Читать книгу Darm - natürlich gesund - eBook - Christine Baumann - Страница 8
ОглавлениеEine kurze Reise durch das faszinierende Körperuniversum
Die Architektur in unserem Inneren ist ein großes Gesamtkunstwerk. Der Aufbau und die Funktionsweise der einzelnen Komponenten sind minutiös bis ins letzte Detail aufeinander abgestimmt. Die Interaktion durch Bewegungen und biochemische Kommunikation ist komplexer als jedes vom Menschen entwickelte System. Sie sollen deshalb hier einen kleinen Einblick in einen Teil der vielschichtigen Systeme in unserem Körper erhalten. Es geht darum, ein bisschen besser zu verstehen, wie wir funktionieren, und sich bestenfalls dafür zu begeistern, was die Natur – die Natur in uns selbst – alles kann.
Diejenigen, die die folgenden Ausführungen zu kompliziert finden (oder bereits ausreichend begeistert sind), können diesen Teil überspringen und gleich zum zweiten Teil des Buches übergehen, in dem sie erfahren, wie man seine Verdauungsorgane optimal unterstützt.
Die Reise beginnt: Auf dem Weg zum Darm
Der Darm ist Teil eines neun bis zwölf Meter langen Schlauchsystems, das an der Innenseite der Lippen beginnt und am After endet. Damit im Darm alles so klappt wie vorgesehen, müssen von anderen Stationen im Körper aus gute Voraussetzungen geschaffen werden. Wollen wir wirklich wissen, wie unser Innenleben funktioniert, verdienen diese Lieferanten und »Kollegen« des Darms ebenso unsere Beachtung. Wie bei einem Rockkonzert müssen wir also auf den Hauptakt, den Darm, ein bisschen warten und uns zunächst mit der Vorband beschäftigen. Sehen wir uns die beteiligten Künstler etwas genauer an.
Der Mund und die Zunge: Wie alles anfängt
Die Mundhöhle wird eingerahmt von knöchernen Strukturen, dem Kiefer, und Muskulatur. Interessant ist hierbei, dass der Backenmuskel (Masseter) der die Hauptarbeit beim Kauvorgang übernimmt, der stärkste Muskel im Körper ist. Beim normalen, entspannten Kauen arbeitet er mit einer Kraft von 30 Newton, als ob er drei Kilo anheben würde. Das ist schon ziemlich kräftig, wenn man sich seine Größe ansieht. Er kann jedoch, wenn er sich richtig ins Zeug legt, eine Maximalkraft von über 400 Newton erreichen. Mit unserer Wange könnten wir also mit etwas Training Dinge anheben, die 400 Kilo wiegen. Ein kleines Pferd zum Beispiel oder eine Kuh. Menschen, die nachts mit den Zähnen knirschen, bemerken ein bisschen etwas von dieser Kraft. Ihr kann nämlich auch die härteste Substanz im Körper, der Zahnschmelz, nicht ewig unbeschädigt standhalten.
32 Zähne befinden sich natürlicherweise in unserem Kiefer. Dem Gebiss nach zu urteilen, ist der Mensch ein Mischköstler. Er kann sich also von pflanzlicher und von tierischer Nahrung ernähren. Das hat uns einen evolutionären Vorteil gebracht, weil es für das Überleben oft sehr hilfreich war, nicht nur auf eine bestimmte Nahrungsqualität angewiesen zu sein.
Die Zähne zerkleinern die Nahrung und werden bei diesem Job von der Zunge unterstützt. Die Zunge ist ein Muskel, der von einem sehr funktionalen Epithel überzogen ist. Hier finden sich kleine Gruppen aus Sinneszellen, die sich zu Geschmacksknospen zusammenschließen. Diese haben einen direkten Draht zum Gehirn und geben so ihre Empfindungen unmittelbar weiter. Bei der Verarbeitung dieser Informationen im Gehirn gibt es sogar eine Verknüpfung mit dem limbischen System, das für unsere Gefühle zuständig ist.
Nahrungsaufnahme hat also immer auch etwas mit Emotionen zu tun. So kommt es, dass wir uns beim Verzehr von bestimmten Speisen, wie etwa Apfelkuchen, sofort geborgen und beschützt fühlen, weil unser Gehirn ihn mit einem Besuch an Omas Kaffeetisch in Kindertagen verbindet.
Mithilfe der Geschmacksknospen und anderer Mechanorezeptoren auf unserer Zunge wird in Windeseile die Nahrungszusammensetzung und -qualität beurteilt. Die Geschmacksempfindung dieser Knospen ist jedoch eigentlich ziemlich eingeschränkt. Die Zunge allein erkennt vor allem salzig, sauer, süß und bitter. Heute definiert man noch zwei weitere Geschmacksrichtungen, die von der Zunge erkannt werden, nämlich »Umami«, was für den herzhaften Geschmack steht. Und auch »Fett« ist eine Geschmacksrichtung, die von manchen Menschen intensiv wahrgenommen wird. Diese Geschmäcker werden überall auf der Zunge registriert, in einigen Bereichen ist jedoch jeweils eine Geschmacksknospenart vermehrt vertreten.
Den eigentlichen Genuss beim Essen, der durch die Wahrnehmung der vielen verschiedenen Aromen in unserem Menü entsteht, verdanken wir unserem Geruchssinn. Mund und Nase haben im hinteren Bereich der Mundhöhle eine enge Verbindung, sodass ihre Zusammenarbeit die Geschmacksexplosion beim Sternekoch-Menü erst möglich macht. Und so kommt es auch, dass wir, wenn wir stark erkältet sind, nicht wirklich unterscheiden könnten, ob wir in einen Apfel oder eine Zwiebel beißen. Die Konsistenz ist ähnlich und das Aroma entfaltet sich in erster Linie über den Duft – den wir nicht wahrnehmen, wenn unsere Nase ist gerade verstopft ist.
Der Geschmack des Essens, eigentlich schon der Geruch von Speisen, lassen den Speichel fließen. Kleine Speicheldrüsen befinden sich auf der Zunge, größere sind rund um unseren Kiefer verteilt: Unter der Zunge, im Unterkiefer und in der Nähe des Ohres sitzen Drüsen, die über Ausführungsgänge mit unserer Mundschleimhaut verbunden sind.
Der Speichel hilft einerseits den Geschmacksknospen bei der Erkennung der Nahrungsbestandteile, indem er diese löslicher macht. Außerdem enthält er Enzyme, die bereits beim Kauen und Verteilen des Bissens im Mund mit der Zerkleinerungsarbeit beginnen. Andererseits dient der Speichel zum Schutz: Das Sekret hat einen basischen pH-Wert. Das schützt den Zahnschmelz vor Säuren auf dem Speiseplan und neutralisiert gegebenenfalls Magensäure, falls wir aufstoßen müssen. Zusätzlich enthält Speichel einige Immunfaktoren, die dem Erkennen und der Abwehr von etwaigen Eindringlingen dienen. Außerdem enthalten die 0,5 bis 1,5 Liter Speichel, die täglich produziert werden, auch Schleimstoffe, die den zerkauten Nahrungsbrei für die weitere Reise durch unseren Verdauungsschlauch gleitfähig machen.
Die Speiseröhre und der Magen: Die Qualität der Lieferanten ist entscheidend
Ist der Bissen gründlich zerkleinert und eingespeichelt, wird er geschluckt. Die enge Zusammenarbeit von Zunge, Kehlkopf und einigen Muskeln und Nerven stellt sicher, dass keine Nahrungsreste in der ebenfalls im Rachen angeschlossenen Luftröhre landen, sondern alles den richtigen Weg in die Speiseröhre findet.
Die Speiseröhre (Ösophagus) ist ein 25 Zentimeter langer muskulöser Schlauch, der im Inneren mit einer sehr widerstandsfähigen Schleimhaut ausgekleidet ist. Sie verläuft direkt vor der Wirbelsäule und versteckt sich hinter Luftröhre, Herz und Hauptschlagader. Kurz oberhalb des Magens schlüpft sie durch das Zwerchfell.
Längs- und ringförmige Muskelschichten in ihrer Außenwand verhelfen der Speiseröhre zu einer peristaltischen Bewegung. Dadurch wird die Nahrung zuverlässig in die richtige Richtung befördert, selbst wenn wir während des Essens gerade einen Handstand machen.
Am unteren Ende des Schlauches wird die Schleimhaut noch robuster und besitzt bereits die Eigenschaften, die wir für die Magenschleimhaut gleich noch kennenlernen. Das macht sie sicher gegen von unten aus dem Magen aufsteigende Säure. Von außen verschließt ein verstärkter Ringmuskel den Zugang zum Magen. Wird oben im Rachen der Schluckreflex ausgelöst, öffnet sich gleichzeitig dieser Schließmuskel am unteren Ende der Speiseröhre, und der geschluckte Nahrungsbrei kann in den Magen weitergegeben werden.
Druck im Bauch und bestimmte Aktivitäten des Magens sorgen für einen dichteren Verschluss des Schließmuskels, damit nichts zurückfließt. Fettreiche Kost, manche Medikamente, aber auch bestimmte hormonelle Situationen wie zum Beispiel eine Schwangerschaft machen ihn ein wenig weicher. Das kann zu einem Reflux führen, also einem Zurückfließen von saurem Magensaft nach oben in die Speiseröhre, wo die Schleimhaut nicht für den niedrigen pH-Wert ausgelegt ist. Eine kurze Öffnung der Ringmuskulatur, wie beispielsweise beim Aufstoßen nach dem Essen, ist jedoch völlig natürlich und schädigt die Speiseröhre nicht. Der laufend geschluckte alkalische Speichel reicht aus, um die eventuell aufsteigende Säure zu neutralisieren.
Nun kommen wir also in der größten Ausweitung unseres Verdauungsschlauches an: im Magen. Genauer gesagt sind wir in der Kardia gelandet. Das ist der Eingang seitlich am oberen Ende der kleinen Kurvatur, wie die eine Seite des Magens bezeichnet wird. Oberhalb der Kardia befindet sich der Fundus, der als Platzreserve dient und wie eine Luftblase über dem Korpus liegt. Der Korpus, der zur einen Seite von der kleinen Kurvatur, zur andern Seite von der großen Kurvatur begrenzt wird, ist der Hauptteil des Magens und geht am unteren Ende in das Antrum über, den Vorhof vor dem Magenpförtner mit Namen Pylorus.
pH-Wert – Was heißt das?
Der pH-Wert beschreibt, ob eine Flüssigkeit sauer, basisch (alkalisch) oder neutral ist.
Saure Lösungen enthalten Wasserstoffionen (H+) und haben einen pH-Wert von 1 bis 6. Liegt der pH-Wert bei 7, bezeichnet man die Flüssigkeit als neutral. Höhere pH-Werte werden dem basischen Bereich zugerechnet. Die Lösungen, die als Basen oder Laugen bezeichnet werden, haben einen höheren Gehalt an Hydroxydionen (OH-).
Der Magen ist die größte Ausstülpung des Verdauungsschlauches. Er wird in verschiedene Bereiche unterteilt. In der Schleimhaut sitzen verschiedene Zelltypen, die unterschiedliche Sekrete produzieren. Über die »Grübchen« gelangen diese Sekrete ins Mageninnere.
Die Form des Magens passt sich ganz flexibel seinem Füllungszustand an. Bei leerem Magen liegen die Wände aneinander. Mit jedem Bissen, den wir schlucken, werden sie weiter auseinandergedrängt. So bleibt der Kontakt zwischen Magenwand und Nahrungsbrei konstant erhalten. Das Fassungsvermögen wächst mit dem Mageneigner: Ein Erwachsener hat Platz für etwa zwei Liter Nahrung, ein Neugeborenes bringt nur 20 bis 30 Milliliter unter. Die Magenschleimhaut liegt in Falten auf der Muskulatur. Das spart Platz und erlaubt die flexible Anpassung an die Größe des Schweinebratens. Je weiter der Magen gedehnt wird, desto mehr glätten sich diese Falten.
In die Schleimhaut münden Ausführungsgänge der Magendrüsen, die man »Grübchen« nennt. Sie enthalten im Wesentlichen dreierlei Zellen, die unterschiedliche Aufgaben erfüllen. Die Hauptzellen haben eine wabenförmige Struktur und produzieren das Verdauungsenzym Pepsin, das Eiweiße in kleinere Eiweißbausteine spaltet. Dieses Enzym wird zunächst als inaktive Vorstufe produziert und gespeichert und durch die Säure im Magen aktiviert.
Tatsächlich produziert unser Magen Salzsäure, nämlich in den Belegzellen. Sie sind pyramidenförmig und vergrößern ihre Oberfläche durch starke Faltenbildung. Die Säure dient der Desinfektion des Nahrungsbreis und denaturiert die enthaltenen Eiweißanteile, sodass das nun aktivierte Verdauungsenzym überhaupt angreifen kann. Immer wenn die Belegzellen Säure produzieren, stellen sie auch den sogenannten Intrinsic Factor her. Das ist ein Protein, das wir später brauchen, um im Darm das Vitamin B12 aufzunehmen – es transportiert dieses Vitamin wie ein Taxi durch die Darmschleimhaut in unser Blut.
