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Weißrosa trifft auf Granit

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Look at me standing

Here on my own again

Up straight in the sunshine.

Seeed

A D E L I N E

Das Atmen erscheint mir schwerer und schwerer, je länger sie weg sind. Es liegt etwas in der Luft, ich kann es schwer beschreiben, es elektrisiert sie und härtet sie und es verzögert irgendwie die Sauerstoffregulation in meinen Lungen, jedenfalls muss es etwas in der Art sein, denn ich sitze keuchend am Meer. Schweißperlen benetzen meine Stirn, so wie ich nach Atem ringe, meine Augen brennen vom Salzwasser, mein Haar klebt mir nass am Rücken, im Gesicht. Der Atlantik ist kühl und zog mich in seine Tiefen, je weiter ich vom Ufer abkam. Es war mir egal. Ich brauchte sie, die dunklen Wassermassen, die mich wogen und trösteten, mir das Gefühl gaben, geborgen zu sein.

Geborgenheit. Ein Privileg, welches ich mit Joe erfahren durfte. Er gab mir Geborgenheit. Zuflucht. Er war mein Fels, hielt mich und umarmte mich, wann immer es mir schlecht ging. Wo ist dieser Fels jetzt? Bei Isabella? Ich muss würgen, mein Hals ist wie zugeschnürt und ich stürze vornüber in den Sand. Ich versuche gar nicht erst, mich wieder aufzurichten, bleibe einfach liegen und warte auf die Tränen. Doch sie bleiben aus. Bis auf dieses brennende Knistern in den Lungen, als hätte ich Wasser geschluckt. Hatte ich nicht. Ich bin eine gute Schwimmerin. Ich schwimme gerne im Meer. Lieber im Ozean, als in einem gechlorten, überfüllten Pool mit abgenutzten Pflastern und Babyscheiße darin. Ich liebe es, wie mein Haar vom Salzwasser klebt, wie meine Haut schmeckt, wenn es auf mir verdunstet und wie es riecht. Herrgott, nichts riecht so gut wie das Meer.

„Hey!“, schreit Elijah vom Haus aus und macht Anstalten, die hölzerne Treppe zum Strand mit einem Mal zu nehmen, einfach herunter zu springen. Als ich nicht reagiere, tut er es tatsächlich, landet sogar auf beiden Beinen aber verzieht das Gesicht, hält sich den Knöchel. Verdammter Depp. „Hey! Ads!“, schreit er und humpelt so schnell es ihm möglich ist, auf mich zu. Ich liege in Embryonalstellung am Ufer, die Wellen rollen gemächlich über meine Beine, decken mich zu.

„Was?“, krächze ich.

„Alles okay?“

„Sieht man doch“, erwidere ich trocken.

„Also ich weiß nicht, für mich sieht es verdächtig danach aus, als würdest du sterben.“

„Vielleicht tue ich das ja.“

Er schnaubt und will mich am Arm hochziehen, doch ich entreiße mich ihm und drehe mich auf den Rücken. „Was machst du denn? Du bist ganz kalt.“

„Ich denke über Joe nach“, antworte ich wahrheitsgemäß.

„Was denn, ohne zu kotzen?“, witzelt er, wieder einmal spricht er etwas aus, was unausgesprochen hätte bleiben sollen. Er ist taktlos, das hat mich immer schon an ihm gestört. Anders als Joe. Joe wusste immer, wann man besser den Mund halten sollte. Ich seufze tief, blinzele ins gleißende Sonnenlicht.

„Du holst dir einen Sonnenbrand“, gibt er jetzt sachlich zu bedenken, stellt sich mir ins Licht und stützt beide Hände in die Hüften.

„Steht dir nicht, dieses Mütterliche.“

„M- mütterlich? Ich geb' dir gleich mütterlich ...“, er kratzt sich am Nacken, zieht grübelnd die Brauen zusammen, als müsse er meinen Kommentar nach Richtigkeit überprüfen, ob ich nicht tatsächlich ins Schwarze getroffen habe.

„Leg dich zu mir“, sage ich tonlos.

