Читать книгу Der Un-Magier - Geisterfeuer - Christopher Golden - Страница 7
ОглавлениеKapitel drei
Letztlich wurde es nicht die erholsamste Nacht, die Timothy je verbracht hatte. Erst hatte es den Zwischenfall mit dem geheimnisvollen Eindringling gegeben, dem Tier, an dessen Existenz Leander nicht recht glauben wollte. Der Großmeister war felsenfest davon überzeugt, daß Timothy nur lebhaft geträumt hatte und beurteilte die Risse in der Bettdecke als etwas, das Timothy aufgrund eines lebhaften Alptraums selbst verursacht hatte. Dann hatte es eine Einsatzbesprechung gegeben, um die Zielvorgaben für den nächsten Tag festzulegen, gefolgt von einer herzhaften Mahlzeit, die man extra zu Ehren der Neuankömmlinge zubereitet hatte. Als Timothy sehr viel später am Abend endlich wieder im Bett gelandet war, hatte er nur unruhig schlafen können, weil er sich vor der Rückkehr des geheimnisvollen Tieres gefürchtet hatte.
Von daher fühlte er sich wie gerädert, als er morgens aus dem Bett kroch. Vor der Tür seiner Hütte stand ein Metalltrog mit Wasser, woraus Timothy sich ein paar Handvoll ins Gesicht spritzte, weil er hoffte, dadurch einen klaren Kopf zu bekommen. Das Wasser war kalt und genau das, was er brauchte, um wachzuwerden. Er holte sich das Handtuch, das an einem Haken draußen an seiner Tür hing, und noch während er sich Gesicht und Hände mit dem rauhen Stoff abtrocknete, eilte er hinüber zur Hütte rechts neben seiner eigenen.
Da Verlis nicht reagierte, als Timothy an die Tür klopfte, öffnete der Junge diese vorsichtig einen Spaltbreit und spähte hinein. Die Hütte war leer. Sofort wurde Timothy unruhig: Wie es aussah, hatte der Wyrm sein Schlafquartier nie betreten. Wo mochte er aber sonst die Nacht verbracht haben?
„Wie ich sehe, bist auch du endlich aufgestanden.“
Erschrocken drehte Timothy sich um, entspannte sich aber wieder, als er erkannte, wer ihn da angesprochen hatte. Walter Telford kam gerade herbei, einen Becher mit irgendeinem dampfenden Gebräu in der einen, ein Stück Obst in der anderen Hand.
„Guten Morgen“, begrüßte Timothy den Projektleiter. „Sind wir die ersten, die aufgestanden sind?“
Walters Lachen dröhnte. „Ist das dein Ernst, Bursche?“ meinte er vergnügt. „Das ganze Lager ist seit Tagesanbruch auf den Beinen.“ Er legte Timothy den Arm um die Schultern und zog den Jungen mit sich, fort von Verlis Behausung. „Heute haben wir dich ausschlafen lassen, aber ab morgen erwarte ich, daß du mit den anderen aufstehst.“ Er versetzte Timothy einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter. „Was ist, Lust auf Frühstück? Danach geht es gleich an die Arbeit.“
Ehe Timothy Walter in den Speisesaal folgte, holte er rasch noch seinen Umhängebeutel aus dem Schlafquartier. Das Frühstück bestand aus einem Heißgetränk und Trockenobst; nicht die wunderbare, reichhaltige Mahlzeit, an die er sich in Himmelshafen gewöhnt hatte, aber dennoch überraschend gut und befriedigend.
Nach dem Essen gingen Walter und Timothy hinüber in das große Haus, das als Kommandozentrum des Lagers diente. Dort mußte Timothy feststellen, daß sich alle Arbeiter des Lagers sowie sämtliche Parlamentarier, die Teil der Expedition waren, versammelt hatten und offenbar nur auf ihn warteten. Auf einem Stuhl ganz vorn im Saal saß Leander und nickte dem Jungen zu.
Walter legte Timothy die Hand auf die Schulter. „Ausgeschlafen bist du, gefrühstückt hast du. Wie wäre es, wenn du uns jetzt in die Geheimnisse deiner Pläne für eine grabende Maschine einweihst?“
Timothy warf Walter einen ungläubigen Seitenblick zu. „Soll das etwa heißen, daß all die Leute nur hier sind, um mir zuzuhören?“ fragte er. Sicher, das Parlament hatte ihn gebeten, Pläne für einen Wühler zu entwerfen, aber Timothy hatte nicht damit gerechnet, daß sein Engagement noch darüber hinaus gehen sollte.
