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Die Früchte vollkommen überflüssiger Gewalt

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”Meine Güte”, denkt Bitris. ”Irgendwann geht sie zu weit. Irgendwann geht sie zu weit.”

Er steht an der Theke. Sein Smart-Decoder, auf dem schwarzen Markt geklaut, nicht größer als ein Taschenrechner, aber verdammt clever, hat ihm die Codes der Olofschen Geldsack-Karten verraten. Hat ihn liquide gemacht. Hundertfünfzigtausend oder so hat er abheben können, dann die Karten weggeschmissen. Mehr konnte er beim besten Willen nicht ziehen, denn ab hundertfünfzigtausend werden vom Automaten aus Sicherheitsgründen Fotos vom Geldabheber gemacht. Und auf ein Foto möchte Bitris nicht so gerne drauf. Jedenfalls auf ein Sicherheitsfoto nicht.

Sofort hat er von dem frisch erworbenen Geld den Deckel bezahlt, den er bei Armand noch liegen hat. Fett Trinkgeld gegeben. Natürlich! Ganz fett. Bei Armand gibt man aus Statusgründen etwas mehr Trinkgeld als anderswo. Für die Angestellten. Die bekommen nämlich nur den Mindestlohn. Minus Krankenkassenbeiträge für Armands Kinder und minus Rentenbeitrag für seine acht Brüder. Die Angestellten müssen bei Armand noch Lohn draufzahlen! Eine verdammte Ausbeutung ist das. Mieseste, dreckigste Ausbeutung. Aber das Trinkgeld ist gut. Die Kellner verdienen siebenstellig im Jahr. Steuerfrei! Ihre Arbeitnehmerabgabe an Armand können sie sogar auch noch von der Steuer absetzen.

Bitris hat also ordentlich Geld abgedrückt und danach den Dealer-Typen angegrinst, damit der ihm etwas zum Einwerfen besorgt. Der holt jetzt ein Kondom aus dem Arsch oder von sonst woher. In dem Kondom bewahrt er seine Ware auf. Die Jubel-Pillen. Das aufgeilende Schnupfzeug. Die Halleluja-Brause.

Der Abend läuft wirklich gut.

Wenn nur seine Schwester nicht so eine verdammte Wut in sich hätte, wenn die bloß nicht diesen Hass auf alle Olofs der Welt unter ihrem hübschen Busen tragen würde, wenn die sich bloß besser unter Kontrolle hätte. Einfach nur ein wenig besser unter Kontrolle. Ein wenig nur. Ist denn das zu viel verlangt?

Das ist immer der Makel, der seinen schönen Sommernächten anhaftet. Denn diese brutale Gewalt, mit der sie Olof erst in die Eier getreten und ihm dann einen künstlichen Buchsbaumast derart deftig um die Ohren gedroschen hat, dass ihm die Brille pulverisiert wurde, die lässt es ihm wieder einmal kühl den Rücken herunter laufen. Und das alles hat sie nur getan, weil der Kerl, Olof, Mr. Fünftausend Prozent, weil der die Einladung ihres Hinterns missverstanden und beherzt zugegriffen hat. Diese verdammte, beschissene Gewalt, die aus ihr herausgebrochen ist wie die Gülle aus seinem Magen nach einem Glas Mineralwasser ohne Champagner, diese heftige alles verdampfende, heiße Gewalt, die erlebt er beinahe körperlich mit, die lässt sein sensibles Gemüt erschauern. Erschauern! Diese ungeheuerliche Gewalt. Diese Rohheit. Blutspritzer als dichter Regen in allen künstlichen Bäumen ringsum. Ein dichter Schleier aus Blut. Alles ist voll davon, nur sie hat mal wieder keinen einzigen Tropfen abgekriegt. Zugeschlagen mit der Kraft einer Dampflok. Und ehe der Regen aus Blut sie erreichen kann, ist sie schon wieder verschwunden. Zurück bleibt nur die heftige Erschütterung der Atmosphäre, die Schockwelle der Gewalt, die ihn immer wieder erzittern lässt.

