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2. Kapitel

Die Sonne lachte uns entgegen. Ich schirmte meine Augen mit einer Hand ab und wühlte in meinem Rucksack nach meiner Sonnenbrille. Clara und Paulina hatten ihre schon auf und warteten ungeduldig auf mich.

„Beeil dich! Nicht, dass wir den Bus verpassen!“

Ich stellte meinen Rucksack ab und wühlte betont langsam darin herum. Die Sonnenbrille hätte ich fast vergessen und dementsprechend einfach so in den Rucksack geworfen. Ja, das war so typisch ich. Unordnung war mein Leben.

„Oh man, Henri, jetzt komm und mach nicht so eine Szene!“

Clara war mittlerweile richtig genervt, doch Paulina grinste hinter vorgehaltener Hand.

Ich setzte meine Sonnenbrille auf und schulterte wieder meinen Rucksack.

„Von mir aus kann es weitergehen.“

„Wie schön.“

Clara hatte Flugangst gehabt und war dementsprechend noch ein bisschen schlecht gelaunt. Den ganzen Flug über hatte sie sich an der Armlehne festgekrallt und bei jeder noch so kleinen Böe war sie immer gleich in Panik verfallen.

Ich schwitzte, es waren bestimmt jetzt schon um die 25 Grad, wenn nicht wärmer.

„Mit welchem Bus müssen wir denn fahren?“

„Äh, irgendein Bus unserer Fluggesellschaft.“

„Vielleicht sollten wir mal fragen“, schlug Paulina vor.

„Ja, das ist eine gute Idee, bevor wir noch im falschen Bus sitzen.“

Clara schlenderte zielbewusst auf den Informationsstand zu und begrüßte die beiden Mitarbeiter lächelnd. Paulina und ich folgten ihr nicht. Warum sollten wir denn auch alle drei dastehen?

Ich konnte zwar spanisch, doch ich blieb lieber im Hintergrund und ließ die anderen reden.

Clara kam zu uns zurück und zeigte auf einen Bus am Ende des Parkplatzes.

„In den müssen wir.“

„Okay, dann wollen wir mal. Ab wann haben wir eigentlich das Auto?“

„Ich glaube schon ab morgen“, meldete sich Paulina wieder zu Wort.

Ich schaute auf meine Uhr und folgte den anderen beiden zum Bus. Der Bus war schon fast voll, sodass wir nach hinten durchgingen. Ich ließ mich allein ans Fenster gleiten und legte meinen Rucksack neben mir ab. Paulina und Clara setzten sich eine Reihe vor mich hin und drehten sich zu mir um.

„Ist das in Ordnung so?“

Ich nickte und lächelte.

„Klar.“

Es war vielleicht besser, wenn Paulina Clara ablenkte. Ich war mit meinen Gedanken oft ganz woanders.

„Wie wohl unser Hotel ist?“

„Hoffentlich gibt es einen Pool!“

„Hast du dir die Beschreibung nicht durchgelesen?“, fragte Clara Paulina erstaunt.

„Nein, ich wollte mich überraschen lassen.“

Ich lehnte mich gegen das Fenster und beobachtete die Leute draußen.

Die Touristen erkannte ich sofort. Viele liefen jetzt schon mit einer Kamera herum und knipsten eilig Fotos. Bei manchen sah man, dass sie sich eingecremt hatten, weil das ganze Gesicht noch weiß war. Oh Gott, hoffentlich würde ich niemals so rumlaufen!

Eigentlich war es mir ziemlich egal, was andere über mich dachten. Nur wenn ich unbedingt wollte, dass diese Person mich mochte, machte ich mir ein bisschen zu viele Gedanken.

Paulina und Clara besprachen sich, was wir alles unternehmen wollten. Clara war für jeden Tag Strandwenn das mal nicht langweilig werden würde. Paulina war für die Gegend erkunden.

„Henri, wofür bist du?“

„Was?“

„Paulina würde lieber jeden Tag etwas unternehmen, ich wäre für entspannen. Ich meine, wir sind gerade erst fertig mit der Schule.“

„Naja, ich finde beides ganz gut. Ich bin dafür, dass man auch viel sieht, allerdings könnte das auf Dauer anstrengend werden.“

„Also was schlägst du vor?“

Ich zuckte mit den Schultern und antwortete: „Vielleicht nicht jeden Tag etwas unternehmen, sondern auch mal ein paar Tage an den Strand oder einfach im Hotel bleiben.“

„Das ist doch gut, so hat jeder etwas“, stimmte mir Paulina zu.