„Auf wen sollten sie denn sonst warten?“ fragte Walter. „Du bist der Erfinder des Gerätes, du kennst dich damit aus. Wir sind nur die, die es bauen.“
Timothy sah sich um. „Ich würde gern helfen, es zu bauen.“
Walter lächelte. „Über dieses Angebot freuen wir uns sehr“, meinte er und schob den Jungen hinüber zu einem kleinen Tisch, den man im vorderen Teil des Saales aufgebaut hatte. „Warum erzählst du uns nicht ein wenig von dieser wunderbaren Maschine, die du erfunden hast?“
Das tat Timothy dann auch mit Begeisterung. Er öffnete seinen Beutel, und zum Vorschein kamen all die vielen, vielen Zeichnungen und Diagramme, die er angefertigt hatte, seit man ihn gebeten hatte, einen solchen Wühler zu erschaffen. Zuerst hatte er ein wenig Angst, aber dann nahm er sich einfach ein Blatt nach dem anderen vor, erklärte jede einzelne Zeichnung und Blaupause und redete immer unbefangener, wobei er oft seinen Tisch verließ und zwischen den Sitzreihen seiner Zuhörer umherging. Einige der Versammelten hatten durchaus auch Fragen, was die Konstruktion des Gerätes betraf, und Timothy antwortete nur zu gern. Er berichtete von dem Prototypen, den er in Himmelshafen bereits gebaut hatte und davon, daß dieser genauso gearbeitet hatte, wie er es gehofft hatte, und erklärte, wie er sich die Umsetzung von all dem bei der Erbauung des Prototypen gelernten dachte, jetzt, wo es um den Bau des viel größeren Wühlers ging, der hier zum Einsatz kommen sollte.
Als er geendet hatte, beschwor Walter eine schwebende Landkarte herauf, um dem Publikum zu zeigen, an welcher Stelle er mit dem Abbau des Malleum beginnen wollte. „Großmeister Maddox konnte einige Dokumente auftreiben. Mit ihrer Hilfe und nach einer eingehenden Überprüfung der in den Dokumenten genannten Felsformationen waren unsere Geologen in der Lage, ziemlich genau zu bestimmen, in welcher Gegend wir am ehesten auf Erfolg hoffen können.“ Der Projektleiter markierte die Stelle, indem er mit dem Finger einen Kreis auf die Landkarte malte. Die so markierte Region fing daraufhin an, rot zu leuchten, und alle konnten genau erkennen, von welcher Zone die Rede war.
„Mit Hilfe der wunderbaren Maschine, die Timothy erfunden hat, werden wir das Malleum problemlos fördern können. So gelingt es uns hoffentlich, erfolgreich Maßnahmen zur Verteidigung gegen die bevorstehende Invasion zu treffen.“
Walter trat zurück, um allen Anwesenden ungehinderte Sicht auf die mystische Landkarte zu ermöglichen. In der Hand hielt der Projektleiter schon wieder eine dampfende Tasse, an der er von Zeit zu Zeit vorsichtig nippte, während er das vor ihm sitzende Publikum nicht aus den Augen ließ.
„Gibt es irgendwelche Fragen an mich oder unseren großen Erfinder hier?“ erkundigte er sich, nachdem er ein Weilchen schweigend gewartet hatte und deutete dabei auf Timothy, der sich ein stolzes Lächeln nicht verkneifen konnte. Das Gefühl, wichtig zu sein, gefiel ihm.
Einer der Parlamentarier hob die Hand und stand auf.
„Die Versammlung erteilt Lokus, dem Großmeister aus der Chakraz-Gilde, das Wort“, sagte Walter und forderte den Mann mit einer Handbewegung auf zu reden.
