Читать книгу "Man muss kein Abitur haben, um erfolgreich zu sein." - Christine Höcklin - Страница 8

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„Man muss kein Abitur haben, um erfolgreich zu sein.“ „Mein Vater ließ mich machen.“

Diese Erkenntnis weiteren Generationen zu vermitteln, dass man kein Abitur haben muss, um erfolgreich zu sein, ist Heiko Rosenhagen ein Anliegen.

Da ist etwas, was für ihn ganz zentral ist: Nämlich ein ZIEL vor Augen zu haben. Genauso wie die Tennisspielerin Angelique Kerber schon als Grundschülerin Steffi Graf als Vorbild hatte und schon als Kind davon träumte, einmal Wimbledon zu gewinnen1, so hatte Heiko Rosenhagen seinen Vater mit seinen kräftigen Armen als Schmied als Vorbild. Für ihn war klar, dass auch er Schmied werden wollte.

Die Motivation, dorthin zu kommen, zeigte sich vor allem gegen Ende seiner Schullaufbahn als Realschüler:

„Ich war nie ein guter Realschüler oder auch Grundschüler, nur die 10. Klasse, die hab‘ ich mit links gemacht und hab’ auch gute Zensuren gekriegt, weil ich ein Ende gesehen habe, an dem der Beginn der Berufsausbildung stand und endlich mal etwas anderes.“

Die Leidenschaft für seinen zukünftigen Beruf als Schmied bestimmte fortan sein Denken und Handeln.

„Ich ging aus der Schule [an seinem letzten Schultag] und an der Bushaltestelle oder am Parkplatz waren schon einige aus meiner Klasse, ehemaligen Klasse ja schon und haben gesungen: „Nie wieder Schule.“ Und ich hab‘ nur gedacht: „Was singen die da? Da kannst ja eigentlich gar nicht mitsingen, weil ab und zu muss man auch wieder ‘was lernen und in die Schule gehen. Das heißt zur Berufsschule oder später zu weiterführenden Schulen, Technikerschule oder Meisterschule.“

An dieser Aussage lässt sich bereits gut der auch heute wissbegierige und mit einem gesunden Menschenverstand ausgestattete Heiko Rosenhagen erkennen.

Rückblickend kann er auch erklären, warum ihm während eines Großteils seiner Schulzeit unter anderem die Motivation fehlte:

„Die Motivation während der neun vergangenen Schuljahre war ‘gen null, oder kaum zu erkennen, weil an der Allgemeinbildenden Schule – wie soll ich das sagen – zu viel und gar nichts unterrichtet oder gelehrt wurde. Und es liegt auch immer am Lehrer, wie interessant er den Unterricht gestaltet. Und wenn ich heute nachdenke, was hast Du eigentlich in Mathe gelernt, oder wie hast Du in Mathe gelernt, so haben manche Lehrer die Formel erklärt, sei es der Satz des Pythagoras, dann wurden Übungsaufgaben geschrieben und gerechnet. Und wer fertig war, war fertig. Der eine war nach zehn Minuten fertig und der andere eben nach einer halben Stunde - und nach 45 Minuten hat’s immer geklingelt. Und wenn man das schneller begriffen hatte, dann hatte man angefangen zu träumen oder irgendetwas anderes zu denken, aber das hatte mit Schule oder Unterricht oder irgendetwas lernen nichts mehr zu tun. Und dadurch war man dann unterfordert und schaltete ab und das hat einen bei Dauerzustand überfordert, weil man gar keinen Bock mehr hatte, oder man wusste nicht mehr, wie man lernen sollte und viele Sachen, die sinnlos auswendig gelernt wurden oder einen nicht interessierten, waren fürs spätere Leben nicht unbedingt logisch.“


Heiko Rosenhagen in der Grundschule

In der Berufsausbildung sah das dann ganz anders aus. Da war auch der Druck von Zuhause, Hausaufgaben machen zu müssen und zu lernen weg, weil es eine andere Motivation gab.

„In der Ausbildung habe ich Praxis gelernt. Ich konnte auch eigene Ideen mit einbringen und diese eigenen Ideen absolut umwandeln. Das war das reizvolle daran und das war so lebensnah und lebendig. Und abends – sicherlich war ich auch kaputt, oder hab‘ auch nicht alles sofort hingekriegt auch ‘was falsch gebaut, aber – wie soll ich das sagen – ich sah einen wirklichen Sinn in meinem Tätigkeitsfeld.“


Heiko Rosenhagen während seiner Ausbildung im Betrieb seiner Familie im Jahr 1986


Das kunstvoll geschmiedete Meisterstück von Heiko Rosenhagen


Heiko Rosenhagen wird im Jahr 1986 nach seiner Gesellenprüfung gelobt (Hannoversche Allgemeine Zeitung)

