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CHRISTIAN WEHRSCHÜTZ: Herr Präsident, Ende 1991 ist die Ukraine nach 300 Jahren wieder zu einem unabhängigen Staat geworden. Die Bevölkerungszahl betrug damals 52 Millionen Einwohner, und jetzt sind es circa 45 Millionen. 23 Jahre nach der Unabhängigkeit hat die Ukraine große staatliche, soziale Probleme – und jetzt erlebt die Bevölkerung die größte Krise seit der Unabhängigkeit. Warum ist das so? Warum ist es der Ukraine in diesen Jahren nicht gelungen, ein stabiler Staat zu werden?

LEONID KRAWTSCHUK: Da diese Frage sehr umfassend und, ich würde sagen, sogar global ist, kann man keine eindeutige Antwort auf sie geben. Es gibt viele Gründe – interne und externe.

Ein interner Grund ist, dass nach siebzig Jahren der Herrschaft durch die kommunistische Ideologie und die Kommunistische Partei in der Ukraine eine Kategorie von Menschen entstanden ist, die sich gegenüber der Gesellschaft, gegenüber dem Volk, gegenüber dem Land und gegenüber der Geschichte nicht verantwortlich fühlten und es nach wie vor nicht tun – solche Menschen gibt es bis heute. Sie sind sich keiner Verantwortung bewusst. Die politische Elite, die diesen ganzen Prozess der Entwicklung eines neuen Staates, eines neuen Lebens, einer neuen Philosophie, der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie und der Freiheit hätte anführen sollen – sie war nicht bloß nicht dazu bereit, sondern lehnte das auch noch ab, weil sie immer noch die kommunistischen Ideen in sich trägt. Wir haben jetzt zwei Parteien: die Partei der Regionen und die Kommunisten. Eigentlich haben sie mit den Idealen, die die unabhängige Ukraine noch in den 1990er-Jahren ins Leben gerufen hatte, nichts gemein. Das heißt, dass die internen Probleme dermaßen kompliziert sind … Es gibt auch interne Wirtschaftsprobleme: Die Ukraine war eine Region, die auf Schwermaschinenbau spezialisiert war. 33 % aller Waffen der Sowjetunion wurden hier, in der Ukraine, hergestellt. 33 % – das ist ein Drittel. Das waren Hunderte von Betrieben, Tausende von Werkhallen, Millionen von Arbeitern. Sie innerhalb von kürzester Zeit in eine andere Branche umzustrukturieren, war sehr schwierig. Ein dritter Grund, der wirtschaftlich eine Rolle spielt: Die Ukraine hatte keine Energieträger und hat sie bis heute nicht. Das hat zur Folge, dass man viel Geld an den Hauptlieferanten von Energieträgern zahlen muss – an Russland. Dies sind interne Gründe.

Es gibt auch externe Gründe, etwa den ständigen Druck auf die Ukraine durch Russland mit unterschiedlichen Methoden – wirtschaftlichen, politischen und jetzt auch noch militärischen. Heute können wir nämlich offen sagen, dass Russland nicht nur Agenten und Terroristen in die Ukraine schickt, sondern es beliefert diese auch mit Waffen und kooperiert mit ihnen. Im Grunde haben wir im Osten einen Krieg nach der Annexion der Krim, die absolut rechtswidrig war und von der Welt nicht anerkannt worden ist. Und es ist nicht nur Russland. Europa hat die Ukraine immer nur durch das Prisma der russischen Interessen betrachtet – und tut das bis heute. Ich habe mich natürlich mit vielen führenden westeuropäischen Politikern getroffen. Jedes Mal haben sie das Gespräch mit mir wie folgt beendet: „Sie müssen irgendwie auf Russland Rücksicht nehmen, um einen Konflikt zu vermeiden und um normale Beziehungen aufrechtzuerhalten usw.“ Zurzeit kann sich Europa nicht einmal auf Sanktionen einigen. Europa kann es nicht, weil jedes Land seine eigenen Interessen, seine eigene Sichtweise auf die Situation sowie seine eigenen Beziehungen mit Russland hat. Und viertens: Der Westen verzeiht Russland all das, was er der Ukraine nicht hätte verzeihen können. Zum Beispiel haben wir das Budapester Memorandum über den Verzicht auf die Atomwaffen unterzeichnet. Wir haben es unterzeichnet, auf die Waffen verzichtet. Jetzt sagen alle – sowohl diejenigen, die die westliche demokratische Welt repräsentieren, als auch Russland –, dass dieses Dokument nicht gültig ist. Nun stellt sich die Frage: Wozu sollte man etwas unterzeichnen, was nicht gültig ist? Und werden die nächsten Dokumente, die wir unterzeichnen, gültig sein? Wenn das eine Dokument nicht gültig ist, dann werden auch die anderen Dokumente nicht gültig sein. Wir zerstören nämlich das internationale Recht durch Russlands Handeln. Meiner Meinung nach erlaubt die Welt Russland das, was man nicht erlauben darf, weil die russische Aggression gegenüber der Ukraine nicht mit dieser Aggression enden wird. Russland hat größeren Appetit.

