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Die Blütezeit des unumschränkten Herrschers

„L’État c’est moi“ – der Staat bin ich. Zwar ist es zweifelhaft, ob Ludwig XIV. diesen Ausspruch je getan hat. Aber wohl kein Satz beschreibt besser, was den „Sonnenkönig“ und das von ihm geprägte Zeitalter des Absolutismus ausmachte: eine auf den monarchischen Entscheider zugeschnittene Zentralgewalt, personifiziert durch den Herrscher selbst, der alle Macht in seiner Hand bündelt.

So zumindest dürfte die Idealvorstellung jenes Projektes ausgesehen haben, das Ludwig XIV. seit 1661 in Form einer Alleinregierung in Szene setzte. Hauptantrieb für den jungen König aus dem Haus Bourbon, sofort nach dem Tod des langjährigen Ersten Ministers Kardinal Jules Mazarin die ganze Macht an sich zu reißen, war sein tiefes Misstrauen gegenüber dem Adel. Dieser sah sich – schon unter Ludwig XIII. in die Defensive gedrängt – als Stand immer konsequenter von der Mitsprache ausgeschlossen und hatte von 1648 bis 1653 in mehreren durchaus bedrohlichen Aufständen, der „Fronde“, rebelliert.

Ludwig und das von ihm regierte Frankreich wurden zum Taktgeber einer Entwicklung in Europa, in der zahlreiche Herrscher versuchten, nach seinem Vorbild ebenfalls einen absoluten Machtanspruch durchzusetzen – ohne Mitwirkung ständischer oder parlamentarischer Institutionen. Als Leitfigur wirkte der „Sonnenkönig“ nicht nur durch seinen Herrschaftsanspruch, sondern auch in der äußeren Prachtentfaltung: Die gigantische, von Ludwig ausgebaute Schlossanlage von Versailles prägte den Baustil in ganz Europa, die dort gepflegte höfische Kultur galt als Synonym für raffinierte Festlichkeit in höchster Vollendung.

Auch außenpolitisch drückte Ludwig XIV. seinem Zeitalter den Stempel auf. Mit einer fast ununterbrochenen Kette von Kriegen wollte er die Hegemonie Frankreichs durchsetzen – nicht nur in Europa, sondern auch auf dem kolonialen Schauplatz Nordamerika im Ringen mit dem Rivalen England.

In diesem Band zeichnen namhafte Autoren nach, wie der lange im Schatten seiner Mutter Anna von Österreich, der Regentin, stehende Dauphin in seine Aufgaben hineinwuchs. Sie beschreiben Struktur, Finanzierung sowie Stärken und Schwächen des absolutistischen Staates, schildern das von Ludwig entwickelte „System Versailles“ und zeigen auf, wie Ludwig in 34 Jahren der Waffengänge – immer wieder auch gegen seinen großen Widersacher Kaiser Leopold I. – die Finanzen seines Landes ruinierte und parallel dazu die von ihm intensiv geförderte französische Kultur zum begehrten Exportgut wurde.

Faszinierend und erschütternd zugleich ist, dargestellt in einem eindringlichen Psychogramm des Königs, mit welcher Konsequenz Ludwig XIV. seine Rolle als Herrscher durchhielt: Der Mann, der mehr als ein halbes Jahrhundert das Machtzentrum Frankreichs verkörperte, hat kein Wort hinterlassen, das Aufschluss über seine persönliche Befindlichkeit geben könnte. Der abschließende Text des Bandes widmet sich der besonderen symbolischen Bedeutung, die das Schloss von Versailles, lange nach dem Ableben Ludwigs, im Dauerkonflikt zwischen den Nachbarn Frankreich und Deutschland gewonnen hat.

Das Zeitalter des „Sonnenkönigs“ begründete wenn nicht unbedingt eine tatsächliche Vormachtstellung Frankreichs, so jedoch seinen dauerhaften Anspruch auf Größe. Der absolutistische Staat Ludwigs XIV. entfaltete eine beachtliche Gestaltungskraft, aber in ihm waren ebenso bereits die Schwächen angelegt, die mit der Revolution von 1789 zum Untergang dieses Systems führen sollten: die Abhängigkeit von den persönlichen Fähigkeiten des Herrschers, die zunehmend katastrophale Lage der Finanzen, gepaart mit einer ineffektiven Verwaltung, fehlende Mitsprache sowie die ungerechte Verteilung der immer schwerer drückenden Last von Steuern und Abgaben.

Stefan Bergmann

Chefredakteur des Geschichtsmagazins DAMALS

Das Zeitalter des Sonnenkönigs

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