Rückblickend kann man gut erkennen, dass Rosenhagen schon immer ein Stratege war. Zum Beispiel überlegte er sich bereits in der Allgemeinbildenden Schule, wie er möglichst bequem in die nächste Schulklasse versetzt werden konnte. Aber das allein reichte nicht aus. Heiko Rosenhagen sagt:

„Man muss wissbegierig sein. Das ist in der Natur des Menschen.“


Der wissbegierige Stratege Heiko Rosenhagen im Jahr 1982

Dies fördert Rosenhagen auch bei seinen Mitarbeitern, indem er schon morgens an die Sesamstraße erinnert:

„Wie heißt das Lied der Sesamstraße? – Der, die, das, wer, wie, was, wieso, weshalb, warum, wer nicht fragt bleibt dumm!“ […]

„Man muss selbst wissbegierig sein und fragen, wieso ist das denn so? Und man muss keine Formeln groß auswendig lernen, das ist einfach – man muss den Sinn und den Weg dahin verstehen. Und dann kann man sich immer unheimlich viel ableiten und sich selbst helfen!“

So vermittelt Rosenhagen seinen Auszubildenden neben dem Fachwissen auch noch Handwerkszeug fürs Leben. Er gibt das weiter, was ihn geprägt und weitergebracht hat und fördert Mitdenken, gesunden Menschenverstand und Weitblick.

Es geht ihm darum, dass seine Auszubildenden verstanden haben, was sie gelernt haben.

„Wenn jemand immer nur zu einer Klassenarbeit lernt und dort auch eine gute Zensur schreibt, aber das Thema insgesamt nicht verstanden hat, wird er es schwer haben im Leben, weil das eine auf das andere aufbaut. Wenn jemand etwas in seinem Kurzzeitgedächtnis lernt, mit dem Erfolg einer guten Zensur, ist es manchmal schlechter, als wenn jemand eine schlechte Zensur schreibt, aber es im Grunde genommen verstanden hat.“

Diese Grundfertigkeiten hatte Rosenhagen recht bald verstanden. Er hatte verstanden, warum Lernen wichtig ist und es ebenso wichtig ist, wie man lernt. Und dass dieses Rüstzeug einen sehr weit bringen kann. Außerdem trug er diese ‘berufliche Neugierde’ in sich.

„Ich wollte einfach alles wissen, was mit meinem Beruf zu tun hat und was Eisen ist! Es ist nicht nur Eisen: Im Eisen sind viel Kohlenstoff und sonstige Sachen drin. Und das habe ich eben in der Berufsschule, also in der Theorie gelernt. In der Praxis habe ich gelernt, wie ich mit Eisen umgehe: Wie schneide ich Eisen? Wie bearbeite ich das? Wie biege ich es? Wie schweiße ich es? Und für was kann man das alles nehmen? Und so hatte ich diese Ergänzung von der Praxis zur Theorie.“

In Rosenhagens Erzählungen über die Allgemeinbildende Schulzeit und die Berufsschulzeit kommt deutlich heraus, dass er Dinge, die ihm Spaß gemacht haben, die ihn interessiert haben, auch freiwillig und engagiert (ohne den Unterricht zu stören) - soll heißen unter anderem auch in zusätzlichen Schulstunden/Arbeitsgemeinschaften - auch mit einer gewissen Dankbarkeit getan hat, denn hier spielten Motivation und Anerkennung eine Rolle. Umgekehrt hatten eher demotivierende Aussagen von Lehrpersonen eine gegenteilige Wirkung. Überzeugen konnten ihn vor allem LehrerInnen mit Praxiserfahrung in ihrem Lehrfach:

„Ich hatte in der Berufsschule einen super Berufsschullehrer erwischt, der war gelernter Werkzeugmacher und ist auf dem zweiten Bildungsweg Berufsschullehrer geworden und er wusste, wovon er redet. Und was er sagte, hatte Hand und Fuß. Und der konnte es auch gut ‘rüberbringen.“

Zu seiner Berufswahl sagt Rosenhagen:

„Mit der Berufswahl habe ich einen Lebensweg für mich eingeschlagen. Und ich habe versucht, immer auf diesem Weg zu bleiben und diesen auszubauen, statt neue Trampelpfade aus zu probieren und nie bequem zu gehen.“

„Es kann natürlich sein, dass der erste Pfad, den man eingeschlagen hat, doch nicht der richtige ist und man das erst später erkennt. Aber das ist auch nicht schlimm. Wenn man erstmal eine abgeschlossene Ausbildung hat, dann hat man das Leben kennen gelernt.