Aufgrund dieses Zusammenhangs kann es bei Menschen, die zu wenig Magensäure produzieren können, wie das beispielsweise bei Senioren häufig der Fall ist, zu Vitamin-B12-Mangel kommen, auch wenn über die Nahrung ausreichende Mengen des Vitamins aufgenommen werden. Müdigkeit und Depression können die Folge sein, ebenso wie Blutarmut und Nervenschädigungen.
Damit die Säure und das Pepsin nicht die eigenen Strukturen, also die Magenschleimhaut selbst angreifen, bildet die dritte Zellenart, die Nebenzellen, zähen Schleim. Dieser überzieht die gesamte Mageninnenseite. In diesen Schleim werden Bicarbonate abgegeben, die die Säure abpuffern und somit unschädlich machen. Auch das Pepsin wird mit dem Schleim neutralisiert, sodass es die Zellen der Magenwand nicht ebenfalls verdauen kann.
Im letzten Teil des Magens, dem Antrum, befinden sich nur noch Nebenzellen und zusätzlich eine weitere Zellart, die G-Zellen. Sie produzieren das Hormon Gastrin, das vor allem Einfluss auf die Arbeit der Belegzellen nimmt, auf den Tonus des Schließmuskels der Speiseröhre und auf die peristaltische Bewegung des Magens. Wird der Magen gedehnt und werden damit diese G-Zellen zur Ausschüttung des Hormons angeregt, wird der Mageneingang fest verschlossen und die Säureproduktion erhöht. So kann die Mahlzeit ideal verarbeitet werden und die Speiseröhre bleibt geschützt.
Damit der Magen den Speisebrei gut mit allen Säften und Enzymen durchmischen kann, ist er von außen mit drei Muskelschichten ausgestattet. Sie gehören zur glatten Körpermuskulatur. Das heißt, ihre Bewegung wird ohne unseren bewussten Willen gesteuert, und sie ermüden nicht. Eine der Schichten verläuft längs, die zweite ringförmig und die dritte legt sich schräg darüber. Durch ihre gemeinsamen Bewegungen wird eine gründliche Durchmengung des gesamten Mageninhalts erreicht, ähnlich wie in einer Betonmischmaschine, die sich in verschiedene Richtungen bewegt und dreht.
Die engsten Kollegen des Darms: Leber und Bauchspeicheldrüse
Bei unserem nächsten Reisestopp landen wir im Zwölffingerdarm. Der Hauptakteur des Rockkonzerts hat die Bühne also bereits betreten. Damit der Frontman richtig zur Geltung kommt, brauchen wir jedoch eine Band um ihn herum, die gute Stimmung macht. Unser Darm hat ein wirklich saftiges Team hinter sich: Damit es in seinem Inneren gut flutscht, docken kurz nach dem Magen zwei Organe an, die Verdauungssäfte einspeisen: Leber und Bauchspeicheldrüse. Sehen wir uns ihre Fertigkeiten im jeweiligen Solo genauer an.
Stoffwechselzentrum und Entgiftungsstation: Leber
Mit eineinhalb Kilogramm Eigengewicht ist sie die größte Drüse im menschlichen Körper. Sie liegt gut geschützt hinter dem Rippenbogen im rechten Oberbauch und besteht aus insgesamt vier »Lappen«. Die beiden großen, den rechten und den linken Leberlappen, sieht man direkt bei der groben Draufsicht. Die beiden kleineren, den quadratischen und den geschwänzten Leberlappen, sieht man erst, wenn man die Unterseite der Leber betrachtet. Ihre namensgebende Form erhalten sie dadurch, dass zwischen ihnen Gefäße und Nerven aus der Leber aus- und in die Leber eintreten. Diese »Leberpforte« erzeugt die Unterteilung der Lappen.
Die Leber ist die größte Drüse des Körpers. Sie ist in rund 1 Million Lebenläppchen unterteilt, in denen Stoffe ausgetauscht, gefiltert, bearbeitet und weiterverteilt werden.
Die austretenden Gefäße sind zwei Gallengänge, die sich kurz nach dem Durchtritt zu einem großen Schlauch (Ductus hepaticus communis) vereinen. Dieser verläuft durch den Kopf der Bauchspeicheldrüse und mündet in den Zwölffingerdarm, in den er bei Bedarf die Gallenflüssigkeit abgibt. Eine kleine Abzweigung kurz unterhalb des Austritts aus der Leber bildet noch den Ductus cysticus, den Gang, der die Gallenblase füllt, die sich von unten an die Leber kuschelt.
Die eintretenden Gefäße sind die Pfortader und die Leberarterie. Die Pfortader ist eine große Vene, in der sich das Blut aus allen unpaarigen Bauchorganen sammelt, also das von Magen, Milz, Bauchspeicheldrüse, Dünndarm und auch der größten Anteile des Dickdarms. In diesem Gefäß schwimmen alle Stoffe, die aus diesen Organen aufgenommen wurden: Das sind Hormone wie beispielsweise das Insulin aus der Bauchspeicheldrüse ebenso wie alle Nährstoffe aus dem Darm. Aus der Milz kommen die Abbauprodukte der alten und kaputten roten Blutkörperchen, die dieses kleine Organ regelmäßig aussortiert. Die Leberarterie hingegen ist eine Abzweigung der Hauptschlagader und versorgt die Leber selbst mit sauerstoffreichem Blut aus dem Herzen.
Eine sehr differenzierte »Fabrik«
Die vier großen Leberlappen sind in winzig kleine Leberläppchen unterteilt. Etwa eine Million Leberläppchen gibt es, die jeweils ein mal zwei Millimeter groß sind. Zwischen diesen Leberläppchen entstehen Dreiecke aus Bindegewebe, in denen die Gallen- und Blutgefäße verlaufen. Der Mediziner nennt sie Glisson-Dreiecke.
Eingeschleuste Wirkstoffe
Will man Medikamente zuverlässig und schnell in den Blutkreislauf einbringen, ohne zur Spritze zu greifen, bedient man sich in der Medizin der Zäpfchen. Ihre Wirkung umgeht den Weg durch die Pfortader und damit den Filter Leber. Die Wirkstoffe gelangen zuverlässig ins Blut, weil das Rektum direkt an den großen Blutkreislauf angeschlossen ist.
Die Leberläppchen sind kunstvoll aufgebaute Arbeitsstationen: Leberzellen (Hepatozyten) sind wie zweireihige Mauern aufgestapelt. Zwischen zwei Mauern befinden sich die Leber-Sinusoide. Hier fließt nährstoffreiches Blut aus der Pfortader und sauerstoffreiches aus der Leberarterie zusammen, vermischt sich und fließt dann ins Zentrum des Leberläppchens ab. Dort gibt es ableitende Blutgefäße, die direkt in die Hauptvene im Körper münden. Sie schmiegt sich von hinten an die Leber an. So gelangt das, was in der Leber gefiltert und weiterverteilt wurde, schließlich in den Gesamtblutkreislauf.
Lebermitarbeiterin Galle
Zwischen den Reihen der beschriebenen Leberzellmauern befindet sich ebenfalls ein Hohlraum, in den die Leberzellen Gallenflüssigkeit ausgießen, die dann in die Gallengefäße in den Glisson-Dreiecken abgegeben wird. Diese Gefäße vereinigen sich innerhalb der Leber zu immer größeren Gallengängen und laufen dann an der Pforte zum großen Gallengang zusammen.
Wichtiges Transportsystem: Blut- und Lymphgefäße
Damit im Körper alles dort ankommt, wo es hin soll, gibt es ein weit verzweigtes Leitungssystem. Das zentrale Organ dieses Systems ist das Herz. Es pumpt mit jedem Herzschlag sauerstoffreiches Blut durch den Kreislauf. Die Gefäße, die für seinen Transport vom Herzen wegführen, nennt man Arterien. In anatomischen Zeichnungen sind sie meist rot dargestellt.
Im Körper wird der Sauerstoff verbraucht. Das Blut, das nach der Verwendung sauerstoffarm ist, wird im Gewebe wieder gesammelt und über die Venen in Richtung Herz transportiert. Diese sind in anatomischen Zeichnungen üblicherweise blau. Zwischen Herz und Lunge gibt es einen eigenen kleinen Kreislauf, der dazu dient, den Sauerstoffgehalt des Lebenssaftes wieder aufzufüllen.
Eine Vene mit Sonderstellung ist die Pfortader. Sie wird mit der Farbe Lila gekennzeichnet. Sie ist nicht direkt an den Blutkreislauf angeschlossen, sondern schickt alles, was sie transportiert, durch den Filter der Leber.
In allen Körpergeweben entspringen zusätzlich feine Lymphgefäße. Sie sammeln Flüssigkeit aus dem Gewebe auf. Entlang den Venen verlaufen immer größer werdende Lymphgefäße. Dort, wo mehrere aufeinandertreffen, finden wir Lymphknoten. Sie dienen als Filterstationen, die beispielsweise etwaige Krankheitserreger abfangen und unschädlich machen. Im Lymphknoten werden dann Antikörper und weiße Blutkörperchen gebildet. Weil der Lymphknoten für einen Arbeitsmehraufwand Platz und Zeit braucht, schwillt er zeitweise an. Dadurch wird er teilweise von außen tastbar. Besorgte Mamis kennen den richtigen Testgriff und wissen sofort: »Das Kind brütet etwas aus.«
Durch das Lymphsystem sind alle Haut- und Schleimhautorgane miteinander verbunden. Wird irgendwo im Körper ein Eindringling identifiziert, wird diese Information sofort an alle anderen Bereiche weitergeleitet, sodass entsprechende Abwehrmaßnahmen überall zur Verfügung gestellt werden können.
Kurz vor dem Herzen mündet das Lymphsystem in die Hauptvene, sodass die gefilterte, von allen Erregern gereinigte Flüssigkeit wieder dem Blut zugeführt werden kann.
Die Leber ist wie eine große Chemiefabrik. Stoffe werden entsorgt, eingelagert, geprüft, bearbeitet und dem Körper zur Verfügung gestellt.
Die Leber mischt aber nicht nur und gibt weiter; in den Leberzellen wird laufend entschieden, was mit den aufgenommenen und gefilterten Substanzen überhaupt passieren soll. Alles, was aus dem Verdauungstrakt hier ankommt, wird zunächst kontrolliert. Was wir nicht brauchen können, wird gleich wieder aussortiert. Soweit die Substanzen wasserlöslich sind oder gemacht werden können, transportiert das Blut sie weiter zur Niere, die sie mit dem Harn hinausspült. Alles, was nicht wasserlöslich ist, wie beispielsweise hormonartige Substanzen oder Pestizide, wird über die Gallenwege zurück in den Darm transportiert und mit dem Stuhl ausgeschieden.
Die aufgenommenen Nährstoffe werden gerecht verteilt oder auch direkt in der Leber verwendet. Beispielsweise werden hier verschiedene Proteine, die wir als Transporttaxis oder Gerinnungsfaktoren in unseren Blutgefäßen brauchen, hergestellt, oder auch Cholesterin, das wiederum als Ausgangssubstanz für die Gallensalze und viele Hormone benötigt wird.
Auch der Hormonspiegel im Blut wird permanent von den Leberzellen geprüft und reguliert. Einige Nährstoffe, wie Eisen, Vitamin A, Vitamin K und B-Vitamine, werden direkt in der Leber wie in einer Scheune eingelagert, damit sie bei Bedarf zur Verfügung stehen. Auch eine kleine Menge Zucker behält sich die Leber immer vorrätig, damit schnell Energie zur Verfügung steht, wenn wir mal länger nichts essen.
Die in der Milz abgebauten Blutbestandteile werden von den Leberzellen weiter zerlegt und zur Ausscheidung vorbereitet. Die aus diesen Vorgängen stammenden Abbauprodukte verleihen sowohl der Galle als auch dem Stuhl ihre Farbe.
In der birnenförmigen Gallenblase, die unter der Leber hängt, wird das Gallensekret gespeichert und eingedickt. Diese grüne Flüssigkeit enthält vor allem Gallensalze, die für die Fettverdauung benötigt werden, Lecithin, das ihre Arbeit unterstützt, abgebaute Blutfarbstoffe, Hormone und toxische Stoffe, die von der Leber aussortiert wurden.
Pro Tag werden 450 bis 600 Milliliter Gallenflüssigkeit produziert. Die Neuproduktion der Gallensalze in der Leber liegt allerdings nur bei täglich einem halben Gramm. Das ist deshalb ausreichend, weil es für diese Salze ein ausgeklügeltes Recyclingsystem gibt. Um die Fettverdauung zu ermöglichen, lagern sie erst an den Fetten an. Wenn diese dann von den Enzymen aus der Bauchspeicheldrüse zerschnitten werden, werden die Gallensalze wieder frei und können im weiteren Verlauf des Dünndarms wieder aufgenommen werden und zurück in die Leber gelangen.