Ehe Lokus etwas sagte, glättete er sorgfältig die Falten seines goldenen Gewandes, und als er den Mund öffnete, erklang seine Stimme in einem hohen Singsang. „Malleum ist von zentraler Bedeutung für uns und unsere Verteidigung. Es kann sowohl dem Feuer als auch den Waffen der Wyrmer widerstehen und wird uns so im Krieg zu einem bedeutenden Vorteil verhelfen. Aber ohne diese grabende Vorrichtung können wir mit dem Abbau nicht beginnen. Wann dürfen wir mit der Fertigstellung dieses ... Wühlers rechnen?“
Walter wandte sich an Timothy. „Ich glaube, diese Frage lassen wir am besten von unserem Konstrukteur und Erfinder selbst beantworten“, meinte er. „Was meinst du? Wann können wir mit dem Bau des Wühlers beginnen?“
Wieder richteten sich die Blicke aller Anwesenden erwartungsvoll auf ihn, und einen Moment lang fühlte sich Timothy ganz leer im Kopf. Das war zuviel! In so kurzer Zeit vom Außenseiter zum geachteten Experten aufzusteigen war mehr, als er verkraften konnte. Aber dann sah er Kaiphas mitten in der Versammlung sitzen und fühlte sich gleich ein wenig besser. Als nächstes fiel sein Blick auf Leander, der in der ersten Reihe Platz genommen hatte. Der Großmeister lächelte, ein leises, kaum merkliches Lächeln, gefolgt von einem Blick, der aufforderte, ja drängte: Komm schon! Zeig, was du weißt!
Timothy sah hinunter auf seine Entwürfe, und ehe er recht wußte, wie ihm geschah, hatte er auch schon angefangen zu reden. „Da wir sämtliche Materialien beisammen haben, die für den Zusammenbau des Wühlers erforderlich sind, hängt jetzt alles nur noch von der Gegend ab, in wir graben wollen.“ Er warf einen Blick auf die schwebende Landkarte. „Ich will mir erst einmal ansehen, wo genau das ist und entsprechend letzte Veränderungen am endgültigen Entwurf vornehmen. Danach können wir sofort mit dem Bau beginnen.“ Er zuckte ein wenig hilflos die Achseln. „Danach kommt es wohl noch darauf an, wie schnell wir arbeiten können. Wenn wirklich alle Teile hier sind und zur Verfügung stehen, ist es nur eine Frage von Tagen, bis der Wühler bereitsteht.“
Walter leerte seine Tasse und fuhr mit der Hand über die schwebende Karte, die sich daraufhin mit einem leisen Knistern auflöste. „Dann schlage ich vor, wir unternehmen mit Timothy einen Rundgang. Danach können wir mit Eifer an die Arbeit gehen.“
Mit diesem Vorschlag war Timothy durchaus einverstanden, und so folgte bereits wenige Augenblicke später das gesamte Lager Walter und seinen Gehilfen zu der Stelle, an der sie laut Plan mit dem Abbau des Malleum beginnen sollten. Timothy ging als einer der letzten neben Leander, wobei er besorgt feststellte, daß sich der Großmeister dieser Tage viel langsamer fortbewegte als sonst.
Plötzlich schwankte er sogar ein wenig und blieb stehen.
„Ist alles in Ordnung?“ Timothy runzelte die Stirn. „Wir können gern ein wenig stehenbleiben und ausruhen, wenn du willst.“
Leander schmunzelte. „Ausruhen kann ich, wenn ich tot bin!“
„Sag doch so etwas nicht!“ rief Timothy entsetzt.
„Reg dich nicht auf, das ist doch nur ein Spruch, den man so sagt“, beruhigte ihn der Großmeister, „und weißt du auch, wer ihn mir beigebracht hat?“
Timothy schüttelte den Kopf, auch wenn er durchaus einen vagen Verdacht hatte, wer das gewesen sein könnte.
„Dein Vater!“ Leander hatte sich inzwischen von Timothy zu einem großen Felsen führen lassen, gegen den er sich lehnte, um wieder zu Atem zu kommen. Der Junge setzte sich neben ihn.
„Was für ein schrecklicher Spruch!“ beklagte er sich. Erneut lachte Leander in sich hinein und legte beide Arme um seinen Schutzbefohlenen. „Komm schon, Tim, es gibt wirklich keinen Grund, sich aufzuregen. Das Sprichwort soll doch nur bedeuten, daß es im Leben eine Menge Dinge zu erledigen gibt und daß wir versuchen müssen, sie auch wirklich zu erledigen, wenn wir ein erfülltes Leben genießen wollen.“
Dann schwiegen die beiden, die dort auf dem großen Stein in der kalten, nackten Einöde von Tora’nah saßen. Noch nie war Timothy eine Landschaft so leer und traurig erschienen, und er wollte nur noch das Thema wechseln und vielleicht ein wenig Leichtigkeit zurückgewinnen.
