Читать книгу Allerlei Leipzig - Christine Sylvester - Страница 8
Erste Indizien
ОглавлениеGähnend starrte Lale auf einen der vielen Monitore. Die elektronischen Bilder verschwammen vor ihren müden Augen. Sie zwinkerte und schaute auf ihr Telefon. Bisher hatte sich noch niemand auf ihre Veröffentlichung gemeldet. Das hatte sie sich anders vorgestellt. „Diese Monitore machen mich ganz schläfrig.“
„Quatsch, das macht Spaß.“ Mandy guckte neugierig in die verschiedenen Hallen und zoomte sich einzelne Bilder heran. „Eine bessere Chance gibt es doch gar nicht, Samson Perowski zu entdecken.“
Lale warf ihr einen skeptischen Blick zu. „Richtig praktisch wäre es jetzt, wenn du überhaupt wüsstest, wie dieser Mensch aussieht.“
„Spielverderberin“, maulte Mandy. „Mir macht das Spaß.“ Sie deutete auf einen der Monitore und vergrößerte einen Bildausschnitt, der den Eingang von Halle 3 zeigte. „Gucke mal, der ist doch verdächtig!“
Lale betrachtete das Bild. „Verdächtig gutaussehend, wenn du mich fragst. Der tut doch gar nichts.“
„Der rüttelt am Mülleimer“, stellte Mandy fest.
„Weil er seinen Kaffeebecher loswerden will“, meinte Lale. „Ich wäre auch irritiert, wenn überall Abfallbehälter herumstehen, die nicht zu öffnen sind. Ein Kaffee wäre jetzt übrigens nicht schlecht.“
In diesem Moment summte Lales Handy auf dem Tisch herum. „Unbekannt“ erschien auf dem Display. Na endlich. „Petersen, hallo.“
„Hallo?“, rief eine männliche Stimme. „Bin ich da richtig? Ich habe diese Nummer aus der Tageszeitung.“
Lale sprang auf. „Da sind Sie goldrichtig. Kennen Sie den Mann auf dem Foto?“
„Ja. Ich habe ihn ein paar Mal gesehen“, sagte der Mann. „Sind Sie von der Polizei?“
„Ja, Entschuldigung“, beeilte sich Lale zu sagen. „Kriminalhauptkommissarin Lale Petersen.“
„Der ist also tot“, stellte der Mann fest.
Lale verkniff sich die Bemerkung, dass das in der Zeitung gestanden habe. „Wer sind Sie denn?“
„Fährmann, mein Name.“ Er räusperte sich.
„Gut, Herr Fährmann“, sagte Lale. „Können Sie mir etwas mehr über den toten Mann sagen? Sie haben ihn gesehen. Wo und wann?“
„Der war in den letzten Wochen bei uns in der Gegend unterwegs“, erklärte Fährmann. „Einer, der auf der Straße lebt, so was fällt auf bei uns.“
„Wo wohnen Sie denn?“, fragte Lale und zog sich einen Block mit Stift heran.
„Gohlis“, sagte Fährmann. „Ich gebe zu, ich war erst etwas beunruhigt, als der hier um die Häuser strich, aber meine Frau, die hat ihn sofort angesprochen und ihm etwas zu essen gegeben.“ Er räusperte sich erneut. „Meine Frau ist so eine, so eine Soziale.“
„Das spricht sehr für Ihre Frau.“ Lale machte sich Notizen. „Haben Sie auch mit ihm gesprochen?“
„Nur kurz“, erklärte Fährmann. „Er wirkte sehr höflich.“
„Alarm!“, rief Mandy und zoomte das Bild vom Messeeingang heran. „Ein Hund hat angeschlagen.“
Lale warf einen Blick auf den Monitor. Tatsächlich. „Herr Fährmann, können Sie mir Ihre Nummer geben, sodass ich mich später bei Ihnen melden kann? Ich würde sehr gerne mit Ihrer Frau sprechen.“
„Meine Frau ist erst am Nachmittag zu Hause“, sagte er. „Mit wem habe ich noch mal gesprochen?“
Lale wiederholte Namen und Amtsbezeichnung und notierte seine Telefonnummer. Mit einem „Ich bin dann mal weg“ lief sie hinüber in die Glashalle. Zum Glück war noch nicht viel Betrieb, sodass sie flott den Eingangsbereich mit seinen Ticketschleusen erreichte. Flimm, Elfgart und ein Hundeführer standen um eine junge Frau herum, die verstört wirkte. Der Hund lag in Lauerstellung vor ihrem Rucksack und bellte in regelmäßigen Abständen.
