Читать книгу Schwarze Schwäne - Christina Kettering - Страница 7

Оглавление

4.

ÄLTERE:

Stadtrand.

Ein Meer aus Häusern, alle weiß.

Dazwischen eins, das ich kenne. Nicht er-kenne. Dass ich nur finde mit der Nummer, der Messingzahl neben der roten Tür. Fesch. Dieses Rot.

Auch die rote Tür hebt es nicht von den anderen ab, weil die Nachbarn ebenfalls einen kleinen farblichen Akzent setzen wollten.

Rot bietet sich an.

JÜNGERE:

Wir bauen alles um.

ÄLTERE:

Im Erdgeschoss ein großer offener Wohnbereich mit weitem Blick in den Garten.

JÜNGERE:

Wir trennen einen Teil ab. Die Mutter kriegt ihr Zimmer im Erdgeschoss, damit sie keine Treppen nehmen muss.

ÄLTERE:

Sie bauen eine Wand ein, mit Schiebetür.

Das große Fenster zum Garten ist jetzt Mutters Bildschirm nach draußen.

JÜNGERE:

Wir bauen das Gästebad behindertengerecht um.

ÄLTERE:

Der abgetrennte Teil im Wohnzimmer erhält ein Pflegebett. Höhenverstellbar.

Die Kinder lieben es, darauf herumzutoben und es hoch und runter zu fahren.

JÜNGERE:

Schluss jetzt. Kommt da runter.

Das ist kein Spielzeug.

ÄLTERE:

Der Umbau kostet ein Vermögen.

JÜNGERE:

Die Ostasienreise verschieben wir auf unbestimmte Zeit.

ÄLTERE:

Meine Schwester reduziert ihre Arbeitszeit.

JÜNGERE:

Ich will schon seit Jahren in Teilzeit gehen.

ÄLTERE:

Sie wollte Teilzeit arbeiten, um doch noch zu promovieren.

JÜNGERE:

Doktortitel sind mittlerweile wertlos geworden.

ÄLTERE:

Ich dachte, es ging um Selbstverwirklichung.

JÜNGERE:

Selbstverwirklichung ist vollkommen überschätzt.

ÄLTERE:

Wir holen Mutter gemeinsam aus dem Krankenhaus ab.

JÜNGERE:

Zuhause haben wir alles vorbereitet.

ÄLTERE:

Der Tisch im kleiner gewordenen Wohnzimmer ist gedeckt. Kuchen. Sekt. Saft für die Kinder.

Frische Blumen.

JÜNGERE:

Es soll festlich sein. Sie soll sich willkommen fühlen.

ÄLTERE:

Wir zeigen ihr ihr Zimmer mit dem Pflegebett, dem Rollstuhl, der Transferhilfe zum Umheben.

JÜNGERE:

Sie schweigt.

ÄLTERE:

Sie schweigt auch am Tisch. Sie isst keinen Kuchen.

JÜNGERE:

Sie trinkt keinen Sekt.

ÄLTERE:

Ich will jetzt allein sein.

JÜNGERE:

Sagt sie.

ÄLTERE:

Sie will aufstehen. Kann nicht. Wir helfen ihr in den Rollstuhl.

JÜNGERE:

Undankbar.

Denke ich fast. Kann es grade noch wegschieben.

ÄLTERE:

Sie rollt in ihr Zimmer.

Meine Schwester kippt ein Glas Sekt.

JÜNGERE:

Lass uns eine rauchen gehen.

ÄLTERE:

Du rauchst?

Schreien die Kinder entsetzt.

JÜNGERE:

Wir stehen im Garten, meine Schwester gibt mir eine Kippe.

ÄLTERE:

Ich gebe ihr Feuer.

Ich glaube, sie hat zum ersten Mal Angst vor dem, was sie da angefangen hat.

Ich frage sie, was ihr Mann dazu sagt.

JÜNGERE:

„Wenn es wichtig für dich ist, stehen wir das gemeinsam durch.“

ÄLTERE:

Ja, das ist doch schön.

JÜNGERE:

Wieso alle es nur als Bürde sehen, will ich wissen. Wieso es nur ums „Aushalten“ geht.

Das ist doch auch irgendwie krank.

Schwarze Schwäne

Подняться наверх