Das einzige Organ, das nachwächst
Wird aufgrund einer starken Schädigung ein Teil der Leber operativ entfernt, kann sich das Organ vollständig regenerieren. Für eine Transplantation ist es möglich, einem lebenden Spender bis zu 60 Prozent des Lebergewebes zu entnehmen. Bereits innerhalb von etwa zwei Monaten wächst sie sowohl beim Spender als auch beim Empfänger wieder auf ihre ursprüngliche Größe. Ihre Funktionen erfüllt die Leber auch noch, wenn 80 Prozent des Gewebes entfernt wurden oder aufgrund einer Erkrankung kaputt gegangen sind.
Wie effizient dieses Recycling ist, wird anhand von ein paar Zahlen deutlich: Im permanenten Umlauf befinden sich etwa drei bis fünf Gramm Gallensalze. Um 150 Gramm Nahrungsfett zu verdauen, werden aber insgesamt 30 Gramm Gallensalze benötigt. Nur ungefähr 2 Prozent der Gallensalze werden nicht wieder resorbiert und gelangen in den Dickdarm. Dort bewirken sie eine Eindickung des Stuhls. Fehlen die Gallensalze im Dickdarm vollständig, kommt es zu Durchfällen.
Funktioniert der Recyclingvorgang nicht und gelangen zu viele Gallensalze in den Dickdarm, gibt es ebenfalls Durchfälle. Man spricht von einem Gallensäuren-Verlustsyndrom. In diesem Fall werden zu große Mengen an Gallensäuren ausgeschieden, sodass der daraus folgende Mangel nicht mehr durch Recycling und Nachproduktion ausgeglichen werden kann.
Fehlen die Gallensalze andererseits im Dünndarm, verursacht das sogenannte Fettstühle, und die im Körper benötigten Fettsäuren und fettlöslichen Vitamine können nicht mehr aufgenommen werden. Auch im Rahmen einer Lebererkrankung oder wenn Gallengänge verstopfen, kommt es zu Fettverwertungsstörungen, weil die Gallenflüssigkeit nicht in ausreichender Menge im Dünndarm ankommt.
Damit es läuft wie geschmiert: Die Bauchspeicheldrüse liefert Verdauungsaft
Die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) liegt hinter dem Magen. Sie wiegt etwa 80 Gramm und ist ungefähr 16 Zentimeter lang. Sie wird in Kopf, Körper und Schwanz unterteilt, wobei die Übergänge nicht scharf abgegrenzt sind. Die gesamte Bauchspeicheldrüse besteht aus Bindegewebe, das in viele zwei Millimeter große Läppchen unterteilt wird.
In diesen kleinen Läppchen wird Drüsensekret gebildet. Es enthält die Verdauungsenzyme, die die Nahrungsbestandteile aufspalten. Das Sekret wird im Ductus pancreaticus gesammelt, einem kleinen Rohr, das das gesamte Organ durchzieht und am Kopf in den Darm mündet. Pro Tag werden hier zwei Liter Bauchspeichel produziert, die bis zu 15 Gramm Enzyme enthalten. Enzyme sind Eiweißstrukturen. Geht man also von allgemeinen Ernährungsempfehlungen für eine Eiweißaufnahme von durchschnittlich 75 Gramm pro Tag für einen Erwachsenen aus, werden 20 Prozent der zugeführten Nahrungsproteine für die Verdauungssäfte benötigt. Der größte Teil der Flüssigkeit wird später im Dickdarm wieder recycelt.
Für jeden Nahrungsbestandteil gibt es ein eigenes Enzym: Die Amylase, die wir bereits beim Mund kennengelernt haben, zersetzt die Kohlenhydrate aus Brot, Kartoffeln und Pasta. Proteasen und Peptidasen (zum Beispiel Trypsin und Chymotrypsin) zerlegen die im Magen vorbereiteten Eiweiße aus Fleisch oder Hülsenfrüchten. Für die Zerkleinerung der mit den Gallensäuren emulgierten Fette, beispielsweise aus Butter oder Avocado, stellt die Bauchspeicheldrüse Lipasen zur Verfügung.
Die Bauchspeicheldrüse
Wie zuvor im Magen liegen die Enzyme zunächst in einer inaktiven Form vor, da sie sonst das Bauchspeicheldrüsengewebe selbst angreifen würden. Erst an der Darmschleimhaut werden sie aktiviert. Zusätzlich zu den Enzymen enthält das Sekret aus der Bauchspeicheldrüse Bicarbonate, die den sauren pH-Wert des aus dem Magen kommenden Nahrungsbreis abpuffern. Je nach pH-Wert, Aussehen, Geruch und Geschmack der Nahrung verändern sich die Zusammensetzung und auch die produzierte Menge des Bauchspeichels.
Zusätzlich zu dieser sogenannten exokrinen Drüsenfunktion hat die Bauchspeicheldrüse noch eine endokrine Aufgabe. Übersetzt heißt das, neben ihrem Job als Verdauungssaft-Produzentin ist sie auch Teil unseres Hormonsystems. Hormone sind Botenstoffe, die im ganzen Körper zur Übertragung von Informationen genutzt werden. Zwischen den Läppchen der Bauchspeicheldrüse verteilt befinden sich die sogenannten Langerhans-Inseln, die die Hormone Insulin und Glukagon produzieren. Diese sind nicht an der Verdauung beteiligt, sondern werden direkt ins Blut abgegeben, wo sie den Blutzuckerspiegel regulieren. Nur 2 Prozent des gesamten Drüsengewebes machen diese Hormoninseln aus. Funktionieren sie jedoch nicht richtig, entsteht Diabetes. Dann kann der Zucker aus dem Blut nicht mehr in die Zellen transportiert werden (siehe Seite 48/49).
Die Teamarbeit mit Leber und Bauchspeicheldrüse ermöglicht also erst den reibungslosen Ablauf im Darm und sorgt außerdem dafür, dass dessen Leistungen überhaupt nutzbar werden.
Der Darm und die Nahaufnahme
Nun sind wir endlich beim Star der Veranstaltung angekommen. Dank der guten Stimmung, die durch die Vorgruppe und den Rückhalt seiner Bandkollegen aufgebaut wurden, kann nun der Darm selbst seine Talente ins Rampenlicht stellen.
Grob lässt sich der Darm in zwei Hauptabschnitte einteilen: Dünndarm und Dickdarm. Beide sind wieder in einzelne Abschnitte unterteilt, der Dünndarm in drei, der Dickdarm in fünf Teile. Den Abschluss bildet der Mastdarm, der als letzte Station der Verdauungsreise für sich betrachtet wird. Die virtuosen Fertigkeiten des gesamten Organs kommen erst bei detaillierter Betrachtung seiner faszinierenden Architektur zur Geltung. Beleuchten wir sie also Stück für Stück.
Der Dünndarm: Abschnittsweise Meisterleistung
Man könnte sagen, der Dünndarm (Enteron) beginnt dort, wo unser Bewusstsein aufhört. Den Magen nehmen wir oftmals noch wahr, beispielsweise wenn wir großen Hunger haben. Das direkt anschließende Duodenum – den ersten Abschnitt des Dünndarms – bemerken wir im gesunden Zustand schon nicht mehr so eindeutig. Dieser Abschnitt heißt auch Zwölffingerdarm, weil er zwölf Fingerbreiten lang ist. Er schließt sich direkt am unteren Ende des Magens an und schmiegt sich wie ein großes C um den Bauchspeicheldrüsenkopf.
Im Gegensatz zum Rest des Dünndarms ist dieser Abschnitt fest an der hinteren Bauchwand aufgehängt. Die beiden folgenden Abschnitte heißen Leerdarm (Jejunum) und Krummdarm (Ileum), sie liegen in Schlingen frei im Bauchraum. Das hat den Vorteil, dass sie sich im Bauch frei verschieben lassen, wenn zum Beispiel Platz für ein heranwachsendes Baby benötigt wird.
Der Übergang von Abschnitt zu Abschnitt ist fließend. Mit einer Länge von anderthalb bis zwei Metern für den Leerdarm und zwei bis zweieinhalb Metern für den Krummdarm kommen wir auf eine Gesamt-Dünndarmlänge von etwa vier bis viereinhalb Metern bei einem erwachsenen Menschen. Der innere Durchmesser des Schlauches misst vier Zentimeter.
Dünndarmabschnitte
1 Zwölffingerdarm (Duodenum)
2 Leerdam (Jejunum)
3 Krummdarm (Ileum)
Dickdarmabschnitte
4 Blinddarm
5 Wurmfortsatz
6 Aufsteigender Ast
7 Querlaufender Ast
8 Absteigender Ast
9 Sigma
10 Rektum
Der Aufbau der Darmwand ist äußerst schlau und funktional. Die äußeren beiden Schichten des Schlauches bestehen aus glatter Muskulatur. Die erste enthält längs verlaufende Muskelfasern, die zweite zirkulär, also ringförmig verlaufende. Kontrahieren die längs verlaufenden Muskelfasern der ersten Schicht, wird der Inhalt weiter vorwärtsgeschoben. Die ringförmige Muskulatur zieht sich abschnittsweise nach und nach zusammen. Die dadurch entstehende Bewegung ähnelt ein bisschen einer Raupe. Die Funktion kann man sich in etwa so vorstellen, als ob man eine Tube von hinten nach vorn mit den Fingern ausdrückt, sodass der Inhalt der im hinteren Teil verblieben ist, nach vorn weiterbewegt wird. So kommt die typische peristaltische Bewegung im Darm zustande, mit deren Hilfe der Nahrungsbrei immer weiter in die richtige Richtung geschoben wird.
Auf der Muskelschicht liegt eine Bindegewebsschicht, die Submukosa genannt wird, was so viel bedeutet wie »unter der Schleimhaut«.
Die Schleimhaut selbst besteht ihrerseits aus drei Schichten: einer zusätzlichen sehr dünnen Schicht Längsmuskulatur, einer Bindegewebsschicht und dem oben aufliegenden Epithel, also der eigentlichen (Schleim-)Haut. Durch die Kontraktion der dünnen Muskelschicht wirft die aufliegende Schleimhaut Falten, was dazu führt, dass sich die Oberfläche, an der die Verdauungsarbeit und die Nahrungsaufnahme stattfinden sollen, um das Dreifache vergrößert. Diese Falten nennt der Fachmann Kerckringfalten.
Weil das Prinzip der Oberflächenvergrößerung durch Falten so einfach erscheint und so sinnvoll ist, stülpt sich das Epithel auf diesen Kerckringfalten noch einmal um einen Millimeter auf. Diese neuen Aufstülpungen heißen nun Darmzotten, die dazwischen entstehenden Täler nennt man Krypten. Diese Bauweise vergrößert die Oberfläche noch einmal um den Faktor zehn.
Muskelschichten sorgen für Bewegung.
Oberflächenvergrößerung durch Faltenbildung
Damit jedoch noch immer nicht genug. Jede einzelne Epithelzelle dieser Zotten trägt noch 2000 bis 3000 kleine grashalmartige Fortsätze, die jeweils nur wenige Mikrometer lang sind. Sie werden Mikrovilli genannt und bilden gemeinsam den sogenannten Bürstensaum. Dieser vergrößert die Resorptionsfläche ein weiteres Mal um das 30- bis 40-Fache.
In den Krypten sitzen Stammzellen, aus denen die Darmschleimhaut sich fortwährend regeneriert. Da die Lebenserwartung einer Darmzelle auf der Darmzotte bei zwei bis vier Tagen liegt, ist nämlich ständiger Nachbau notwendig. Die abgearbeiteten Zellen werden abgeschilfert, und aus den Krypten schieben sich neue Zellen nach oben auf die Zotten.
Würde man alle auf der Darmwand aufgebauten Falten glattbügeln, bekäme man eine ziemlich beeindruckende Fläche zusammen. Aus diesem Grund kann man so oft lesen, dass unsere Darmschleimhaut eine viel größere Kontaktfläche zur Außenwelt darstellt als die Haut oder dass man mit der Darmschleimhaut eines einzigen Menschen ganze Tennisplätze oder halbe Fußballfelder auslegen könnte. Tatsächlich hat die Oberfläche unseres Darmes eine Größe von 400 Quadratmetern. Unsere Bronchialschleimhaut bringt es im Vergleich dazu nur auf 100 Quadratmeter, und unsere Haut hat gerade mal ein Flächenmaß von zwei Quadratmetern.
Diese Oberflächenvergrößerung ist deshalb so schlau, weil sie dem Darm auf engstem Raum sehr viel Platz zur Verfügung stellt, um seine Arbeit zu verrichten. Die Hauptaufgabe des Dünndarms besteht darin, unsere Mahlzeiten zu zerkleinern und das, was wir daraus verwerten können, ins Blut zu transportieren. Gleichzeitig dient seine Schleimhaut als Schutzbarriere gegen unerwünschte Eindringlinge.
Damit die Darmschleimhaut nicht von der Magensäure, mit der der ankommende Speisebrei vermischt ist, geschädigt wird, gibt es im Zwölffingerdarm sogenannte Brunnerdrüsen in der Schleimhaut. Diese geben ein basisches Sekret in den Darmschleim ab, das den pH-Wert ausgleicht. Im Krummdarm und im Leerdarm brauchen wir diese Drüsen nicht mehr, da der erste 25 Zentimeter kurze Abschnitt ausreicht, um die Säure zu neutralisieren.