Was glauben Sie, kann man die Krise in der Ostukraine mit kriegerischen Mitteln bewältigen? Denn ich war gerade in Donezk und habe gesehen, welchen Schaden die Infrastruktur genommen hat: Brücken und Straßen sind zerstört, Wasser- und Gasversorgung sind eingestellt. Die Ukraine wird es viel Geld kosten, die ganze Infrastruktur nach dem Krieg zu erneuern und wiederaufzubauen. Welche Meinung haben Sie zu der Bewältigung der Krise mit Waffen?

Ich persönlich war schon immer (seit meiner Präsidentschaft) und bin auch jetzt dafür, dass alle noch so komplizierten Probleme (interne, externe, internationale Konflikte) auf friedlichem Wege durch Verhandlungen gelöst werden. Dialog und Verhandlungen.

Jedoch müssen wir die Situation, die wir heute im Osten des Landes haben, genauer betrachten. Wir können mit den inländischen Freischärlern, die es auch gibt, nicht verhandeln, weil sie von Russland unterstützt werden. Russland schickt Terroristen, Kämpfer, Waffen, und sie erfüllen in diesem Fall den Willen Russlands und nicht den eigenen Willen. Sie sind nicht Herr über ihre Handlungen. Ihr Herr ist im Kreml, er heißt Putin. Ohne die Beteiligung und den Wunsch von Putin wird die Ukraine heute kein Problem lösen können. So viel ist jetzt klar. Deshalb plädieren wir dafür, die Verhandlungen auf diplomatischem Wege zu führen, aber wir sehen, dass die Möglichkeiten für Verhandlungen bezogen auf den heutigen Tag erschöpft sind. Man muss Druck auf Russland ausüben. Alleine wird die Ukraine Russland nicht stoppen können. Wir haben ungleiche Maßstäbe und ungleiche Kräfte. Wir betrachten den Sachverhalt mit realistischem Auge. Wenn die ganze Welt sich vereinigen würde, wenigstens Europa und die Vereinigten Staaten … Übrigens, die Vereinigten Staaten führen in diesem Fall eine sehr konsequente Politik, und Europa wechselt seinen Kurs ständig: Mal wird es Sanktionen geben, mal nicht, mal will man die Ukraine unterstützen, mal versucht man, den russischen Interessen gerecht zu werden … Nehmen wir zum Beispiel das Gespräch der Bundeskanzlerin mit Putin in Rio de Janeiro. Wir sehen doch, dass hier bereits direkt der Gedanke vertreten wird, die Ukraine (nicht die Ukraine, sondern die ukrainische Regierung) an den Verhandlungstisch mit den Terroristen zu bringen. Sobald wir uns mit den Terroristen an den Verhandlungstisch setzen, werden wir sie faktisch anerkennen. Die ukrainische Regierung würde die Volksrepublik Donezk und die Volksrepublik Lugansk anerkennen. Danach wird die Welt sagen: Aber sie führen doch Verhandlungen mit denen, also ist es eine echte Regierung. Das heißt, dass wir solche Zugeständnisse nicht machen dürfen. So etwas kann man auf der Ebene einer gemeinnützigen Organisation bzw. eines runden Tisches machen – aber nicht die internationalen Verhandlungen unter Beteiligung von OSZE und Russland führen. Das würde bedeuten, dass man den faktischen Sachverhalt anerkennt. Europa kann nicht geschlossen auftreten. Europa kann nicht gemeinsam mit den Vereinigten Staaten auftreten – und Putin versteht das und handelt entsprechend der Situation.

Es gab ein sehr wichtiges Ereignis in der ukrainischen Geschichte: die Orangene Revolution. Während und nach dieser Revolution gab es viele Erwartungen, dass sich die Situation schnell bessern würde. Und zehn Jahre danach müssen wir feststellen, dass diese nicht erfolgreich war. Warum? Und warum kam es dazu, dass die Ukraine schon wieder zehn Jahre verloren hat. Warum ist das so?

