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Google und gesprengte Eier

Das Haupthaus der Edermühle war ja nun endlich bewohnbar und so standen wir jetzt da mit 18.000 qm Grund und zwei Fischteichen, was alles zusammen eher wie ein Urwald aussah - nur nicht in schön.

Nachdem wir rund ums Haus mit „schwerem Gerät“ etwas Ordnung gemacht hatten, überlegten wir, was als Nächstes an stand.

Mit „schwerem Gerät“ ist übrigens eh nur ein Balkenmäher gemeint, bei dem Einheimische nur müde lächeln, während Du als ehemaliger Städter glaubst, schon in der Champions League für Gartler zu spielen.

Mei, wie soll ich Dir das jetzt erklären? Also pass auf, wenn Du mit einem Rasenmäher für eine Fläche drei mal so lang brauchst, wie mit einem Balkenmäher, der dabei auch noch halbe Bäume wegputzt, dann glaubst halt, dass Du jetzt ganz weit vorn bist.

Wenn dann allerdings der Nachbar kommt und mit seinen Gerätschaften die dreifache Fläche in einem drittel der Zeit macht, während er dabei grinst und „Balkenmäher…“ murmelt, dann bist ziemlich geerdet. Geerdet ist vielleicht das falsche Wort, weil man sich eher denkt „Warum hab ich Vollhorst mir jetzt eigentlich seit Wochen so eine Arbeit gmacht?“.

Naja, Hauptsache es ging was voran.

Was fehlte also bei so einem Hof als erstes? Tiere!

Ja gut, wir hatten unseren legendären Kater Caso, einen betagten ursprünglichen Streuner, der uns seit 4 Jahren auf Schritt und Tritt folgte und der beste Kater der ganzen Welt war, aber da ging noch mehr.

Nein, keine lila Kuh liebe Freunde aus der Stadt, sondern Hendl also Hühner, ja Hühner mussten her.

Jetzt dachte meine Wenigkeit, dass wir uns einen fertigen Stall kaufen und gut ists, aber Steffi ist bei uns ja der Heimwerkerkönig und ich bekam nur ein „Spinnst jetzt ganz oder was? Denn bau ma uns selber!“

Ja gut, genug Holz lag hier am Hof ja noch rum und im Zeitalter von Google konnte man sich ja gut informieren.

„Was willst da jetzt googlen? Wir baun an Hühnerstall und koa Raketen Christian!“

Jaja, Steffi hatte als Tochter eines Tischlers leicht reden, während mein Vater sich sogar ´nen Handwerker holt, um drei Bilder in einer Linie aufzuhängen - nein kein Witz, das hat mein Dad wirklich gemacht!

Sorry Dad, jetzt weiß es jeder.

Naja, ich lies es mir trotzdem nicht nehmen etwas zu recherchieren. Als Dank meines journalistischen Einsatzes klar war, wie z.B. die Nester zum legen der Eier ungefähr aussehen mussten, konnte ich mir ein „Aha! Haha! Gell da schaugst!“ zwar nicht verkneifen, aber bekam ein eher unaufgeregtes „Ja passt eh, aber wenn wirs anders gebaut hätten, dann hätten’s ihre Eier auch glegt und ned in d’ Luft gsprengt…“ von Steffi zurück.

Ich versuchte also das Recherchieren sein zu lassen und vertraute ab sofort voll und ganz auf Steffi.

Ok, einmal noch wollte ich Recht haben und googelte Nächte lang wegen der Sitzstangen.

Rund oder eckig, dick oder dünn, hoch oder niedrig, rau oder glatt.

Eine Woche später kam ich mit zwei, laut Internet, optimalen Sitzstangen aus dem Baumarkt zurück.

Ja gut die waren nicht ganz billig, aber dafür haben wir sie dann nach sechs Tagen gegen Äste aus dem Wald ausgetauscht, weil das den Hendln besser gefallen hat.

Als ich das Recherchieren komplett einstellte, hatte Steffi mit meiner Hilfe - ich reichte Schrauben und übernahm Dienstbotenfahrten - den Stall in ein paar Tagen fertig und er war perfekt.

Jetzt musste der Schlafstall mit ca. 4 qm Grundfläche und 1,5 m Höhe nur noch an seinen eigentlichen Standort getragen werden, der sich ca. 20 läppische Meter vorm Haus befand.

Warum wir ihn nicht gleich dort gebaut haben?

Weil wir nicht blöd sind und so die Laufwege zwischen Werkstatt und Bauplatz verkürzt haben - eh klar.

Weniger klar war uns, dass der fertige Schlafstall gefühlte 50.000 Tonnen wog, was wir nach einem ersten Versuch das Ding an zu heben und einem „Scheiße, mein Kreuz!“ meinerseits aber sehr schnell realisierten.

Der Toni, ein inzwischen befreundeter Sägewerksbesitzer ausm Nachbarort, half uns aber mit seinem Traktor das Problem zu lösen, konnte sich ein „Den habt’s tragen wollen?!“ inklusive herzhaft, sympathischen Lachen aber nicht verkneifen.

Egal, der Stall war fertig und einsatzbereit.

Jetzt fehlten nur noch die Hendln und die waren mit Hilfe vom Franz aus einem anderen Nachbarort schnell besorgt. Einige Tage später zogen sechs Hühner und ein Hahn namens Herr Moritz bei uns ein, die von Kater Caso neugierig, aber misstrauisch beobachtet wurden.

Wir entschieden uns dafür, dass die Hendln tagsüber völlig frei auf dem Gelände bewegen durften und nur Nachts wegen Fuchs und Marder in den Stall mussten.

Die Einheimischen rieten uns zwar eindringlich davon ab, weil es ja Tagsüber auch Greifvögel gab, aber was wussten die schon - unsere Hendln sollten frei sein.

Die Hendln waren jetzt seit einigen Wochen bei uns und auch wenn sie aufgrund ihres jungen Alters noch keine Eier legten, waren sie einfach nett an zu schauen, wie sie da so rumpickten, liefen und gackerten.

Als wir schon fast gar nicht mehr damit rechneten, war es dann soweit und die ersten Eier lagen in, den nach deutscher Ingenieurskunst gefertigten, Nestern.

„HAHAAAA! Das recherchieren hat sich gelohnt!“ sagte ich, was postwendend mit einem „HAHAAAA! In die Luft gsprängt hätten ses trotzdem nicht!“ von Steffi quittiert wurde.

Die ersten eigenen Eier, ja gut für Veganer die ersten selbst geklauten Eier, waren die Besten auf der ganzen Welt! Tiefgelber, cremiger Eidotter ummantelt von einem festen, schneeweißen Eiweiß, garniert mit dem Geschmack von Freiheit und purer Lebensfreude - ein Traum!

Die Frage was zuerst da war, die Henne oder das Ei, war damit übrigens auch endlich geklärt - naja zumindest was die Edermühle betraf.

Gummistrapse im Bach

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