Kurz nach dem Anschluss des Dünndarms an den Magen münden die Ausführungsgänge von Leber und Bauchspeicheldrüse in die Darmwand. Durch sie gelangen die Verdauungssäfte in den Darm. Im Bürstensaum auf den Darmzellen werden die Enzyme, die in diesen Verdauungssäften enthalten sind, aktiviert und zerkleinern die Bestandteile unseres Menüs in winzige Einzelteile. Diese können dann von der Darmschleimhaut resorbiert werden und gelangen in den Pfortaderkreislauf zur weiteren Verteilung und Verwendung.
Aufgrund der vielfachen Oberflächenvergrößerung haben wir ziemlich viel Reserve in unserem Darm. So findet die Nährstoffaufnahme weitgehend bereits im Leerdarm statt, und die allgemeine Aufnahmefähigkeit des Krummdarms dient als Sicherheit, falls mal etwas schiefläuft. Deshalb kann dieser Darmabschnitt mit Sonderfunktionen betraut werden. Beispielsweise wird hier das Vitamin B12 in sein aus dem Magen gewonnenes Intrinsic-Factor-Taxi gesetzt und durch die Schleimhaut transportiert. Für Vitamin C stellt der Darm selbst ein Taxi zur Verfügung, das ebenfalls hier die Darmwand passiert. Auch die im Verdauungsvorgang eingesetzten Gallensäuren werden im letzten Teil dieses Darmabschnittes zurückgewonnen.
In den Krypten zwischen den Darmzotten befinden sich kleine Drüsen, die verschiedene Hormone produzieren und zusätzlich eine wichtige Rolle im Immunsystem spielen. Diese Drüsen finden wir im gesamten Dünndarm, hier im Krummdarm jedoch vermehrt. Die Kerckringfalten werden im Verlauf dieses letzten Dünndarmabschnitts weniger und verschwinden schließlich, je näher wir dem Dickdarm kommen. Der Übergang zu diesem befindet sich im rechten Unterbauch. Der Dünndarm mündet in die Ileozäkalklappe, die sicherstellt, dass der Stuhl und alles, was diesem beigemischt ist, vom Dünndarm in den Dickdarm gelangen kann, aber nicht wieder zurück.
Die Ileozäkalklappe ist ein Konstrukt aus zwei vorgeschobenen Schleimhautfalten, die mithilfe von deutlich verstärkten Muskulaturringen in der Darmwand an dieser Stelle zuverlässig schließen. So wird der Reflux, also das Zurückfließen von Nahrungsresten und auch Dickdarmbakterien in den Dünndarm, verhindert.
Kann das weg? Der Blinddarm und sein Anhängsel
Auch der Dickdarm ist in mehrere Abschnitte unterteilbar, die jeweils fließend ineinander übergehen. Der erste Teil des Dickdarms, in dem wir direkt nach dem Passieren der Ileozäkalklappe landen, wird Blinddarm (Caecum) genannt. Er ist nur sieben Zentimeter lang und hat den Ruf, sich zu entzünden. Dies jedoch zu unrecht. Denn nicht der Blinddarm selbst ist es, der sich entzündet, sondern ein kleiner Wurmfortsatz, der an seinem unteren Ende hängt. Dieses Anhängsel hat einen Durchmesser von sechs bis sieben Millimeter, ist etwa zehn Zentimeter lang und über eine sehr kleine Öffnung mit dem Blinddarm verbunden. Verschließt sich diese, beispielsweise durch Kotsteine oder Fremdkörper, sitzen Bakterien, die hier keine seltenen Gäste sind, in der Falle. Durch sie kommt es zu einer Entzündung des Wurmfortsatzes. Sie äußert sich in starken Bauchschmerzen, die meist zunächst rund um den Bauchnabel wahrgenommen werden und dann innerhalb von ein paar Stunden in den rechten Unterbauch wandern. Bei einigen Menschen kommt Fieber oder Übelkeit hinzu.
Bleibt eine solche Entzündung unbehandelt, kann es aufgrund der Schwellung passieren, dass der Wurmfortsatz reißt. Das ist sehr gefährlich, weil sich die enthaltenen Bakterien dann frei im Bauchraum ausbreiten können, wo sie – anders als im Inneren des Darmes – großen Schaden anrichten. Ein solcher Durchbruch kann letzten Endes sogar zum Tod führen. Früher hat man deshalb, gerade bei Kindern, recht schnell zum Messer gegriffen und bei unklaren Bauchschmerzen lieber einen Wurmfortsatz zu viel herausgeschnitten. Oftmals wurde er auch im Rahmen von anderen Bauchoperationen prophylaktisch entfernt. Man ging davon aus, dass er sowieso keine Funktion hat.
Heute geht man etwas verhaltener mit solchen Operationen um. Die Schleimhaut des Wurmfortsatzes ist ähnlich aufgebaut wie die des Dickdarms. Sie enthält jedoch sehr viele Lymphknoten, die, ähnlich wie unsere Rachenmandeln, eine wichtige Rolle für die Infektabwehr spielen. Hier werden Abwehrzellen gebildet und geschult. Eine Entfernung des Blinddarmanhängsels bedeutet daher in jedem Fall eine Schwächung des Immunsystems. Einigen Untersuchungen zufolge steigert sie sogar das Risiko, an Herzinfarkt oder Morbus Crohn zu erkranken. Das ist eine Autoimmunerkrankung, die den Darm befällt und sich nicht so leicht behandeln lässt.
Vitamin-C-Taxi
Damit Vitamin C aufgenommen wird, brauchen wir einen sogenannten Carrier. Dieser funktioniert wie ein Taxi und transportiert das Vitamin durch die Darmschleimhaut in die Blutgefäße. Da wir nicht unendlich viele solcher Taxis in unserem Darm verfügbar haben, können pro Tag tatsächlich nur zwei Gramm Vitamin C aufgenommen werden. Höher dosierte Nahrungsergänzung mit Vitamin C können wir nicht verwerten. Sie landet direkt und ungenutzt in der Toilette.
Eine weitere Funktion findet mehr und mehr Beachtung: Der Wurmfortsatz des Blinddarms dient als Reservoir für eine gesunde Darm flora. Werden unsere Darmbakterien beispielsweise im Rahmen einer Darminfektion oder Antibiotika-Therapie angegriffen und dezimiert, können sich einige Kulturen hier verstecken. Sie dienen dann in der Ausheilungsphase als Starterkulturen für die Neubesiedelung des Dickdarms. Wenn man bedenkt, dass bei der einmaligen Einnahme von Antibiotika bis zu 25 Prozent der Artenvielfalt unserer Symbionten kaputt geht, spielt der Wurmfortsatz eine sehr viel wichtigere Rolle, als ihm bisher zugesprochen wurde.
Der Blinddarm ist der erste Abschnitt des Dickdarms.
Der Blinddarm selbst ist letztlich nur die Verbindung zu seinem »entzündungsfreudigen« Kollegen und stellt in erster Linie den ersten kleinen Abschnitt des Dickdarms dar.
Der Dickdarm: Heimat von Millionen
Auf den Blinddarm folgt der Grimmdarm (Colon), selbst unterteilt in drei Bereiche: Der aufsteigende Teil (Colon ascendens) steigt auf der rechten Bauchseite etwa 25 Zentimeter in die Höhe. Der querliegende Teil (Colon transversale) ist etwa 50 Zentimeter lang und durchquert unseren Bauch entlang des Zwerchfells, und der absteigende Teil (Colon descendens) führt auf der linken Bauchseite wieder etwa 25 Zentimeter abwärts. Der letzte Teil, das Sigmoid, führt wie ein S durch das Becken und bildet schließlich die Verbindung zum Mastdarm (Rektum).
So bildet der Dickdarm mehr oder weniger einen Rahmen um die freiliegenden Dünndarmschlingen. Aufsteigender und absteigender Grimmdarm sind hierzu an der hinteren Bauchwand befestigt, während der transversale beweglich oben am Bauchfell aufgehängt ist. So stört die Querverbindung beispielsweise die Bewegungen des Zwerchfells bei der Atmung nicht. Die kurvigen Übergänge, die sozusagen die oberen Ecken des Rahmens bilden, werden als linke und rechte Flexur bezeichnet.
Der Dickdarm ist zusammengefasst wesentlich kürzer als der Dünndarm und auch etwas unbeweglicher. Um trotzdem genügend Platz für die aus dem Dünndarm ankommenden Reste zu haben, ist der Durchmesser mit sechs bis acht Zentimeter doppelt so groß wie der seines »Vorarbeiters«.
Der Aufbau der Dickdarmwand ist der des Dünndarms ähnlich, jedoch variiert die Architektur ein wenig: Die Kerckringfalten und Zotten spart sich die Schleimhaut hier, Mikrovilli gibt es jedoch. Sie sitzen auf sogenannten Saumzellen und Becherzellen, deren Schleim den zu transportierenden Stuhl gleitfähig hält.
Auch die beiden äußeren Muskelschichten gibt es am Dickdarm, allerdings ist die Längsmuskulatur weitgehend konzentriert auf drei etwa ein Zentimeter breite Bänder, die am gesamten Dickdarm entlanglaufen und ihn in sogenannte Taenien zusammenraffen.
Zwischen den drei Bändern zieht sich die Ringmuskulatur in sehr regelmäßigen Abständen massiv zusammen, wodurch halbmondförmige Einschnürungen entstehen. Die zwischen zwei Einschnürungen entstehenden Vorwölbungen nennt man Haustrien. Im Gegensatz zu den fixierten Taenien bewegen sie sich permanent peristaltisch, also in einer raupenartigen Bewegung, über den gesamten Dickdarm.
Die Aufgabe des Dickdarms ist es, den mittlerweile weitgehend verdauten Speisebrei durch Flüssigkeitsentzug einzudicken und zu speichern. Etwa 1000 Milliliter Flüssigkeit aus Nahrung und Verdauungssäften, die hier noch in unseren Speiseresten enthalten sind, passieren täglich die Ileozäkalklappe. Von ihnen werden maximal 150 Milliliter tatsächlich ausgeschieden. Die restliche Flüssigkeit filtert die Dickdarmwand und stellt sie dem Körper via Lymph- und Blutgefäße zur Verfügung.
Bei der Resorption des Wassers werden auch Salze, also Mineralstoffe und Spurenelemente, aufgenommen. Damit diese untereinander immer im überlebenswichtigen Gleichgewicht bleiben, wird im Dickdarm entschieden, wie viel von welchem Element aufgenommen wird und welche Anteile mit dem Stuhl ausgeschieden werden.
Für diese Aufgabe lässt sich der Dickdarm Zeit. Richtig effektive Vorwärtsbewegungen findet hier nur ein- bis dreimal am Tag statt. Dann erschlaffen die sonst unter Dauerspannung stehenden Taenien, und der Stuhl wird mit aller Kraft in Richtung Mastdarm weitergeschoben. So kann es durchaus bis zu 24 Stunden dauern, bis der Darminhalt überhaupt das Colon transversale erreicht. In diesem Abschnitt kann es sogar passieren, dass die Faeces (der Stuhl) wieder ein Stück zurück in den aufsteigenden Abschnitt und den Blinddarm geschoben wird, wenn der betriebsinterne Arbeitsablauf des Dickdarms solche Maßnahmen nötig macht.
Die Anordnung der Muskelschichten lässt den Dickdarm wie eine Raupe aussehen.
Was behäbig klingt, gleicht in Wirklichkeit einem wilden Gewusel. Während der Dünndarm kaum mit Keimen besiedelt ist – nur im allerletzten Abschnitt hausen ein paar ausgewanderte Laktobazillen und Bifidobakterien –, ist der Dickdarm die Heimat von unzähligen unterschiedlichsten Bakterien.
Kluge Symbiose: Die Bewohner des Dickdarms
Insgesamt gibt es über 5000 verschiedene Bakterienstämme mit 36 000 Bakterienarten, aus denen sich das menschliche Mikrobiom, so heißt die Darmflora heute, wahlweise zusammensetzen kann. Die Darmflora ist damit etwas ebenso Individuelles wie der Fingerabdruck. Weniger als 10 Prozent dieser Vielfalt kommen in größerer oder kleinerer Menge in jedem Darm vor. Die restlichen 90 Prozent setzen sich bei jedem Menschen individuell aus einem Auszug von 300 bis 500 verschiedenen Keimstämmen aus dem großen Symbiontenangebot zusammen. Bei Geschwistern gibt es größere Überschneidungen, und auch bei Menschen, die über mehrere Jahre zusammenleben, gleicht sich die Besiedlung an.
In einem Darm leben also 1014 bis 1015 kleine Bewohner, die aus rund 500 Völkern stammen können. Ziemlich multikulti, könnte man sagen. Und auch ziemlich beeindruckend, vor allem, wenn man sich vor Augen führt, dass der gesamte Körper nur aus 1012 bis 1014 menschlichen Zellen besteht. Die 100 000 000 000 000 Bakterien in unserem Darm sind im Vergleich zu unseren Körperzellen also in der Überzahl. Das erlaubt die Frage: Wer sind wir eigentlich wirklich?
