Читать книгу Das Geheimnis der Inka - Christian Jägersberg - Страница 5
Die Befreiung
Оглавление„Hast du schon eine Idee für einen neuen Coup?“, fragte Marco.
Sie saßen vor einem Eiskaffe, an einem Tisch nahe dem Bürgersteig voller Passanten. Beide hatten sich eine Eisschokolade bestellt und Pablo löffelte gedankenverloren das Vanilleeis aus dem Glas.
Er dachte immer noch an den Border Collie Paulo, der, einige Minuten vom Eiskaffe entfernt, in einem Käfig eingeschlossen war. Pablo hatte sich fest in den Kopf gesetzt ihn zu befreien.
Als Marco ihn ansprach schreckte er hoch. „W…was ist los?“, fragte es verunsichert.
„Ich hab gefragt“, wiederholte Marco und schlürfte an seiner Eisschokolade, „ob du eine Idee für einen neuen Coup hast.“
„Ja, hab ich“, antwortete Pablo und senkte die Stimme. „Du kennst doch das historische Museum am anderen Ende der Stadt. Ich glaub, dort werden wir stinkreich.“ Er genehmigte sich ebenfalls einen Schluck von seiner Schokolade.
„Das klingt nicht schlecht“, sagte Marco. „Ich hab nämlich gehört, dass es dort Kunstwerke gibt, die kaum zu bezahlen sind…“
„Siehst du.“
„…aber es gibt trotzdem ein kleines Problem.“
„Welches?“
„Wir brauchen Utensilien für diesen Einbruch.“
„Ich weiß.“
„Und wie besorgen wir die?“
„Gleich hier um die Ecke ist ein Bergsteigergeschäft, wo wir Seile besorgen können, und ein paar Häuser weiter können wir uns Handschuhe hohlen, wegen der Fingerabdrücke…“
„Und was unternehmen wir gegen die Alarmanlagen und Überwachungskameras?“
„Ich weiß, dass jedes Kunstwerk eine eigene Alarmanlage hat, sodass wir uns an ihnen nicht vergreifen können, da wir keine Spezialisten in lahm legen von Alarmanlagen sind, und den Überwachungskameras können wir nur ausweichen.“
„Tja, einen Haken gibt’s immer“, sagte Marco und seufzte tief. „Wann besorgen wir die Utensilien?“
„Heute Nacht würde ich sagen.“
„Gut, aber vorher will ich dir noch was zeigen. Lass uns aufbrechen.“
Sie sahen sich um, ob irgendjemand auf sie achtete, und mischten sich in die vorbeigehende Menge, selbstverständlich ohne zu bezahlen.
„Wo wollen wir denn hin?“, fragte Pablo.
„Zum Strand“, antwortete Marco.
Eine halbe Stunde später erreichten sie den Strand São Paulos. Der Strand war ein Ort der Erholung und Entspannung, wobei ein Sprung ins Meer zwar abgekühlte, aber nicht die Großstadt im Hintergrund wegen der sichtbaren Bürogebäude vergessen lässt. Marco zog seine Schuhe aus und ging den Sandstrand entlang. Pablo tat es ihm gleich und folgte seinem Freund.
Ungefähr nach zwei Minuten macht Marco vor einer Klippe Halt und deutete in Richtung Festland.
„Was soll das?“, fragte Pablo und blickte auf die Hochhäuser.
„Nicht die Hochhäuser“, erwiderte Marco. „Ich mein die Klippe. Siehst du nicht die Spalte.“ Er trat vor und zeigte Pablo einen Riss im Fels, der ungefähr ein halben Meter breit war. „Das ist eine Höhle“, erklärte Marco. „Hier drin hab ich mich die letzten Jahre versteckt und jetzt können wir hier untertauchen.“
Pablo war begeistert und folgte seinem Freund in die Höhle, um sie sich anzusehen. Sie war nicht sehr groß, aber zum Unterschlüpfen reichte es.
„Wie hast du denn hier geschlafen?“, fragte Pablo, als er nichts sah, was nach einem Bett aussah.
„Auf dem Boden“, sagte Marco als wäre es selbstverständlich.
„Auf dem nackten Fels?“, fragte Pablo verwundert.
„Man gewöhnt sich dran.“
Pablo sah ihn misstrauisch an. „Na ja. Ich werde es ja spätestens heute Nacht erfahren.“
Um zehn Uhr nachts wurde Pablo aufgeweckt. Die Kirchturmuhr hatte ihn aus dem Schlaf gerissen. Er hatte sich in einer Ecke der Höhle zusammengerollt und seinen Kopf auf einen Stapel Palmenblätter gelegt. So zusammengekauert hatte er es tatsächlich geschafft, auf dem Fels die Augen zuzukriegen. Während er versuchte wieder einzuschlafen, fiel ihm plötzlich ein, dass er mit Marco ja ihren Einbruch vorbereiten wollte. Sofort weckte er Marco auf.