Und die Veränderungen in einem Beruf – und da sage ich einfach mal in jedem Beruf – da ändert sich alles stetig und mittlerweile auch unheimlich schnell. Trotzdem kann ich von den Dingen, die ich im Leben gelernt habe, immer wieder irgendetwas anderes ableiten. Und heute kann ich sagen: Es hat alles ‘was mit Prozessen zu tun, ob ich ein Stück Holz, ein Stück Eisen oder ein Stück Stein schneide, alles hat ‘was mit Kürzen zu tun und die Maschinen sind ähnlich – haben natürlich andere Eigenschaften – und wenn ich die Prozesse dann verstehe, dann kann ich immer unheimlich viel davon ableiten. Man muss einfach versuchen, daraus eine gewisse Logik zu entwickeln.“

Abschließend zu dem Thema ‘Erfolg ohne Abitur’ erzählt Rosenhagen von einem Sonderschüler, der seine Lehre bei der Firma Rosenhagen machte und schließlich die schwierigsten, neusten und komplexesten Maschinen bedienen konnte und sich sehr engagierte und wissbegierig war. Dazu Rosenhagen:

„Das was man will, schafft man auch!“

Sicherlich ist es nicht immer einfach, in einem Familienunternehmen die Führung in die Hände der nächsten Generation zu übergeben bzw. mit mehreren Generationen gleichzeitig unter einem Dach zu arbeiten und zu führen.

Zum einen mag es auf der menschlichen Ebene Herausforderungen geben. Zum anderen sind Veränderungen normal und in der heutigen schnelllebigen Zeit bekommen diese Veränderungen noch einmal einen anderen Stellenwert: Diese Veränderungen in Bezug auf Technologien, Maschinen, Mitarbeiterführung etc. erfordern ein hohes Maß an Flexibilität, stetige Weiterbildung und einen erhöhten zeitlichen Aufwand, um nur einige Auswirkungen davon zu nennen.

Als Heiko Rosenhagen seine Ausbildung im elterlichen Betrieb begann, waren mit seinem Opa Ernst Rosenhagen, der die Firma 1952 gegründet, seinem Vater Heinz Rosenhagen, der 1976 die Führung des Betriebes übernommen hatte und ihm drei Generationen gleichzeitig unter einem Dach. Um es vorweg zu nehmen: Die drei hatten es gut zusammen. Was unterstütze diese harmonische Dreisamkeit?

Es war das Vertrauen, das Vater Ernst in seinen Sohn hatte, was zu einer sehr guten Zusammenarbeit und damit auch zum Erfolg führte. Er ließ seinen Sohn schalten und walten und hat ihn dabei nicht gebremst. Während der Vater die meiste Zeit auf Montage war, konnte Heiko Rosenhagen viel verändern und weiterentwickeln. Es motivierte ihn, dass er seine Ideen einbringen konnte. Zum freien Schalten und Walten sagt Heiko Rosenhagen:

„Dieses Schalten und Walten, das wünsche ich mir ehrlich auch von meinen Kindern oder von anderen Menschen, die einfach mal etwas machen. - Ich habe sicherlich auch viele Ideen gehabt, viele Schnapsideen, was sich dann nachher als Flop herauskristallisierte, aber dann habe ich es entweder ganz abgeschafft oder verbessert. Aber wenn man nie anfängt, wird man nichts verändern können. – Und ‘Vatter’ sagte immer: „Versuch macht klug!“ Und so habe ich eben mit meinem Vater nie Stress gehabt wegen Veränderung.“

Gesunder Menschenverstand sowie Wille und eigener Antrieb prägten und prägen dieses Unternehmen. Außerdem lernte Heiko Rosenhagen dabei auch, dass Entscheidungen getroffen werden müssen, um weiter zu kommen.


Zum Tag der offenen Tür im Jahr 2007 (Marktspiegel Burgwedel)


Firmengründer (Großvater von Heiko Rosenhagen) Ernst Rosenhagen im Jahr 1986


Heinz Rosenhagen (Vater von Heiko Rosenhagen) im Jahr 1984


Catharina Rosenhagen (Großmutter von Heiko Rosenhagen) 1984


Anny Krone mit Enkel Heiko Rosenhagen im Jahr 1985


Der Holzstall, in dem Heiko und Iris Rosenhagen gespielt haben, 1970er Jahre.


Familie Rosenhagen: Elke, Heiko, Heinz und Iris Rosenhagen im Jahr 1981

1 Im Jahr 2020 ist Angelique Kerber Deutschlands Nummer eins. Bei den US Open sagt sie in einem Interview, das in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 5. September 2020 zu lesen ist: „Es war wichtig, dass ich in den entscheidenden Phasen den Fokus behalten habe.“



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