Hielt man Bakterien lange Zeit für generell gemeingefährlich, weiß man heute, dass wir diejenigen, die in unserem Darm leben, zum Überleben brauchen. Sie stellen sich unserem Immunsystem als Trainingspartner zur Verfügung, damit es gut vorbereitet ist auf wirklich gefährliche Keime. Sie füttern und reparieren unsere Darmschleimhaut, damit diese ihre vielfältigen Funktionen vollständig erfüllen kann. Sie stellen sicher, dass Fremdkeime gar nicht erst Platz finden und sich nicht in unseren Eingeweiden ausbreiten können. Und sie helfen unseren Immunzellen zu erkennen, dass nicht alles, was fremd ist, abgewehrt werden muss, sie schützen uns also vor Allergien.
Escherichia coli ist üblicherweise der erste Keim, der sich ansiedelt. Das liegt daran, dass er sich so einfach vermehrt. E. coli gehört zu den aeroben Keimen, er mag also gern Sauerstoff. Weil er den anwesenden Sauerstoff verbraucht, wenn er sich ansiedelt, bereitet er das Milieu für andere Darmkeime vor. Die meisten unserer Untermieter mögen Sauerstoff nämlich nicht besonders gern. Sie sind anaerobe Keime. Ist Sauerstoff anwesend, können sie nicht weiterwachsen oder gehen sogar kaputt.
Andere Bakterien sorgen mit ihren Ausscheidungsprodukten dafür, dass sich der pH-Wert im Dickdarm nicht in den basischen Bereich verschiebt. Die guten Darmbakterien haben es nämlich gern schön sauer um sich herum. Im basischen Bereich wachsen eher Fremdkeime.
Jede Bakterienfamilie erfüllt andere wichtige Aufgaben. Je bunter der Haufen unserer Flora gemischt ist, desto besser ist sichergestellt, dass alle Aufgaben erfüllt werden können.
Die Sauerstoff-Empfindlichkeit unserer Mitbewohner ist auch in Labors, die Stuhlflora-Analysen anbieten, bedeutsam. E. coli wird man immer in großer Zahl finden, weil er sich mehr oder weniger uneingeschränkt vermehrt. Um die anaeroben Keime nachzuweisen, müssen sich Labormitarbeiter etwas anstrengen und ihnen ideale Bedingungen schaffen. Darum ist es wichtig, dass wir in einer Stuhlprobe, die ans Labor geschickt werden soll, so wenig wie möglich »herumstochern«, um das Röhrchen voller zu kriegen. Damit würde nämlich vermehrt Luft in das Probenmaterial gemischt, und die verfälscht das Ergebnis.
Bis zur Hälfte der Stuhlmasse besteht aus Bakterien. Im Rahmen der Analyse werden üblicherweise vor allem die Keimfamilien untersucht, die die Forschung schon etwas näher kennengelernt hat. Es gibt jedoch viele mehr, deren Funktionen wir noch nicht genau kennen. Der Darm ist in dieser Hinsicht immer noch wie ein unbekanntes Universum, das es weiter zu entdecken gilt.
Zu guter Letzt: Rektum und Hämorrhoidalpolster
Der letzte Abschnitt des Dickdarms ist der Mastdarm, auch als Rektum bezeichnet. Er ist etwa 15 bis 20 Zentimeter lang und bildet schließlich den Ausgang aus unserem Innenleben. Der obere Teil, der an das Sigmoid anschließt, heißt Ampulle. Sie ist sehr dehnungsfähig und dient zur Speicherung des auszuscheidenden Stuhls. Die letzten drei Zentimeter des Mastdarms werden als Anus bezeichnet. Das Ende dieses Abschnitts ist der After, sozusagen die Pforte nach draußen.
Der Aufbau der Darmwand unterscheidet sich hier ein wenig von dem des restlichen Dickdarms. Die Muskelschichten sind wieder gleichmäßig verteilt, sodass es keine Taenien und Haustrien mehr gibt. Im Bereich des Anus wird die Muskelschicht dicker und bildet den inneren Sphinkter, der den Darmausgang dicht verschließt. Wie bei der bisherigen Darmmuskulatur handelt es sich um »glatte Muskulatur«, die wir nicht bewusst steuern können. Von außen ist eine zweite Muskelschicht angelagert, die aus quergestreifter Skelettmuskulatur besteht – der äußere Schließmuskel. Ihn können wir willentlich beeinflussen.
Markerkeime, die üblicherweise routinediagnostisch erfasst werden
Name | Steckbrief | Aufgabe |
Escherichia coli, Enterobakterien | Aeorbe KeimeObligate DarmfloraNormbereich Stuhlanalyse: 106 bis 107 kbE (kbE steht für koloniebildende Einheiten) | – Erstbesiedlung– Schaffen das Milieu für andere Bakterien durch den Verbrauch von Sauerstoff– Abwehr von Fremdkeimen (Barrierefunktion, Schutzbesiedlung)– Training des Immunsystems |
Enterobakterien | Aerobe Keime Obligate Darmflora Normbereich Stuhlanalyse: 106 bis 107 kbE | – Bilden Wasserstoffperoxid, kurzkettige Fettsäuren und Bacteriocine und tragen somit zur Abwehr gegen Fremdkeime und zum Schutz vor Krebserkrankungen bei– Ansäuerung des Darmmilieus– Anregung der Darmdurchblutung– Anregung der Darmmotilität– Energieversorgung der Epithelzellen im Dickdarm– Werden auch als Starterkultur zum Fermentieren von Lebensmitteln verwendet |
Laktobazillen | Mikroaeorphiler Keim (können etwas Sauerstoff vertragen)Obligate DarmfloraNormbereich Stuhlanalyse: 105 bis 107 kbE | – Besiedeln Dünn- und Dickdarm– Verhindern eine Ansiedlung von Fremdkeimen und Fäulniskeimen über eine Platzhalterfunktion und über eigens produzierte Bacterocine– Ansäuerung des Darmmilieus– Hemmung proteolytischer Flora und dadurch Reduktion von karzinogenen Enzymen im Dickdarm |
Bifidobakterien | Anaerob wachsender KeimNormbereich Stuhlanalyse: 108 bis 1010 kbEObligate Darmflora | – Machen beim Säugling ab der zweiten Lebenswoche den Hauptteil der Darmsymbionten aus– Teil der Kolonisationsresistenz (wenn sie da sind, ist schädlichen Keimen der Platz versperrt)– Produzieren Vitamin K, B6, Riboflavin, Thiamin– Man verwendet sie als Starterkultur für Sauermilcherzeugnisse |
Bacteroides | Anaerob wachsende KeimeNormbereich Stuhlanalyse: 108 bis 1010 kbEObligate Darmflora | – Zahlenmäßig führende Keimfamilie im Dickdarm– Wichtige Komponente der Kolonialresistenz– Bilden Buttersäure, die die Darmschleimhaut ernährt und das Wachstum von Fremdkeimen hemmt |
Clostridium spp. | Anaerober SporenbildnerObligate DarmfloraNormbereich Stuhlanalyse: maximal 105 kbE | – Bisher keine positiven Effekte nachgewiesen– Bilden Gase und Histamin– Führen bei zu starker Vermehrung (zum Beispiel durch einseitig eiweißreiche Kost oder nach Antibiotika) zu Blähungen und Durchfällen |
Zur zusätzlichen Abdichtung liegen unter beiden Schließmuskeln sehr gut durchblutete Schwellkörper, die Hämorrhoidalpolster. Sie werden durch arteriellen Blutzulauf nach Bedarf aufgepolstert und stellen sicher, dass weder Winde, noch Stuhl oder Flüssigkeiten den Kanal unkontrolliert passieren.
Kann der Fülldruck dieser Schwellkörper nicht mehr richtig reguliert werden, zum Beispiel aufgrund einer Schwäche des umgebenden Bindegewebes, entstehen knotenförmige Erweiterungen. Geschieht dies im oberen Bereich des Anus, spricht man von (inneren) Hämorrhoiden. Je nach Ausmaß können sie unterschiedliche Probleme verursachen. Aufgrund ihrer Vorwölbung funktioniert der dichte Verschluss nicht mehr richtig. Dadurch verbleiben Schleim und Kotreste im letzten Stück des Analkanals. Das führt zu Juckreiz und Brennen oder auch zu unangenehmen Entzündungen, da die Schleimhaut hier in das Gewebe der Oberhaut übergeht, die mit der ständigen Feuchtigkeit nicht so gut zurechtkommt. Bleibt das Blut in den erweiterten Knötchen hängen, gerinnt es und bildet Klümpchen. So entstehen schmerzhafte Analthrombosen.
In jedem Stadium können Hämorrhoiden bei Belastung, also beispielsweise beim Stuhlgang, aufreißen und Blutungen verursachen. Bei massivem Hämorrhoidalleiden kann es zu einem sogenannten Vorfall kommen. Die Hämorrhoide tritt dann durch den After nach außen. Das kann zu intensiven Reizungen rund um den After führen und schließlich sogar Stuhlinkontinenz zur Folge haben.
Erweitern sich die Hämorrhoidalpolster im unteren Bereich des Anus, also rund um den After, spricht man von Marisken. Sie sind als Hautfalten von außen sichtbar, verursachen jedoch meist keine Probleme.
Das Rektum bildet den letzten Abschnitt des Darms.
Die Stuhlentleerung (Defäkation) ist ein Reflexgeschehen: Wird der Stuhl vom Dickdarm in die Ampulle geschoben und diese dadurch gedehnt, erschlafft der innere Schließmuskel. Der äußere kontrahiert gleichzeitig, um den Verschluss zu erhalten. Aus dieser Kooperation entsteht für uns der Stuhldrang. Können wir diesem nachgeben und ein entsprechendes stilles Örtchen aufsuchen, steigt der Druck dadurch weiter an, dass die Darmmuskelschichten ab dem Sigmoid verstärkt peristaltische Wellen erzeugen, die den Stuhl weiter vorschieben. Mit Unterstützung von Atmung und Anspannung der Bauchmuskulatur erfolgt die Stuhlentleerung.
Ist die Gelegenheit gerade ungünstig, verhindern wir diesen Vorgang durch Anspannung des äußeren Schließmuskels. Dadurch wird der Mastdarm geweitet. Das merkt der innere Kollege und spannt sich wieder an. Der Stuhldrang verschwindet und meldet sich erst später wieder. Unterdrücken wir den Impuls immer wieder über einen längeren Zeitraum, wird schließlich die Peristaltik im gesamten Dickdarm gehemmt. Der Darm wird träger. Zusätzlich wird der Stuhl härter und trockener, da er ja länger als geplant im Darm verbleibt. Selbst bei gesunder, ballaststoffreicher Kost trainieren wir uns so eine Verstopfungsneigung an. Diese wiederum begünstigt die Entstehung von Hämorrhoidalleiden ebenso wie das starke Pressen, das dann beim Stuhlgang notwendig wird.
Naturheilkundliche Rezepte zur Linderung von Hämorrhoidalbeschwerden
In jedem Fall sollte die Ursache für unklare Blutungen therapeutisch abgeklärt werden. Neben ballaststoffreicher Kost und ausreichender Flüssigkeitszufuhr können folgende naturheilkundliche Mittel helfen:
Bei akuten Beschwerden helfen Sitzbäder:
Eichenrinde | 50 g |
Hamamelisblätter | 50 g |
Pfingstrosenblüten | 30 g |
Ringelblumenblüten | 20 g |
Wundkleeblüten | 20 g |
Walnussblätter | 30 g |
Alle Pflanzenteile werden gemischt. Für ein Sitzbad werden 30 g der Mischung mit 2 l kochendem Wasser überbrüht. Nach 20 Minuten Ziehzeit wird der Absud dem Badewasser für ein Sitzbad zugegeben. Im Akutfall können täglich 15-minütige Bäder erfolgen. (Margret Madejsky, Lexikon der Frauenkräuter, AT Verlag, 2008)
Um die Bäderkur innerlich zu begleiten, empfiehlt sich ein Tee aus folgenden Zutaten:
Odermennigkraut | 40 g |
Eichenrinde | 20 g |
Wegwartenwurzel | 20 g |
Hamamelisblätter | 30 g |
Ringelblumenblüten | 20 g |
Rosskastanienfrüchte | 20 g |
Von dieser Mischung 1 TL pro Tasse mit heißem Wasser überbrühen, 10 Minuten ziehen lassen, abseihen. Als Kur empfehlen sich zwei bis vier Tassen täglich, etwa vier Wochen lang.
Bei Entzündungen und Hautreizungen im äußeren Bereich rund um den After helfen Salben mit Ringelblume und Hamamelis sowie Johanniskrautöl. Schnelle Linderung im Akutfall bringt auch die Wund- und Heilsalbe der Firma Retterspitz. Die enthaltenen ätherischen Öle wirken kühlend, abschwellend und antibakteriell. Auch Auflagen oder Spülungen mit einem Absud aus Kamillenblüten und Ringelblumenblüten wirken wundheilend und entzündungswidrig.
