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Mit kleinen Kindern Gottesdienste feiern

Es ist ein paar Minuten vor Gottesdienstbeginn. Die Türen des Gemeindehauses stehen weit offen. Viele Familien kommen angelaufen. Familien mit Kinderwagen oder langsam unterwegs mit kleinen Kindern an der Hand. Mit dabei sind Tanten und Onkels, Omas und Opas. Auch Gemeindeglieder mischen sich darunter. Langsam füllt sich das Haus. Die Gäste treten ein und werden freundlich begrüßt. Das Gemeindehaus ist heute anders bestuhlt. Die Stühle stehen in einem Halbkreis in mehreren Reihen. In der Mitte ist ein Gang. Vor den Stühlen liegen viele Bodenkissen. Die Kinder gehen dort hin und setzen sich. Jetzt haben sie den Blick auf die Bühne frei, die direkt vor ihnen ist. Dort stehen heute viele Kisten kreuz und quer. Was das wohl bedeuten soll? Dann fängt der Gottesdienst an. Die Musik beginnt und es wird leise. Bei der Begrüßung schauen viele gespannte Kinderaugen nach vorne. Gemeinsam wird ein Lied mit Bewegungen gesungen: „Einfach Spitze, dass du da bist“. Dann wird gebetet.

Jetzt geht die Geschichte los. Heute taucht plötzlich die Handpuppe Paula auf, die einfach in den Kisten herumschnüffelt. Wenig später erscheint auch ihr Freund Olli, der den alten Globus von seiner Oma sucht. Doch Paula kann ihm nicht helfen, sie weiß gar nicht, was ein Globus überhaupt ist. Zum Glück kann Olli es ihr erklären, und Paula überlegt: Wie hat Gott das nur gemacht mit der Welt? Olli hat eine Idee und liest in seiner Kinderbibel nach. Nach jedem Schöpfungstag dürfen die Kinder Olli und Paula helfen, auf dem Boden ein Stückchen unserer Erde zu gestalten: Sie setzen Wolken an den Himmel, schütten Erde auf den Boden, legen Blumen, bauen Meere – es gibt viel zu tun. Mit vollem Eifer sind sie dabei. Nach jedem Schöpfungstag wird gemeinsam „Du hast uns deine Welt geschenkt“ gesungen. Bald können alle den Text auswendig – die Kleinen und die Großen – und singen begeistert mit. Und am Ende? Da liegt die ganze Welt in Kleinformat auf dem Boden. Und alle staunen darüber, wie schön Gott alles gemacht hat! Nach dem gemeinsamen Segenslied gehen Kinder und Erwachsene erfüllt nach Hause.

Ziel eines Erlebnisgottesdienstes

Ein Erlebnisgottesdienst ist ein Gottesdienst, der den Glauben und Gott spürbar und greifbar macht, der nicht nur Stillsitzen bedeutet, sondern Erlebnis. Ein Erlebnisgottesdienst, bei dem man nicht nur zuhört, sondern mitmacht, der durch seine klare und einfache Sprache die Liebe Gottes und seine Taten Kindern wie auch Erwachsenen nahebringt.

So werden die Kinder die gute Nachricht nicht nur hören, sondern auch erleben und spüren. Denn das ist das Ziel eines jeden Erlebnisgottesdienstes, dessen Merkmale ich im weiteren Verlauf des Buches noch genauer erklären werde.

Zielgruppe

Die Zielgruppe der Erlebnisgottesdienste sind Kinder im Krabbel- und Kindergartenalter, also im Alter von null bis fünf Jahren. Dies ist eine recht große Altersspanne, die sich aber folgendermaßen begründet: Die Kleinsten lernen die Welt vor allem durch ihre Sinnesorgane kennen: durch Sehen, Fühlen, Hören, Riechen und Schmecken (siehe Abschnitt „Mit den Augen der Kinder sehen“). Dies wird bei jedem Erlebnisgottesdienst umgesetzt. Sie erleben die Atmosphäre, sie erleben die Geschichte. Sicher nehmen sie nicht alles auf. Aber so lernen sie einen Raum kennen, in dem sie aktiv dabei sein können und in dem eine liebevolle Atmosphäre herrscht. Die größeren Kinder nehmen durch die Vielfältigkeit und Klarheit der Erlebnisgottesdienste die Botschaft leicht auf. Durch den Wechsel der Methoden fällt es sowohl den lebhaften als auch den ruhigeren Kindern leichter, zu folgen und zu verstehen. Es wird stets drauf geachtet, dass sich Zuhören und Bewegung, Kreativität und Spiel im Gleichgewicht befinden.