Die Väter und die Schöpfer der ersten (Orangenen) Revolution unter der Leitung des Präsidenten Juschtschenko haben auf dem Maidan sehr große und tiefgehende Vorschläge bezüglich der ukrainischen Reformen deklariert: Regierungswechsel, Änderung des Regierungssystems und des Rechtssystems, Änderung der Verfassung etc., die den Grundsatzinteressen des ukrainischen Volkes entsprechen würden. Als der Maidan zu Ende war und sie reelle Macht in den Händen hatten, distanzierten sie sich von ihren Deklarationen. Also entweder haben sie gesehen, dass sie die Situation nicht verändern können, oder es wurde einfacher für sie, das zu machen, was sie vorher gemacht hatten. Deshalb waren die Menschen, die auf dem Maidan standen, sehr schnell enttäuscht und fingen an, den Maidan und die Väter des Maidans nicht mehr zu akzeptieren bzw. nicht mehr zu unterstützen – auch den Präsidenten Juschtschenko. Wie Sie wissen, wurde er für die zweite Legislaturperiode nicht mehr gewählt, dabei hat er eine sehr geringe Unterstützung bei der Bevölkerung erfahren. Das heißt, nachdem der Maidan die neuen Politikgrundsätze akzeptiert hatte (interne, externe), hätte man dies alles in Gesetze umwandeln sollen. Man hätte die Gesetze ändern, einen Teil der unprofessionellen Regierung austauschen (Menschen, die korrupt waren und es nach wie vor sind, Menschen, die keine Vorstellung von einem neuen Leben hatten – sie hätten ausgetauscht werden müssen und auf ihre Plätze hätten neue Leute kommen sollen) und die neuen Gesetze umsetzen sollen. Dann hätte man von den Ergebnissen des Maidans reden können. Dies ist nicht passiert. Also war in diesem Fall nicht der Maidan schuld, sondern es waren die Führer des Maidans, die später das Land regiert hatten.

Sehen Sie diese Gefahr auch jetzt? Wird also nach dem zweiten Maidan die Revolution wieder nicht erfolgreich bleiben?

Ich sehe die Gefahr, denn um diese Gefahr zu beseitigen, müssten wir über 400 000 Beamte und Verwalter ersetzen. Über 400 000! Das sind Menschen, die in anderen Kategorien denken. Das sind Menschen, die keine proukrainische, sondern eine prorussische und eine prokommunistische Ideologie besitzen. Das sind Menschen, die ihre Aufgabe nicht darin sehen, sich um das ukrainische Volk zu kümmern, sondern um den eigenen Geldbeutel. Das sind meistens korrupte Menschen (sowohl in großem als auch in kleinem Stil). Sie müssen ersetzt werden. Wir müssen eine neue Verfassung beschließen und aufhören zu sagen, dass diese Verfassung für „jemanden“ gemacht wurde. Sie muss die Verfassung des ukrainischen Volkes sein und die wichtigste Aufgabe erfüllen: Die Regierung und das Volk sollen zu Partnern werden und nicht die Antagonisten bleiben, wie es jetzt der Fall ist. Deshalb haben sowohl Poroschenko als auch die Regierung viele Probleme. Diese Probleme wurden nicht durch sie verursacht, sondern haben sich in vorherigen Jahrzehnten entwickelt. Und sie müssen schnell handeln. Aber wissen Sie, wenn so viel Arbeit ansteht und Krieg herrscht, ist es nicht einfach, etwas zu machen (Reformen, ernsthafte Veränderungen). Solange der Krieg nicht beendet ist, solange wir uns nicht auf den friedlichen Weg begeben und nicht anfangen, unter friedlichen Bedingungen zu arbeiten, wird es schwierig sein, etwas zu verändern. Deshalb existieren diese Bedrohungen, man muss sie kennen und darf nicht zulassen, dass sie sich entwickeln. Man muss die Veränderungen langsam angehen: die Regierung ändern, sich selbst ändern, die Gesetze ändern, die Verfassung ändern. Da wir das Assoziierungsabkommen mit Europa unterzeichnet haben, müssen wir auch alles nach Anforderungen der europäischen Standards ändern. Alles! Und dies ist ein sehr schwieriger, komplizierter und tiefgehender Prozess. Deshalb habe ich jetzt Verständnis dafür, und ich kann nicht sagen, dass die Regierung entweder „schlecht“ arbeitet oder irgendetwas sonst. Sie arbeitet unter den Bedingungen eines Ausnahmezustandes.

Wir haben über den Maidan gesprochen. Welche Bedeutung haben die Ereignisse, die auf dem Maidan stattfanden, bei der weiteren Entwicklung der Ukraine im geistigen und politischen Sinne? Denn jetzt gibt es einen zweiten Maidan, die „Himmelshundertschaft“ usw. Ist das wie ein neuer Anfang und eine Methode der Neubegründung der Ukraine?

