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DIE RUMPFHUBERS

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Familie Rumpfhuber – Vater, Mutter und zwei wohlgeratene Kinder – verbrachte ihren Urlaub im warmen Süden. Man gab sich den üblichen, harmlosen Vergnügungen hin und genoss das Leben in Maßen.

Dr. Gotthold T. Rumpfhuber, Sohn des in Fachkreisen geschätzten Ägyptologen Adolf Rumpfhuber sel. (das T. im Namen von Rumpfhuber jun. steht für Tutmoses) gehörte dem höheren Beamtentum an, übte seinen ministerialen Beruf mit Begeisterung aus, obwohl er im Laufe der Jahrzehnte den Glauben an das Gute im Menschen zusehends verlor, und war ein gesetzestreuer Bürger. Obwohl sein Studium viele Jahre in Anspruch genommen hatte und zu jener Zeit die Kunde ging, er würde noch im Pensionsalter studieren, hätte seine damalige Verlobte und spätere Frau, eine bodenständige Realistin, ihn nicht zum Studieren animiert, indem sie ihn kontinuierlich in den Allerwertesten trat, konnte er für sich in Anspruch nehmen, seinen Studienabschluss korrekt und nicht nach der beliebten Guttenberg-Methode erreicht zu haben. Er parkte nicht falsch, ließ im Supermarkt nichts mitgehen, besuchte keine Kinderpornoseiten, begrapschte keine Kolleginnen und war auch sonst gänzlich unsubversiv, wie er überhaupt sein Leben lang ein Muster des Anstandes war. So verhielt sich die ganze Familie auch im Urlaub. Man gab keinen Anlass zur Klage und war zufrieden.

Gegen Ende der Ferien machten sich bei Rumpfhubers leichte Urlaubsermüdungserscheinungen bemerkbar. Man hatte die ewig gleichen Vergnügungen langsam satt und fühlte eine wachsende Vorfreude auf das traute Wiener Heim und die gesellschaftlichen und beruflichen Kontakte aufkeimen, die man nach der Rückkehr erholt und voller Tatendrang wieder aufzunehmen gedachte. Auch lockten Wiener Schnitzel mit Kartoffelsalat und Stelze mit Bier, wie man es halt gewohnt war. Alles ließ an jene wolkenlos glücklichen Familien denken, die man aus Werbefilmen der 1950er Jahre kennt und deren heiteres Familienoberhaupt Heinz Erhardt so glaubhaft verkörpert hatte.

Doch die heile Welt sollte nur bis zum Betreten der heimeligen Behausung bestehen bleiben. Diese lag im Grünen im ersten Stock, war gangseitig durch eine solide Sicherheitstür geschützt und verfügte über eine südseitig gelegene Terrasse, die einer kaum befahrenen Straße zugewandt war.

Als man die Wohnungstür aufgeschlossen und das Heim frohgemut betreten hatte, trauten Rumpfhubers ihren Augen nicht. Die Scherben der zerschmetterten Terrassentüre lagen im Wohnzimmer verstreut und große Blutflecken verunstalteten Teppich, Parkettboden und Auslegeware im Vorzimmer bis zum Bad. Der grässliche Anblick ließ befürchten, man würde dort eine von einem Psychopathen hingemetzelte, ja vielleicht sogar zerstückelte Leiche vorfinden, wie es zunehmend öfter geschieht. Als man die Badezimmertür schaudernd und mit gebührender Vorsicht geöffnet hatte – die Leiche konnte ja möglicherweise noch am Leben und aggressiv sein –, bewahrheitete sich diese Befürchtung glücklicherweise nicht, obwohl der ganze Hygieneraum blutverschmiert war.

Da Gotthold Rumpfhuber nebenberuflich in der Bezirksvertretung ein politisches Amt ausübte und deshalb einige Vertreter der Polizei persönlich kannte, eilte er zum Telefon, um den unerhörten Vorfall zu melden und Anzeige zu erstatten, damit die Verursacher des offensichtlich begangenen Verbrechens ausgeforscht und der Gerechtigkeit zugeführt würden.

Doch was musste Rumpfhuber erfahren?

In einer Wohnung im Parterre des Hauses war am Plafond ein Wasserfleck aufgetreten. Der angerückten Feuerwehr war es nicht gelungen, die gesicherte Rumpfhubersche Eingangstüre zu öffnen, um die urlaubsbedingt verwaiste Wohnung zu betreten und das geborstene Wasserrohr zu orten, weshalb ein Feuerwehrmann vermittels einer Magirusleiter die Terrasse im ersten Stock erklomm und die Terrassentüre besinnungslos mit ungeeignetem Gerät einschlug. Im Furor der Wohnungsbetretung schnitt er sich den Arm an den scharfen Glasscherben der Türe auf und versuchte die Blutung im Rumpfhuberschen Bad zu stillen, was aber nicht gelingen wollte, woraufhin er unter Hinterlassen von reichlich Blutspuren ins Spital eingeliefert wurde.

Nachdem das geklärt war und man fast schon aufatmete, befanden Rumpfhubers, dass das alles hinnehmbar gewesen wäre, hätte die Feuerwehr nach all den Zerstörungen und dem Blutbad nicht herausgefunden, dass sie in die falsche Wohnung eingedrungen war.

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