Читать книгу Pinienträne - Christina Schwarzfischer - Страница 12

Kapitel 10

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Ich betrat Lunos Haus. Er saß direkt gegenüber der Eingangstür auf einem Stuhl und schien dort bereits auf mich gewartet zu haben. „Mondmann!“, fuhr ich ihn wütend an.

„Um ganz ehrlich zu sein, Lilly, ich mag diesen Spitznamen nicht so besonders. Luno gefällt mir viel besser. Du warst eine der Wenigen, die mich bei meinem Namen nannte. Ich wusste doch, du wirst mich nicht vermissen... und ich sagte auch, dass du mich hassen würdest...“, erinnerte er mich daran.

„Ich weiß jetzt aber auch, dass du in die Zukunft sehen kannst, dass du mich so in Emmerald gefunden hast, mich von Astor weggeführt hast, es so schnell dämmern ließest um genügend Zeit zu haben, die Zeremonie an mir durchführen zu können, weil du von Drako wusstest, dass ich ein Mensch bin, dass du darum auch wusstest, dass ich wieder zu dir komme und wann und so auf mich warten konntest. Und dass ich dich hassen werde, war auch voraussehbar, wenn du mir meine Welt raubst, indem du mich in einen Hortenser verwandelst“, zählte ich wütend auf.

„Ich habe dir deine Welt nicht geraubt. Du kannst jederzeit in sie zurückkehren. Du wirst dort nur nicht mehr wahrgenommen. Der Rest stimmt, bis auf, dass ich in die Zukunft sehen kann. Das ist so nicht richtig. In Wirklichkeit habe ich Vorahnungen, spüre etwas oder kann sehen, wem ich begegnen würde und manchmal auch, was passieren würde, wenn ich an einen Ort ginge, den ich mir gerade vorstelle. Obwohl... ich kann tatsächlich manchmal ein paar Sekunden in die Zukunft sehen...“, erläuterte er.

„Nur eines verstehe ich nicht“, deutete ich meine Frage an. „Warum hast du mich schön gezaubert? Und warum diese wundervolle Nacht mit dem Mond und dem Sternenhimmel?“

„Dafür gibt es zwei Gründe. Erstens, weil ich dein Vertrauen gewinnen musste, um dich in einen Hortenser zu verwandeln und zweitens, weil ich dich mag und darum wollte, dass du dich selbst auch magst“, antwortete er mir.

„Wenn du mich mögen würdest, dann würdest du mich wieder in meine Welt lassen!“, wandte ich ein.

„Aber ich wusste auch, dass du, sobald du Emmerald wieder verlassen hast, vorhattest, nie wieder dorthin zurückzukehren. Und das hieße wiederum, dass ich dich nie wieder sehen würde“, erklärte er mir.

„Das entschuldigt dein Verhalten nicht“, stellte ich klar.

„Aber immerhin ist es ein Grund“, sagte er nur.

„Hab ich das richtig verstanden? Du weigerst dich also, mich in einen Menschen zurück zu verwandeln?“, wollte ich wissen.

„Du hast es erfasst“, bestätigte er mir, worauf ich beleidigt sein Haus verließ. Dort wartete Astor auch schon auf mich.

„Du hast nichts erreicht, stimmts?“, wollte er wissen, worauf ich nur enttäuscht den Kopf schüttelte.

„Und was machen wir jetzt, wenn Luno... entschuldige, ich meine natürlich der Mondmann, mich nicht gehen lässt?“, fragte ich ihn um Rat.

„Naja... eine Möglichkeit gibt es da noch... eine winzig kleine Chance, aber immerhin ist sie da“, überlegte Astor laut vor sich hin.

„Und die wäre?“, wurde ich neugierig.

„Wir müssen Pinienträne finden!“, sagte er.

„Pinienträne?“, fragte ich nach.

„Ja, Pinienträne. Das ist ein magischer Glücksbringer. Dieser enthält mehr Zauberkraft als jeder Hortenser hier, sogar mehr als der Mondmann. Pinienträne ist zehn... - Ach was sage ich da?! – hundertmal stärker als jeder Herrscher, der in Emmerald jemals regiert hat! ...Und nur Pinienträne kann dich, mit Ausnahme vom Mondmann, zurück in einen Menschen verwandeln, genauso wie sie jeden Fluch der Hortenser aufheben kann. Pinienträne kann einfach alles“, erklärte er mir.

„Wie sieht Pinienträne denn aus?“, wollte ich wissen.

Astor verzog das Gesicht. „Genau da liegt das Problem, denn das weiß keiner so genau... Wir wissen nur, dass es ein Glücksbringer ist und darum nicht all zu groß sein müsste. Es gibt darüber auch einen Vers:

Ein Glück bringender Talisman,

der jeden Wunsch erfüllen kann.