„Unter anderen Umständen gerne“, sagt er neckend, bemerkt dann wieder viel zu spät wie unangebracht das war und verbessert sich knapp: „Nein, das werde ich nicht.“

„Warum nicht?“

„Ads ...“

„Ich will einfach verstehen, ich will wissen, warum. Ehe ich es nicht weiß, kann ich nicht mit dem Nachdenken aufhören.“

„Wir fragen sie einfach, wenn sie zurückkommen“, antwortet er gelassen, zuckt die muskulösen Schultern. Sein kakifarbenes Shirt sitzt eng an den Oberarmen, bedeckt die Hälfte seines obersten Tattoos. Das oberste Tattoo ... es geht von der Armbeuge bis zum Schlüsselbein. Eine Verästelung aus Buchstaben und Zweigen, Palmblättern, abstrakten Formen, nach deren Bedeutung ich immer fragen wollte. Aber jemanden nach seinem Tattoo zu fragen, hat etwas Intimes und ich wollte nie mit Elijah intim werden. Es wäre mir unangenehm. „Wenn sie zurückkommen.“

„Nun, ihnen bleibt wohl nichts anderes übrig.“

„Nicht?“, ich schaue ihm in die sturmgrauen Augen und er brummt zur Antwort etwas Unverständliches. „Wenn sie entführt wurden und unseretwegen sterben, weil wir zu verletzt und zu faul waren, die Cops zu rufen ...“

„Adeline“, stöhnt er kopfschüttelnd. „Jetzt reiß dich zusammen, das ist ja fürchterlich. Diese dramatischen, düsteren Gedanken, die du hast, sie werden langsam ansteckend.“

„Vielleicht wirst du dir dann endlich dem Ernst der Lage bewusst“, gebe ich gehässig zurück, richte mich auf und halte mir die Stirn, als ein kleiner Schwindelanfall mich erschüttert.

„Hast du heute überhaupt schon was gegessen?“

„Ja, Mom“, zische ich, halte mich an seiner Hüfte fest und ziehe mich auf die Beine, schwanke kurz und er hält mich an den Schultern.

„Dass du alleine schwimmen gehst, gefällt mir auch nicht.“

„Elijah.“

„Die Strömungen sind nicht ungefährlich, sagte die Reiseleiterin.“

„Die Reiseleiterin, der du so ausgiebig auf die Brüste geschaut hast?“, frage ich zuckersüß.

„Wollte nur abwägen, ob sie echt sind.“ Er zieht die Unerlippe zwischen die Zähne, was irgendwie sexy ist, aber der Gedanke ist so falsch dass ich ihn schleunigst wieder verwerfe. „Du bist ein Arschloch“, sage ich stattdessen.

„Ich?“, er lacht bellend auf. „Ich bin also ein Arschloch, weil ich eventueller weise aus Versehen und flüchtig einen Blick riskiert habe und meine reizende Freundin ist 'ne Heilige, während sie meinem besten Freund einen bläst?“

Ew, nein, bitte keine Bilder. „Entspann' dich, kein Grund, gleich wieder auszurasten.“ Ich trete zurück und meine Füße sinken im nassen Sand ein, als eine Welle meine Fersen umspült. „Außerdem wusstest du zu dem Zeitpunkt noch nichts von ihrem Betrug.“

„Und das soll es jetzt entschuldigen?“

Ich atme tief durch, bekomme endlich wieder besser Luft, denn diese Diskussion mit Elijah lenkt mich ein wenig von meinen tristen Gedanken ab, die sich vom tiefsten Unterbewusstsein immer schwerwiegender an die Oberfläche zu bahnen versuchen. „Nein, das soll rein gar nichts entschuldigen. Ich mein' ja nur.“

„Du denkst, ich habe sie schlecht behandelt, das ist es doch.“

Ich presse die Lippen zusammen, heiße Windstöße trocknen allmählich meine feuchte Haut. „Nein, das ist es nicht.“

„Dein Blick sagt etwas anderes.“

„Ich denke nicht, dass du sie schlecht behandelt hast. Du hast Isabella behandelt, wie sie behandelt werden wollte. Eine Isabella so zu behandeln, wie sie es will, ist die einzige Möglichkeit, sie bei Laune zu halten, demnach kann ich dich verstehen. Konnte dich immer verstehen.“ Er sieht mich aufmerksam an, wartet, bis ich weiterrede. „Aber ich denke auch, dass es genau das war, was eurer Beziehung geschadet hat.“

„Was denn, dass ich unter keinen Umständen das Biest in ihr wecken wollte?“ Elijah lacht wieder, hohl und oberflächlich, ein Lachen, welches einen nicht ins Herz trifft. „Dieses Biest, das will keiner sehen. Es ist hässlich und es sabbert.“

„Es sabbert“, wiederhole ich barsch.