„Schnell sind Sie ja“, begrüßte Elfgart Lale und deutete auf den Rucksack. „Der Kollege mit vier Pfoten hat etwas gefunden. Experten sind im Anmarsch.“
„Aber das ist unmöglich“, sagte die junge Frau. „Ich habe nichts Gefährliches in meiner Tasche. Was soll denn da drin sein?“
„Sprengstoff“, sagte Flimm.
„Sprengstoff?“ Die junge Frau riss die Augen auf. „Woher soll ich denn Sprengstoff haben?“
„Das würde uns auch interessieren.“ Elfgart sah sie durchdringend an. „Können Sie sich ausweisen?“
„Ja.“ Sie beugte sich zu ihrem Rucksack hinunter.
„Nicht anfassen!“, ging Flimm dazwischen.
Lale wunderte sich, dass ihnen kaum jemand von den Messebesuchern Aufmerksamkeit schenkte. Alle waren damit beschäftigt, Eintrittskarten zu kaufen und sich kontrollieren zu lassen. Das änderte sich allerdings, als zwei martialisch gekleidete Gestalten mit schwerem Gepäck im Laufschritt hereinkamen.
Jetzt zog sich der Hundeführer mit seinem Spezialkollegen zurück. „Guter Alfi!“ Er tätschelte den Hund. „Alfi braucht eine Pause. Bis später.“
Die beiden Sprengstoffexperten begannen den Rucksack zu untersuchen.
Flimm schaute verwundert. „Sollen wir nicht die Halle räumen?“
„Eine tickende Zeitbombe ist nicht drin.“ Der Experte öffnete den Rucksack. „Wir sprengen nicht immer alles in die Luft.“
Elfgart riskierte einen Blick. „Da ist gar nichts drin.“
„Das habe ich doch gesagt.“ Die junge Frau sah nun Lale an. „Ich habe ihnen gesagt, dass ich nur Portemonnaie und Schlüssel dabei habe. Ich will schließlich Bücher kaufen.“
„Hier in der Außentasche ist etwas.“ Der Experte öffnete den Reißverschluss. „Ein Brotdose.“ Er nahm sie vorsichtig heraus und legte irgendwelches Gerät an. Lale runzelte die Stirn. Kamen jetzt gleich Drähte und Dynamit zum Vorschein?
„Vielleicht Plastiksprengstoff.“ Der Experte hielt die Dose hoch und Flimm zuckte zusammen. „Keine Angst! Den müsste man schon in offenes Feuer werfen, damit es ein bisschen knallt.“ Er lockerte endlos langsam und vorsichtig den Deckel der Dose. Als er den Deckel endlich abgenommen hatte, starrten alle hinein. „Malfabrot“, erklärte er mit Kennermiene. „Mit Aufstrich.“
Sein Kollege schnupperte an der Dose. „Das ist Pommersche.“
„Da hat Alfi aber sehr gut gearbeitet“, lobte Lale.
„Wer?“ Elfgart sah sie an.
„Der Hund“, erklärte Lale. „Ein gemeingefährliches Mischbrot mit berüchtigter Kalbsleberwurst, und Alfi hat das sofort erschnüffelt. Ohne Diensthunde wären wir echt aufgeschmissen.“
„Vernehmung“, ordnete Flimm an und wandte sich an Lale. „Wir gehen nach oben zu Ihrer Kollegin. Sie machen hier mit Elfi weiter.“
Elfi? Lale grinste breit, als sie Elfgarts Gesicht sah. Er war sichtlich verstimmt.
„Wir nehmen das Zeug mit zur Analyse“, sagte einer der Experten und überreichte der jungen Frau Schlüssel und Portemonnaie. „Den Rucksack müssen wir auch untersuchen.“
„Sie bekommen von mir eine Quittung“ sagte Flimm. „Kommen Sie.“
„Dann legen wir mal los.“ Lale musterte den Kollegen Elfgart. „Nicht dass uns eine Käsestulle durch die Lappen geht, Elfi.“
Der hatte bereits sein Telefon am Ohr. „Einen neuen Hundeführer mit SSH zum Eingang! Aber flott!“