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DIE LEBENSSCHULE AUF DER ERDE BEGINNT

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Wie gewünscht wird unsere Seele am dritten April neunzehnhundert-neunundvierzig um zirka elf Uhr an der Nordsee in einem Menschenkörper auf der Erde geboren. Die Hebamme bestaunt das Baby. Mit drei verschiedenen Rottönen in dem Flaum auf dem Kopf und mit strahlenden grünen Augen erblickt sie das Licht der „Welt“. Die nicht mehr jungen Eltern hatten sich lange ein Kind gewünscht. Endlich ist ihr Wunsch Wirklichkeit geworden. Sie nennen ihre Tochter Christina.

Es ist Ostern und die Sonne scheint sehr intensiv. Christina ist nur mit einem leichten Tuch bedeckt. Sie wird in ihrem Kinderwagen den Hausbewohnern vorgestellt. Alle älteren Leute schütteln fassungslos den Kopf. Sie denken und sprechen es auch aus:

„Wie können die Eltern um diese Jahreszeit ihr Baby so leicht bekleidet im Freien präsentieren. Dieses Kind wird sich so erkälten, dass sie bald an einer Lungenentzündung sterben wird.“

Alle nicken zustimmend.

Christina möchte protestieren, doch es kommt nur ein schmatzender Laut aus ihrem Mund. Sie ärgert sich darüber. Trotzdem sie ja weiß, wie schädlich dies ist. Sie denkt:

„Also, ein Baby zu sein ist immer wieder ätzend. Jetzt muss ich mir wieder von allen Menschen so einen Quatsch anhören, ohne etwas dazu sagen zu können. Bestimmt benutzen sie dann auch wieder die Babysprache.“

Ihr kommt eine Idee. „Ich versuche einfach mal, mit meinen Blicken zu sprechen.“

Eine besorgte Frau ruft aus: „Aber seht doch, wie sie uns anblickt. Als ob sie uns verstehen würde.“

Eine andere drängt sich vor und meint: „Sehr witzig, ich habe schon besser gelacht. Wir können ja dem Säugling vorschlagen, ein Zeichen zu geben, wenn sie uns wirklich versteht!“

Da müssen wirklich ALLE lachen. Eine junge Frau kommt vorbei.

Sie stellt sich als Claudia vor und fragt neugierig nach dem Grund der Heiterkeit. Die Umstehenden lachen wieder. EINE meint:

„Die Kleine, sie heißt Christina Schön, hat uns so angeguckt, als ob sie verstanden hätte, was wir gesagt haben und darüber protestieren wollte. Wir haben uns darüber aufgeregt, dass sie viel zu leicht angezogen ist.“

Die junge Frau, Claudia, lacht nun auch. Sie schlägt vor, dass sie jetzt so mit dem Baby sprechen würde, als wäre sie überzeugt davon, dass die Kleine es versteht. Alle drängeln sich noch näher an den Kinderwagen und warten gespannt auf die Ansprache. Die junge Frau beugt sich ganz tief zu Christina hinunter und spricht mit liebevoller Stimme:

„Meine süße Christina, DU bist ein ganz besonders hübsches Baby. Ich heiße Claudia und möchte gerne DEINE Freundin sein. Bist DU damit einverstanden? Wenn DU JA dazu sagen möchtest, dann mache bitte DEIN Mündchen auf. Wenn DU nicht meine Freundin sein möchtest, dann presse DEIN Mündchen ganz fest zu.“

Zwar hatten vorher alle Zuhörer nur albern gelacht, doch trotzdem schauten nun alle gebannt auf Christina. Christina frohlockt:

„Diese Claudia hat mir wohl schon unser Gott-Vater geschickt, damit ich mich jetzt schon mit einem Menschen verständigen kann.“

Sie macht also so weit wie möglich ihren Mund auf.

Die Umstehenden schauen sich an. „Das ist doch nur Zufall. Stelle doch noch einmal eine Frage an das Baby, Claudia“, ruft dann die „Tratsch-Tante“ Frau Müller aus.