Schauen Sie, dies sind die Überbleibsel vom Maidan. Ich bin nicht der Meinung, dass wir hier den Maidan haben, den wir im Februar, Januar oder Dezember hatten. Hier standen Menschen, sie schossen, sie verteidigten die Ukraine, sie haben die Regierung gestürzt. Dieser Maidan war eine Revolution, das war die Revolution der Ehrlichkeit und der Würde. Jetzt sind Menschen übrig geblieben, die mit dem Maidan nichts zu tun haben. Sie nutzen den Maidan häufig nicht für die Interessen des Maidans, sondern für ihre persönlichen Interessen. Wir sehen auf diesem Maidan viele Menschen, die eine interessante Vergangenheit haben, wir sehen Menschen hier, die nicht mit dem Ziel gekommen sind, der Ukraine zu helfen. Deshalb muss der eigentliche Maidan heute im Osten stattfinden. Und dieser Maidan hier hat keine … Sie wollen die Ukraine nicht verteidigen gehen. Sie wollen andere Aufgaben erfüllen. Welche Aufgaben genau, das weiß ich selbst nicht, aber man muss das prüfen und schauen, wer jetzt dort diesen Maidan lenkt.

Die Ukraine ist aus österreichischer Perspektive ein Land, in dem es viele Oligarchen gibt. Welche Rolle haben sie gespielt, wie haben sie die Entwicklung der Ukraine beeinflusst? Denn im Donbass gab es etwa Achmetow, in Dnipropetrowsk gab es Kolomojskij usw. Welche Rolle spielen sie oder inwiefern schaden sie der Entwicklung der Ukraine?

Gegenüber den Oligarchen müssen wir uns je nach konkreter Situation verhalten. Man darf nicht im Allgemeinen sagen: „Es darf keine Oligarchen geben.“ So etwas gibt es nicht. Wir nennen sie „Oligarchen“ – das sind Menschen, die über Möglichkeiten verfügen (sowohl über Eigentum als auch über Geld), und sie wurden unter sehr spezifischen Bedingungen geschaffen. Viele von ihnen wurden zu Oligarchen, weil sie der Regierung gedient haben. Die Regierung hat Oligarchen aus ihnen gemacht. Nicht sie selbst, sondern die Regierung hat ihnen geholfen, einiges Eigentum zu erwerben und günstige Geschäftsbedingungen zu schaffen. Und jetzt muss man sie vor die Aufgabe stellen: Wenn sie bereit sind, die angehäuften Gelder und das Eigentum zum Wiederaufbau der Ukraine (insbesondere des Donbass) zu verwenden, dann sollen sie das doch machen. Wir dürfen es uns heute nicht zur Aufgabe machen, die Oligarchen zu liquidieren. Erstens ist es unrealistisch und zweitens undemokratisch. Deshalb sage ich immer: Die Oligarchen muss man beim Wiederaufbau der Ukraine mit einbeziehen. Wenn sie sich aktiv beteiligen, wenn sie aufrichtig und offen der Ukraine helfen werden – dann werden sie zu Menschen, die dem Staat in einer schwierigen, historischen Zeit zu Hilfe geeilt sind.

Die Ukraine hat das Assoziierungsabkommen mit der EU unterzeichnet. Nicht nur die Bevölkerung, sondern auch viele Unternehmer (nicht nur in der Ost-, sondern auch in der Westukraine) haben Angst, dass sie gegenüber dem europäischen Markt nicht wettbewerbsfähig sind. Was muss die Regierung tun, um innerhalb von zehn Jahren die Wettbewerbsfähigkeit der Ukraine zu steigern? Denn heute ist es sehr schwierig, mit dem europäischen Markt zu konkurrieren.

Kein Land, das der EU beigetreten ist, war für den echten Wettbewerb in der Europäischen Union bereit. Dort herrschen andere Bedingungen. Ich weiß beispielsweise, dass, als die Polen der Europäischen Union beitraten und sich integrierten, ihre Produktion um 15 % fiel. Aber sie haben nicht geheult, sie haben sich zusammengeschlossen und fingen an zu arbeiten. Und Europa fing an, ihnen ernsthaft zu helfen. Und sie besitzen jetzt andere Möglichkeiten.

Ich war vor Kurzem in Warschau, vor vier Tagen, und ich habe dort in der Universität mit den Menschen gesprochen, bin durch Warschau spaziert. Ich habe gesehen, dass Warschau und die Menschen dort sich verändert haben. Das heißt, wenn eine Nation sich zusammenschließen kann, unter schwierigen Bedingungen bestehen kann, und, um offen zu sprechen, bereit ist, etwas zu opfern, dann hat eine solche Nation eine Perspektive. Wenn Sie heute mit den Leitern unserer Betriebe sprechen, dann werden sie Ihnen alle sagen, dass sie mit der Europäischen Union nicht mithalten können. Aber warum haben sie zwanzig Jahre nichts dafür getan, um wettbewerbsfähig zu werden? Sie hatten sich mit der Korruption beschäftigt, kümmerten sich um ihre eigenen Interessen, schauten nur Richtung Russland. Das heißt, wir haben die Wahl: Entweder schließen wir uns zusammen, definieren klar unsere Ziele und werden alle gemeinsam in diese Richtung gehen, oder wir werden uns wieder aufteilen: die einen werden sagen „Wir können“ und die anderen „Wir können nicht“. Und dann wird die Ukraine die Aufgaben, die vor ihr liegen, nicht erfolgreich lösen können.

