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Ein anstrengender Arbeitstag neigt sich dem Ende zu. Jutta fährt gerädert nach Hause. Ihre Laune bessert sich nicht, als sie die Haustüre öffnet und im Flur eine Reisetasche stehen sieht.

„Hallo, Mama“, hört sie ihren Sohn Johannes aus der Küche rufen.

Irgendetwas ist geschehen, denn freiwillig kommt Johannes nicht nach Hause. Trotzdem ruft sie zurück: „Hallo, Johannes. Was verschafft mir die Ehre?“

Mit vollem Mund und einem Stück Landjäger in der Hand kommt ihr Sohn aus der Küche. „Ich habe Wäsche mitgebracht. Kannst du sie waschen?“

Jutta schluckt. Ihr verschlägt es die Sprache. In der WG, in der Johannes seit einem Jahr wohnt, gibt es eine Waschmaschine. Das weiß sie sicher.

„Nein“, ist deshalb die prompte Antwort. „Ihr habt eine Waschmaschine und bisher hast du das selbst geschafft.“

„Tobi hat sie geschrottet“, erklärt Johannes.

„Gut“, erklärt Jutta, „du weißt, wo die Waschmaschine steht. Sie ist im Augenblick frei. Bedien dich, aber hinterlasse alles sauber.“ Damit lässt sie ihren Sohn stehen, wendet sie sich ab und geht in den ersten Stock ins Schlafzimmer um sich umzuziehen.

„Mama, dein Handy klingelt“, ruft Johannes von unten.

Jutta zieht sich schnell ein weites Kleid über und spurtet in den Flur zu ihrer Handtasche. Zu spät! Der Anrufer hat eingehängt. Schnell schaut sie nach, wer versucht hat sie zu erreichen. Beinahe fällt ihr das Gerät aus der Hand als sie den Namen, der aufleuchtet entdeckt. Peter! Das kann doch nicht sein. Sie beschließt, nicht zurückzurufen, steckt aber das Handy in die Tasche ihres Kleides. Vielleicht versucht er es später noch einmal. Aber, so nimmt sie sich vor, sie wird sich auf keinen Fall mit ihm treffen, falls er es vorschlägt.

Inzwischen hört sie ihren Sohn im Keller an der Waschmaschine hantieren. Er wird schon wissen, wie sie funktioniert.

„Bleibst du zum Essen da?“, ruft sie fragend in den Keller. Insgeheim hofft sie jedoch, dass er verneint. Sie hat keine Lust zu kochen.

„Nein“, kommt die Antwort zurück, „in einer Stunde treffe ich mich mit den anderen zum Lernen.“

„Aber in einer Stunde ist die Maschine noch nicht fertig“, glaubt Jutta ihrem Sohn erklären zu müssen.

Der kommt gerade wieder aus dem Keller hoch. „Ach, Mama, könntest du die Wäsche bitte aufhängen? Ich muss jetzt gehen.“

„Gut, ich hänge sie auf. Aber abziehen und bügeln musst du sie selbst“, seufzt Jutta.

„Geht klar“, sagt der und drückt seiner Mutter einen Kuss auf die Wange.

Juttas Handy klingelt wieder. Ihr Sohn drückt ihr erneut einen Kuss auf die Wange, winkt ihr zu und verlässt das Haus.

Wieder Peter, stellt Jutta fest, als sie das Handy aus der Tasche des Kleides zieht. Sie wischt nervös über das Display und nimmt den Anruf an.

„Ja, hallo“, sagt sie mit zittriger Stimme.

„Guten Abend, Jutta. Alles in Ordnung?“, hört sie Peter fragen.

„Ja, ja, danke der Nachfrage. Und selbst.“

Sie vernimmt einen Seufzer: „Nun ja, wie man es nimmt. Doch, es geht schon“, sagt er dann munterer.

Schweigen. Was soll sie sagen und fragen. Sie kennt ihn doch nicht. Außerdem möchte sie keinen engen Kontakt mit ihm knüpfen. Es geht einfach nicht.

„Bist du noch dran?“, ruft Peter.

„Ja, klar.“

„Gehst du wieder mit mir Tanzen?“, will er wissen.

„Peter, bitte versteh mich. Es war nett neulich, aber das wird sich nicht wiederholen. Nein, ich gehe nicht mit dir zum Tanzen und ich werde mich auch nicht mehr mit dir treffen.“

Sie hört, wie er die Luft durch die Zähne einsaugt. „Bitte Jutta, wirklich nur Tanzen. Ich werde nicht mehr patzen. Ich verspreche es bei allem was mir heilig ist.“

Und was ist dir heilig, fragt sich Jutta, spricht es jedoch nicht laut aus.

„Peter, es war falsch, dir meine Handynummer zu geben. Wir können uns wirklich nicht mehr treffen.“

„Ist es wegen deinem Mann? Ist er zurzeit zu Hause?“

„Mein Mann hat damit nichts zu tun. Er ist bereits wieder abgereist. Nein, es ist meine Entscheidung.“

„Komm, gib deinem Herzen einen Stoß. Lass uns zusammen tanzen. Es war so schön, das letzte Mal. Das musst du doch zugeben.“

„Ja“, gesteht Jutta, bevor sie recht überlegt. Aber es ist zu spät.