Da ist es doch ein Segen, dass die frisch verdienten achtzigtausend Euro seinem Gewissen das friedvolle Gleichgewicht behutsam zurückgeben können (den Wert des Deckels und das Trinkgeld hat er gleich abgezogen – lohnt nicht, sich darüber noch Gedanken zu machen).

Als er das Strangulatium bei seinem Dealer bezahlt, der aussieht, als hätte er selber allzu viel davon genascht, was der aber nicht tut, weil er weiß, was drin ist, nachdem er also bezahlt hat, kommen gerade die Bullen rein.

Eine Einheit, die Einheit Rot, kommt im Brauseschritt durch die Eingangstür. Hechtsprung rein, Rolle vorwärts, perfekt gestanden. Einheit Grün wirft sich durch die vorher geöffneten Panoramafenster. Abgeseilt von elf Helikoptern, in exakter Synchronität schwingen die Männer sich an ihren Abseilseilen herein, lösen die Gurte, landeten punktgenau zwischen den Stühlen. Applaus brandet auf.

Mit gezückten Knarren stürmen die Eliteeinheiten überaus dynamisch das Lokal, sich gegenseitig sichernd, lauernd. Voll die Profis. Getimt wie ein Ballett, unterlegt von dramatischer Musik. Antonin Dvorák. Es ist ein Genuss, diesen Könnern bei der Arbeit zuzusehen. Und das ist auch so beabsichtigt. Denn das Fernsehen ist bereits vor Ort und will gute Aufnahmen mit viel Action haben.

Bitris stellt sich zu den Kameras. Alle stellen sich zu den Kameras. Bitris winkt mit einem Tausender den Interviewer herbei. Alle winken mit Geldscheinen den Interviewer herbei. Der geht aber mit vorgehaltenem Mikro zu Sawatzke, dem Arschgesicht, dem Liebling der Fernsehfatzken, der es vom Tellerwäscher zum Milliardenbetrüger gebracht hat, darüber im Knast ein legasthenisch auf Klopapier gestammeltes Buch verfasst und alsbald als gefeierter Erfolgsautor irgendeine Herzogin von und zu Sackgesicht geheiratet hat. Der bekommt jedes Interview, weil er fotogen ist und weil der Chef vom Sender seine Frau fickt oder den Sawatzke selber.

Auf jeden Fall sagt Sawatzke gleich, dass er den Täter, einen Ausländer mit schwäbischem Akzent, gesehen hätte. Diesen finsteren, gewaltbereiten Kerl, der einem unglücklichen Gast von Armand d’Or mit einem künstlichen Buchsbaumast auf den Kopf gehauen hat. Er, Sawatzke, habe sich diesem gefährlichen Mann entgegengeworfen und auf ihn eingeredet. Er solle sich gleich stellen, um Vergebung bitten und sich zur Kirche der armen Sünder bekehren lassen, deren Ehrenvorsitzende auf Lebenszeit seine Frau ist. Dann jedoch seien die Komplizen des Schurken, eine zehnköpfige Bande von Schwerverbrechern, ihrem Kumpan mit Maschinenpistolen und Panzerfäusten beigesprungen und hätten ihm den Weg freigekämpft. Gegen diese erdrückende Übermacht sei er, Sawatzke, machtlos gewesen und er habe sich deshalb einen roten Pimomo bestellt, einen extrem schmackhaften Drink aus dem Hause Sackgesicht, der zwar kaum zu bezahlen ist, aber als Ausgleich dafür dem Genießer einen Hauch von Exklusivität verleiht und rote Backen macht.

