Читать книгу Gekaufte Wissenschaft - Christian Kreiß - Страница 6

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Vorwort

Seit das Buch „Gekaufte Forschung“ im Mai 2015 erschienen ist, hat sich eine ganze Menge auf dem Gebiet gekaufter Wissenschaft ereignet, ja die Ereignisse haben sich geradezu überschlagen. Stichworte dazu sind der Dieselskandal und Glyphosat, die bis dahin größte deutsche Kooperation zwischen der Uni Mainz und der Boehringer Ingelheim Stiftung, die ans Tageslicht gezerrt wurde und bei der herauskam, dass sie verfassungswidrig war, 20 geschenkte Lidl-BWL-Professuren an die TU München oder das für 7,5 Millionen Dollar von Facebook gekaufte Ethikinstitut an der TU München, die sich dadurch zum Marketing-Arm von Facebook erniedrigt. Auch bei Corona wurde viel mit industrieseitig beeinflussten Zahlen gearbeitet. Aber es gab noch einige weitere Fälle.

Kurz: Der Trend in Richtung gekaufte Forschung hat sich in den letzten Jahren deutlich verstärkt. Es geht bei dieser Frage nicht um eine Diskussion im „Elfenbeinturm Universität“. Ganz im Gegenteil: Denn die Folgen von unseriöser Wissenschaft verspüren wir alle auf Schritt und Tritt im täglichen Leben: Glyphosat findet sich in der Muttermilch fast aller stillender Mütter und kann in fast sämtlichen Einwohnern Europas nachgewiesen werden. Die Verharmlosung von Dieselabgasen führt zu Zigtausenden lungenkranken Kindern, tausenden zusätzlichen Toten. Gekaufte Pharmaforschung bewirkt falsche Verschreibungen von Medikamenten. Manipulierte Lebensmittel-Studien fördern unsere Fehlernährung, führen beispielsweise zu übermäßigem Verbrauch von Zucker und anderen ungesunden Lebensmitteln. Das industrieseitig beeinflusste Herunterspielen von Ethikrisiken und dadurch bewirkte Verhindern oder Verzögern von gesetzlichen Maßnahmen im Medienbereich führt zu umso stärkeren Missbrauchsmöglichkeiten durch Facebook & Co. Und so weiter. Die Liste ist lang.

Was ich damit sagen will: Gekaufte Wissenschaft, Einflussnahme von Industriegeldern auf unsere öffentlich-rechtlichen Hochschulen schädigt uns alle tagtäglich. Es ist ein Thema, das uns alle angeht, bei weitem nicht nur die Wissenschaftler und Forscher. Deshalb richtet sich dieses Buch in erster Linie an interessierte Laien, an uns alle. Sein Zweck ist: Diese tagtäglichen Missbräuche der Wissenschaft zu Gunsten der Konzerngewinne und zu Lasten unserer Gesundheit zu stoppen. Dazu müssen wir die Methoden, Vorgehensweise, Wege und Ziele der Manipulatoren kennen. Das soll anhand einer Reihe von leicht verständlichen Fallbeispielen geschehen. Nach dem Motto „Problem erkannt, Problem gebannt“ soll dieses Buch dazu beitragen, durch Aufdecken der Vorgehensweise und der schädlichen Auswirkungen auf uns alle dieser Fehlentwicklung entgegenzuwirken. Ungehemmte Drittmittelzunahme an unseren Hochschulen, wie wir sie seit Jahrzehnten erleben, ist ein Irrweg. Wissenschaft muss frei und unabhängig sein.

Deshalb kam es zu der Entscheidung, dieses Thema in Form eines Nachfolge-Buches erneut aufzugreifen. In einigen der geschilderten Fälle war ich persönlich einbezogen, deshalb ist auch die Schilderung streckenweise eine persönliche. Die Fallbeispiele beschränken sich auf Deutschland.

Dieses Buch ist ein Plädoyer für wirklich freie, unabhängige Wissenschaft, die sich an den echten Bedürfnissen der Menschen orientiert und nicht an den Geldinteressen einiger Weniger. Gewinnmaximierung und Wahrheit passen nicht zusammen. Es geht nur eines von beiden. Bei Wissenschaft geht es um Wahrheitsfindung. Wenn es bei gewinnmaximierenden Unternehmen einen Interessenkonflikt zwischen Wahrheit und Gewinn gibt, zieht die Wahrheit normalerweise den Kürzeren, wie der Dieselskandal und zahllose weitere Beispiele anschaulich zeigen. In der Wissenschaft hat Gewinnmaximierung nichts zu suchen, denn sie zerstört die unabhängige, freie Wahrheitssuche, indem sie Fragestellung, Methoden und Ergebnisse manipuliert.

Die Lösung des Problems wäre ungeheuer einfach. Zum einen: keine Industriegelder, bei denen es Interessenkonflikte zwischen Gewinn und Wahrheit gibt, an öffentliche Hochschulen. Zum anderen: statt staatliche Drittmittelfinanzierung der Hochschulen staatliche Grundfinanzierung. Das Geld ist ja da. Es wird aber durch politischen Dünkel und massiven Lobbyeinfluss meistens interessengeleitet verwendet. Die Politiker und Bürokraten glauben, besser zu wissen, worüber in unserem Land geforscht werden soll als die etwa 250.000 Forscher im Hochschul- und öffentlichen Bereich. Gebt uns Forschern die Mittel zur freien Themenwahl, statt über bürokratische, lobbybeeinflusste inhaltliche Vorgaben der Fragestellungen uns zu beeinflussen! Auftragsforschung und Antragschreiben ist der Tod aller freien Forschung.

Für mein Buch Gekaufte Forschung von 2015 bekam ich 20.000 Euro Drittmittel. Ich durfte damals den Geber nicht nennen. Heute darf ich es. Es war die Stiftung Hübner und Kennedy gGmbH, Agathofstr. 15, D-34123 Kassel. Ich war befreundet mit Margrit Kennedy, geborene Hübner, die die Stiftung mitbegründet hat. Margrit war eine großartige Frau, die leider viel zu früh gestorben ist. Sie hat sich jahrzehntelang als Vordenkerin für eine menschliche Geldordnung eingesetzt.

Gekaufte Wissenschaft

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