Auch den „großen Leuten“ tut es oft gut, diese einfache und klare Botschaft zu hören. Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, auch mal den klassischen Erwachsenengottesdienst durch einen Erlebnisgottesdienst zu ersetzen.

Warum schon mit den Kleinsten Gottesdienste feiern?

Aus biblischer Sicht

„Und sie brachten die Kinder zu ihm, damit er sie anrühre. Die Jünger aber fuhren sie an. Als es aber Jesus sah, wurde er unwillig und sprach zu ihnen: Lasst die Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht; denn solchen gehört das Reich Gottes. Wahrlich, ich sage euch: Wer das Reich Gottes nicht empfängt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen. Und er herzte sie und legte die Hände auf sie und segnete sie“ (Mk 10,13-16 Luther). Diese Bibelstelle begründet sehr gut, warum es so wichtig ist, Gottesdienste schon mit den Allerkleinsten zu feiern:

Die Jünger sind zu den Kindern unfreundlich und wehren sie ab. Wie oft erleben kleine Kinder diese Situation in Kirchen und Gemeinden? Sie müssen stillsitzen und leise sein. Sie verstehen nicht, was vorne gesagt wird. Die Kinder lernen: Kirche und Glaube sind langweilig und nur etwas für große Leute. So werden sie durch die Art des klassischen Gottesdienstes ausgeschlossen. Möchte man Kinder auch willkommen heißen, so muss man ihnen einen Raum geben, in dem sie sich entfalten können und wohl fühlen.

Jesus wird gegenüber den Jüngern unwillig und bittet die Kinder zu sich! Jesus gefällt das Verhalten der Jünger gar nicht: Er möchte die Kinder bei sich haben! Er möchte, dass auch schon Kinder etwas von ihm erfahren. Für ihn sind sie mündig! Indem er sie zu sich kommen lässt, sagt er: Glaube ist auch etwas für Kinder! Und das muss ihnen vermittelt werden, z. B. bei einem Erlebnisgottesdienst.

Jesus segnet sie und herzt sie. So sollen wir Kinder in unseren Kirchen und Gemeinden empfangen: Sie sind ein Segen und geliebt! Das muss ihnen vermittelt werden!

Aus religionspädagogischer Sicht

Die Religionspädagogik betrachtet die Dinge aus dem theologischen wie auch aus dem pädagogischen Blickwinkel. Sie hilft, den Glauben für Kinder in ihre Alltagswelt zu übertragen. Dadurch liefert sie uns weitere Gründe, warum Gottesdienste mit und für kleine Kinder wichtig sind.

Warum ist Glaube so wichtig für Kinder?

•Die ersten Lebensjahre prägen Kinder grundsätzlich. Während dieser Zeit entsteht das Urvertrauen, welches ihnen eine Sicherheit in ihrem Leben gibt. Lernen Kinder schon früh Gott als den liebenden Vater kennen, schafft dies eine wichtige Grundlage für ihr Leben: Sie wissen, dass sie gewollt und geliebt sind. Dieses Denken ist Grundlage für ein positives Selbstwertgefühl.

•Kinder benötigen schon früh Orientierung in elementaren Lebensfragen. So stellen sie sich die Frage nach sich selbst: Wer bin ich und wer darf ich sein? Durch den Glauben erfährt das Kind, dass es nicht nur Produkt seiner Eltern und seiner Umwelt ist. Vielmehr lernt es Gott als sein großes Gegenüber kennen, der es gewollt hat und liebt. Dadurch wird das Ich des Kindes gestärkt.

•Die Frage nach dem Sinn des Ganzen: Warum muss ich sterben? Diese Frage stellen sich Kinder ab ungefähr vier Jahren. Natürlich kann man sie rein naturwissenschaftlich beantworten, doch zeigt sich in dieser Frage der Kinder ihre Suche nach dem Sinn des Lebens. Der Glaube gibt ihnen hier Antwort und Hoffnung.

•Die Frage nach Gott: Wo finde ich Schutz und Geborgenheit? Kinder suchen von klein auf Schutz und Geborgenheit. Die biblischen Geschichten knüpfen daran an.

•Die Frage nach dem ethischen Handeln: Was ist richtig und was ist falsch? Nicht zuletzt gibt der Glaube Kindern starke Orientierung bezüglich ihrer Werte und ihres ethischen Handelns (vgl. Schweitzer, Friedrich: Das Recht des Kindes auf Religion, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2013, S. 57 ff.).

Warum sollen wir Gottesdienste mit kleinen Kindern feiern?

