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Narcissos
zwischen den Spiegeln

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War lang’, so lang ein art’ger Sohn, bin artig abartig gewesen.

So lang’ im Schatten, so lang’ ungesehen, konnt’ tun und lassen was beliebte.

Wohlwollend nickt’ die Mutter, ob ich raubte oder schändet’.

Facht’ ich einen Krieg an, die Mutter hieß es recht, und warf ich eine Seuche unters Volk, sie streichelt’ stolz mir meine Hörner.

Ach, hätt’ ich ihr nur nichts verraten …

Den Wald durchquert’ er schnell, wohl weil er kein Ziel gehabt.

Am Waldrand dann sah er sich um und wünscht’ sich einen Tunnel, der eine Richtung ihm gewiesen hätte. So aber war die Richtung überall, und er versuchte, links, rechts oder dazwischen, ein Ziel sich zu ergrübeln.

Zwar lief ein Weg an ihm vorüber, Wege aber kannte er nicht, und hätt’ sie alle übersehen, wären auf ihnen nicht Menschen ihren Zielen entgegengestrebt.

Dieses Weges kam ein Mädchen, das sang ein leises Lied und vollführte kleine Sprünge, stets wenn eine Strophe endet’. Schwarze Haare umspielten das schöne Gesicht, deren Spitzen flüsterten ihr zu, was niemand außer ihr jemals erfahren würde.

Wer schaute, dem offenbarte ihr Kleid – ein weites war es, mit eingewobenen Spiegelscherben – ein knappes Drittel ihrer Brust, die im Takt des Liedes bebte und makellos wie ihre Stimme war.

Singend kam sie näher und trug am Arm einen Korb voller Geheimnisse, die mühsam sie gesammelt hatte im Laufe ihres jungen Lebens.

Und bald bei dem Höllischen angelangt, sprach sie ihn arglos an. Was er dort täte, wohin er sähe und weshalb.

Womöglich auch das bloß eine Strophe ihres Liedes.

Ihr Blick jedoch, der spann sich still um seine Knochen, und weil ihr Kleid es doch erlaubte, erblickte er das bleiche Drittel ihrer Brust.

Einen Moment lang sann er nach, ob es im Sinne seiner Mutter sei, auf den Boden sie zu werfen, die junge Brust mit seinen Zähnen zu zerreißen und unheilige Worte in ihr Fleisch zu brennen.

Dann aber entsann er sich, dass er doch ein Verstoßener war und solcherlei darob kaum nottat.

Seine Nacktheit schert’ sie wenig, glaubt’ sie doch an einen Gott, der seine Menschen nackt erschuf, und so ließen beide sich nieder im satten Gras, das gnädig grün den schimmernden Pferdshuf bedeckte.

Viel Antwort gab er ihr auf wenig Fragen und schaute in den Falten ihres Rockes, wo die Spiegelsplitter glänzten, derweil sein eigenes Gesicht.

Zwischen sich und den Fremden stellte sie den Korb. Ohne zu fragen, fraß er ihn leer und blickte dann, satt von ihrer Rätselhaftigkeit, in ihre Augen; Wendeltreppen aus braunem Gestein, und stieg tiefer und tiefer hinab.

In sie.

Tiefer noch stieg er, von einem Braun ins nächste und tiefer noch ins Schwarz.

Da war seine Pranke zwischen den Spiegeln, da sang sie ihr Lied an seiner Zunge, und um sie waberte die Luft und verbrannte das Gras. Ihr Kleid riss er fort und sah nun ganz die Brust, die nur für ihn erzitterte. Mit aller Kraft fasste er zu. Die dunklen Spitzen bekamen keine Luft und bäumten sich auf. Doch wenn sie meinten zu ersticken, dann täuschten sie sich sehr. Ersaufen sollten sie in seinem Schlund, den Foltern seiner Zunge erliegen oder zermalmt von seinen Kiefern enden!

Allein, sie hatte zähe Brüste, und Stunden musste er sie quälen, bis sie sich schweißesnass ergaben.

Sie schlugen einander lüsterne Wunden und gaben das Salz ihrer Zungen hinein.

Tiefer als sein Auge noch drang seiner Lenden flammendes Rot, und willig ließ sie ihn erwachen, schloss sich gierig um sein Fleisch, das dumpf zwischen ihren Schenkeln pochte.

Und während ihr Fleisch im Angesicht des Teufels glänzte, schmolz ihr Körper an den seinen.

Kürzer waren ihre Krallen und doch wusst’ sie an ihm sie zu wetzen.

Sieben Mal und lang bis hinter Mitternacht fanden die zwei zueinander.

Am Ende schrie der Teufel auf. Sein Schrei entzündete den Wald und aus dem brennenden Dickicht flohen die Tiere.

Aus ihrem Schoß troff heißer Samen auf die Spiegel und brannte dunkle Löcher in ihr Kleid.

Und selbst wenn es die rechte Zeit kaum war, schwoll unter des Teufels linkem Schulterblatt etwas heran. Und dieses Etwas schwoll noch weiter, selbst als er längst in ihren Armen und des Waldbrandes unruhigem Schatten einschlief.

Barsch drang die Sonne dem Teufel unters Lid.

Kalt war der Leib in seinen Armen, und über den leblosen Körper gebeugt sah er die gebrochenen Augen. Niemand würde diese Treppe nach nirgends mehr hinuntersteigen.

Viele Augen hatte er gebrochen, doch meist mit Willen und Wunsch dahinter. Hier aber war sein Wille nicht der Toten Vater, und das gefiel dem Teufel wenig.

Er lehnte ihren fahlen Leib, der bleicher noch war als zuvor, an die verbrannten Reste eines Stammes und umwand die kalten Hüften mit dem zerrissenen Kleid, das einst ein Drittel ihrer Brust gezeigt.


Intermezzo

Er war in ihre Richtung gegangen.

Hinter dem linken Schulterblatt war Schweigen, auch schwiegen Hirn und Magen, doch es juckten ihm die Hörner.

Da riss er, um der alten Zeiten willen, ein halbes Dutzend Schafe, und dem Hund, der sie bewachte – ein großer, fürchterlicher war’s –, krempelte er das Innerste nach außen.

Der Stolz gewesener Tage aber stieg ihm nicht mal bis zum Huf. Es fehlt’ die Mutter, die ihn lobte.

Die übrigen Tiere ließ er leben, und als sie den Kreis um ihre toten Kameraden schlossen, war der Verstoßene längst weitergezogen.

Höllenherz

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