Clara schien nicht ganz überzeugt, fügte sich aber. Später würde sie es gar nicht mehr so schlimm finden, es war einfach nur ihre Laune, die ihr einen Strich durch die Rechnung machte. Ich kannte Clara schon lange genug, um das zu wissen, deswegen hatte ich einen Kompromiss vorgeschlagen. Ich war auch lieber in Bewegung, ruhig sitzen bleiben war eigentlich nicht so meine Stärke.

Den Rest der Fahrt schaltete ich ab und schloss die Augen. Ich genoss die Wärme der Sonne, die durch das Busfenster schien.

Wir wurden als Erstes abgesetzt. Die Fahrt hatte nochmal über eine Stunde gedauert, weil wir in einen Stau geraten waren.

Ich zog meinen Koffer hinter mir her und folgte den anderen beiden. Das Hotel sah sehr modern aus. Wir schlenderten auf den Eingang zu und meldeten uns bei der Rezeption an. Direkt neben der Rezeption war auch die Bar, die auch zum Pool führte. Der Poolbereich selbst war von außerhalb nicht einsehbar. Rechts neben der Rezeption führte eine Treppe nach oben zu den Zimmern.

Der Frühstücksraum bzw. der Saal lag am anderen Ende der Eingangshalle.

Uns wurden die Schlüsselkarten ausgehändigt und nochmal die Zeiten für das Frühstück etc. erläutert. Ich bekam nur die Hälfte mit, denn ich war so müde, dass ich mich jetzt gut hinlegen hätte können.

Ich nahm meinen Koffer und trug ihn die Treppe hoch. Ein Fan von Fahrstühlen war ich noch nie gewesen; wenn es schon Treppen gab, warum nutzte man die dann nicht? Ich hörte, wie Paulina sich mit ihrem Koffer abmühte, und musste grinsen.

Mittlerweile war ich oben angekommen.

„Soll ich dir helfen?“

„Das wäre echt lieb. Ich hätte vielleicht nicht so viel einpacken sollen.“

Ich stellte meinen Koffer zur Seite, sodass er niemanden stören konnte, und lief die Treppen wieder hinunter. Ich nahm ihr den Koffer ab und trug ihn die Treppe hoch.

Okay, der war echt schwer!

„Oder ich sollte vielleicht einfach mehr Sport machen. Danke dir!“

„Kein Ding.“

Clara wartete vor den Zimmern auf uns. Wir hatten zwei Zimmer, die direkt nebeneinander lagen und durch eine Verbindungstür verbunden wurden, wie es sie in vielen Hotels gab. Beide Zimmer hatten einen Balkon, der in Richtung Pool ging. Die Betten standen neben dem Balkon an den Glasfenstern. Das Badezimmer befand sich neben der Zimmertür.

„Wer möchte wo schlafen?“, fragte Clara, als wir alle drei auf einem der Balkone standen.

Ich stand an der Brüstung und drehte meinen Kopf leicht zu ihr. Sie hatte sich einen Stuhl geschnappt und saß im Schatten. Paulina lehnte sich gegen die Wand zu unserem anderen Balkon.

„Also ich habe mich in das Zimmer hier verliebt“, meinte ich.

„Das andere sieht doch genauso aus“, antwortete Paulina belustigt.

„Naja, da steht das Bett auf der anderen Seite. Die Zimmer sind seitenverkehrt.“

„Ich würde lieber ins andere Zimmer“, meinte Paulina.

Sie schaute mich entschuldigend an.

„Ja, alles gut, wenn man schon mal die Auswahl hat.“

„Ich würde auch gerne ins andere, tut mir echt leid, Henri, aber wenn du möchtest, kann ich natürlich auch hierbleiben.“

„Nein, alles gut. Ich habe damit kein Problem.“

„Sicher?“

Beide schauten mich an, Unsicherheit lag in ihren Blicken.

„Ja, echt. Ich habe damit wirklich kein Problem.“

„Wir können ja auch mal tauschen.“

Paulina stieß sich von der Wand ab und stellte sich neben mich.

„Schon einen gutaussehenden Typen gesehen?“

Ich verdrehte die Augen. Fing das schon wieder an.

„Leute, wollt ihr nicht langsam eure Sachen auspacken?“

„Das hat Zeit“, meldete sich Clara zu Wort.

Das war genau ihr Thema.

„Spanier sehen immer gut aus, findet ihr nicht?“

Clara schaute uns abwartend an.

Ich zuckte mit den Schultern, doch Paulina stimmte ihr zu. „Wie wäre es, wenn wir heute mal ins Dorf gehen? Feiern würdest du ja eh nicht mitkommen.“

„Wenn es sein muss.“

Clara stand auf und klopfte mir auf die Schulter.