Hämorrhoidalleiden können mehr oder weniger starke Blutungen verursachen. Zum Stoppen der Blutung hilft das Auftupfen von verdünnter Blutwurztinktur (1 Teil Tinktur mit 5 Teilen Wasser) oder eine Breiauflage aus Blutwurzpulver.
Zur Behandlung von Hämorrhoidalleiden im Allgemeinen eignet sich eine Blutegeltherapie zur Entstauung des Lendenbereiches. Mit dem Medikament Hirudo comp. Globuli Velati der Firma Wala steht der Blutegel auch als Therapeutikum für die innere Einnahme zur Verfügung. Zäpfchen mit den Kardinalmitteln Hamamelis und Rosskastanie (zum Beispiel Hämorrhoidalzäpfchen von Weleda oder Quercus Hämorrhoidalzäpfchen von Wala) können sowohl im akuten Zustand als auch als Kur über einige Wochen angewendet werden.
Die Steuerung über Hormone und Nerven
Die Nerven: Das Hirn im Bauch
Unser gesamter Verdauungstrakt ist ein echtes Sensibelchen. Das liegt daran, dass sich zwischen den Muskelschichten seiner Außenwand zwei eigene Nervengeflechte befinden. Sie heißen Meissner-Plexus und Auerbach-Plexus. Das besondere an ihnen ist, dass sie vollkommen selbstständig arbeiten können und vom zentralen Nervensystem nur teilweise reguliert werden.
Der Verdauungsschlauch besitzt ein eigenes Nervensystem. Das Zentrale Nervensystem steuert nur die Aktions- und Ruhephasen der Verdauung.
Das zentrale Nervensystem wird in zwei Anteile aufgeteilt. Der erste ist der Sympatikus, zuständig für unser aktives Leben. Arbeitet dieser Anteil unseres Nervensystems, sind wir in Aktion, zum Beispiel bei der Arbeit, beim Sport oder auf der Flucht vor einem Säbelzahntiger. Unseren Verdauungsorganen sagt er dann: »Für Verdauung haben wir jetzt keine Zeit. Bitte Arbeit einstellen!«
Der andere Teil des zentralen Nervensystems ist der Parasympatikus und er ist dann wach, wenn wir schlafen oder ausruhen. Da wir in diesen Situationen keine Muskelkraft brauchen, kann die Energie anderweitig verwendet werden, beispielsweise für Verdauungsarbeit. Der Parasympatikus sagt unserem Darm also: »Du kannst jetzt loslegen, es ist kein Säbelzahntiger in Sicht.«
Heutzutage hat der Säbelzahntiger allerdings einen anderen Namen, nämlich »Stress«. Für unseren Bauch ist es also sehr wichtig, dass wir regelmäßige Ruhepausen einlegen, damit für die Verdauung überhaupt Energie zur Verfügung steht.
Das zentrale Nervensystem schaltet unseren Verdauungsapparat nämlich tatsächlich angepasst an unsere Aktivitäten ein oder aus.
Alle weiteren Funktionen werden von den beiden Nervengeflechten des Verdauungsschlauches selbst überwacht und reguliert. Da wären zum Beispiel die raupenartige Bewegung, die Produktion von Magensaft und Darmschleim, die Aufnahme von Nährstoffen oder auch die Immunfunktionen, die wir im Darm finden.
Insgesamt sitzen über den gesamten Verdauungstrakt verteilt bis zu fünfmal so viele Nervenzellen wie im Rückenmark. Der größte Teil dieser Zellen ist dabei direkt mit einem der Hirnnerven verbunden. Erst ab dem Dickdarm läuft die zentrale Verschaltung über das Rückenmark. Inwieweit das sogenannte Bauchhirn uns auch in Bereichen beeinflusst, die mit der Verdauung nichts zu tun haben, versuchen Forscher seit einigen Jahren herauszufinden.
Hormone: Die längere Leitung
Der Informationsaustausch über das Nervensystem läuft elektrisch und daher schnell wie bei einem Lichtschalter. Drücken wir den Schalter, ist das Licht schon an. Einige Informationen sind jedoch so komplexer Natur, dass sie nicht auf ein Stromkabel passen. Für sie gibt es eine Übertragung mittels Boten. Die chemischen Botenstoffe nennt man Hormone. Sie bestehen aus Eiweiß- und Fettbausteinen. Verschiedene Drüsen und Gewebe produzieren solche Signalstoffe und schütten sie in bestimmten Situationen aus. Über das Blut gelangen sie dann zu ihrem jeweiligen Zielort. Damit sie dort ihre Wirkung entfalten können, müssen an den Zellen Rezeptoren für das jeweilige Hormon vorhanden sein. Das funktioniert wie bei einem Schlüssel. Damit man ihn benutzen kann, um eine Tür zu öffnen, muss es ein passendes Schloss geben.
Da Endokrinologie, der Fachbereich, der sich mit Hormonen beschäftigt, ein ganz eigenes und sehr umfassendes Thema ist, verschaffen wir uns hier nur einen kurzen Überblick über die Hormone, die für unsere Verdauungsarbeit eine wichtige Rolle spielen.
Alle diese Hormone kooperieren mit anderen Botenstoffen im gesamten Körper. Ihr Zusammenspiel ist ebenso komplex wie ihre Wirkungsweisen und die Voraussetzungen für ihre Produktion. Die Wissenschaft hat längst noch nicht alle Funktionen und Zusammenhänge abschließend aufgeklärt. Aber für die Verdauung unseres Mittagessens müssen wir die Hormone auch nicht kennen oder verstehen. Es schadet allerdings nicht, sich bewusst zu sein, dass jeder Bissen Nahrung, den wir zu uns nehmen, unzählige Prozesse im Körper auslöst. Eine gute Verdauung ist von sehr vielen Faktoren abhängig und beeinflusst unseren gesamten Organismus.
Die Reise unseres Mittagessens: Wie funktioniert eigentlich Verdauung?
Nun haben wir den Darm und seine Kollegen näher kennengelernt. Betrachten wir auf dieser Basis also, wie das Zusammenspiel funktioniert:
Im Mund wird die Nahrung zerkleinert. Kauen ist die beste Vorarbeit für eine gute Verdauung. Deshalb ist Zahngesundheit auch Darmgesundheit. Als Richtlinie gilt, dass jeder Bissen 30 Mal gekaut werden sollte. Der Arzt F. X. Mayr hat sogar gesagt: »Alles, was nach 50 Mal kauen nicht immer besser schmeckt, kann keine gute Nahrung sein.« Die dabei angedeutete Veränderung des Geschmacks rührt daher, dass beim Kauen Mundspeichel ausgeschüttet wird. Die hierin enthaltenen Enzyme beginnen bereits mit der Vorbereitung der Verdauung. Hauptsächlich ist hierbei die Amylase angesprochen, die die Kohlenhydratketten schon im Mund zerschneidet und zu immer einfacher aufgebautem Zucker verarbeitet. Dadurch entwickelt der Bissen im Mund einen immer süßlicheren Geschmack, je länger wir darauf herumkauen.
Der Druck, der beim Kauen entsteht, und auch die Zeit, die der Bissen zwischen den Zähnen hin und her geschoben wird, beeinflussen die Menge an alkalischem Mundspeichel, der ausgeschüttet wird. Dieser wird benötigt, damit die Amylase ihre Arbeit überhaupt verrichten kann. Diese Vorbereitung entlastet später die Bauchspeicheldrüse, die dann weniger Verdauungssekret produzieren muss, wenn der Nahrungsbrei im Dünndarm ankommt. Gründliches Kauen hält übrigens auch die Zähne gesund. Der Kiefer wird gefestigt, das Zahnfleisch und alle Strukturen im Mund und im Gesicht werden besser durchblutet und somit besser versorgt.
Die wesentlichen Hormone bei der Verdauung
Name des Hormons | Produktionsort | Wirkungsorte | Funktion |
Cholecystokinin (CCK) | Dünndarmschleimhaut | Magen, Darm, Gallenblase, Bauchspeicheldrüse | Bremst die Bewegung des Magens, steigert die Bewegung des Darms, bewirkt eine Konraktion der Gallenblase und damit die Ausschüttung des Inhalts, erhöht die Sekretion von Bauchspeichel, erzeugt das Sättigungsgefühl |
Gastrales inhibitorisches Polypeptid (GIP) | Dünndarmschleimhaut (Leerdarm) | Magen, Bauchspei cheldrüse | Bremst die Bewegung des Magens, hemmt die Ausschüttung von Magensaft, regt die Insulinproduktion an |
Gastrin | Magenschleimhaut (G-Zellen) | Magen, Gallenblase, Bauchspeicheldrüse | Regt die Säurebildung und die Bewegung des Magens an, erhöht die Sekretion von Galle und Bauchspeichel |
Ghrelin | Magenschleimhaut (Fundus) | Hirn | Erzeugt das Hungergefühl, mit zunehmender Magenfüllung sinkt die Ghrelinproduktion |
Glukagonlike Peptid 1 (GLP-1) | Dünndarmschleimhaut (Krummdarm) und Dickdarmschleimhaut | Hirn, Magen, Darm, Bauchspeicheldrüse | Bremst die Bewegungen von Magen und Darm, hemmt die Produktion von Magensäure, dämpft den Appetit, steigert die Produktion von Insulin |
Leptin | Fettgewebe | Hirn | Dämpft den Appetit |
Motilin | Dünndarmschleimhaut (Zwölffingerdarm) | Magen, Gallenblase | Reguliert die Fettverdauung, fördert die Weitergabe von Fetten von Magen an Dünndarm, steigert die Ausschüttung von Gallenflüssigkeit |
Peptid YY (PYY) | Dünndarmschleimhaut (Krummdarm) | Hirn | Bremst Hunger und Appetit, wird nur bei übermäßiger Nahrungsaufnahme produziert |
Sekretin | Dünndarmschleimhaut | Magen, Gallenblase, Bauchspeicheldrüse | Bremst die Bewegungen des Magens, vermindert die Ausschüttung von Magensaft, steigert den Gallenfluss, erhöht die Menge alkalischer Bikarbonate im Bauchspeichel |
Somatostatin | Hirn, Bauchspeicheldrüse, gesamter Verdauungstrakt | Magen, Darm, Bauchspeicheldrüse | Wirkt als Universalbremse, hemmt die Ausschüttung anderer Hormone, die Sekretion aller Verdauungssäfte und die Peristaltik im gesamten Verdauungstrakt |
Vasoaktives intestinales Peptid (VIP) | Nervenfasern in der Darmwand | Magen, Darm, Gallenblase, Bauchspeicheldrüse | Bremst die Bewegung von Magen und Darm, hemmt die Ausschüttung von Magensaft, steigert die Sekretion von Galle und Bauchspeichel |
Die Reise unserer Nahrung durch den Verdauungsschlauch
Kohlenhydrate
Der Name Kohlenhydrat verrät uns bereits die chemische Grundstruktur des Makronährstoffs: Er besteht aus Kohlenstoff (C) und Wasser (H2O). Die einfachste Variante sind Einfachzucker (Monosaccharide). Sie bestehen aus sechs Kohlenstoffmolekülen, zwölf Wasserstoffmolekülen und sechs Sauerstoffmolekülen. In unterschiedlicher Anordnung begegnen sie uns dann als Glukose, Fruktose und Galactose. Diese Einzelteile können von der Darmschleimhaut aufgenommen und so in körpereigenen Abläufen als Baustein und Brennstoff verwendet werden.
In der Nahrung finden wir natürlicherweise zusammengesetzte Zucker, also Kohlenhydratketten. Die kürzesten sind hierbei die Zweifachzucker (Disaccharide), die, wie der Name sagt, aus zwei zusammengesetzten Einfachzuckern bestehen. Sie müssen im Rahmen des Verdauungsprozesses nur einmal »durchgeschnitten« werden, um resorbierbar zu sein. Da sie so einfach zu zerlegen sind, gelangen sie sehr schnell ins Blut. Wir kennen sie als
– Saccharose: Rohrzucker, Haushaltszucker, besteht aus Glukose und Fruktose
– Lactose: Milchzucker, besteht aus Glukose und Galaktose
– Maltose: Malzzucker, besteht aus Glukose und Glukose.
Oligosaccharide (vom griechischen oligo, »wenige«) finden wir in natürlichen Lebensmitteln nur in sehr geringer Menge. Sie bestehen aus zwei bis zehn Einfachzuckern und können im Verdauungsprozess nur unvollständig zerteilt und aufgenommen werden. Ihre bekanntesten Vertreter heißen Maltotriose, Raffinose, Stachyose, Verbascose. Natürlicherweise kommen sie beispielsweise in Hülsenfrüchten, Kohlgemüsen und Vollkornprodukten vor. Sie werden von den Darmbakterien fermentiert und können Blähungen verursachen.
Den Hauptteil der in unserer Nahrung enthaltenen Kohlenhydrate machen Polysaccharide aus (griechisch poly, bedeutet »viele«). Hierbei handelt es sich um lange Kohlenhydratketten, die teilweise stark verzweigt sind und deshalb im Verdauungsprozess intensiv bearbeitet werden müssen, bis sie vom Körper aufgenommen werden können. Zu ihnen zählen pflanzliche Stärke (zum Beispiel Amylose, Amylopektin) in Getreiden, Kartoffeln und Früchten ebenso wie tierische Stärke (Glycogen) aus Leber- und Muskelzellen.