Dem Interviewer sind Sawatzkes dahingepiepste Ausführungen egal, er lacht model-like in die Kamera, denn er weiß, dass Sawatzkes Worte im Sender simultan von einem talentierten Stand-up-Synchronsprecher in korrektes hochdeutsch übersetzt und durch beispiellose Improvisationskunst zu einem sinnvollen Text zusammengefügt werden. Zu diesem Text werden dann die Bilder vom Tatort gesendet. Starke Bilder. Knallharte Action. Und ein brillant formuliertes Interview mit sonorer Stimme.

Daher kommt es, dass jeder, der Sawatzke kennt, steif und fest behauptet, dass seine Stimme im Fernsehen ganz anders klingt als in echt. Echt.

Bitris wendet sich enttäuscht ab. Sawatzke. Fatzke. Im Fernsehen, im Radio, in der Zeitung. Sawatzke hier, Sawatzke da. Clevere Zitate, von wem auch immer, wunderhübsche Gedichte, allesamt geklaut. Worte wie Donnerhall aus eines anderen Mannes Mund. Tolle Weiber, von anderen gebumst. Aber der ist immer auf Sendung. Immer vorne. Er ist immer da, wo Bitris hingehört. Dort wo eigentlich sein Platz ist. Oben. Dort, wo die Sonne ist! Oben. Im Licht der Sonne. Im Licht der Scheinwerfer.

Mittlerweise ist auch die Kriminalpolizei vor Ort erschienen. Zerknautschte Gestalten in Trenchcoats, aber mit Smoking drunter und Fliege um den Hals.

”Es war wieder diese Frau. Genau wie im letzten Jahr”, sagt hinter Bitris ein Polizist zu einem Zeitungsmann, der ihm regelmäßig sein Informanten-Honorar überweist und dafür die brutalen, ungeschminkten Infos aus erster Hand bekommt. Der Name seiner Zeitung prangt als Sponsoring-Hinweis leuchtend gelb auf der Designer-Knitter-Jacke des Beamten.

„Billiges Blutblatt“ heißt die Zeitung. Wobei sich billig auf den Preis bezieht. Sie kostet nur einige wenige Cent. Sogar die Kippensammler draußen am Parkplatz kaufen das Blatt. Um es zu lesen, muss man nämlich nicht lesen können. Das Blatt hängt zudem als Klopapier in öffentlichen Toiletten, denn es ist billiger als ‚Wischunddochnichtweg‘, das billigste aller Klopapiere auf dem Planeten, in dem sich zudem so manches Mal noch metallene Recyclingrückstände befinden, die schon oft zu extrem blutigen Verletzungen im unangenehmen Körperbereich geführt haben.

”Jeder ist ihr schon irgendwo begegnet, jeder hat sie schon irgendwann gesehen. Schwarze Haare, schlank, scharfes Aussehen, solche Möpse. Du kennst die Beschreibung. Wie letztes Jahr. Aber diese Frau existiert nicht. Keiner kennt sie. Keiner kennt ihren Namen oder ihre Adresse. Sie kommt weder zur Tür rein, noch geht sie zur Tür raus. Sie ist plötzlich da und genauso plötzlich wieder weg. Sie ist ein Phantom.”

”Das ist ja ein Knaller”, ruft der Zeitungsmann. Bitris kennt ihn von früher aus der Sonderzurückgebliebenenschule. Er heißt Jens-Uwe Ganter oder so ähnlich. Er schreibt für sein Schwachsinnigenblatt seine kompromisslos hirnfreien Artikel im Akkord herunter, ist der richtige Mann für diesen Job. Bitris überlegt, ob er ein Exklusiv-Interview zum Wirken seiner Schwester geben sollte. Immerhin würde er damit explosionsartig bekannt werden. Allerdings könnte ihm seine Schwester das auch übel nehmen. Dann würde sie ihm vielleicht kein Geld mehr besorgen.

Der Zeitungsmann, Jens-Uwe Ganter, schwelgt derweil.

