Читать книгу Warum bist du nicht bei mir - Christine Homilius - Страница 6
Kapitel 4
ОглавлениеAm nächsten Morgen, Karin will gerade mit ihrem Hund Gassi gehen, da wäre sie beinahe auf einen Rosenstrauß getreten. Zehn Weiße und eine Rote Rose. Daneben steht eine Tasse mit Zucker und darüber liegt ein kleiner Strauß Vergissmeinnicht. Karin überlegt, wie hat er das bloß wiedermal geschafft. Ihren Geburtstag oder den Hochzeitstag hat er noch nie vergessen. Selbst dann nicht wenn sie gerade erst umgezogen sind. Er spannt sogar den Nachbar ein. Na gut, beide fallen auf ein und denselben Tag und trotzdem, ob sie es auch irgendwann einmal lernen wird, seinen Geburtstag nicht zu vergessen. In den 11 Jahren ihrer Ehe ist es ihr erst einmal gelungen. Das war aber auch das erste Jahr ihrer Ehe. Zu ihrer Entschuldigung gibt sie an, dass er ja meistens nicht da ist. Es ist sowieso ein Rätsel wie die beiden das Schaffen zusammen zu gehören. Karin interessiert sich eigentlich kaum für seine Ausgrabungen. Sie schreibt zwar seine Referate und übersetzt auch wissenschaftliche Bücher, in immerhin vier Sprachen, aber damit ist ihrem Interesse auch schon genüge getan. Am Anfang war das alles interessant. Doch mit der Zeit wurden die Begriffe, vor allen Dingen wenn man vom englischen, in französische und dann nochmal japanisch übersetzen soll. Und immer ein und dasselbe Werk. Da nützt einem die größte Einnahme nichts, das war ja auch bloß Geld. Manchmal hat sie schon daran gedacht ihre Übersetzungen aufzugeben. Ihr fehlt der Draht für die Wissenschaft, vor allen Dingen an den Ausgrabungen, die sie überhaupt nicht interessieren. Aber ob ihr Rainer das verstehen wird? Das ist hier die große Frage. Dem Verlag hat sie schon ganz vorsichtig angedeutet, dass sie sich um eine andere Übersetzerin bemühen möchten. Sie hat aber versprochen weiterhin auszuhelfen, wenn Not am Mann ist. Nun ist es so, dass sie glaubt, es ist immer Not am Mann. Karin hat mehr Freude an der Illustration von Kinderbüchern. Manchmal fügt sie auch ihre eigenen Texte mit ein. Sie nimmt sich vor nochmals mit dem Verlag zu reden. Oder einfach nur zu kündigen. Sie hat angefangen, Komik zu kreieren, sie hat aber noch keinen Verlag dafür gefunden. Ehrlicherweise sollte man schon sagen, sie hat noch keinen gesucht. Ach ja, da ist ja auch noch Bettina mit ihren Kindergeschichten. Bettina und Karin sind zusammen in die Schule gegangen und haben auch zusammen Abitur gemacht. Betti wollte anschließend Ärztin werden, doch nach zwei Semestern gab sie auf. Sie konnte angeblich kein Blut sehen. Sie wechselte zum Biologiestudium. Machte ihren Abschluss mit zwei und begann Kinderbücher und Jugendbücher zu schreiben. Die erforderlichen Zeichnungen macht Karin, die auch das Cover gestaltet. Und so kann es passieren, dass ein Kinderbuch von Bettina nicht nur zehn Seiten, sondern zwölf Seiten hat. Aber Bettina hat sich auch noch nicht beschwert. Mit Bettina muss sie noch darüber reden. Oder sollte sie es lieber bleiben lassen? Bettina kann manchmal so richtig eigensinnig sein und keiner weiß warum. Denn sie spricht auch nicht darüber, im Gegenteil, wenn ihrer Meinung nach alles wieder gut ist, dann ist auch alles wieder gut. Fragen beantwortet sie nicht, sondern dreht sich einfach um und geht. Bettina ist eben ein besonderer Mensch. Sie bleibt Karin immer sonderlich und trotzdem mag sie sie. Vielleicht auch gerade deswegen. Sie stellt die Blumen ins Wasser und geht mit Mischka joggen. Nach einer Stunde ist sie wieder da und überlegt, dass sie sich jetzt beeilen muss, denn um 9 Uhr kommt der Möbeltischler, bei dem sie die Bücherregale bestellt hat. Heute sollen sie nun endlich angebracht werden. Gut Ding, will eben Weile haben. Gegen 15 Uhr kommen ihre Eltern und die Schwiegereltern zum Kaffee. Wenn sie auch alleine ist, heut ist Hochzeitstag und da am gleichen Tag ihr Geburtstag ist, hat sie eben Glück. Das behauptet jedenfalls ihre Schwiegermutter. Hoffentlich gibt es heute keinen Zoff, denn die beiden Mütter haben immer etwas auszusetzten und müssen sich dann gegenseitig beschimpfen, wer von ihnen etwas falsch gemacht hat. Heut kann sie nicht einfach weglaufen, denn Reiner ist nicht da. Als sie um die Ecke biegt, sitzen die beiden Frauen fröhlich vereint, bereits vor der Tür. So viel Eintracht hat es zwischen den beiden Frauen noch nie gegeben. Da muss doch etwas geschehen sein. Die Frau mit Hut ist nicht ihre Mutter, ihre Mutter trägt einen Freizeitanzug und Rainers Mutter trägt Hut zum Sommerkleid und Heihiels. Karin staunt nicht schlecht. Sie fragt: „Was ist den, mit euch passiert?“ Doch ihre Schwiegermutter stellt sich in Position und zeigt sich von allen Seiten. Dann fragt sie: „Na was sagt’s du kann ich da mithalten oder nicht?