„Was ist denn?“, gähnte dieser.
„Wir wollten doch unseren Coup vorbereiten, erinnerst du dich?“, sagte Pablo, auf einmal hell wach.
„Ach so, ja“, sagte Marco, während er versuchte sich aufzurichten.
Fünf Minuten später hatte Pablo es geschafft, Marco aufzumuntern und so standen sie nach dreißig Minuten vor einem Geschäft mit der Aufschrift „Bergausrüstungen für Jedermann“.
„Und wie kommen wir da rein?“, fragte Marco, während er auf das Schild „Geschlossen“ starrte.
„Kein Problem“, erwiderte Pablo.
Er führte seinen Freund über einen Seitenweg zum Hintereingang. An der Tür angekommen, zog Pablo eine Nadel aus der Tasche, die er in einem Mülleimer gefunden hatte, und hockte sich vor die Tür.
„Und was jetzt?“, fragte Marco.
Doch Pablo antwortete nicht. Er hatte bereits angefangen, mit der Nadel im Türschloss herumzustochern.
Nach ein paar Minuten hörte er ein leichtes Klicken und öffnete die Tür.
„Nicht schlecht, Herr Specht“, flüsterte Marco.
„Freu dich nicht zu früh, bevor wir nicht den Apparat für die Alarmanlagen gefunden haben“, entgegnete Pablo, ließ Marco hinein und schloss die Tür hinter sich.
„Hier ist der Apparat“, sagte Marco plötzlich und deutete auf einen Kasten an der Wand. Er öffnete die Tür und schaltete die Alarmanlagen aus. „Können wir das nicht auch so im Museum machen?“, fragte er anschließend.
„Wohl kaum. Das hier ist nur ein Laden, aber in einem Museum ist das alles viel ausgetüftelter.“
„Na ja“, erwiderte Marco und sah sich um. „Fangen wir an.“
Zehn Minuten später waren die zwei unterwegs zum nächsten Laden, die Taschen voll von Seilen und Karabinern. Ihr nächstes Ziel war ein Bekleidungsgeschäft, bei dem sie sich genau wie beim vorigen Mal verhielten, um ins Innere zu gelangen. Hier besorgten sie sich Handschuhe, die etwas schwierig zu finden waren, da mitten im Sommer niemand Handschuhe kaufen würde. Doch sie fanden schließlich welche im Lager.
So ging es knapp zwei Stunden weiter. Schließlich hatten sie zwei Taschenlampen, einen Glasschneider, einen Dietrich, je zwei Messer und eine Sofortbildkamera, die sie brauchten, um die Überwachungskameras auszutricksen, zusammengeklaut. Zum Schluss besorgten sie sich noch zwei Rucksäcke, um die ganzen Sachen transportieren zu können. Doch während sie zurück zum Strand gingen, kamen sie am Tierheim vorbei. Dort machte sich Pablos schlechtes Gewissen wieder bemerkbar. Da drin lag Paulo in einem engen Käfig und konnte sich kaum bewegen, geschweige denn irgendeiner Beschäftigung nachzugehen. Während Pablo die Straße entlang schlenderte, fasste er einen Entschluss. „Marco“, sagte er zu seinem Freund. „Wart mal kurz. Ich muss mal ganz dringend.“ Er ließ Marco mitten auf dem Weg stehen und bog in die nächste Gasse, um zum Hintereingang des Tierheims zu kommen. Er wusste nicht, warum er Marco angelogen hatte. Vielleicht weil es ihm peinlich war, da er nicht mit einem Menschen verglichen werden wollte, der mit Tieren Mitleid hatte, wie beispielsweise einem Mädchen. Er wusste nur das er die Nadel aus seiner Tasche zog, die Tür entriegelte und die Käfigreihe entlang lief in der Paulo gefangen war. Er entriegelte die Käfigtür, öffnete diese und Paulo, der durch das Klicken wach geworden war, sprang ihm um den Hals. „Schon gut“, beruhigte Pablo ihn, damit er durch sein Bellen nicht die anderen Tiere aufweckte. „Komm hier lang.“
Kurz vor der Hintertür jedoch machte er Halt. Er fragte sich was Marco denken würde, wenn er mit Paulo vor ihm erscheinen würde. Er würde sicherlich Paulo akzeptieren, aber auch garantiert beleidigt sein, da er die Katze nicht befreit hatte. Er befahl Paulo sich nicht von der Stelle zu rühren, machte kehrt und lief die Reihe entlang zurück. Vor dem Käfig der Katze machte er Halt und befreite auch diese. Die Katze machte jedoch keinen so großen Aufstand wie Paulo. Pablo nahm sie auf den Arm, ging zu Paulo zurück und verließ das Tierheim.