Читать книгу Komplexe Dynamische Evaluation (KDE): Ein Instrument zur Optimierung des universitären Fremdsprachenunterrichts - Christoph Waldhaus - Страница 16

2.1.1 Bildung als Ware und Lehre als Dienstleistung

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In der Wirtschaft kann generell beobachtet werden, dass sich der Markt in den letzten Jahrzehnten sehr stark verändert hat und überwiegend von einem HerstellerInnenmarkt zu einem KundInnenmarkt geworden ist. Daraus resultieren vor allem für die KundInnen Vorteile, es gibt aber auch negative Begleiterscheinungen. Der Käufer/die Käuferin hat nun in der Regel nicht nur eine fast unüberblickbare Auswahl an weltweit hergestellten und beziehbaren Produkten und eventuell sogar Preisvergleiche, die von diversen Firmen (nicht selten gegen eine versteckte Gebühr) angeboten werden und dem Kunden/der Kundin das gewünschte Produkt beim günstigsten Anbieter/der günstigsten Anbieterin herausfiltern, sondern er/sie muss nun vielfach auch vermehrt auf das Kleingedruckte bei den angepriesenen Waren achten. Neben Betrügereien klagen immer mehr KäuferInnen über eine scheinbar sinkende Qualität bzw. Kurzlebigkeit vieler Produkte.

Diese Veränderungen haben u.a. dazu geführt, dass sich mittlerweile zahlreiche Unternehmen der Tatsache bewusst sind, in einer Marktwirtschaft im Zeitalter der Globalisierung und des ständig zunehmenden Konkurrenzdrucks, bei scheinbar kontinuierlich sinkenden Preisen vieler Produkte nur mehr dann langfristig bestehen zu können, wenn sie die KundInnen durch die Qualität der von ihnen angebotenen Waren überzeugen. Während manche HerstellerInnen weiterhin auf den niedrigen Preis ihrer Produkte und Dienstleistungen bauen und dies oftmals nur durch verminderte Qualität bzw. durch das Produzieren der Ware in Billiglohnländern erreichen können, versuchen andere verstärkt auf die Wichtigkeit von Nachhaltigkeit, Service und Qualität hinzuweisen.

Das Kriterium Qualität hat somit nicht nur wieder an Bedeutung gewonnen, sondern muss auch vor einem anderen Hintergrund als bisher betrachtet werden. Laut Timischl (vgl. 2007:1) ist gegenwärtig sogar die Tendenz feststellbar, dass der Kunde/die Kundin eine Qualität auf einem ihm/ihr ansprechenden Niveau fordert und dass zukünftig hochentwickelte Technologien weniger entscheidend sein werden als die Einstellung eines Unternehmens, die Erwartungen der KundInnen erfüllen zu wollen. In einem derart kundInnenorientierten Ansatz (user-based-approach) ist Qualität folglich weitgehend davon abhängig, was der Kunde/die Kundin darunter versteht. Dieser Aspekt ist auch im Kontext des vorliegenden Ansatzes wesentlich, da durch diverse Umstrukturierungen an den Hochschulen – wie z.B. die Auslagerung von Fremdsprachenkursen an universitäre Sprachenzentren – der Sicherung und Verbesserung von Qualität eine ganz neue Wichtigkeit zugekommen ist.

Zudem werden an vielen Universitäten bzw. Fachhochschulen Studierende verstärkt als KundInnen wahrgenommen, bzw. fühlen sie sich selbst als KundInnen, die für eine Ware Bildung bzw. eine Dienstleistung Lehre bezahlen und demgemäß gewisse Forderungen damit verbinden. Dass diese Sichtweise nicht nur bei vielen Lehrenden für Ablehnung sorgt und auch hinsichtlich der akademischen (Aus-)Bildung der Studierenden zu hinterfragen ist, muss an dieser Stelle nicht expliziert werden.

Während mit dieser Wahrnehmung mancher Studierenden, KundInnen zu sein bzw. dem Umstand, dass viele von ihnen an den Universitäten für eine gewisse Leistung in Form von Studiengebühren bezahlen müssen, oftmals von ihrer Seite stärkere Forderungen nach Qualität bzw. Service einhergehen, ist gleichzeitig in vielen universitären Kursen auch ein von innen heraus entstehendes Bestreben zu beobachten, verstärkt teilnehmerInnenorientiert zu lehren. Dies steht mitunter vielleicht zum einen mit der Forderung der ENQA1 (vgl. 2012:6) in Zusammenhang, dass bei sämtlichen qualitätssichernden Maßnahmen im Bereich des Lehrens und Lernens an den europäischen Hochschulen die Studierenden im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen sollen, und zum anderen mit dem Paradigmenwechsel shift from teaching to learning, welcher das Lernen gegenüber dem Lehren explizit hervorhebt.

Zweifelsfrei sind derartige Strömungen nicht neu, sondern finden ihre Ursprünge im deutschsprachigen Raum – vor allem auch in Zusammenhang mit Evaluation – bereits in der 68er-Bewegung und den Protesten an Hochschulen, die, wie Rindermann (vgl. 2009:31) anführt, die Reformen an deutschen Universitäten einleiteten. Was jedoch als Novum der letzten Jahre gesehen werden kann, ist, dass Evaluationsergebnisse mitunter online gestellt werden und dadurch verhältnismäßig leicht zugänglich sind. Demzufolge werden diverse Fragen, Probleme, Erwartungen bzw. Forderungen den einzelnen am Unterrichtsgeschehen Beteiligten aktuell vielleicht deutlicher als bisher vor Augen geführt. Qualität bzw. fehlende Qualität wird sichtbar (gemacht) und steht auf Lehrendenseite auch vielfach in direkter Verbindung mit Vertragsverlängerungen oder eben der Nichtverlängerung von Lehraufträgen. Evaluation, besser gesagt, deren Ergebnisse können dadurch nolens volens auch als Druckmittel fungieren.

Komplexe Dynamische Evaluation (KDE): Ein Instrument zur Optimierung des universitären Fremdsprachenunterrichts

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