“ Karins Mutter sagt: „Helga kommt heute mit als Model. Sieht sie nicht toll aus? Oder was meinst du? Nun sag schon was. Karin betrachtet ihre Schwiegermutter und sagt, „Hat dich dein Mann schon so gesehen? Meine Mutter muss aus allen Mädels Models mache. Ja es gefällt mir.“ Doch dann beginnt ihre Mutter mit dem eigentlichen Anliegen, was die beiden Frauen hier her geführt hat. Ja die beiden sind sich einig, dass es Zeit für Enkelkinder wird. Und das möchten sie Karin auch heute beibringen. Schließlich wollen sie ja noch etwas von ihnen haben. Karins oder Rainers Meinung ist da überhaupt nicht gefragt. Für Enkelkinder sind Omas zuständig. Zwei Minuten vor neun Uhr klingelt der Möbeltischler an der Tür. Beide Muttis haben jetzt ihren Einsatz, die eine will die Regale an die Westwand die andere an die Südwand. Nach einer Weile wird es Karin zu dumm. Sie geht in das Arbeitszimmer, klatsche einmal in die Hände und ruft laut „Ruhe“. Die beiden Damen drehen sich um und wollen etwas sagen. Aber da zeigt Karin mit der rechten Hand Richtung Ausgang und das ist das Zeichen für Mischka. Denn jetzt weiß Mischka was er zu tun hat. Er hat dafür zu sorgen, dass die beiden das Haus verlassen, das macht er ganz fantastisch. Er schupst beide Frauen nacheinander mit seiner schnauzte am Po und befördert sie so aus dem Haus heraus. Mischka macht sogar noch die Tür auf. Der Tischler, der die Szene beobachtet hat. Lächelt und sagt: „ Sie haben einen tollen Hund.“ Karin lächelt zurück und sagt: „Ja das ist ja auch ein ausgebildeter Polizeihund im Ruhestand.“ „Jetzt ist Ruhe. Nun können wir uns ja mal Unterhalten, wo was hinkommen soll.“ Antwortet der Tischler. Nach einer Weile fragt er Karin: „ Haben sie nicht manchmal Angst mit einem dressierten Polizeihund? Schließlich können diese Tiere ihre Erziehung nicht einfach ablegen, oder?“ Und so haben beide ein interessantes Gesprächsthema gefunden. Sie werden sich schnell einig und nach vier Stunden sind zwar die Bücherregale noch leer, aber selbst die Leiter, ist repariert. Nun kann sie anfangen Rainers Arbeitszimmer einzuräumen. Die Wochen vergingen und das Haus bekam einen wohnlichen Anblick. Endlich konnten auch ihre Freundinnen wieder einmal kommen. Was sie auch taten. Das neue Heim musste begutachtet werden und irgendwelcher Schnick-Schnack wechselte ganz einfach die Wohnung. Wenn ihre Freundinnen kamen, war kein Platz mehr für Mann oder Schwiegereltern. Sie beanspruchten meistens das ganze Haus, vor allen Dingen bei Karin. Nachdem sie Karins Werk begutachtet hatten, “hier kann man wohnen“ war die einhellige Meinung. An diesem Abend war jedoch Unterwäschetag. Nur ihre beste Freundin, wie sie meinte, Schaute sich nicht so begeistert in den Räumen um. Bettina kannte ja das Haus bereits. Bettina hatte blonde, lange aber dünne Haare. Als ihre Friseuse ihr empfahl, sich die Haare abschneiden zu lassen, empfand sie sich hässlich. Aber das stimmte nicht. Ihre kurzen Haare umschmeichelten ihre doch etwas markanten Züge. Und somit sah sie etwas fraulicher aus. Auch ihre grünen Augen halfen ihr dabei. Aber Bettina glaubte keinem. Sie empfand das alles nur als dumme Schmeicheleien, um sie zu verletzen. Eigentlich wusste keiner, wie das zusammenpasste. Karin war nicht gerade leichtgläubig, aber allen Menschen gegenüber freundlich. Zank und Streit mochte sie nicht. Also versuchte Karin, immer zu schlichten. Gut Bettina war nicht so schlank wie Karin, aber als dick kann man sie auch nicht bezeichnen. Da klingelte es und Mischka war mit einem Satz an der Tür, Reiner war wieder da. Sie begrüßte ihn mit den Worten: „Sind die vier Wochen schon vorbei?“ Reiner freute sich auf sein Heim sowie auf seine Karin. Aber nicht auf diese Anfrage und vor allen Dingen nicht auf ihre Freundinnen. Er antwortete: „Ich kann ja wieder gehen?“ Doch Karin nimmt ihn an der Hand und sagt: „Untersteh dich.“ Nach einer halben Stunde waren ihre Freundinnen aus dem Haus. Sie verabredeten sich auf den nächsten Abend, wenn Rainer nicht da ist. Rainer hatte sich in der Zwischenzeit ins Bad begeben und wartete nun auf seine Karin, die auch ganz schnell kam. Essen lehnten beide ab, aber ein Glas Rotwein wäre nicht schlecht. Am anderen Morgen ließen sie es klingeln, die nächsten zwei Tage kam keiner aus dem Bett. Am dritten Tag bemerkten beide das Bedürfnis nach Essen, aber der Kühlschrank gab nichts Berauschendes her. Also aufstehen und einkaufen gehen. Als Karin unter der Dusche stand, klingelte es und Karin hörte am Klingeln, das ist ihre Mutter. Sie hat ihre Mutter sehr lieb, aber manchmal nervt sie einfach. Wie alle Mütter. Mütter kommen immer im ungüstigsten Moment.