Die Europäische Union führt Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, trotz der Tatsache, dass diese Verhandlungen ziemlich langsam verlaufen. Aber die EU war nicht bereit, der Ukraine die gleichen Beitrittsperspektiven anzubieten. Welchen Einfluss hat eine solche Politik der Europäischen Union? Und glauben Sie, dass es der Fehler seitens der Europäischen Union war, dass sie nie bereit war, der Ukraine eine Beitrittsperspektive zu geben?

Also ich finde nicht, dass dies der Fehler von Europa ist, denn die Ukraine hat sich damals selbst noch nicht endgültig entschieden. Wenn die Ukraine, sagen wir, vor fünf oder zehn Jahren eine endgültige Entscheidung getroffen hätte, ihren politischen, außenpolitischen Kurs, ihren außenwirtschaftlichen Kurs definiert und gesagt hätte, dass sie das nicht nur in den Dokumenten festhalte, sondern praktisch handle, dann würde die Europäische Union sehen, dass die Ukraine nur einen Weg hat und diesen Weg auch geht. Aber wenn die Ukraine mal von Europa, mal von Russland und mal von sonst noch was redet … Es hat keine systematische, konsequente Arbeit zur Umsetzung eines europäischen Kurses gegeben. Und hier trägt die Ukraine die Schuld. Jetzt hat sich die Ukraine endlich endgültig entschieden, welchen politischen Kurs sie wählt – die europäische Integration. Jetzt muss man die Menschen um diesen Kurs vereinigen, und danach wird Europa beginnen, uns ernsthaft zu helfen. Und dann wird es realistisch, dass die Ukraine endlich auf die europäische Zivilisation zugehen wird, und nicht auf die asiatische, wie es früher der Fall war.

Welche Rolle kann die Ukraine in Europa spielen? Welchen Platz kann die Ukraine finden? Denn bis dato war sie noch nie ein Subjekt der Geschichte, sondern immer nur ein Objekt.

Erstens ist die Ukraine ein großer europäischer Staat, 45 Millionen. Das ist ein großer Markt für Europa und für die ganze Welt. Die Ukraine hat eine entwickelte Kultur, eine entwickelte Wissenschaft. Die ukrainischen wissenschaftlichen Errungenschaften und die ukrainischen technischen Errungenschaften sind außergewöhnlich bedeutend – und das weiß die ganze Welt und ganz Europa. Deshalb können die Welt und Europa, wenn die Ukraine ein Mitglied in der Europäischen Union wird, diese Faktoren, diese Hebel nutzen. Und die Ukraine wird sie auch nutzen können, aber bereits unter anderen Bedingungen. Als Nächstes: Die ukrainische Politik kann keine Politik in der Mitte sein, wie man früher sagte, „eine Brücke“ zwischen dem Westen und dem Osten, zwischen dem Westen und Russland. Ich bin gegen diese Bezeichnung („die Brücke“), denn die Ukraine muss ein vollwertiger Staat sein, muss ein Mitglied in der Europäischen Union sein und die entsprechenden strategischen Ziele sowohl im Osten als auch im Westen erfüllen. Wir wollen keinen Konflikt mit Russland. Wir wollen normale partnerschaftliche Beziehungen mit Russland haben (wirtschaftlich, politisch). Die Ukraine hat den heutigen aggressiven Konflikt nicht angefangen, das war Russland. Aber wir wollen, dass sich alles regelt. Und als Letztes: Wenn die Ukraine den Aggressor nicht stoppen kann, dann wird sich die Welt vor einer Tragödie wiederfinden. Deshalb habe ich den Wunsch an Europa und die Welt, alles dafür zu tun, damit die Ukraine heute ihre territoriale Integrität, ihre Ziele eines demokratischen Staates verteidigen und ein vollberechtigtes Mitglied in der Europäischen Union werden kann.

Die Ukraine und Russland werden immer Nachbarn bleiben, denn so ist nun mal die Geographie.

Natürlich, deshalb müssen sie, wie es sich für die Nachbarn gehört, im Frieden leben.

Auf welchem Wege kann man die Beziehungen zwischen der Ukraine und Russland nach der Geschichte mit der Krim und nach dem Konflikt mit der Ostukraine normalisieren?

Jetzt hängt alles von Russland ab. Von der Ukraine hängt nichts ab. Russland soll die Aggression gegen die Ukraine beenden und aufhören, brutal und mit Gewalt Einfluss auf die ukrainische Politik zu nehmen. Es schreibt uns nicht vor, was wir zu tun haben, diktiert uns nicht die Bedingungen, wo wir Mitglied werden sollen, sei es die NATO oder die Europäische Union. Wir bestimmen selbst unsere Politik, wir werden uns aufmerksam und respektvoll gegenüber Russland verhalten. Und die heutige Situation wird vorübergehen.