„Ja, das tut es. Es sabbert, denn seine Eckzähne sind viel zu groß für sein Maul.“ Er gestikuliert vor seinem Gesicht herum.

„Mit Biest habe ich mir immer Schneewittchens Stiefmutter vorgestellt, oder Professor Umbridge in jung, hübsch und brünett“, erläutere ich, „ich meine, kein wirkliches Biest. Kein Biest, wie monströs oder zombieartig.“ Oh mein Gott, ich habe gerade nicht ernsthaft Professor Umbridge gesagt, oder?

„Dann hast du sie nie biestig erlebt. Denn glaub mir, das Biest ist keine grazile Stiefmutter mit Zauberkräften und vergifteten Äpfeln, es ist wahrhaftig monströs und abartig hässlich.“

Also doch Umbridge, will ich sagen. Kann mich gerade noch so zurückhalten. Sein Blick ist wild und es liegt ein Ausdruck in ihm, der nicht zügelbar ist. Ganz genau wie gestern Abend, als er sich in Rage geredet hat und wieder weiche ich vorsichtshalber einen Schritt zurück. Elijah Granit ist eine Naturgewalt. Unaufhaltsam mächtig, bei Ausbruch lebensbedrohlich.

„Ich habe das Biest sehr wohl gesehen, es war zehn Jahre lang meine beste Freundin. Ich kenne es dreimal so lange wie du es kennst, also erkläre mir bitte nicht, wie das Biest auszusehen hat.“ Während die Worte einfach so aus mir herausbrechen trete ich wieder näher, presse meinen Zeigefinger auf sein Brustbein und er starrt ihn an, als wäre er ein Vogelschiss auf seinem Shirt. „Aber verdammt, das Biest ist ein Teil von Isabella Rosa und die Frau hat Temperament, sie hat Feuer. Sie hat eine Hitze, um die ich sie immer beneiden werde und ich habe dieses Mädel geliebt, wie meine eigene Schwester.“ Ich hole zitternd Luft. Es stimmt, es ist die Wahrheit. Wir waren wie Pech und Schwefel. Adeline Weiß und Isabella Rosa. Wir waren Weißrosa, das Dreamteam, wir ergänzten uns einfach perfekt.

„Du hast recht, es tut mir leid.“ Elijah sieht gequält drein, fährt sich durchs offene, schulterlange Haar.

„Sie ist 'ne Bitch, aber sie ist 'ne verdammt heiße Bitch. Sie war meine Bitch“, schluchze ich. Also doch wieder Tränen, ganz wunderbar.

„Ja, das ist sie.“

„Wenn es irgendeine Bitch auf der Welt gibt, die wirklich Stil hat, dann ist sie es.“

„Bis sie mit Joe gevögelt hat. Das war nicht wirklich stilvoll“, entfährt es Elijah. Ich antworte nicht, schaue durch ihn hindurch auf die Wellen, die stetig rauschen und sprudeln und hypnotisierend vor und zurück wiegen.

***

E L I J A H

Die Reiseleiterin ist nicht unbedingt das, was man als bombenscharf bezeichnen kann, aber sie hat echt Titten und Isabella nicht. Wenn man drei Jahre lang ein Brett küsst und dann diese wohlgeformten Süßen vor einem hin und her wackeln, dann bleibt der Blick ganz von allein an ihnen kleben.

Verdammt, ja. Das ist Arschloch hoch zehn. Schon klar. Ich hab nichts gegen kleine Brüste, im Gegenteil. Aber das, was man nicht hat, will man erst recht. So ist es eben. Ich fühlte mich schlecht dabei und mir tut es leid, dass Isabella mich beim Starren erwischt hat, aber ich bin nicht der einzige, der sich das ein oder andere Mal an anderer Leute Körper satt gesehen hat.

Isabella und der Kellner auf Sizilien. Isabella und ihr Fahrlehrer. Isabella und der Eisverkäufer aus dem Café im Kastanienpark. Isabella und Adelines Cousin. Und immer so weiter, ich könnte eine ganze Liste von Männern erstellen, denen sie schöne Augen gemacht hat, während ich daneben stand. Schweigend. Es über mich ergehen lassend. Es bringt nichts, bei Isabella etwas wie Eifersucht durchschimmern zu lassen, sie verspottet einen dafür und lacht, sie lacht immer über anderer Menschen Schwächen. Weil sie selbst keine hat.