Als Ballaststoffe werden lange Kohlenhydratketten bezeichnet, die im Dünndarm nicht aufgespalten werden können. Zu ihnen zählen beispielsweise Cellulose und Pektin. Sie dienen den Darmbakterien als Futter.
Der im Mund zerkleinerte, desinfizierte und schon leicht anverdaute Nahrungsbissen wird nun geschluckt, die Speiseröhre hinab in Wellenbewegungen weitertransportiert und durch den Schließmuskel am Mageneingang in den Magen eingelassen. Das liest sich deshalb so schnell, weil es tatsächlich nur etwa 10 Sekunden dauert.
Im Magen angekommen, wird der Speisebrei nun hin und her bewegt und mit dem sauren Magensaft vermengt. Mithilfe der Säure und der Enzyme im Magen werden die Proteine denaturiert: Die Knäuelstruktur der Eiweiße wird vom Magensaft in eine gut zerschneidbare Doppelhelix sortiert und so für die Zerkleinerung im Dünndarm vorbereitet. Die im Nahrungsbrei enthaltenen Kohlenhydrate reagieren hier allenfalls noch mit den im Mundspeichel enthaltenen Enzymen nach, die mit geschluckt wurden. Im Großen und Ganzen warten sie hier jedoch einfach auf den Weitertransport.
Proteine
Eiweiße haben sehr komplexe und sehr unterschiedliche Strukturen. Auch hier ist eines der wichtigsten Moleküle der Kohlenstoff. Im Nahrungsprotein liegt er gemeinsam mit Stickstoff und anderen Molekülen in einer Art chaotischer Knäuelstruktur vor. Damit diese überhaupt bearbeitet werden kann, wird sie vom Magensaft auseinandergefaltet. Danach liegen Proteine in einer Doppelhelix vor, das heißt, sie sehen ein wenig aus wie eine gedrehte Strickleiter.
Aus dieser Leiter können Enzyme im Dünndarm die einzelnen Aminosäuren herausschneiden, die dann ins Blut aufgenommen und im Körper verwendet werden können. Proteine sind in allen tierischen Produkten enthalten, aber beispielsweise auch in Hülsenfrüchten und Vollkorngetreiden.
Auch die Fette haben im Magen noch keinen großen Auftritt. Die hier ausgeschüttete Lipase leistet nach dem Säuglingsalter nur wenig Vorarbeit, die eigentliche Fettzerkleinerung beginnt erst im Dünndarm. Lipide haben jedoch einen ziemlich großen Einfluss darauf, wie schnell die verspeisten Portionen vom Magenpförtner an den Dünndarm weitergegeben werden. Je nach Fettgehalt und Konsistenz des Mageninhalts arbeitet der Magen ein bis drei, manchmal sogar bis zu sechs Stunden, bevor der Transport fortgesetzt werden kann. Auch Temperatur und Teilchengröße der ankommenden Nahrungsbissen beeinflussen die Verweildauer des Speisebreis.
Fette
Der größte Teil der in unserer Nahrung enthaltenen Fette besteht aus Triglyceriden. An einem Glycerid-Baustein hängen dabei drei Fettsäuren. Diese Fettsäuren sind chemisch gesehen auch wieder Kohlenstoffketten, was letztlich erklärt, warum andere Nährstoffe im Stoffwechsel in Fette umgebaut werden können und umgekehrt. Diese Funktion ist wichtig für unsere Figur: Da Kohlenhydrate nur halb so viel Energie enthalten wie Fette, sind sie als Speichermedium nicht so gut geeignet. Würden wir ein Zuviel nicht in Fettdepots lagern, sondern in Kohlenhydratdepots, hätte unser Bauch den doppelten Umfang bei gleichem Gewicht.
Nicht alle Fettsäuren sind jedoch zum Einlagern gedacht. Sie werden beispielsweise für den Aufbau der Zellwände und als Schutzpolster rund um unsere Organe benötigt.
Fettsäuren, bei denen alle Kohlenstoffmoleküle mit einer einfachen Bindung verbunden sind, heißen gesättigte Fette. Diese finden wir zum Beispiel in Butter oder Fleisch- und Wurstwaren. Gibt es irgendwo zwischen zwei Kohlenstoffmolekülen eine doppelte Bindung, spricht man von einer einfach ungesättigten Fettsäure. Ein Beispiel hierfür ist die Ölsäure, die in großen Mengen in Olivenöl enthalten ist. So eine Doppelbindung heißt nicht etwa, dass die Kohlenstoffmoleküle besser miteinander verbunden wären. Das Gegenteil ist der Fall. Kommt ein für die Fettsäure chemisch interessantes Teilchen an dieser Verbindung vorbei, öffnet sich eine der beiden Bindungen und fängt das Teilchen ein. Ein Beispiel für ein passendes Teilchen wäre ein freies Sauerstoff-Radikal. Bindet sich dieses an die Fettsäure, oxidiert sie. Passiert das im Olivenöl mit mehreren Fettsäuren, wird es ranzig.
Noch schneller geht das bei Ölen, die mehrfach ungesättigte Fettsäuren enthalten, also zum Beispiel Leinöl oder Hanföl. Diese haben nicht nur eine solche Doppelbindung, sondern mehrere und sind daher noch reaktiver. Je nachdem, an welcher Position sich die erste der Doppelbindungen befindet, heißen diese Fettsäuren Omega-3-, -6-, oder -9-Fettsäuren.
Da Fette nicht wasserlöslich sind, müssen sie im Verdauungsvorgang zunächst vom Gallensaft emulgiert werden. Dadurch entstehen sogenannte Mizellen, an denen die Enzyme angreifen können. Mithilfe der Enzyme werden die Triglyceride dann in einzelne resorptionsfähige Fettsäuren und Glyceridreste gespalten.
Der Pförtner funktioniert wie ein treuer Türsteher. Er gibt die von Mund und Magen vorverdauten Nahrungsteile portionsweise weiter in den Zwölffingerdarm, wo gleichzeitig Säfte aus der Bauchspeicheldrüse und dem Leber-Galle-System zufließen. Hier findet nun die eigentliche Verdauungsarbeit statt. Kohlenhydrate werden mithilfe der Enzyme aus der Bauchspeicheldrüse weiter in Einzelteile zerschnipselt. Die aufgedröselten Eiweißketten werden von den Proteasen in einzelne Aminosäuren gespalten, und endlich bekommen auch die Triglyceride ihr Fett weg.
Ein Sensor im Zwölffingerdarm meldet: »Hier ist Fett angekommen.« In der Folge wird ein Hormon freigesetzt, das eine Entleerung der Gallenblase und die Steigerung der Gallensaftproduktion in der Leber bewirkt. Gleichzeitig schüttet die Bauchspeicheldrüse ihr Sekret aus.
Durch die Peristaltik der Darmwand wird nun das Fett während des Weitertransportes im Dünndarm mit diesen beiden Flüssigkeiten gründlich vermischt. Das Ergebnis ist eine Emulsion, in der die Enzyme aus der Bauchspeicheldrüse gut arbeiten können. So werden auch die Fette in ihre Einzelteile zerlegt und resorptionsfähig gemacht.
Den letzten Teil der Zerkleinerungsarbeit aller Makronährstoffe übernimmt der Bürstensaum der Darmschleimhaut selbst. Hier werden noch mal eigene Enzyme freigegeben, die die verbliebenen Nahrungsbestandteile endgültig in Einzelteile zerlegen. Diese können die winzigen Saumzellen im gesamten Dünndarm mit ihren Carrier-Systemen aktiv aufnehmen. Auch für die kleineren Nahrungsbestandteile, die Mikronährstoffe (Vitamine, Mineralstoffe und so weiter) gibt es solche Transportsysteme. Sie werden bereits als Kleinteile in der Nahrung angeliefert und können im Resorptionsvorgang mit aufgesaugt werden.
Von den fleißigen Darmzellen aufgenommen, gelangen alle verwertbaren Bestandteile unserer einstigen Mahlzeit mit den recycelten Gallensalzen und Flüssigkeit über die Darmlymphe in die Pfortader. Die Leber als Chef-Schaltzentrale entscheidet, was damit passiert: Weitertransport zu Organ XY, Umbau und Einlagerung, Freigabe zur sofortigen Verwendung …
Was jetzt, nach etwa zwei bis drei Stunden seit Ankunft im Dünndarm übrig bleibt, sind Flüssigkeit, Ballaststoffe und Reste, die nicht aufgenommen werden konnten. Außerdem sind dank des Gallensaftes noch all die Substanzen zu unseren Verdauungsresten hinzugekommen, die die Leber bereits vor unserem Essen als »nicht mehr benötigt« oder sogar als »Giftmüll« deklariert hat und in die Gallenflüssigkeit abgegeben hat.
Die meiste Flüssigkeit, die übrigens zum größten Teil nicht direkt aus der Nahrung, sondern aus den Verdauungssekreten selbst kommt, wurde bereits im Dünndarm, gemeinsam mit den Nahrungs-Einzelbestandteilen, wieder aufgenommen. Insgesamt passieren bis zu neun Liter am Tag die Dünndarmschleimhaut. Was anschließend über die Ileozökalklappe an den Dickdarm weitergegeben wird, heißt nicht mehr Speisebrei (Chymus), sondern wird schon als Stuhl (Faeces) bezeichnet.
Die Transportgeschwindigkeit im Dickdarm ist nun wesentlich langsamer. Unsere Verdauungsreste brauchen je nach Menge ein bis vier Tage, bis sie durch diesen Abschnitt gereist sind. In dieser Zeit werden sie weiter ausgequetscht – der Körper holt sich noch einmal Flüssigkeit zurück.
Die Ballaststoffe – lange Kohlenhydratketten, die im Dünndarm nicht aufgespalten werden konnten, weil dort die passenden Enzyme fehlen – dienen nun im Dickdarm den Darmbakterien als Nahrung. Außerdem fungieren sie wie ein Kehrbesen, der die Reste nach der getanen Arbeit vor sich herschiebt. Auch aus dem Dickdarm kommen hier noch einmal Dinge hinzu, die wir nicht mehr brauchen: Abgeschilferte Darmschleimhautzellen und aussortierte sowie abgestorbene Darmbewohner werden mit diesem großen Kehrbesen weitertransportiert. Das Endergebnis dieses letzten Arbeitsabschnitts passiert bei der nächsten angemessenen Gelegenheit die beiden Schließmuskeln am Enddarm und wird ausgeschieden.
Was hinten rauskommt: Der Stuhl
100 bis 500 Gramm Stuhl produziert das menschliche Verdauungssystem täglich. Immer noch ist ein großer Teil Wasser enthalten. Dazu ein Mix aus unverdaulichen Nahrungsbestandteilen, abgestorbenen Zellen, Darmbakterien und Sekretresten aus dem Verdauungsvorgang. Laut medizinischem Statut sind bis zu drei Entleerungsvorgänge pro Tag physiologisch. Muss man öfter zur Toilette, spricht man von Durchfall. Von Verstopfung hingegen ist die Rede, wenn es seltener als dreimal wöchentlich klappt. Der Schweizer Naturheilkundige Alfred Vogel hielt fest, dass ein Mensch, der nur einmal am Tag Stuhlgang hat, die restlichen 24 Stunden verstopft sei. Das ist heute vielleicht ein wenig übertrieben – einmal am Tag im Durchschnitt dürfte eine durchaus angemessene Stuhlfrequenz sein. Die Stuhlmenge und die Häufigkeit des Stuhlgangs sind von vielen Faktoren abhängig. Natürlich in erster Linie von der Menge und Zusammensetzung der Nahrung und von der Flüssigkeitszufuhr.
Die normale braune Färbung entsteht durch die Farbstoffe, die beim Recycling des Gallensaftes übrig bleiben. Je nach Nahrungsaufnahme variiert das Braun: Bei hohem Fleischkonsum oder nach dem Verzehr stark färbender Gemüse wird es dunkler, werden große Mengen von Milchprodukten verzehrt, kann die Farbe eher zu hellbraun tendieren. Variiert die Stuhlfarbe für ein oder zwei Tage, vor allem eben in Abhängigkeit vom Speiseplan der Tage davor, besteht keinerlei Grund zur Besorgnis. Eine dauerhaft veränderte Färbung kann jedoch ein Hinweis sein, der diagnostisch näher beachtet werden sollte.
Im Idealfall ist der Kot also braun, gut geformt, nicht zu klebrig, aber auch nicht zu fest und sinkt im Wasser der Toilettenschüssel langsam ab. Da Stuhl aus wesentlich mehr besteht als verdauten Nahrungsresten, erhalten wir mit ihm auch ein interessantes Diagnosemittel. Die Stuhluntersuchung auf bestimmte Krankheitserreger gehört seit vielen Jahrzehnten zu den Standardmethoden. Wenn wir wollen, erfahren wir jedoch sehr viel mehr als nur, ob wir uns einen Fremdkeim eingefangen haben. Viele Verdauungsstörungen oder Reizungen der Darmschleimhaut lassen sich hiermit genauer untersuchen. Wichtig ist, dass Stuhlbefunde immer im Zusammenhang mit einer gründlichen Anamnese interpretiert werden. Dann geben sie wertvolle Hinweise auf die Ursachen verschiedener Symptome und beleuchten damit den richtigen therapeutischen Weg.
