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Kepler, Gutenberg, Luther

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So versuchte auch der deutsche Astronom und Mathematiker, Johannes Kepler, in den Bewegungen der Gestirne, mathematische Regelmäßigkeiten zu entdecken. Kepler begegnete genau im Jahr 1600 den 25 Jahre älteren dänischen Astronomen Tycho Brahe, der in mühevoller jahrelanger Kleinarbeit, die Fixsterne und Planetenbewegungen genau beobachtet und ihre Position notierte. Das alles noch ganz ohne Teleskop. Tycho Brahe war von den Werken Keplers beeindruckt und hoffte, dass dieser, in seinen vielen gesammelten Daten, eine Gesetzmäßigkeit entdecken würde. Brahe glaubte noch fest an das alte ptolemäisch-geozentrische Weltbild und hatte entsprechend Schwierigkeiten seine Planetenbahnen, die zum Teil eindeutige Schleifen zogen, sinnvoll zu erklären. Er begegnete nun den viel jüngeren, sehr empfindsamen Johannes Kepler, der trotz seiner tiefen Religiosität, das heliozentrische Weltbild für das richtige hielt. Kepler war ein pythagoreischer Mystiker. Auch er glaubte, dass die Natur auf mathematischen Grundlagen aufgebaut ist und alles ein zusammenhängendes Ganzes ergibt. Hier suchte also der jähzornige Brahe der alten Welt, den sensiblen jungen Kepler auf, einen Anhänger des modernen Zeitgeistes. Brahe, bewaffnet mit endlos vielen Datenreihen und Tabellen, die er nicht zu deuten wusste, aber argwöhnisch verteidigte, traf auf Kepler, der das richtige Wissen hatte, um die Rätsel die in den Zahlenreihen stecken, lösen zu können. Es war keine einfache Begegnung, aber sie führte dazu, dass Kepler einen Teil der Daten zur Verfügung gestellt bekam und sogar wenige Jahre später, alle gesammelten Positionswerte, des Tycho Brahe erbte. Und tatsächlich gelang es Johannes Kepler, nach 20 Jahren geduldiger Arbeit, mit der passenden Grundannahme, die richtigen gesetzmäßigen Zusammenhänge der Planetenbewegungen aufzuschreiben. Kepler glaubte fest daran, dass die Himmelskörper die irdischen Belange beeinflussen. Für ihn musste sich zwar nicht alles um die Erde drehen, doch war das ganze große Universum allein für die Erde geschaffen worden. Also drehte sich doch indirekt alles nur um uns Menschen. Mit Hilfe der Messwerte des Tycho Brahe, konnte er beweisen, dass sich die Erde und alle anderen Planeten, auf elliptischen Bahnen um die Sonne bewegen. Er degradierte die Bewegung der Erde aus dem Zentrum und die der Planeten zu den unvollkommenen Ellipsen. In seinem Hauptwerk beschreibt er sehr detailliert, wie sich die Erde um ihre eigene Achse dreht und entwickelte sogar ihre Präzessionsbewegung. Kepler wird damit zum Begründer der neuzeitlichen Astronomie. Doch noch war die Erde und auf ihr der Mensch, das Zentrum der Welt. Noch gab Kepler nicht unsere zentrale Göttlichkeit, unsere Einmaligkeit auf, aber er gehörte zu denen, die die große Änderung im Denken mit einleiteten. Kepler rückte die Erde aus dem Mittelpunkt und setzte den Menschen hinein.

Unter anderem begann mit ihm eine ganz neue Art von Weltbild, bei der der einzelne Mensch, auch der gewöhnliche, immer mehr Bedeutung gewann. Eingeleitet wurde die Veränderung des Denkens, rund 150 Jahre vor Kepler, durch eine Maschine. Johannes Gutenberg aus Mainz, entwickelte eine Möglichkeit, Bücher mit beweglichen Lettern zu drucken und revolutionierte, mit dieser scheinbar so einfachen Veränderung, die Buchproduktion. Es gelang ihm die einzelnen Komponenten beim Buchdruck so perfekt aufeinander abzustimmen, dass die Herstellung von Büchern viel effizienter wurde, so dass an Massenproduktionen gedacht werden konnte. Er löste damit in Europa eine Medienrevolution aus. Vielleicht war die Erfindung des massenhaften Buchdrucks, sogar die bedeutendste Erfindung des zweiten Jahrtausends.

Das Wissen der Welt war nun nicht mehr einem kleinen elitären Kreis vorbehalten, die die Macht und das Geld hatten, sondern konnte sich potentiell immer weiter und immer schneller ausbreiten - es kommunizierte. Dies führte dazu, dass auch zunehmend das einfache Volk von den Veränderungen in der Welt erfuhr. Doch erst mit Martin Luther wurden die Menschen von der Knechtschaft der Religion, eines strafenden, unnachgiebigen Gottes, des Alten Testaments, befreit. Luther übersetzte die Bibel nicht nur ins Griechische, sondern auch ins gewöhnliche Deutsche, womit sie auch für das einfache Volk zugänglich wurde. Dabei entdeckte er für sich, die Gnadenzusage Gottes im Neuen Testament und legte darauf in seiner Übersetzung den Schwerpunkt. Diese leicht veränderte Sichtweise und die Möglichkeit, durch den Massendruck und der Übersetzung ins Deutsche, selber in der Bibel lesen zu können, führten zu einer Bedeutsamkeitszunahme jedes Einzelnen. Ohne es zu wissen war auch Luther ein Keim für eine sich entwickelnde Bewusstwerdung, ein Erwachen des Geistes, die plötzlich jedem eine Verantwortung für das Weltwissen zuteilte. Doch erst mit Kepler geht die Saat langsam auf.

So gesehen reitet Galilei schon auf der Welle dieser neuen Zeit. Nur erkennt er schärfer als andere das Moderne und führt die Fäden für die Physik auf der richtige Spur zusammen.

Der Raum so weit, so groß die Welt

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