Читать книгу Die Literatur im Zeitalter Neros - Christiane Reitz - Страница 7
Einleitung
ОглавлениеBittet man einen Laien, einen beliebigen römischen Kaiser zu nennen, wäre die Antwort vermutlich Augustus – oder Nero. Diesen letzten Vertreter der julisch-claudischen Dynastie umgibt in der historischen Wahrnehmung eine Aura von Brutalität und von Geheimnis. Wie Peter Ustinov Nero im Film verkörpert hat, ist nur ein Beleg für die Faszination, die von dem verhinderten Künstler auf dem Thron ausging. Seine eigenen Werke, musikalisch und poetisch, sind fast ganz verloren. Seine Regierungszeit ist durch extreme Kontraste geprägt: anfänglicher Enthusiasmus über das liberalere Regime wich dem Terror, dem viele Intellektuelle und republikanisch gesonnene Zeitgenossen zum Opfer fielen; das Ende bildeten die politischen Wirren des Vierkaiserjahres und damit das Ende der Vormachtstellung seiner Dynastie. Und doch florieren die Künste in dieser Zeit, kommt es in der Literatur zu Spitzenleistungen. Insofern ist es sinnvoll, zu versuchen, die uns erhaltene literarische Produktion in dieser Epoche zum Gegenstand dieser Darstellung zu machen. Das Ziel ist keine chronologische Darstellung, die schon deshalb problematisch wäre, weil uns ja nur ein Ausschnitt aus der jeweiligen Literatur erhalten und bekannt ist. Stattdessen werden hier eine Reihe von Einzeldarstellungen angeboten, die sich letztlich so miteinander verbinden, dass Querverbindungen entstehen, Querverbindungen, die Erkenntnisse über die Geschichte einzelner Gattungen ermöglichen, und die den Standort von Literatur in einem in diesem Fall politisch definierten Zeitraum bestimmen. Dass dabei das genannte Ziel, aus diesem Zeitraum einzelne literarische Erzeugnisse darzustellen, im Vordergrund bleibt, liegt in der Konzeption der Schriftenreihe begründet. Dem unterwirft sich auch die Gliederung, die der Übersichtlichkeit halber gattungsgeschichtlich und nach Autoren vorgeht.
Viele auch der handbuchartig aufgezählten Fakten sind Gegenstand wissenschaftlicher Kontroversen; sowohl zu den einzelnen Autoren als auch zur behandelten Epoche und zum literarischen Leben in Rom existiert reichlich Sekundärliteratur. Meiner Verpflichtung gegenüber diesen oft sehr hilfreichen und anregenden Werken kann ich, weil auf Fußnoten durchweg verzichtet wird, nicht im Einzelnen nachgehen; ich verweise generell auf das Literaturverzeichnis. Bibliographische Vollständigkeit ist nicht angestrebt. Literatur wurde bis 2004 berücksichtigt. Für das Kapitel über Petron fühle ich mich noch heute vor allem dem verpflichtet, was ich als Studentin bei Willy Schetter lernen durfte.
Textbeispiele auszuwählen, bleibt letztlich eine Geschmacksfrage. „Die“ wichtigen Stellen gibt es nicht. Ich hoffe, dass dieses Buch, vor allem bei seinen studentischen Benutzern, zweierlei bewirkt: Lust auf mehr und selbständige Lektüre der Autoren zu wecken und zu ermuntern, sich auch eigene Gedanken zu den Texten zu machen und eigene Deutungen zu erobern.
Ich danke für die Unterstützung bei der Arbeit:
Andreas Fuchs für seinen Rat, Anja Behrendt für ihre unermüdliche Hilfe bei der Vorbereitung des Manuskripts, dem Herausgeber der Reihe für seine Ratschläge und den Mitarbeitern der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft für ihre Geduld, der Fondation Hardt für ihre Gastfreundschaft und meinen Rostocker Studierenden, die sich über zwei Semester bereitwillig in Vorlesungen und Seminaren auf die Literatur der neronischen Zeit eingelassen haben.
Rostock, im Sommer 2005 | Christiane Reitz |