Die Krim: Die Annektierung der Krim wird ein Ende haben, ich glaube daran. Die Ostukraine wird sich auf den Weg des Friedens begeben. Und wir und Russland werden Versuche unternehmen, uns nach und nach zu versöhnen, denn Putin hat das Schlimmste gemacht: Er hat zwei slawische Völker verfeindet. 40 Millionen Slawen im westlichen Teil der Welt sind zu erbitterten Feinden Russlands geworden. Ich bekomme Dutzende von Briefen, Dutzende: Meine Bekannten, meine Angehörigen, sie zittern vor Hass, (ich nenne es noch einmal) vor erbittertem Hass gegenüber Russland. Das hat Putin angerichtet. Er bezeichnete das Ende des 20. Jahrhunderts als Tragödie der UdSSR, weil das Białowieża-Abkommen43 unterzeichnet wurde. Und ich sage, dass der Anfang des 21. Jahrhunderts eine Tragödie sein wird, die von Putin verursacht worden ist: Denn er hat 40 Millionen Slawen zu Feinden Russlands gemacht, und die Russen zu Feinden von diesen 40 Millionen. Das ist eine Tragödie.

Ich war auf der Krim, mehrmals in Donezk, Lugansk, jetzt war ich wieder in Mariupol. Vor etwa 22 Jahren hat die Ukrainisierung die Russifizierung ersetzt. Außerdem gibt es in der Westukraine andere Denkmäler, und als der Prozess des Aufstellens von Denkmälern in Donezk losging, dann sagte man, dass dies „Verräter“, „Faschisten“ und „Banderas“44 seien. Sie kennen diese Terminologie. Mein Eindruck war, dass es in der Ukraine an einer gemeinsamen Idee fehlt, vom Westen bis zum Osten. Oder?

Es gibt keine einheitliche Sichtweise auf die Geschichte, auf das historische Gedächtnis, auf die Ideologie in der Ukraine. Die Bevölkerung der Ostukraine setzt sich in der Regel aus Menschen zusammen, die sich am Osten und am Norden orientieren. Der westliche Teil orientiert sich am Westen. Ja, wir haben Probleme, sowohl im Osten als auch im Westen. Aber ich frage mich: Heißt das, dass, wenn wir Probleme im Osten haben, Russland dann Krieg gegen uns führen muss? Wenn wir Probleme im Westen haben und wir Denkmäler setzten, die man im Westen nicht mag, heißt es, dass der Westen einen Krieg gegen uns führen soll? Ich sage nur eins: Mischen Sie sich nicht in unsere Angelegenheiten ein. Wir mischen uns doch nicht in die Angelegenheiten von Deutschland, Österreich oder eines anderen Landes, falls sie irgendwelche Denkmäler setzen. Wir mischen uns nicht ein. Wir sagen: „Das ist Ihre nationale Angelegenheit.“ Und wir werden mit unseren Angelegenheiten alleine klarkommen. Wir brauchen Zeit, wir müssen uns klar werden, was wir wollen. Kaum ist in der Ukraine etwas passiert, geht sofort der Aufschrei los, dass die Ukraine etwas macht. Stört die Ukraine jemanden dadurch? Erhebt sie etwa Ansprüche auf fremde Gebiete? Erhebt sie Ansprüche auf fremde Geschichte? Nein, sie versucht, ihre eigenen Probleme unter sehr schwierigen Bedingungen zu lösen. Deshalb sage ich, dass wir, wenn sowohl die eine als auch die andere Seite sich in unsere internen Angelegenheiten nicht einmischen würde, diese Probleme schon längst gelöst hätten.

Sie müssen trotzdem die Idee eines Staates innerhalb des Staates aufrechterhalten, der Staat muss eine gemeinsame Idee sein. Wie kann man eine solche Idee in der Ukraine erschaffen?