Gut, bis auf den Kellner aus Sizilien, ihren Fahrlehrer, den Eisverkäufer aus dem Café im Kastanienpark und ... Na ja, ihr wisst schon.

Es ist nicht einfach, eine Freundin zu haben, die tadellos ist. Eine Freundin, die einen ständig kritisch mustert, abwertend kommentiert oder den Kopf über etwas schüttelt, was einem selbst wichtig ist. Mein Blog ist mir wichtig, er ist mein Leben, aber sie hat den Kopf darüber geschüttelt wobei ihr glattes, dunkles Haar um ihr kantiges Kinn gewippt ist. Ich glaube mittlerweile fast, dass sie gar nicht mehr anders kann, als kritisch zu gucken, den Kopf zu schütteln oder entnervt die Augen zu verdrehen. Ich glaube, sie ist nun einmal eine kühle Person, ohne einen Hauch von Tiefsinnigkeit, Einfühlsamkeit. Vielleicht ist es ihr selbst nicht einmal bewusst, vielleicht erscheint es ihr als völlig normal, so zu sein, wie sie eben ist.

Im Grunde ist es für uns alle normal so zu sein, wie wir eben sind.

Nicht so für Adeline. Adeline denkt über vieles nach. Sie denkt darüber nach, wie sie ist. Sie denkt darüber nach, wie andere sie sehen und es ist ihr wichtig. Sie ist Schriftstellerin, sie beobachtet die Menschen genauestens und bildet sich ein Urteil, sie nimmt jeden ihrer Makel und Fehler auf, sowie jede Eigenart und auch jeden Funken Gutes, der in einem jeden von uns schlummert. Nur, weil sie so genauestens über ihre Mitmenschen nachdenkt, meint sie, die anderen würden gleichermaßen auch über sie nachdenken. Und genau deshalb macht sie sich einen Kopf.

„Wir sollten zur Rezeption gehen, vielleicht haben sie sie dort gesehen“, schlägt Ady vor und beugt sich herunter, um ihre Füße zu entsanden, was völlig lächerlich ist, denn ihr gesamter Körper ist voll von Sandkörnern.

Ich trete an ihr vorbei auf die Veranda, darauf bedacht meinen Knöchel nicht zu stark zu belasten. Kommt davon, wenn man sechs Stufen überspringt. „Ich verstehe einfach nicht, wieso du ihnen unbedingt hinterherrennen willst.“

„Was hat es mit Hinterherrennen zutun, wenn man sich aus Sorge erkundigt?“

„Willst du wieder eine neue Diskussion anfangen? Denn ich kann dir sagen, unter anderen Umständen gebe ich mich nicht so schnell geschlagen.“

„Musstest du jetzt schließlich drei Jahre lang tun, oder“, sie formuliert es wie eine Frage, anhören tut es sich eher wie eine Aussage, „sich in Diskussionen geschlagen geben, meine ich.“ Klar, sie weiß schließlich, wovon sie spricht. Wenn man mit Isabella diskutiert, endet es grundsätzlich damit, dass sie recht behält. Ich lächle müde, antworte nicht, denn sie weiß schließlich, wovon sie spricht. Ja, Adeline weiß immer wovon sie spricht. Sie spricht nicht viel, aber wenn sie es tut, dann darauf bedacht, die richtigen Worte zu wählen. Sie ist die taktvollste Person, die ich kenne.

„Also, was sagst du?“, hakt sie nach, immer noch dabei, ihre Füße mit einem Handtuch abzuklopfen.

„Na, ich sage das, was ich sage. Ich würde ihnen nicht zeigen, dass wir sie suchen.“

„Dein gekränkter Stolz ist unfassbar.“

„Das hat nichts mit gekränktem Stolz zutun. Und jetzt hör schon auf damit, allein der Sand in deinem Haar wird den Abfluss der Dusche verstopfen, da macht der an deinen Fußsohlen den Braten auch nicht mehr fett.“ Kopfschüttelnd entreiße ich Ady ihr Handtuch mit dem Harry Potter Schriftzug. Sie ist so ein Nerd.

Den Braten fett?“, lacht sie, wobei sie ihre Augen soweit zusammenkneift, dass ihre langen Wimpern Schatten auf die sanft gebräunten Wangen werfen, die mit winzig kleinen Sommersprossen verseht sind. „Elijah Granit, du machst mich fertig“, sie hört gar nicht mehr auf, sich über meine Redewendung lustig zu machen. Ich verdrehe die Augen und gebe ihr mit dem Handtuch einen Klaps auf den Hintern. „Autsch!“, kreischt sie, krallt ihre Hände um meinen Unterarm und zerrt wie wild daran herum.