Claudia überlegt lange. Dann sagt sie noch lauter wie vorher zu Christina:

„Mit DEIMEM Mündchen hast DU mir signalisiert, dass DU auch meine Freundin sein möchtest. Darüber freue ich mich wirklich sehr. Ich habe schon oft gehört, dass Babys bis zu einem gewissen Alter mehr wissen als ein Erwachsener.“

Sie schaut Christina zärtlich an. „Ich möchte gern viel Zeit mit DIR verbringen. Natürlich müssen auch DEINE Eltern damit einverstanden sein. Wenn das DEIN Wunsch ist, dann versuche bitte, ein Auge zuzudrücken. So merke ich dann, ob DU mich verstehst.“

Die Spannung ist kaum auszuhalten. Christina denkt:

„Lieber, lieber Gott, DU bist wirklich für jede Überraschung gut. Es ist also DEIN Anliegen, dass ich schon sehr früh durch eine Erwachsene, die mich versteht, sehr viel lernen darf.“ Schnell drückt sie ganz fest ihr rechtes Auge zu.

Durch den intensiven Aufschrei der „Meute“ wird die Mutter von Christina aufmerksam. Sie läuft zu dem Kinderwagen. Sie hatte schon Angst, dass ihrer Tochter etwas passiert ist. Doch sie sieht nur das strahlende Gesicht von ihrer Tochter. Sie wundert sich. Sie schaut in die Runde und spricht ihre Gedanken aus:

„Komisch, eigentlich kann doch ein Baby noch nicht bewusst lachen. Aber so sieht es für mich aus. Wie sehen Sie das?“

Sie sieht nur erstaunte Gesichter um sich herum.

Claudia stellt sich der Mutter als neue Freundin ihrer Tochter vor. Sie gibt die Vorkommnisse zum Besten. Die Mutter weiß gar nicht, wie sie darauf reagieren soll.

Claudia schaut auf Christina, die sie immer noch anlächelt. Es ist wirklich ein richtiges Lächeln, ohne Frage. Sie wendet sich an die Mutter. „Ja, liebe Frau Schön, Sie sind wirklich die Mutter von einem ganz besonderen Baby. Ich würde gern ihren Mann und Sie zu einem Essen einladen. Als Geschenk für die Elternschaft. So können wir uns näher kennen lernen. Denn ein solches Baby kann sich nur ganz besondere Eltern ausgesucht haben.“

Da fängt die Mutter an zu lachen und antwortet: „Sie sind aber lustig. Das gefällt mir. Das muss ich unbedingt meinem Mann erzählen. Die Christina hat uns ausgesucht. Das finde ich zu komisch. Sie haben wirklich Fantasie. Wissen sie was, kommen Sie doch erst einmal mit in unsere Wohnung. Dann können Sie gleich meinen Mann kennen lernen. Vielleicht freut er sich über ihre Einladung. Das wäre zu schön.“

Claudia denkt:

„Aha, eine Frau, die nicht selbst entscheiden kann. Da muss ich ja ein bisschen mit dem Göttergatten flirten.“

Die Mutter stellt den Kinderwagen in den Hausflur und nimmt Christina auf den Arm. Die schmiegt sich an ihre Mutter, sucht aber immer noch den Blick von Claudia. Diese zwinkert ihr zu.

Sie werden schon von dem Ehemann und dem Vater von Christina erwartet. Claudia schätzt ihn auf Mitte Dreißig. Sie wundert sich aber über sein graues Haar. Aber nicht unsympathisch. Nur sehr zurückhaltend ist ihr Eindruck. Sie erzählt Christinas Vater, wie sie so schnell die Freundin von seiner Tochter wurde. Claudia kann sogar dem Vater ein schiefes Grinsen entlocken. Sie stellt fest, wie erstaunt und überrascht die Mutter, nun für sie Uschi, ihren Mann, für sie nun Carl, beobachtet. So locker ist er wohl nicht oft.

Es wird eine Flasche Sekt entkorkt. Sie trinken auf die Geburt dieses außergewöhnlichen Babys und auf ihre Freundschaft.

Die Eltern von Christina wissen bestimmt nicht genau, wie ihnen geschieht. Noch vor einer Stunde hatten sie sich nicht träumen lassen, eine Fremde zu duzen und sie als Freundin der Familie zu sehen.

Claudias innigster Wunsch, die Freundin von Christina. zu sein, ist also in Erfüllung gegangen.

Auch Christina ist sehr glücklich darüber, dass diese so wunderbare Claudia ihren Eltern gefällt. Aber sie wundert sich trotzdem.

„Claudia habe ich gar nicht in meiner Planung berücksichtigt. Komisch, komisch.“ Sie macht sich wirklich darüber Gedanken.

Dann akzeptiert sie aber dieses Wunder. Sie denkt:

„Na ja, Christina, denke daran, alles ist richtig wie es ist. Alles hat einen Sinn. Ich bin jetzt ganz einfach nur für diese Freundin dankbar. Danke, danke, tausend Dank liebster Gott.“

Christina sucht das Paradies auf Erden

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