”Das ist echt super. Suuuper! Was für eine Story. Das sexy Phantom. Das geheimnisumwitterte Superweib. Die geile Killerin. So was kommt an. Das holt den Leser vom Sofa. Das gibt eine Serie über mehrere Wochen. Angefangen von den Untaten letztes Jahr, dem Jahr davor und so weiter. Wie lange schlägt sie schon zu?“

„Sieben, acht Jahre, oder so. Aber weil ständig die Akten zu den Fällen verschwinden, müssen wir jedes Mal neu ermitteln. Verdammte Schlamperei.“

„ Wen interessieren schon Akten, wenn es um Action geht? Weiß man schon mehr? Zu der heutigen Tat, meine ich. Das Opfer ist ja schnell entdeckt worden. Nach einigen Sekunden, wie es heißt, von einer Kellnerin mit einer Champagnerflasche. Er war noch nicht ganz fertig umgefallen, da kam sie schon mit dem Tablett angewackelt, hat sie in ihrem Exklusiv-Interview erzählt.”

”Die Täterin ist uns trotzdem entwischt. Die war schon nirgends mehr zu sehen. Dabei muss die von oben bis unten voller Blut gewesen sein. Sowas fällt doch auf. Aber nicht hier und nicht heute. Und auch nicht bei den vorherigen Fällen. Sie ist eben ein Phantom. Schlägt zu, verschwindet. Wie jedes Jahr.

Und eines kann ich dir nur raten: Bezeichne in deiner Zeitung niemals Armand d’Ors Saftschubsen als ‚Kellnerinnen‘. Dann hast du nämlich in Zukunft hier Lokalverbot und wirst täglich von Rockern überfallen und verprügelt. Es heißt korrekt: Getränkeservicesolistin.”

”Danke für den Tipp. Ist notiert. Weiter zur Bluttat. Weiter in dieser höllisch abgefahrenen Story. Das klingt alles nach einer hübsch aufregenden Gespenstergeschichte mit gesellschaftskritischen Aspekten. Wer ist das Opfer? Wieder eine reiche, prominente Persönlichkeit aus der höheren Gesellschaft? Einer, bei dem man mir die Zeitungen aus den Händen reißt?”

”Ein stinkreicher Geschäftsmann. Mister 5000-Prozent, wenn du weißt, wen ich meine. Ist aber noch geheim. Das darf vor morgen früh nicht veröffentlicht werden. Er wurde ausgeraubt. Bis aufs Hemd ausgeplündert. Sein Geld, seine Kreditkarten, seine Brille, alles ist weg. Morgen gibts eine Pressekonferenz mit den Einzelheiten, die du nun aber bereits alle kennst. Du kannst also ausschlafen. Ist alles genau dasselbe wie letztes Jahr. Wie in den letzten Jahren.“

„Während der letzten acht Jahre war ich unglücklicherweise Auslandskorrespondent in Swasiland. Wegen der vielen Jet-Set-Urlauber, die den dortigen Nationalpark auf ihren Jagdausflügen leergeschossen haben. Die Leser wollen doch wissen, wer mit wem schießt. Also hat mein Kollege Schnullitzer die Story von dem Killerphantom gehabt. Danach konnte er für ein ganzes Jahr in Urlaub gehen, so hat der an der Story verdient. Er hat dann sogar einen Bestseller darüber geschrieben. Schnullitzer ist jetzt hier in diesem Laden als Gast und nicht mehr als Vertreter der Presse. Das will ich auch erreichen.

Deshalb brauche ich Futter, Details, Einzelheiten, Interna. Ich muss Neues bringen. Es reicht nicht aus, alles vom letzten Jahr noch mal abzuschreiben, wie wir das sonst immer machen. Es muss ein Knüller her. Der Täter zum Beispiel.“

Der Beamte ahmt das Geräusch knisternder Scheine nach. Es ist die perfekte Imitation von fünf sich die die Handfläche schmiegenden Hundert-Euro-Scheinen.