„Was soll das werden?“, lache ich, ziehe ruckartig meinen Arm zurück und unsere Körper knallen aneinander.

„Tut mir leid“, sagen wir wie aus einem Munde. Grinsend löse ich mich aus ihrem Griff und sie zieht sich verlegen zurück, weicht meinem Blick aus.

„Ich werd' dann mal ...“, stammelt sie.

„Ja?“

„Ich dusche jetzt.“

„Gut"“ antworte ich schmunzelnd. „Vergiss Harry Potter nicht.“

„W-was?“, geistesabwesend starrt sie mich an und als ich mit dem Handtuch wedele, werden ihre Wangen rosa. Sie schnappt sich ihren peinlichen Fanartikel, von dem ich weiß, dass sie ihn aus größter Überzeugung heraus gekauft und nicht etwa aus vergangenen Kindesjahren aufgehoben hat. Als sie schnurstracks an mir vorbei huscht, komme ich nicht drum herum, mir ihre hübsche Kehrseite länger als legitim gewesen wäre, anzusehen.

***

Die Sonne wird schon vom Horizont verschluckt, als ich mich geschlagen gebe und Adeline zur Rezeption folge. Sie ist ganz aufgedreht und zwirbelt ständig eine ihrer rotblonden Haarsträhnen um ihren schlanken Zeigefinger, was mich selbst schon ganz nervös macht und als sie dem Herren am Tresen stotternd versucht, auf englisch unser Problem zu schildern, verliere ich ganz und gar die Nerven.

„Ads“, setze ich an und schiebe sie sanft beiseite. „Lass mich ihn fragen.“ Entgeistert macht sie eine Schnute.

„Kann vielleicht ich Ihnen helfen, Herr Granit?“ Es ist Wanda, die Reiseleiterin, die aus einer Tür an die Rezeption tritt und ihren Kollegen ablöst. Ihre schwarzrahmige Brille umrandet die grünen, runden Augen. Das blonde Haar im strengen Knoten am Hinterkopf. Ihr hochgeschlossener Blazer lässt dieses Mal keinen Blick auf ihr Dekolletee zu. Freundlich lächelnd schaut sie von mir zu Ady und wieder zurück.

„Es ist, denke ich, keine Angelegenheit, für die Sie zuständig sind-“, setzt Ady an.

„Aber auch Sie haben zwei Augen, offensichtlich, deshalb können Sie uns eventuell sagen, ob Sie unsere beiden Mitreisenden zufälligerweise in den letzten vierundzwanzig Stunden irgendwo auf dem Gelände gesehen haben“, schließe ich monoton, auch wenn Ady genervt ausatmet, weil ich ihr ins Wort gefallen bin.

Wanda lächelt weiter ihr feines Lächeln, ohne weiter die Miene zu verziehen. „Nein, das habe ich nicht.“

„Ja, wissen Sie, sie sind nämlich unauffindbar“, sagt Ady.

„Ach, was Sie nicht sagen“, entgegnet Wanda nickend.

„Etwas beunruhigend, finde ich“, Ady spitzt die Lippen und tippt hektisch mit der Fußspitze auf den Boden. Kann sie nicht einfach stillhalten?

„Ihre Personalien haben sie im Bungalow gelassen, demnach ... gehen wir davon aus, dass sie die Anlage nicht verlassen haben.“

„Ausgecheckt hat hier jedenfalls niemand“, teilt Wanda uns mit drei Klicken am Computer mit. Ady sieht mich an, einen Anflug von Panik im Gesicht. „Nur die Ruhe“, forme ich mit den Lippen. Ich will gerade noch etwas sagen, als Wanda eine dünne Augenbraue hoch zieht und einwirft: „Moment, hier haben wir etwas.“

„Und das wäre?“ Ungeduldig zieht Ady ihre Unterlippe zwischen die Schneidezähne.

„Seit vierundzwanzig Stunden unauffindbar, sagen Sie?“

„Ja, in etwa“, antworte ich.

„Wie kann es dann sein, dass eine Isabella Rosa heute morgen um neun ein großes Frühstück für zwei aufs Bungalow bestellt hat?“ Wanda klickt noch einmal und noch einmal mit der Maus, „und das telefonisch vom Zimmer aus.“

Waves

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