Absolut. Hier gibt es ein Problem. Unsere Regierung hat das nie unterstützt: der Bau des Stalin-Denkmals, der Bau des Bandera-Denkmals – das wurde nie unterstützt. Das wurde alles vor Ort gemacht. Wir fangen an, Einfluss zu nehmen, damit dies nach und nach auf einem allgemeinen zivilisatorischen und kulturellen Niveau stattfindet. Alles: sowohl das Geistige als auch das Ökonomische. Es ist nicht einfach, nach Jahrzehnten der sowjetischen Parteimacht die Situation so schnell zu verändern. Man muss die Geschehnisse einfach verstehen können. Aber wir lehnen das nicht ab, wir sagen nicht, dass es so sein soll. Aber wir bitten um die Möglichkeit, dieses Problem selbst lösen zu können. Man darf nicht gleich einen Krieg gegen uns führen. Wir wenden uns an Russland: Wir wollen die Frage mit der Übergabe von Zuständigkeiten in den Regionen lösen. Der Präsident Poroschenko hat eine Verfassung bei der Werchowna Rada45 vorgelegt, laut der die Zuständigkeiten den örtlichen Regierungsorganen übertragen werden, die größten Zuständigkeiten, das, worum man gebeten hat. Wir unternehmen Schritte, um eine Lösung zu finden. Sieht man das denn nicht? Hört man das nicht? Will man das nicht sehen? Hier muss man der Ukraine in Ruhe, ohne den politischen Druck, ohne die Anwendung von Gewalt, die Möglichkeit geben, diese Probleme selbständig zu lösen, umso mehr, als sie die Gesetze angekündigt und verabschiedet hat – und sie weiter verabschiedet –, die eine Lösung dieser Probleme ermöglichen werden.

Nach dem Konflikt in der Ostukraine, was kann die Regierung oder der Präsident für die Versöhnung tun, wenn es um die Familien geht, die eine Tochter oder einen Sohn verloren oder andere Verluste erlitten haben? Wie kann man das machen?

Es gibt nur einen Weg: Man muss sich gemeinsam hinsetzen, klären, welche Aufgaben im Bereich der Gesetzgebung, der Kultur und des Sozialen (und in anderen Bereichen) die örtlichen Organe selbständig lösen können, und ihnen diese Zuständigkeiten verfassungsrechtlich übergeben. Die zentrale Regierung soll nicht das entscheiden, was die Regionen selbst lösen müssen. Sie sollen sich selbst darum kümmern. Das ist das Erste. Das Zweite: Man soll keine Leute aus dem Zentrum in die Regionen schicken. Die Regionen sollen das selbst entscheiden, sie wissen es besser und sollen selbst wählen. Die zentrale Regierung kann nur die Bedingungen dafür schaffen, dass sich alle Regionen erfolgreich und demokratisch entwickeln. Es gibt keinen anderen Weg.

Bedeutet das die Dezentralisierung des Landes?

Eine vollständige Dezentralisierung, das ist das Erste. Und die Kader … Ich wiederhole es noch einmal, die Leute müssen ehrlich und verantwortungsbewusst sein, und dafür müssen die Regionen diese Leute selbst wählen können. Warum soll der Präsident den Gouverneur von Donezk ernennen? Sie sollen ihn selbst wählen und selbst die Verantwortung tragen. Das ist der erste und der wichtigste Weg. Dann werden wir sagen können: „Habt ihr die Befugnisse erhalten? Ihr habt sie nicht bewältigen können? Dann ändert die Regierung selbst, aber gegenüber Kiew dürft ihr keine Ansprüche erheben, denn Kiew hat diese Regierung nicht ernannt.“

Wie wird der Status der russischen Sprache in der Ukraine sein?

Es wurde ein Gesetz über die Sprachen in der Ukraine verabschiedet, es heißt auch so. Dieses Gesetz sieht vor, dass die ukrainische Sprache die Amtssprache ist, und all die Regionen, wo Menschen unterschiedlicher Nationalitäten leben (Russen, Ungarn, Bulgaren, Polen etc.), dürfen die regionale Sprache benutzen, falls sie einen Bedarf sehen. Und der Staat soll ihnen dabei helfen.

Herr Präsident, während des Zerfalls der Sowjetunion, wann ist Ihnen zum ersten Mal eingefallen, dass man jetzt eine unabhängige Ukraine begründen kann? Wichtig ist, dass es einen Putsch in Moskau gab. Ich habe mit dem letzten amerikanischen Botschafter, Jack Matlock gesprochen, und er sagte, dass am Anfang des Zerfalls viele Menschen nicht geglaubt und sich darüber keinen Kopf gemacht hätten, dass man die Unabhängigkeit in der Ukraine erringen könnte. Wann haben Sie gedacht: „Jetzt ist es möglich!“?

