur ein schwacher Funke. Du kennst deine Liebe zu deinem Mann; sie ist im Vergleich zu dem Ozean der Liebe Christi zu seinem Volk nur ein winziges Bächlein. Geliebte, führt euch die wundervollen Eigenschaften der Liebe Christi zu euch vor Augen, und sprecht, während ihr an seinem Tisch sitzt: „Wir wollen deiner Liebe gedenken, denn das freudige Thema drängt sich uns auf.“

Wir wollen auch der Werke der Liebe Christi gedenken. Es ist eine erhabene, großartige Geschichte. Ich kann sie euch nicht erschöpfend erklären. Ihr wisst wie der Sohn Gottes, als die Zeit erfüllt war, aus der Herrlichkeit herabkam und in einem Stall Platz nahm. Er, der alle Welten gemacht hatte, lag an der Brust einer Frau, denn er ward Fleisch, um uns von unseren Sünden zu erretten. „Darinnen steht die Liebe!“ Seht ihn, wie er ein mühevolles Leben führte, umherzog und wohltat, wie er verachtet und misshandelt wurde und doch stets bereit war, den Unwürdigen noch mehr Gnade und Barmherzigkeit zu erweisen. Ihr kennt sein Leben, das wundervolle Leben Christi. „Darinnen steht die Liebe!“ Schließlich gab er sich selbst zu heftigem Kampf hin, der zum blutigen Schweiß führte. Er bot seinen Rücken dar denen, die ihn schlugen, seine Wangen denen, die ihn rauften, er verbarg sein Angesicht nicht vor Schmach und Speichel. Und dann gab er sich selbst: seine Hände den Nägeln, seine Füße dem Kreuz und dem grausamen Eisen, seine Seite dem Speer, seinen Leib dem Grab, seine Seele dem Vater. Hier ist unaussprechliche Liebe. Ich wünschte, ich könnte über dieses Thema predigen, wie es verdient, verkündigt zu werden. O dass ich es verstände, von Christi hingebender Liebe zu reden! Die Engel gelüstet, in das Geheimnis der Liebe Jesu zu schauen; aber selbst sie können die unermessliche Höhe und Tiefe und Länge und Breite nicht erfassen. Wollt ihr, die ihr die Auserwählten derselben seid, nicht seiner Liebe gedenken?

Aber Jesus ist auferstanden vom Grab. Er ist auferstanden mit derselben Liebe; er fuhr mit derselben Liebe auf und lebt mit derselben Liebe und bittet für uns. Er liebt uns jetzt. Er wird in Liebe wiederkommen. Die Liebe wird ihm Schwingen geben, wieder auf die Erde zu kommen. Er wird hier herrschen. Aber nicht ohne sein Volk. Er wird ewig in Liebe herrschen. Christus wird durch alle Ewigkeiten ruhen in seiner Liebe. Er wird seinem Volk auch Anteil an seiner Herrlichkeit geben, dass es mit ihm auf seinem Thron sitze und mit ihm herrsche immer und ewiglich.

O welch ein Thema ist dies, die Taten der Liebe Christi! Indem ich versuche, davon zu reden, komme ich mir vor wie ein armer Schulknabe, der hier steht und von einer Sache redet, die er lieb hat.

Ich möchte auch, dass ihr der Beweise der Liebe Christi gedenkt. Ihr wart fern, aber er suchte euch und brachte euch zurück. Ihr wart taub, aber er rief euch und öffnete eure Ohren, dass ihr seinen Ruf hören konntet. Ihr kamt zitternd und furchtsam, aber er tröstete euch, und in einem Augen-blick nahm er eure Last von euch und machte euch frei. Erinnert ihr euch dessen? Ich gedenke der Stätte, da ich den Herrn zuerst sah. Einige unter euch konnten nicht so bestimmt davon sagen, und ihr habt nicht nötig zu erröten, weil ihr es nicht könnt. Ist Jesus zu dir gekommen? Hat er dir deine Sünden vergeben? Hat er dich mit seiner Liebe getröstet? Dann gedenke heute daran. Gedenke seiner Liebe!

Seitdem Jesus zum ersten Mal zu dir kam und dich rettete, bist du manchmal in Trübsal gekommen, und er hat dich getröstet. Er hat dich in deiner Arbeit aufrechterhalten. Du bist verdächtigt und geschmäht worden, aber er hat dich geehrt. Du hast dich leider seiner Liebe unwürdig erwiesen, aber er hat dir dein Abweichen vergeben. Du bist von ihm abgeirrt, aber er hat dich zurückgebracht. Gedenke seiner großen Liebe!

Kommt denn und lasst uns zu dem köstlichen Gedenken der Liebe Christi verbinden. Die Predigt ist kurz, aber der Gegenstand ist lang, und ihr habt nun eine Veranlassung, zum Tisch des Herrn zu kommen und das Thema fortzusetzen, das ich euch angegeben habe: „Die Liebe Christi zu mir.“ Dann setzt es in Beziehung zu dem: „O meine armselige Liebe zu Christus.“ Wenn ihr eurer Liebe zu Christus gedenkt, sagt euch, wie gering das ist, woran ihr denkt. Seine große Liebe ist gleich der Sonne am Himmel. Eure Liebe ‒ und ihr werdet eure Sonnenbrille aufsetzen müssen, ehe ihr sie sehen könnt ‒, sie ist ein so kleines Ding. Gott gebe, dass sie heute wachse! Möchtet ihr am Tisch des Herrn eine solche Gnadenheimsuchung von Christus erfahren und so herrliche Gemeinschaft mit ihm haben, dass ihr imstande seid, in das Gelöbnis auszubrechen: „Wir wollen frohlocken und uns freuen an dir; wir wollen deiner Liebe gedenken.“

Vom Geheimnis der schönsten Liebe

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