Читать книгу Komplexe Dynamische Evaluation (KDE): Ein Instrument zur Optimierung des universitären Fremdsprachenunterrichts - Christoph Waldhaus - Страница 9

1.1 Problemstellung

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Die Motivation für diese Arbeit entstand primär aus einer Unzufriedenheit heraus, die ich im Laufe meiner mittlerweile über zehnjährigen Lehrtätigkeit an unterschiedlichen universitären Fremdsprachenzentren und Instituten im In- und Ausland mit den jeweils eingesetzten Lehrveranstaltungsevaluationen verspürte. Diese sind in der Regel mit einem hohen Aufwand verbunden und bringen oftmals aber nur einen kleinen Ertrag. Sie werden z.B. vielfach nach wie vor mit Hilfe von Papierfragebögen durchgeführt, in welchen die LernerInnen den Lehrpersonen am Ende des Semesters ein Feedback zum Kurs geben. Dadurch soll zur Qualitätsverbesserung der betreffenden Lehrveranstaltung beigetragen werden, was mit den jeweiligen Modellen meiner Erfahrung nach und nach Ansicht vieler meiner KollegInnen in den meisten Fällen jedoch nur eingeschränkt möglich ist.

Eine vollständige Auflistung sämtlicher Aspekte, die mit vielen dieser und anderer aktuell eingesetzter Evaluationsmodelle und Methoden einhergehen, wäre verhältnismäßig lang und zu umfangreich, um ihr an dieser Stelle die nötige Aufmerksamkeit zu schenken. Dies hängt zum einen damit zusammen, dass die Zahl an Evaluationsmodellen und Fragebögen, wie bereits angeführt, mittlerweile nahezu unüberschaubar ist, und zum anderen damit, dass auch die Kriterien, nach welchen man die einzelnen Modelle untersuchen und bewerten könnte, vielfältig und umfangreich sind. Daher wird hier von einer detaillierten Analyse Abstand genommen und es sollen nur einige zentrale Punkte aufgezeigt und kurz diskutiert werden, die das effektive Optimieren des universitären Fremdsprachenunterrichts mit Hilfe der untersuchten Modelle erschweren.

Um die Analyse auf einen für den Rahmen dieses Buches angemessenen Umfang zu beschränken, konzentrierte ich mich auf die Lehrveranstaltungsevaluationen jener fünf österreichischen Fremdsprachenzentren, die zum Untersuchungszeitpunkt (2012) dem Verband universitärer Sprachenzentren und -institutionen (VUS) angehören.

Obwohl es sich hierbei um eine vergleichsweise kleine Stichprobe handelt, kann dennoch festgestellt werden, dass sie sehr repräsentativ ist und die hier angeführten zentralen Problematiken auf die Mehrheit der Sprachenzentren im europäischen Hochschulraum – und wahrscheinlich auch darüber hinaus – in der einen oder anderen Weise zutreffen, da viele Sprachenzentren ähnliche Verfahren zur Qualitätsoptimierung einsetzen.

Eine Kollegin am treffpunkt sprachen, die in einem, der im Rahmen meiner Dissertation durchgeführten qualitativen Interviews befragt wurde, bringt einige der zentralen Themen aktueller Lehrveranstaltungsevaluationen im Fremdsprachenunterricht wie folgt auf den Punkt:

[…] weil ich mich sowieso seit einiger Zeit schon über diese ständigen Evaluierungen ärgere, nicht weil sie schlecht sind, sind sie nicht, aber es interessiert mich auch nicht zum hundertsten Mal zu hören, dass ich so ein nice teacher bin und so. Irgendwann finde ich, reicht es. treffpunkt sprachen muss natürlich für Qualität sorgen, soll mich von mir aus ein Jahr beobachten und dann finde ich, ist es aus und ich habe einfach keine Lust mehr. Ich mag mich nicht mehr evaluieren lassen.

[LP002, 224–230]

Die Inhalte dieser Aussage sind zweifelsfrei auch als einige der Hauptgründe für die von Simon (2000) und Frey (2007) angeführte »Evaluitis« zu sehen, an der viele KollegInnen, vor allem, wenn sie schon mehrere Jahre unterrichten, leiden. Die meisten Lehrenden sind nicht mit einer Evaluation ihres Unterrichts per se unzufrieden und negieren auch nicht deren Wichtigkeit im Hinblick auf ihr Potential, essentielle Informationen zur Qualitätsoptimierung zu generieren. Sie erkennen in der Regel auch die allgemeine Notwendigkeit von Evaluationen in Hinblick auf die Präsentation der betreffenden Institute und Zentren nach außen an, stellen jedoch, wie die Kollegin aus dem Interview, vielfach fest, dass die Art und Weise, mit der diese Evaluationen durchgeführt werden, also der Evaluationsansatz, und die Informationen, die sie zum Teil fördern, insuffizient sind, was oftmals zur Folge hat, dass Lehrende mit der Zeit eine Aversion gegen das Evaluieren entwickeln. In der Tat ist diese Abneigung auch bei vielen Studierenden zu bemerken, denn es darf nicht vergessen werden, dass diese in der Regel viele Evaluationen pro Semester – in jedem der von ihnen besuchten Kurse zumindest eine – durchführen müssen. Hinzu kommen weitere Befragungen, die beispielsweise einen bestimmten Lehrgang oder die Universität und deren Einrichtungen etc. betreffen. Man kann also nicht behaupten, es würde zu wenig evaluiert.

Auf der Suche nach den Gründen, warum es in Hinblick auf Lehrveranstaltungsevaluationen überhaupt zu den oben genannten und anderen Problemen kommt, können unterschiedliche Ursachen ausfindig gemacht werden. Im Wesentlichen hängen sie jedoch damit zusammen, dass bei vielen Evaluationen oftmals gewisse Standards, wie sie etwa im Handbuch der Evaluationsstandards (siehe unten bzw. Sanders 2006) angeführt werden, keine oder eine zu geringe Berücksichtigung finden. Auch die Standards und Leitlinien für die Qualitätssicherung im europäischen Hochschulraum (ESG), die im folgenden Kapitel vorgestellt werden und für die Qualitätsoptimierung bzw. -sicherung durch Evaluation zentral sind, werden in der Regel nicht in das Evaluationsprozedere integriert.

Bevor ich nun einige der zentralen Stellen aufzeige, an welchen die einzelnen Evaluationsmodelle Raum für Optimierung haben, möchte ich einen kurzen Exkurs zu den Evaluationsstandards machen, damit die darauffolgenden Ausführungen für den Leser/die Leserin leichter nachvollziehbar sind.

Komplexe Dynamische Evaluation (KDE): Ein Instrument zur Optimierung des universitären Fremdsprachenunterrichts

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