„Du kommst dabei auf deine Kosten, Herr Kommissar. Ganz gewiss. Wir ziehen das jetzt mal ganz groß auf. Da wachsen dir schon ein paar Tausender entgegen.“

„Alles streng nach Gebührenordnung, Jens-Uwe. Wir wollen immer schön korrekt bleiben.“

„Hier geht es um die innere Sicherheit, nicht um korrekte Abrechnung. Sag mal, sind wirklich sämtliche Opfer reich und berühmt? Filmstars zum Beispiel? Die sind immer am besten, weil die jeder kennt. Ich brauche Prominenz!“

„Die kannst du haben. Das Phantom verkehrt augenscheinlich in diesen Kreisen. Da sind alle reich und berühmt. Manche allerdings auch reich und berüchtigt.

Ihre Opfer sind allesamt Magnaten, Barone, Könige. Die macht vor nichts Halt, kennt keine Grenzen, keinen Anstand. Sie ist der gehörnte Schrecken der High-Society. (Klasse, Herr Kommissar. Darf ich diesen Satz zitieren? Klar, wenn ich meine üblichen Tantiemen bekomme.)

Letztes Jahr war es der Präsident von Bolumbato, Eidevit Massaka, den sie mit einem Fleischerbeil verstümmelt hat. Extremstens grausam und ultramegabrutal. Dieser Mann wurde derart zugerichtet, dass er sich noch heute für Lukas, den Lokomotivführer hält.

Bolumbato hat uns ja auf diese Bluttat hin den Krieg erklärt.“

„Ich entsinne mich. Das war sie? Die Phantomkillerin? Der schwarze Engel?“

„Ist aus diplomatischen Gründen unter der Decke gehalten worden. Die Bundeswehr hat Bolumbato bisher nirgends finden können.“

„Unsere Recherche findet alles. Was weißt du noch? Wie geht die geheimnisvolle Frau vor? Wie lockt die Spinne ihre Opfer ins Netz?“

„Diese Frau geht immer mit derselben Masche vor. Sie macht ihnen schöne Augen, wackelt mit dem Hintern, was weiß ich. Lockt die Kerle in einen Hinterhalt, schlägt zu, raubt sie aus. Gnadenlos, eiskalt, geschmacklos.”

”Und was sagen die Opfer dazu? Das ist ja kaum zu glauben, dass die jedes Jahr auf dieselbe Frau reinfallen.”

”Sie muss einfach sensationell sein. Allerdings konnte bisher noch keines der Opfer ihr Gesicht beschreiben. Immer nur ihren Körper. Ah, will ich die gerne mal auf dem Verhörstuhl haben. Nackt natürlich, damit sie keine Waffen einschmuggeln kann. Meine Güte, ich werde ganz wahnsinnig, wenn ich nur daran denke. Sie muss die Figur einer Göttin haben.

Eines der Opfer, der Modezar Tschossogar Albinowitsch, erinnert sich an ihren knackigen Hintern. Es ist übrigens das einzige Detail aus seinem Leben, an das er sich noch erinnert. Der Hintern des Phantoms. Der Mann spricht nur noch von diesem Hintern. Von nichts anderem mehr. Er sagt keinen Satz, in dem nicht dieser Hintern vorkommt. Kein ‘guten Tag’, kein ‘guten Abend’. Nur der Hintern. Er redet den ganzen Tag von diesem Hintern. Dabei ist es ein Wunder, dass der überhaupt noch sprechen kann, bei den Kopfverletzungen. Die Ärzte sagen, dass der Rest seines Gehirns ausgelöscht ist.

Ist das nun tragisch? Jedenfalls hat er ein permanentes Lächeln auf den Lippen. Und der behandelnde Arzt Dr. Gutgelt scherzt, dass ansonsten sein Gesundheitszustand so stabil sei wie seine Erektion.