•Religiöse Erziehung wird immer mehr außerfamiliär geleistet: In vielen Familien geschieht heute keine oder nur sehr wenig religiöse Erziehung. Die christlichen Gemeinden müssen sich dieser Verantwortung stellen und Angebote für jedes Alter anbieten.

•Ein ganz praktischer Aspekt ist die nächste Generation: Jede Gemeinde braucht Nachwuchs. Darum ist es wichtig, auch schon Angebote für die Allerkleinsten zu haben. Auch kleine Kinder benötigen eine Willkommenskultur in der Gemeinde und dürfen spüren, dass sie zur Gemeinschaft dazugehören.

•Gottesdienst und Liturgie werden von den Kindern mehr verstanden als wir Erwachsenen oft glauben. Gott, den man den Kindern nicht sichtbar machen kann, wird durch den Besuch eines Gottesdienstes verständlicher gemacht.

Zum Weiterlesen empfehle ich folgendes Buch: Schweitzer, Friedrich: Das Recht des Kindes auf Religion, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2013.

Besondere Merkmale eines Erlebnisgottesdienstes

Erlebnisgottesdienste sind für die Allerkleinsten gemacht. Sie haben besondere Merkmale:

Klare Botschaft: Kleine Kinder können komplexe Deutungen eines Bibeltextes nicht verstehen. Darum beschränkt sich der Inhalt eines Erlebnisgottesdienstes auf eine klare Botschaft, die den Kindern auf unterschiedliche Art verdeutlicht wird. So erreicht man, dass die Kinder diese eine Bedeutung verstehen und mit in den Alltag nehmen.

Aus Sicht der Kinder: Alle Geschichten und biblischen Themen müssen aus Sicht der Kinder betrachtet werden (Methode der Elementarisierung). Gerade bei der Formulierung des Zielgedankens muss darauf geachtet werden, dass dieser für die Kinder von null bis fünf Jahren relevant und alltagsnah ist. In dem Abschnitt „Mit den Augen der Kinder sehen“ gehe ich hierauf noch näher ein.

Visualisiert und greifbar: Kleine Kinder lernen durch ihre Sinnesorgane. Sie müssen also einen Sachverhalt nicht nur hören, sondern ihn auch im Sehen und Fühlen begreifen. Darum wird in einem Erlebnisgottesdienst auch so viel wie möglich sichtbar, fühlbar und erlebbar gemacht.

Aktion und kreatives Gestalten: Jeder Erlebnisgottesdienst beinhaltet Aktionen (z. B. Spiele und/oder kreatives Gestalten). Damit werden Inhalte vertieft und die Kinder mit in das Geschehen und die Geschichte hineingenommen.

Abwechslungsreich: Kinder sind nicht zum Stillsitzen gemacht. Sie sind aktiv und haben einen natürlichen Bewegungsdrang. Darum muss ein Erlebnisgottesdienst abwechslungsreich aufgebaut sein: eine Kombination aus Sitzen, Bewegen, Spielen und kreativem Gestalten.

Wiederholung: Kinder lernen durch Wiederholung. Ein Erlebnisgottesdienst wiederholt zum Beispiel den Zielgedanken und das Lied zum Thema immer wieder. So fällt es den Kindern leichter, das Grundlegende zu behalten und neue Lieder zu lernen.

Liturgie: Auch auf eine kleine Liturgie verzichten wir nicht in einem Erlebnisgottesdienst. Es läuft zwar jeder Gottesdienst anders ab, jedoch sind Beginn und Schluss jedes Mal identisch. Sie enthalten immer dieselben Lieder sowie Grundelemente des klassischen Gottesdienstes für Erwachsene: Gebete, Segen. Dies gibt den Kindern zum einen Orientierung, zum anderen werden die Kinder so langsam an eine Form des Gottesdienstes, wie ihn die Erwachsenen erleben, herangeführt. So können sie sich später besser auch in anderen Gottesdiensten zurechtfinden.

Viel Liebe zum Detail: Kinder sollen sich in einem Erlebnisgottesdienst willkommen fühlen. Sie merken es, wenn man sich viele Gedanken über Details und auch Kleinigkeiten gemacht hat. Das drückt eine ganz besondere Wertschätzung aus.

Hoher Aufwand: Aus den vorherigen Punkten ergibt sich ein relativ hoher Vorbereitungs- und Materialaufwand bei Erlebnisgottesdiensten. Darum ist es auch ratsam, ein Vorbereitungsteam aus mehreren Mitarbeitenden zu haben, so werden die Aufgaben auf mehrere Schultern verteilt.

Hallo, hereinspaziert!

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