„Sehr gut. Ich sag’s dir, diesen Sommer findest du noch jemanden.“

„Muss jetzt nicht unbedingt sein.“

„Der Typ muss vorher allerdings von uns abgesegnet sein.“

Paulina grinste.

„Jaja, schon klar.“

Clara verschwand im Inneren des Zimmers und versuchte schon mal, ihren Koffer ins andere Zimmer zu schleppen. Was hatten die alles dabei? Clara hatte sichtlich Mühe.

„Jedenfalls bin ich nicht die Einzige, die zu viel eingepackt hat.“

„Was hast du anderes von ihr erwartet?“

Paulina musste lächeln.

„Stimmt. Ich gehe auch mal meine Sachen auspacken.“

Ich schaute ihr noch nach, wie sie mitsamt Koffer in ihrem Zimmer verschwand, bevor ich mich wieder umdrehte. Es waren ein paar Kinder im Pool zu sehen, die sich lachend den Ball zuwarfen, manche sogar noch mit Schwimmflügeln. Die Eltern lagen schön in der Sonne und bekamen gar nicht mit, was die Kinder machten. Wie so oft.

Ich drehte mich um und hievte meinen Koffer aufs Bett.

Der Reißverschluss klemmte etwas. Mit etwas Gewalt bekam ich ihn dann doch auf.

Nebenan telefonierte gerade Paulina mit ihrem Freund. Endlich waren wir angekommen und konnten es genießen. Ich konnte es noch gar nicht richtig fassen, dass die Schule vorbei war und wir da nicht mehr hingehen mussten. Wie lange hatte ich auf diesen Moment hin gefiebert? Clara kam herein und setzte sich auf den Schreibtischstuhl, der direkt gegenüber dem Bett stand.

„Bei Paulina kann es noch etwas dauern. Wir sollen schon mal vorgehen, wenn du soweit bist.“

Ich verstaute die letzten Sachen im Schrank und nickte. „Kann losgehen.“

Clara stand lächelnd auf und warf mir meine Sonnenbrille zu.

„Die könntest du vielleicht gebrauchen.“

Ich nahm noch meine Karte, bevor ich ihr nach draußen folgte. Clara wartete schon ungeduldig- ja Geduld war nicht so ihre Stärke.

Ich lief die Treppe hinunter und wartete unten auf Clara, da sie beschlossen hatte, Fahrstuhl zu fahren. Wir wohnten im ersten Stock, aber gut, es war ihre Sache.

Ich setzte mich draußen auf eine Bank und schaute mich um. Die Kinder waren bis hierher zu hören. Endlich sah ich Clara kommen.

„Wenn man schon einen Fahrstuhl hier hat, muss man den ja auch nutzen.“

„Wenn du meinst.“

Clara hakte sich bei mir unter und wir stiefelten los. Die Straßen waren fast leer.

„Schön, in so einem Dorf.“

„Ja, gefällt mir auch besser als so eine Großstadt.“

„Hast du noch Kontakt zu Ben?“, fragte sie mich.

„Nein, warum sollte ich?“

Nach dem Treffen hatte er mir nochmal geschrieben, doch ich hatte es schnell im Sand verlaufen lassen.

„Block doch nicht immer alles ab. Er mag dich.“

„Dann ist das so. Ich finde ihn aber nicht so interessant.“

„Und wenn du ihm mal eine Chance geben würdest?“

„Warum sollte ich das tun, wenn ich wirklich so rein gar nichts von ihm möchte?“

„Magst du ihn denn gar nicht?“

Ich zuckte mit den Schultern.

„Nicht so, wie du denkst. Er ist nett, aber das war’s.“

Clara seufzte.

„Dann suchen wir dir halt hier einen.“

„Mhm.“

„Das klang jetzt nicht so begeistert.“

„Ich brauche keinen Freund und so auf Zwang funktioniert das doch eh nicht, außerdem wollen wir doch reisen.“

„Aber erst mal bleiben wir doch hier.“

„Schon… “

„Na also, es spricht nichts dagegen.“

Es würde nichts bringen, mit ihr zu diskutieren. Wenn sie sich erst mal eine Sache in den Kopf gesetzt hatte, ließ sie sich nicht so schnell davon abbringen. Mittlerweile waren wir in einer Straße angelangt, die parallel zum Strand verlief und einige Geschäfte vorweisen konnte.

Oh man, wäre nur Paulina mitgekommen. Ich war dafür jetzt nicht die beste Begleitung. Mal wieder. Clara steuerte sofort auf den ersten Laden zu.

„Wenn man schon mal hier ist.“

Ich verdrehte die Augen, folgte ihr aber.

