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0.2 Linien der Vermessung: die Dimensionen

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Die Sicht auf das Grobganze von Gesellschaft, Erziehung und Subsidiärer Erziehung ist gewissermaßen mit bloßem Auge möglich. Nähern wir uns den konkreten Arbeitsfeldern oder gar den noch konkreteren Einzelproblemen der Sozialpädagogik, so empfiehlt es sich, sie mit einem beruflichen bzw. professionellen Wahrnehmungsschema anzugehen. Die Vorgehensweise hat zwei Vorteile:

 Einerseits strukturieren wir die ansonsten scheinbar ungeordnete Vielfalt der Erscheinungen: Wir bekommen Übersicht und Einsicht.

 Andererseits erreichen wir ein höheres Maß an Verständigung: Wir werden füreinander kommunikabel.

Nachfolgend stellen wir ein solches Sichtungsschema für sozialpädagogische Fragestellungen vor. Wir verwenden es in Köln seit 1975 nach einer Konferenz in Bad Kreuznach, der unser Nestor, Heinrich Lenzen, vorstand und an der Ingrid Blanke, Hansjosef Buchkremer, Helmuth E. Lück und Dieter Wenzlawski beteiligt waren. Unser Sichtungsschema sollte dazu dienen, Fragestellungen und Lösungsansätze der Sozialpädagogik zu systematisieren. Inzwischen hat das Sichtungsschema eine gewisse Langlebigkeit erreicht. Diese verdankt es neben seiner Praktikabilität auch der freundlichen Aufnahme und kollegialen Mitbenutzung durch KollegInnen und Studierende.

Da es sich bei unserem sozialpädagogischen Wahrnehmungsschema um „Vermessungslinien“ handelt, sprechen wir von Dimensionen. Insgesamt sichten wir Problemstellungen unter vier Ausrichtungen. Diese sind:

1 die theoretische Dimension (Kap. 1),

2 die anthropologische, ethische und sozialkritische Dimension (Kap. 2),

3 die historische und vergleichende Dimension (Kap. 3),

4 die praktische Dimension (Kap. 4).

ad 1: Die theoretische Dimension geht mit den Problemen der Sozialpädagogik als Wissenschaft um. Ihre Fragenkomplexe sind:

 Systematik,

 Definitionen,

 Theorien,

 (Wissenschafts-)Methoden,

 Metatheorien.

ad 2: Die anthropologische, ethische und sozialkritische Dimension sucht in Abwägung von natur-, sozial- und geisteswissenschaftlichen Erkenntnissen Antworten auf die Frage nach der sozialen Konstitution des Menschen, nach seinen urwüchsigen und gesellschaftlich überformten Gruppierungen wie Familie, Peers, Teams, Vereinen, Parteien, Glaubensgemeinschaften, Gemeinden, Staaten, Gesellschaften, Menschheit. Ihr besonderes Interesse gilt dem erziehlichen Einfluss auf ein solches Zusammenleben von Menschen, in dem Benachteiligungen aktiv bekämpft und Privilegien öffentlich als ungerecht bloßgestellt werden.

ad 3: Die historische und vergleichende Dimension fragt nach dem geschichtlichen Vorlauf aktueller sozialpädagogischer Probleme. Sie vergleicht moderne und „postmoderne Risiken“ (vgl. BECK 1986) mit gestrigen und antiken. Aus dem Verständnis erfolgreicher und gescheiterter Lösungsversuche der Vergangenheit nimmt sie Rat und Hilfe an für neue Entwürfe. Ebenso sucht sie Rat und Hilfe bei zeitgleichen sozialen und sozialpädagogischen Konzepten benachbarter und fernerer Gesellschaften und Kulturen.

ad 4: Die praktische Dimension befasst sich mit den gesellschaftlichen Ausgangslagen, mit Gesetzen und Konventionen, mit Arbeitsfeldern und Institutionen und mit den Verfahren und Methoden der sozialpädagogischen Praxis innerhalb der Sozialen Arbeit sowie deren Adressaten.


Abbildung 1: Die vier Dimensionen der Sozialpädagogik

Grafik: H. Puchalla, Umsetzung T. Vornholt

Handbuch Sozialpädagogik

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