Pinienträne wird er genannt,

doch wenn man ihn sieht, so wird er nicht erkannt.“

„Na, toll...“, meinte ich ironisch. „Auch wenn man mit Pinienträne das gesamte Universum beherrschen könnte, wir wissen nicht wie das Ding aussieht und haben nicht den winzigsten Anhaltspunkt! So werden wir Pinienträne ja nie finden!“

„Naja, nicht so ganz... eventuell gibt es einen Anhaltspunkt über Pinienträne...“, begann Astor laut vor sich hin zu überlegen. „Es heißt nämlich, Pendragon hätte Pinienträne noch kurz vor seinem Tod besessen. Aber leider weiß keiner, wo er Pinienträne her bekommen hatte, noch wohin er sie vor seinem Tod gebracht hat... Es ist aber auch besser so, dass Pinienträne jetzt verschollen ist, denn sonst hätte sie sich bestimmt der Mondmann unter den Nagel gerissen und du wärst jetzt hoffnungslos verloren... Jetzt müssen wir also nur noch jemanden finden, der damals schon gelebt hat und Pinienträne gesehen hat. Ansonsten könnten wir nach Glücksbringern Ausschau halten...“ Da hatte ich mich natürlich sofort entschieden: Vorschlag Nummer eins!

„Astor, seit wie vielen Jahren regiert Luno schon?“, wollte ich wissen.

„Seit etwa 160 Jahren. Er wurde Herrscher, kurz nachdem er seinen Fluch erhalten hatte, also im Alter von 15. Zu unserem Pech hatte er echt ein riesen Glück. Wenn er noch nicht volljährig gewesen wäre, hätte er nämlich nicht zum Herrscher erwählt werden können“, erklärte mir Astor.

„Aber da stimmt doch etwas nicht. Du sagtest doch, er wäre 170, wäre mit 15 Herrscher geworden und würde 160 Jahre regieren. Nach diesen Berechnungen müsste er ja mit 10 Herrscher geworden sein und das geht doch nicht...“, überlegte ich laut.

„Wie gesagt“, begann Astor, „so genau weiß ich es nicht. Es wäre zum Beispiel durchaus möglich, dass Luno um ein paar Jahre älter ist, als ich ihn schätze. Lichtgestalten altern, wenn sie ein gewisses Alter erreicht haben, nur noch sehr langsam. Um genau zu sein...“ Er rechnete leise nach. „6,25 mal langsamer als ein Mensch. Es könnte aber auch sein, dass er noch nicht ganz 160 Jahre regiert. Fest steht, er wurde Herrscher im Alter von 15 Jahren.“ Ich hatte verstanden und nickte.

„Welche Hortenser kennst du, die in der Zeit, als Pendragon noch regierte, schon lebten?“, fragte ich Astor. „Wer, außer Luno, ist um die 160 Jahre oder älter?“

„Da kenne ich eine Hand voll Hortenser...“, meinte Astor darauf.

Sogleich machten wir uns auf den Weg zu dem ersten. Es war ein Felswandler und sein Name war Onox. Er schien verwundert darüber, dass wir uns so für Pinienträne interessierten, stellte jedoch keine Fragen. Onox konnte uns nur bestätigen, dass Pinienträne kein Mythos war, sondern dass es sie tatsächlich gab und dass sie Pendragon die letzten Jahre seines Lebens besessen hatte. Er wusste jedoch auch nicht, wo er Pinienträne versteckt hatte, noch woher er sie bekommen hatte, da der Herrscher vor Pendragon Pinienträne noch nicht besaß. Jedoch kannte er die angebliche Entstehungsgeschichte von Pinienträne:

Hortenser verwandeln sich nach ihrem Tod nämlich in kleine Zinnfiguren. Und man sagt, dass Pinienträne die Zinnfigur wäre, in die sich der erste gute und gerechte Herrscher über Emmerald verwandelt hätte. Sein Name war Metro und er war von der Rasse ein Waldgeist. Am Tag nach seinem Tod ließen alle Nadelbäume ihre Pinienzapfen wie Tränen fallen. Daher stammt auch der Name Pinienträne.

Das hieß, Pinienträne musste, wenn man der Legende trauen darf, zumindest zum Teil aus Zinn sein. Onox hatte uns damit schon ein Stückchen weitergebracht. Wir bedankten uns bei ihm und suchten sogleich den nächsten auf. Die Informationssuche breitete sich noch über einige weitere Felswandler und Zwerge aus. Zu den Gnomen und Kobolden die Astor noch wusste, weigerte er sich jedoch mich hinzubringen, da diese Rassen bereits ziemlich gemein und unverschämt wären, besonders was das Lügen und die Gegenleistungen anging. Von Astors ausgewählten Leuten verlangte jedoch niemand eine Gegenleistung. Leider wussten uns die nach Onox folgenden Hortenser auch nicht mehr, als dieser...

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