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Fall 3 Schwerland

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Inhaltsverzeichnis

Vorüberlegungen

Gliederung

Lösungsvorschlag

Wiederholung und Vertiefung

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Der EU-Mitgliedstaat Schwerland (S), der auch Mitglied der Welthandelsorganisation (WTO) ist, hat mit zunehmendem Übergewicht bei seiner Bevölkerung zu kämpfen. S erlässt daher das „Gesetz zur Besteuerung ungesunder Lebensmittel“. Nach diesem Gesetz werden beispielsweise Lebensmittel, die einen Zuckeranteil von mindestens 20% aufweisen, mit einer Zusatzsteuer i.H.v. 15% belegt. Traditionell hergestellte Lebensmittel, die Ausdruck einer besonderen Esskultur oder einer regionalen Identität sind, etwa das seit dem 17. Jahrhundert in S hergestellte Brotgebäck „Schwerer Stollen“ oder die aus S stammenden Karamellbonbons „Nascher Klümpchen“, sind dagegen von der zusätzlichen Steuer befreit. Voraussetzung ist allerdings die Aufnahme in eine dafür vorgesehene Liste, die vom in S zuständigen Verbraucherschutzministerium geführt wird. Hierzu bedarf es eines entsprechenden Antrags, über den ebenfalls das Verbraucherministerium entscheidet. Eine nähere Definition des Begriffs „traditionell hergestellte Lebensmittel“ ist gesetzlich allerdings nicht normiert. Aufgenommen werden können sowohl traditionell hergestellte Lebensmittel aus S als auch solche aus den anderen EU-Mitgliedstaaten. Dagegen sind Lebensmittel aus Drittstaaten, die wie das aus D stammende Brotgebäck „Zuckerbrot“ traditionell hergestellt werden, nicht von der Ausnahmeregelung erfasst.

Die Europäische Kommission ist über das neue Gesetz in S entsetzt. Durch dieses würden die Grundsätze des Binnenmarktes völlig über Bord geworfen und der Zugang für Lebensmittel aus anderen EU-Mitgliedstaaten, aber auch aus Drittstaaten erheblich erschwert. Der Grenzwert für den Zuckeranteil sei überdies völlig willkürlich und zudem derart gestaltet, dass die Produkte inländischer Hersteller gerade nicht unter die neue Steuer fielen. So weist etwa die in S beliebte einheimische Limonade „Freedom Juice“ einen Zuckeranteil i.H.v. nur 19% auf, während der Zuckeranteil der im EU-Mitgliedstaat M bzw. in D hergestellten Cola jeweils bei 20% liegt. S verletze daher sowohl seine Verpflichtungen aus den Unionsverträgen als auch aus den internationalen Abkommen, die die Union und S mit ihren Handelspartnern geschlossen haben. Insbesondere das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (GATT), das für S auch unionsrechtlich verbindlich sei, lasse solche Regelungen nicht zu. Das Verhalten von S löse daher eine Verantwortlichkeit der Union gegenüber den Handelspartnern aus, weswegen die Kommission gegen S vorgehen müsse.

Die Kommission bittet den Beamten B, in einem Gutachten die Erfolgsaussichten einer Klage gegen S vor dem Gerichtshof der Europäischen Union (GHEU) wegen der Unionsrechtswidrigkeit des vorgenannten Gesetzes von S zu prüfen.

Bearbeitervermerk:

Fertigen Sie das Gutachten des B an. Gehen Sie dabei auf alle aufgeworfenen Rechtsfragen – gegebenenfalls hilfsgutachtlich – ein.

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