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Also, zapppen

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kann ja jeder. Das ist irgendwie keine Kunst. Man muß das schon ein bißchen vorbereiten. Wenn ich mich vor den Fernseher setze, weiß ich ganz genau, was in den Programmen kommt, mindestens fünf Programme weiß ich auswendig, und die Fernsehzeitung liegt genau vor mir auf dem Tisch. Die wichtigen Sachen sind rot angestrichen, da sehe ich mit einem Blick, worauf es ankommt.

Die Fernbedienung kann ich im Schlaf schalten. Das geht so schnell, da merkt man gar nicht, daß man den Kanal wechselt.

Am besten ist es, wenn irgendein James Bond kommt. John Wayne geht auch, oder meinetwegen auch Schwarzenegger. Aber James Bond ist besser. Das Problem ist doch das: Wenn also der Bond auftritt und die Gangster erschießt, da möchte man ja dabei sein und selber schießen. Aber dann weiß man doch irgendwie, daß das nicht echt ist: Also das Blut ist ja gar kein richtiges Blut, und die Gangster oder die einfachen Polzisten sind ja gar nicht richtig tot. Das ist doch alles nur gestellt, die Szene wird gedreht, und wenn sie dann tot sind und das ist im Kasten, dann sind sie wieder lebendig und stehen auf. Und dann komme ich.

Ich schalte dann um. Ich weiß nämlich genau, wo gerade Nachrichten sind, da schalte ich dann hin, und dann sind die Leute ja wirklich tot. Also manchmal erst beim zweiten oder dritten Versuch, wenn gerade keine Toten in den Nachrichten sind, aber irgendwo finde ich dann schon was. Und wenn also die richtigen Toten da waren, dann schalte ich wieder zurück, und dann sehe ich James Bond, wie er einen richtig totgeschossen hat. Oder meinetwegen John Wayne oder Arnold Schwarzenegger, aber dann stelle ich mir also vor, daß ich James Bond bin; nur, daß ich ein richtiger Held bin, weil ich ja richtig die anderen erschossen habe und nicht nur Schauspieler.

Nur wenn ich keine Nachrichten kriege, das ist schon blöd, dann sucht man hin und her, und wenn man wieder zurückschaltet, dann sind da nur diese blöden Filmszenen, aber da darf man sich nicht beirren lassen. Denn dann muß man sich das eben vorstellen, daß das Blut doch echt ist, und man geht da so über die echten Leichen und so, und das ist ja auch die Kunst dabei. Da muß man sich schon anstrengen, und das ist echt Arbeit dann, aber wenn es klappt, dann hat es sich auch gelohnt. Ja, weil sonst wär’ ich ja auch kein Künstler.

Nachrichten aus der säkularen Welt / Credimus

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