Ich fing an, darüber nachzudenken, als ich sah, dass die zentrale Moskauer Regierung das Land nicht mehr regiert. Gorbatschow regierte nicht mehr. Er hatte keine Befugnisse mehr. Gorbatschow hatte die Macht verloren. Er hatte die Partei verloren, er hatte die Möglichkeiten verloren, sich auf jemanden stützen zu können. Und dann habe ich gesehen, dass man aus der Sowjetunion austreten muss, um die Ukraine zu retten. Wenn wir ein Teil der Sowjetunion bleiben, so dachte ich mir, dann wird der Konflikt, der dort unausweichlich stattfinden wird – denn er fing bereits an –, wie die Titanic enden, und die Ukraine wird ganz nah dran sein. Die Titanic ist gesunken, und die Ukraine wird mit ihr gemeinsam zugrunde gehen. In einem Bürgerkrieg usw. Und ich habe gesehen, dass solche Möglichkeiten in der Ukraine bestehen und dass die Sowjetunion faktisch aufgehört hat, wie ein großer, seriöser Staat zu existieren. Die Sowjetunion hatte nur militärische Macht. Aber wirtschaftliche, politische oder soziale Macht hatte sie nicht mehr. Das war die Zeit, als ich es verstanden habe, und als in der Ukraine die Unabhängigkeitsbewegung losging – es war die Volksbewegung damals in der Ukraine –, habe ich gesehen, dass man diesen Prozess anführen muss. Ich habe diese Mission übernommen und bin nach Białowieża gefahren, nachdem ich zum Präsidenten gewählt worden war, und habe das Abkommen über die Auflösung der Sowjetunion und das Entstehen des unabhängigen ukrainischen Staates unterzeichnet.

Sind Sie in der Westukraine geboren? Wie alt sind Sie jetzt?

Ich bin in Wolhynien46 geboren. Jetzt bin ich 80 Jahre alt. Ich habe in der Sowjetunion verschiedene Ämter ausgeübt. Aber ich bin in Polen geboren. Damals war die Westukraine ein Teil Polens. Wolhynien ist erst 1939 aus Polen ausgetreten, also habe ich gesehen, wie meine Eltern auf den polnischen Bauerhöfen gearbeitet haben.

Das heiß, Sie waren von Anfang an ein überzeugter Ukrainer?

Natürlich, natürlich … Ich war kein Stalinist, weil ich nicht unter Stalin gelebt hatte. Aber als man anfing, die Regierung aufzubauen, und mir, sagen wir es so, eine Führungsrolle in der Partei angeboten wurde, war ich damit einverstanden, weil das damals eigentlich keiner abgelehnt hat. Es gab keine Menschen, die die Macht abgelehnt hätten.

Wie wichtig war die ukrainische Herkunft in der Sowjetunion? Denn Breschnew47 ist in der Ukraine geboren. Das war die Donezker Mafia, wie man es genannt hatte, nicht wahr?

Ja.

Und Chruschtschow hatte auch viele Ämter.

Der Hauptsekretär des Zentralkomitees der Ukraine …

Weil sie, nur rein zufällig, für die Sowjetische Partei waren?

Na ja, es ist verständlich, dass in der Ukraine keine Leute an der Spitze des Landes standen, die nicht für die Sowjetunion waren. Sie hätten keine führenden Ämter innehaben können, wenn sie gegen das Sowjetsystem gewesen wären, das ist klar.

Welche Rolle hat der Holodomor48 für die Veränderung der demografischen Struktur der Ostukraine gespielt? Denn das war nicht nur der Kampf gegen die Großbauern, sondern das war der Kampf gegen das nationale Bewusstsein der Ukraine.

Der Holodomor in den ukrainischen Dörfern war Holodomor gegen alle. Man hat die Menschen nicht in Großbauern, in Reich und Arm, unterteilt, man hat alles von allen weggenommen. Und die Menschen sind zu Millionen umgekommen. Wir haben jetzt Listen von Menschen, die umgekommen sind, diese Listen zählen bereits vier Millionen Menschen, die in der Ukraine wegen des Holodomors umgekommen sind. Das sind nur die Menschen, die auf den Listen stehen. Aber wie viele wirklich umgekommen sind – das weiß niemand. So gesehen ist der Holodomor eine riesige Tragödie für die Ukraine gewesen. Und die Organisatoren des Holodomors waren Stalin und seine Handlanger. Das wissen alle. Und sie haben alles dafür getan, um die ukrainische Dorfbevölkerung auszurotten.

Weil die Dorfbevölkerung die Repräsentanten waren?

Sie waren die Repräsentanten der Kulturgrundsätze, der ethnischen Kraft der Sprache und der Kultur. Wenn wir heute die Schriftsteller der Gegenwart nehmen, die intellektuellen Wissenschaftler, dann sehen wir, dass sie alle vom Dorf stammen …

Glauben Sie, dass die Ukraine momentan eine Chance hat, NATO-Mitglied zu werden?

Nein, ich glaube nicht, dass sie diese Perspektive hat. Ich glaube, dass die Ukraine ihren eigenen Platz im allgemeinen europäischen Sicherheitssystem finden muss. Wie man das machen soll, bin ich noch nicht bereit zu sagen, aber wir müssen diesen Platz finden. Denn wenn Russland sich nicht beruhigt, dann werden wir immer einen Aggressor als Nachbarn haben, der ständig Ansprüche auf irgendwelche ukrainische Gebiete erhebt, oder auf die Geschichte, was weiß ich. Also brauchen wir einen Schirm über uns.

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