Ein anderes Opfer, der Bestsellerautor Cosmo Kosmos, erzählt, dass das Letzte, was er je in seinem Leben gesehen hat, ihr pechschwarzes Schamhaar war, bläulich schimmernd, ein endlos weites Veilchenbeet, ein Meer aus Fäden, verwirrend, verschlungen, klingend wie die Saiten einer Harfe. Und eingebettet in dieses Bouquet, diesen unendlich vielfältig berauschenden Strauß, eingebettet darin eine einladend offenstehende Muschi, feucht wie der Morgentau, unwiderstehlich duftend, verschlingend wie das Auge des Hypnotiseurs.

Der Mann ist durch den Schlag auf den Schädel erblindet Er wollte in sie versinken, sagte er uns, verlor sich in ihr, entschwand dem Leben für unsagbar aufregende Sekunden. Dann weiß er von nichts mehr. Hat nur diese Muschi ständig vor Augen, diese geile, wahnsinnig aufregende Muschi.

Dafür, sagt er, dafür lohnt es sich, niemals mehr etwas sehen zu können. Für diesen Blick in das Zentrum der Unendlichkeit.”

”Das muss ein beeindruckendes Weib sein. Super. Klasse. Das wollen die Leser, das törnt an. Das bringt Auflage. Wie gehts dem heutigen Opfer?”

”Schwer zu sagen. Ohne Bewusstsein. Es muss ein gemeiner Schlag gewesen sein. Mit der Wucht einer Dampfpresse und der Kraft eines Berserkers. Sein Zustand schwankt zwischen paralysiert und hirntot.”

”Na, das ist ja Klasse. Einsame Spitze. Das bringen wir sofort raus. Das verkauft sich wie Melissengeist. Das zieht Fäden. Mister 5000-Prozent vom sexy Phantom auf null Prozent reduziert. Die Millionen sind verschwunden. Nach der Hausse kam die Baisse. Die Aktien stehen hoch, der Mann liegt flach. Die Polizei tappt im Dunkeln.

Oh ja, ich bin zufrieden. Das Geld findest du wie gewöhnlich unter der Fußmatte.”

Madalena bekommt verträumte Augen, als Bitris ihr mit einer prallen Einkaufstüte, angefüllt mit harten, weichen, warmen, pulvrig stäubenden oder kristallin glitzernden Drogen aller Art von der Ausgangstür zuwinkt. Sie lässt ihren Hund Platz machen und hetzt zur Tür, denn Bitris ist nicht nur gnadenlos gut im Bett und, wie bereits gesagt, ein charmanter Plauderer, er kauft auch stets die besten und teuersten Drogen, die Sigrid und Roy in ihrer Waschküche aus erlesensten Zutaten des schwarzen, grauen und obskuren Marktes zusammenrühren.

An der Tür müssen sie ihre Personalien angeben. Der Ordnungshüter will alles ordentlich haben. Name, Wohnort, Grund des Hierseins. Er trägt seine beste Dienstmütze, Modell Homburg, goldene Tressen, Dienstgamaschen. Der kühne Schnitt der Uniform ist dem Auge des Betrachters wohlgefällig. Nichts trübt hier den Ausdruck perfekter belle Couture gepaart mit zweckmäßiger Eleganz. Armand lässt nur Polizei in einwandfreier Abendgarderobe herein.

Der Beamte will ihre Namen und Adressen in seinen Protokollcomputer interartikulieren und dienstbeflissen eruieren, ob sie sachdienliche Hinweise haben.

„Haben sie sachdienliche Hinweise?“.

”Ich habe nix gesehen. Habe den ganzen Abend diesem Weib in den Ausschnitt gesehen. Keine andere Person ist mir aufgefallen oder begegnet”, sagt Bitris und füttert Madalena mit paranoischen Suizidukeiden, die sie schlagartig so wahnsinnig heiß machen, dass sie schon mal das Kleid ablegt. Das wiederum bringt den Ordnungshüter aus der Ordnung und lässt ihn verbale Hieroglyphen in seinen Protokollcomputer röcheln, worauf der Bildschirm ein letztes Mal rot entflammt und danach implodiert.

Bitris und Madalena können endlich ungehindert verschwinden.

Schwesterchen Zorn

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