Neben der Farbe sagt auch die Konsistenz der Ausscheidungen einiges aus. Findet man in der Toilette keine Wurst, sondern eher kleine Kügelchen (»Schafsköttel«), kann man davon ausgehen, dass die Reise durch den Darm zu lange dauerte. Hilfreich sind in diesem Falle Maßnahmen, die die Verdauung fördern, etwa eine erhöhte Flüssigkeitszufuhr und ballaststoffreiche Kost.
Ist der Stuhl hingegen immer breiig, sodass man stets mit der Toilettenbürste nacharbeiten muss und große Mengen Klopapier braucht, kann dies auf eine Überlastung der Bauchspeicheldrüse hindeuten. In diesem Falle lohnt es sich, über eine Reduktion von Zucker, kurzkettigen Kohlenhydraten und Alkohol nachzudenken. Neigen wir immer wieder zu Durchfall, wird nicht nur zu wenig Flüssigkeit aus der Nahrung aufgenommen, auch die Nährstoffe gehen in großer Menge verloren, sodass man der Ursache schleunigst auf den Grund gehen sollte.
Auch wenn der Stuhl gut geformt und nicht klebrig ist, in der Toilette jedoch sofort absinkt wie ein Stein, kann das ein Hinweis auf zu viel Inhalt im Stuhl und damit zu wenig im Darm resorbierte Nährstoffe sein. Bitterstoffe können dann beispielsweise helfen, die Resorption zu steigern.
Was die Stuhlfarbe im Allgemeinen aussagt
Dunkler, fast schwarzer Stuhl kann ein Hinweis auf verdautes Blut sein, das aus einer Blutung irgendwo in unserem Verdauungsschlauch stammt. Dies kann unterschiedliche Gründe haben und sollte unbedingt genauer untersucht werden. Der Stuhl wird deshalb dunkler, weil er mehr abgebauten Blutfarbstoff enthält. Dies ist auch der Fall, wenn eine hämolytische Anämie vorliegt, eine Erkrankung, bei der die roten Blutkörperchen selbst kaputt gehen. Da der Körper alle ihm zur Verfügung stehenden Wege nutzt, Dinge auszuscheiden, die kaputt oder abgestorben sind, färbt sich in diesen Fällen auch der Urin dunkler. Auch die Einnahme von Medikamenten, die Kohleverbindungen enthalten, oder Eisen kann als Nebenwirkung eine dunklere Färbung des Stuhls mit sich bringen.
Rotbrauner Stuhl und normal gefärbter Stuhl mit aufgelagertem frischem Blut kann ein Hinweis auf Fissuren im Analbereich oder blutende Hämorrhoiden sein. Das kann völlig harmlos, aber sehr lästig sein. Besonders harter Stuhl oder starkes Pressen beim Stuhlgang können solche Blutungen auslösen. Auch Entzündungen oder Verletzungen in den letzten Bereichen des Dickdarms können solche Blutbeimengungen verursachen. Bei häufigerem Auftreten ist also auch hier eine Abklärung durch einen Therapeuten ratsam.
Es gibt jedoch auch ganz harmlose Ursachen: Der Verzehr von Roter Bete kann eine Rotfärbung des Stuhls zur Folge haben.
Okkultes, also verborgenes Blut im Stuhl ist übrigens mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen. Deshalb werden zum Nachweis Stuhltests angeboten.
Ist der Kot eher gelblich gefärbt, deutet das auf eine zu schnelle Darmpassage hin. Die Darmbewohner können dann den Blut-Gallen-Farbstoff nicht vollständig umbauen. Es kann sein, dass der Urin gleichzeitig heller als üblich erscheint, da durch den fehlenden Stoffwechselvorgang weniger Farbstoff in der Flüssigkeit landet, die über die Nieren ausgeschieden wird. Dies kommt beispielsweise auch während der Einnahme von Antibiotika vor.
Ist der Stuhl grau oder lehmfarbig, fehlt der typische Farbstoff. Ursache hierfür kann ein Stau in den Gallenwegen sein oder eine andere Störung im Bereich Leber und Galle. Je nachdem, wo sich die Störung innerhalb der Gallengänge befindet, ist der Urin gleichzeitig entweder komplett entfärbt oder dunkelbraun und schaumig. In jedem Fall sollte eine solche Entfärbung des Kots unbedingt kurzfristig genauer untersucht werden. Nur nach der Einnahme von Kontrastmitteln ist eine graue oder sogar weißliche Färbung normal.
Eine grüne Stuhlfarbe hängt meist mit der Ernährung zusammen. Große Mengen an grünem Gemüse wie Spinat, Frisch- und Wildkräutern oder grünen Smoothies haben durchaus einen recht ansehnlichen Einfluss auf das Farbergebnis. Standen jedoch keine Gemüse auf dem Speiseplan und ist die grüne Färbung mit Durchfällen kombiniert, ist ein dringender Besuch beim Arzt angezeigt. Möglicherweise liegt dann eine Infektion mit Salmonellen vor.
Beispiele für Untersuchungswerte, die aus dem Stuhl gewonnen werden können
Untersuchung | Verwendung | Wissenswertes |
Stuhlflora | Da die Stuhlflora weitgehend der Dickdarmflora entspricht, liefert ihre Analyse einen Blick auf das ökologische Gleichgewicht dort. Sinnvoll ist die Untersuchung bestimmter Standardparameter. Untersucht werden Bestandteile der obligaten Darmflora (wandständig angesiedelt) und passagere Mikroorganismen (möglicherweise nur auf der Durchreise). | Basis einer fundierten Analyse. Die Beurteilung der Werte muss immer im Gesamtzusammenhang gesehen werden. Bei Verdacht auf Fremdkeime sollte eine wiederholte Untersuchung den Verlauf überprüfen, da diese nicht fortwährend in gleicher Zahl ausgeschieden werden (zum Beispiel Candida). |
pH-Wert | Der pH-Wert des Dickdarms schwankt in relativ engen Grenzen. Einseitige (zum Beispiel eiweißreiche) Kost, Entzündungen der Schleimhaut oder andere Faktoren beeinflussen den Wert. | Zentraler Parameter der Stuhluntersuchung. Gibt beispielsweise Hinweise auf die Arbeit der Symbionten oder Verdauungsinsuffizienzen. Liefert keine Aussage über den Gewebe-pH-Wert. Der Normalwert liegt zwischen 6,0 und 7,0. |
Verdauungsrückstände | Im Normalfall sind im Stuhl kaum Verdauungsrückstände zu finden, nur bei unzureichender Verdauungsleistung können diese nachgewiesen werden. Untersucht werden Muskelfasern, Stärke, Neutralfette und Fettsäuren. | Liefert Hinweise auf Verdauungs- und Resorptionsstörungen. Falls die Werte erhöht sind, geben weiterführende Untersuchungen Hinweise auf Ausmaß und Herkunft der Störungen. Diese können in der Bauchspeicheldrüse, der Leber oder im Dünndarm zu finden sein. |
Pankreas-Elastase 1 | Enzym der Bauchspeicheldrüse, das der Spaltung von Proteinen dient. Ein Mangel deutet auf eine exokrine Pankreasinsuffizienz hin. Wird ausgewertet, wenn Verdauungsrückstände auffällig sind (erhöhter Nachweis von Muskelfasern). | Sensitiver als Chymotrypsin; eine Nahrungsergänzung mit Enzymen beeinflusst den Wert nicht. Derzeit Mittel der Wahl zur Bestimmung der Enzymleistung. |
Gallensäuren | Wird ausgewertet bei Durchfällen oder wenn die Werte der Neutralfette/Fettsäuren erhöht sind. Normalerweise werden Gallensäuren im Dünndarm rückresorbiert und gelangen nur in geringen Mengen in den Dickdarm und den Stuhl. | Lässt keinen Rückschluss auf die Sekretionsleistung der Leber zu, sondern zeigt ein Gallensäure-Verlustsyndrom an (Dünndarmschleimhaut).Mögliche Ursachen sind Entzündungen (zum Beispiel Morbus Crohn) oder eine Dünndarmüberwucherung (dann muss der Milchsäuregehalt im Stuhl abgeklärt werden). |
Fett | Weiterführende Diagnostik, wenn die Werte der Neutralfette/Fettsäuren erhöht sind. Zeigt Malassimilation der Fette an, das heißt, die Fette werden nicht richtig vorbereitet, sodass der Dünndarm seine Arbeit nicht gut machen kann. | Fettstühle (Steatorrhö) haben zur Folge, dass essenzielle Fettsäuren und fettlösliche Vitamine nicht richtig aufgenommen werden. |
Stickstoff | Erhöhte Stickstoffwerte zeigen eine Fehlverdauung von Eiweißen an. | Das Vorhandensein Eiweiß verwertender Bakterien im Darm kann diesen Wert fälschlicherweise normalisieren. |
Alpha-1-Antitrypsin | Plasmaeiweiß, das einen Hinweis auf entzündete Schleimhäute und erhöhte Durchlässigkeit des Darms aufgrund der Schäden gibt (Leaky-gut-Syndrom). | Kann als Verlaufskontrolle verwendet werden, da die Höhe des Wertes das Ausmaß der Entzündung ablichtet. Die Lokalisation der Entzündung ist mit diesem Wert nicht möglich. |
Sekretorisches Immunglobulin A | Ein Immunparameter, der in der Darmschleimhaut gebildet wird. Im Rahmen von Allergien, geschwächtem Immunsystem oder Pilzerkrankungen ist dieser Wert vermindert. Zeigt die Arbeitsleistung des darmassoziierten Immunsystems an. | Durchfälle können durch die Verdünnung des Stuhls fälschlicherweise niedrige Werte liefern. |
Lysozym | Enzym, das aus Entzündungszellen freigesetzt wird. Zeigt entzündliche Veränderungen der Darmschleimhaut an. | Aus der Höhe des Wertes ergibt sich keine Aussage über das Ausmaß der Entzündung. Auch bei viral bedingten Entzündungen nachweisbar. |
PNM-Elastase | Enzym, das aus Entzündungszellen freigesetzt wird. Zeigt entzündliche Veränderungen der Darmschleimhaut an. | Aus der Höhe des Wertes ergibt sich keine Aussage über das Ausmaß der Entzündung. Bei viral bedingten Entzündungen meist im Normalbereich. |
Serum-Albumin | Plasmaeiweiß, das einen Hinweis auf entzündete Schleimhäute und erhöhte Durchlässigkeit aufgrund der Schäden gibt (Leaky-gut-Syndrom). Hinweis auf Blutungen im Darm. Dient auch der Früherkennung von Karzinomen im Dickdarm. Verlaufskontrolle von entzündlichen Prozessen. | Nicht blutende Tumore werden von diesem Marker nicht angezeigt. Menstruation, Hämorrhoiden oder blutende Polypen führen zu fälschlicherweise positiven Ergebnissen, sodass eine weiterführende Diagnostik immer erforderlich ist. |
ß-Defensin-2 | Peptid, das in der unspezifischen Abwehr in Schleimhäuten gebildet wird. Der Wert ist vermindert, wenn die Darmschleimhaut geschädigt ist (Leaky-gut-Syndrom) oder zum Beispiel bei Morbus Crohn. Einen erhöhten Wert findet man bei akuten Entzündungen und Colitis ulcerosa. | Durchfälle liefern ein niedriges Ergebnis. Dies ist ein relativ neuer Wert, bisher sind nur begrenzte Daten zur Bewertung vorhanden. |
Lactoferrin | Proteinbestandteil der unspezifischen Abwehr im Darmschleim. Erhöhte Werte im Stuhl geben einen Hinweis auf Entzündungen der Darmschleimhaut. | Durchfälle beeinflussen das Ergebnis. Die Höhe des Wertes erlaubt keine Aussage über das Ausmaß der Erkrankung. |
Calprotectin | Eiweißbaustein der Abwehrzellen. Im Stuhl erhöht bei Entzündungen und Neoplasien im Dickdarm. | Durchfälle beeinflussen das Ergebnis. Die Höhe des Wertes erlaubt keine Aussage über das Ausmaß der Erkrankung. |
EDN | Wird von eosinophilen Granulozyten freigesetzt. Im Stuhl erhöht bei Allergien (Soforttyp), chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, Parasiten im Darm. | Ein negativer Wert schließt das Vorhandensein einer Allergie nicht zu 100 Prozent aus. |
Chymotrypsin | Enzym der Bauchspeicheldrüse, das der Zerteilung von Proteinen dient. Zeig den Funktionszustand der Bauchspeicheldrüse an. | Eventuell eingenommene Enzympräparate müssen drei Tage vor der Untersuchung abgesetzt werden. Der Nachweis von Pankreas-Elastase 1 ist sensitiver und daher zu bevorzugen. |