Der Laden war vollgestopft, ja so konnte man es nennen, mit Klamotten, die Hälfte davon würde ich niemals anziehen. Gäbe es hier eine Männerabteilung wäre ich da lieber hingegangen. Die Männer hatten die besseren Farben. Ich mochte nicht so gerne so helle Töne, sondern eher die dunklen.

Clara hatte sich schon ein paar Teile rausgenommen, die sie unbedingt anprobieren wollte. Das konnte lange dauern. Direkt vor den Umkleiden stand ein Sessel. Zum Glück.

„Kannst du die Sachen mal halten?“

Sie reichte mir zwei Hosen, einen Pulli und ein Top. Einen Pulli? Sie bemerkte meinen kritischen Blick und meinte:

„Man kann ja nie wissen.“

„Wirst du bestimmt bei dem Wetter gebrauchen.“

Ich bekam einen bösen Blick zu geworfen, doch ich grinste nur.

„Du bist echt eine tolle Begleitung!“

„Ich weiß, aber komm, jedenfalls trage ich die Klamotten.“

Jetzt fing sie an zu lachen.

„Ja, das hat was Gutes. Wir können ja schauen, ob wir auch etwas für dich finden.“

„Ist jetzt nicht so mein Laden.“

„Ja, ich weiß, aber ein bisschen mehr farbenfrohe Sachen würden dir bestimmt guttun.“

„Mhm, was spricht denn gegen dunkle Sachen?“

„Ist doch langweilig.“

Ich zuckte mit den Schultern.

Naja, mir gefielen nun mal eben eher die dunklen Töne bei den Männern. Bei den Frauen gab es nur so helle Farben, wie weiß oder rosa, im schlimmsten Fall noch mit Blümchen.

„Du kannst mir die Klamotten wiedergeben.“

Etwas erleichtert, dass sie scheinbar durch war mit Schauen, gab ich ihr die Kleidung und setzte mich in den Sessel. Direkt gegenüber war ein Spiegel angebracht.

Somit hatte man den ganzen Laden im Blick. Des Öfteren fand ich es ganz amüsant, Leute zu beobachten. Ich sah die Besitzerin hinter dem Tresen, der direkt neben der Tür stand, wie sie telefonierte. Ansonsten war das Geschäft leider leer.

Ich holte mein Handy hervor und schrieb Paulina, dass sie sich bitte beeilen möge, weil ich sonst in jedes Geschäft mitmüsste. Sie schrieb sofort zurück, dass sie auf dem Weg sei. Das war gut.

Ich starrte gedankenverloren auf den Boden und bekam nicht mit, wie Paulina den Laden betrat. Als sie neben mich trat, schreckte ich hoch.

„Vielleicht hättest du dich vorher hinlegen sollen.“

Sie lächelte und setzte sich auf die Lehne des Sessels.

„Ja, das wäre eine gute Idee gewesen.“

„Geh doch zum Hotel und schlaf ein wenig. Wir kommen nach und treffen uns später zum Essen, was hältst du davon?“

„Klingt gut.“

„Okay, dann bis später.“

„Schlaf gut. Wir wecken dich dann einfach.“

„Alles klar.“

Ich machte mich langsam auf den Rückweg, nahm allerdings den Weg am Strand. Überall waren Familien zu sehen mit ihren kleinen Kindern. Das Volleyballfeld war auch besetzt, kein Wunder bei dem Wetter.

Ich zog mein Zopfgummi heraus und ließ meine Haare offen. Sie flatterten im Wind, mir jedoch nicht ins Gesicht, da der Wind günstig stand. Ich genoss die Wärme und setzte mich in den Sand. Schlafen konnte ich immer noch. Irgendwie wollte ich hier nicht mehr weg. Der Sand war warm und rieselte leicht durch meine Finger. Das Wasser war blau und man konnte bis auf den Grund sehen, Algen waren kaum vorhanden. Bei uns zuhause wäre es nicht annähernd so blau. Aber bei uns war es auch nichts besonderes mehr. Meine Eltern wollten immer wegfahren, bloß ans Meer. Eigentlich war ich nie so der Strandgänger gewesen und hatte immer eine Ausrede parat gehabt, um nicht mitfahren zu müssen. Ich stand langsam auf und trat den „Heimweg“ an. Das Hotel war so gut wie direkt am Wasser. Wir hatten den Balkon vorne heraus, wären wir auf der anderen Seite gewesen, hätten wir das Meer sehen können.

Sobald die Zimmertür hinter mir ins Schloss fiel, warf ich meine Kleidung auf den Stuhl und zog Sportklamotten an, um mich dann ins Bett zu legen. Ich steckte mein Handy zum Aufladen an, streckte mich auf dem Bett aus und schloss die Augen.

Mutig ins Glück

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