Читать книгу Geile Zeit - Christine Rey - Страница 6

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Stän­dig ha­be ich Angst. Ei­ne Scheiß­angst vorm Ster­ben. Sie sitzt mir im Na­cken. Tag und Nacht. Lässt mich kaum zur Ru­he kom­men. Es fühlt sich an wie in ei­nem Film, in dem ein Mäd­chen von ei­nem Kerl ver­folgt wird, der ihr an die Wä­sche will. Sie rennt und rennt und rennt, und er ist ihr dicht auf den Fer­sen; sie riecht sei­nen stin­ken­den Atem, rennt schnel­ler, hängt ihn ab. Er hetzt nach, holt auf und ist wie­der hin­ter ihr. Die jun­ge Frau, sie läuft um ihr Le­ben. Schwitzt, keucht, weiß, am En­de wird er sie krie­gen.


Doch es gab mal ei­ne Zeit, da konn­te ich die Pau­se­tas­te drücken und ein ganz nor­ma­les Mä­del sein. Dann stand ich in der Turn­hal­le. Ver­teil­te Krei­de­staub auf mei­nen Hän­den, und al­les war ru­hig. Nur Frie­de und Stil­le in mei­nem Kopf. Oder wenn ich mit Jay­den zu­sam­men war – noch viel bes­ser. Wie hun­dert­tau­send, ach was, ei­ne Mil­li­ar­de Sport­hal­len.

Ich ken­ne ihn seit mei­nem ers­ten Schul­tag. Nicht der mit der Tü­te vol­ler Sü­ßig­kei­ten und Fo­tos ma­chen. Nein, der da­nach, wo es ernst wur­de. Der, an dem Herr Fuchs ins Schul­zim­mer kam. An sei­ner Sei­te ein Jun­ge in Turn­schu­hen. Breit­bei­nig stand er da, das rech­te Knie leicht an­ge­win­kelt. Die Dau­men in sei­ne Gür­tel­schlau­fen ein­ge­hängt. Trug ein T-Shirt mit ro­tem Ami-Au­to drauf. Auf dem Kopf ei­ne Ba­se­ball­müt­ze, un­ter der brau­ne Lo­cken her­vor­quol­len. Sein Blick wan­der­te durch den Raum. Fing in ei­ner Ecke an und zog sich durch die Klas­se, oh­ne ab­zu­set­zen. So, als wür­de er mit den Au­gen das Haus vom Ni­ko­laus ma­len. Zwi­schen­durch zuck­ten sei­ne Kie­fer und ich hät­te schwö­ren kön­nen, dass er Kau­gum­mi kau­te. Ui, ui, ui, der trau­te sich was. Schon sein Käpp­chen vers­tieß ge­gen die Ord­nung.

Er wur­de zwi­schen Car­men und mich ge­setzt.

»Hey, ich bin Jay.«

Das wer­de ich nie ver­ges­sen. Ist in mir drin, wie Herz­klop­fen und Atem­ge­räusche. Hey, ich bin Jay. Da­bei hat er mich an­ge­se­hen, als wol­le er jetzt so­fort al­les über mich wis­sen.

Wäh­rend Car­mens Au­gen fast aus den Höh­len pur­zel­ten und sie »'n Ami, 'n rich­ti­ger Ami« wis­per­te, fand ich sein Shirt in­ter­essant und sag­te: »Ich heiß Val­le. Cor­vet­te is' su­per.«

Ja, und dann be­gann das, was wir spä­ter gei­le Zeit ge­nannt ha­ben und wes­we­gen ich jetzt heu­lend hier sit­ze und nicht an­ders kann, als an je­nen Tag zu den­ken. Mei­nen letz­ten Tag mit Jay­den …

Geile Zeit

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