„Also, dann lass uns doch morgen zusammen zu Abend essen. Danach tanzen wir. Und ich verspreche dir nochmals, ich werde sehr zurückhaltend sein.“

Derzeit ist Jutta über ihre Situation ziemlich frustriert, deswegen überlegt sie nicht lange und sagt zu.

„Treffen wir uns wieder in Kempten?“, schlägt Peter unverzüglich vor.

„Ja, das wäre mir am liebsten.“

„Mach einen Vorschlag wo“, fordert er Jutta auf.

„Beim Rathausplatz gibt es das Quiberon. Dort kann man gut Crêpes essen.“

„Gute Idee“, willigt Peter sofort ein. „Ist dir sieben Uhr beim Restaurant recht?“

„Weißt du denn wo es ist?“, erkundigt sich Jutta.

„Och, das finde ich schon. Dann bis morgen um sieben. Ich freu mich schon.“

„Ich auch“, sagt sie ehrlich. „Noch schönen Abend und danke für deinen Anruf.“

„Dir auch schönen Abend und bis morgen.“ Schon unterbricht er die Verbindung.

Wahrscheinlich ist seine Verlobte wieder in München und er langweilt sich, aber weshalb dann ich, fragt sich Jutta. Trotzdem freut sie sich, dass sie endlich wieder einmal ausgehen kann. Und vor allem, dass sie sich ein bisschen herrichten darf. Wer außer Peter hat sie je angeschaut und ihr Komplimente gemacht? Weder die Arbeitskollegen, noch ihr Mann machen sich diese Mühe. Jutta hatte auch keine Lust mehr etwas aus sich zu machen.

Schon jetzt stellt sie sich die Frage, was ziehe ich an. Um halb zwei wird sie das Büro verlassen und schnell nach Hause fahren. Dann wird sie sich duschen und die Haare waschen. Vielleicht ist Zeit für eine kleine Siesta, damit sie abends fit für ihren Tänzer ist. Wird sie ihn überhaupt wieder erkennen?

Ich sollte ihm eine SMS schicken, damit er mir ein Foto von sich schickt, um sicher zu gehen, dass ich ihn erkenne. Bei dem Gedanken schmunzelt Jutta. Natürlich wird sie ihm keine SMS schreiben. Schon jetzt ist sie aufgeregt. Wie soll sie die Zeit bis morgen um sieben Uhr überstehen? Es ist ihr erstes Date seit vielen Jahren.

*

Anita hat Peters Vorschlag, die Möbel aufzuteilen, beziehungsweise zu verrechnen widerspruchslos akzeptiert.

Wie vereinbart hat sie ihre verbleibenden Dinge, zwei kleine Schränke und ein paar Bilder abgeholt. Damit die Angelegenheit schnell bereinigt und beendet ist, hat Peter ihr sofort den vereinbarten Betrag überwiesen.

Nun lebt er alleine in dem Haus, das seine Ex-Verlobte für sie beide eingerichtet hat. Im Augenblick hat er keine Lust, Änderungen vorzunehmen. Man wird sehen, was die Zeit bringen wird.

Ein schwieriger Teil ist für ihn, seinen Eltern von der Trennung zu unterrichten. Dass seine Verlobte ein Kind von einem anderen erwartet, verschweigt er. Seine Erklärung ist, dass sie sich auseinandergelebt haben seit Anita nach München gezogen ist. Es entspricht ja auch der Wahrheit.

Natürlich sind Peters Eltern bestürzt über die unerwartete und schlechte Nachricht. Anita war ihre Wunschschwiegertochter. Nun steht der Sohn wieder alleine da und keine Frau und kein zukünftiges Enkelchen, das die Nachfolge fürs Autohaus sichern könnte, ist in Sicht.

Peter stürzt sich in die Arbeit. Er nimmt an zwei Golfturnieren teil, bei denen er Geschäftsabschlüsse tätigt. Doch sein Privatleben ist ein Scherbenhaufen.

Die Erinnerungen, die jede Rückkehr in sein eigenes Haus hervorrufen, schmerzen ihn mehr, als er sich zu Beginn eingestehen will.

Jutta fällt ihm ein. Soll er sie anrufen? Peter hat sich lange hin- und herüberlegt, ob er sich bei ihr melden soll. Schließlich wählt er ihre Nummer.

Beim ersten Versuch meldet sich niemand. Als er es später erneut versucht, hebt sie ab. Das Gespräch ist zwar zäh, aber er kann sie immerhin dazu überreden, mit ihm Tanzen zu gehen. Und sogar zum Abendessen treffen sie sich.

Für Peter sieht die Welt wieder etwas rosiger aus. Und diesmal, so nimmt er sich vor, wird er sie nicht bedrängen und sexuell belästigen. Im Augenblick genügt es ihm, eine Tanzpartnerin gefunden zu haben.

Er freut sich schon auf dem morgigen Abend, wenn er ihr wieder begegnen wird.

Glueckwunsch zum Geburtstag

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