„Hast du gesehen, wie die Gildenmitglieder mir heute morgen zugehört haben?“ fragte er. „Wie sie meine Zeichnungen angeschaut und wie sie mir Fragen gestellt haben? Hättest du dir das träumen lassen? Sie haben mir Fragen gestellt.“
Leander stand langsam wieder auf. „Die Zeiten ändern sich, Tim“, sagte er, „und du bist ein wichtiger Bestandteil dieser Veränderungen.“ Der große Mann dehnte und reckte sich mit einem zufriedenen Grunzen, wobei er so gesund wirkte wie schon seit Tagen nicht mehr. „Das ist nun einmal so, ganz gleich, ob sich die anderen das eingestehen wollen oder nicht.“
Auch Timothy stand auf, bereit, sich wieder der übrigen Gruppe anzuschließen. „Wahrscheinlich sind sie darüber ziemlich wütend, was?“ meinte er.
„Das, mein Junge, ist die Untertreibung des Jahres“, gab der Großmeister vergnügt zurück.
Seite an Seite folgten die zwei dem Pfad, der zu der Stelle führte, an der der Abbau des Malleum beginnen sollte. Dem Großmeister und dem Unmagier war um einiges leichter zumute. Als sie die ersten Schreie vernahmen, näherten sie sich gerade dem Kamm des Hügels, hinter dem das kleine Tal lag, das ihr Ziel war.
Den Schreien folgte das zornentbrannte Heulen eines wütenden Wyrms.
Timothy beschleunigte seine Schritte und stürmte den Hügel hinauf. Was er unter sich im Tal sah, verschlug ihm den Atem und ließ sein Herz schneller schlagen: Verlis griff das Expeditionsteams an! Laut schreiend schoß er über den Köpfen der Männer und Frauen hin und her und spie Feuer. Die Parlamentarier unten auf dem Boden waren in heller Panik. Sie stoben in alle Himmelsrichtungen davon, um sich zwischen den grauen Steinblöcken, die überall aus dem felsigen Grund ragten, vor dem wütenden Wyrm zu verbergen.
„Verlis, was tust du da?“ So schnell ihn die Beine trugen, rannte Timothy den Hügel hinab. Schon war er unten angekommen und lief zwischen den großen Steinen hindurch, die einzelnen Gildenmeistern Deckung boten.
„Ich wußte ja, daß so etwas passieren würde!“ hörte der Junge im Vorbeilaufen einen von ihnen fauchen.
„Man darf den Wyrmern einfach nicht trauen!“ sagte ein anderer. „Dieser Verlis und sein Stamm sind genauso gefährlich wie die Monster, die versuchen, durch die Wasserscheide des Alhazred zu brechen.“
Timothy gab sich alle Mühe, diese Kommentare einfach zu ignorieren. Im Moment wollte er nur eins: bei seinem offenbar schwer verstörten großen Freund sein und herausfinden, was zu dieser schrecklichen Veränderung der bislang so günstigen Umstände geführt haben mochte. Ganz in seiner Nähe entlud sich ein Feuerstoß. Timothy schreckte zurück, geriet ins Stolpern und landete auf dem Hintern. Als er aufsah, erblickte er über sich die furchterregende Visage eines Wyrms, den der Wahnsinn gepackt hatte.
„Was ist nur los mit dir, Verlis?“ schrie Timothy verzweifelt, auch wenn er davon ausgehen mußte, daß der Wütende ihn gar nicht hörte, obwohl er direkt über ihm kreiste.
„Geh in Deckung, Timothy!“ warnte ihn jemand ganz in der Nähe. Timothy drehte sich um. Hinter einem der hoch aufragenden grauen Steine kam der Projektleiter hervor. „Der Wyrm hat den Verstand verloren.“
Ohne den Himmel und Verlis auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen, eilte Walter auf Timothy zu und versuchte, den Jungen in Sicherheit zu bringen. „Komm mit!“ rief er und packte Timothy am Arm, als sie das Rauschen der großen Schwingen des Wyrms aus nächster Nähe vernehmen konnten.
Timothy riß sich los. „Was ist denn passiert?“ wollte er wissen, fest entschlossen, sich nirgendwohin ziehen zu lassen.
„Ich habe nicht die geringste Ahnung.“ Der Projektleiter war völlig außer Atem und sah unruhig zum Himmel auf, als fürchtete er um seine Sicherheit. „Verlis war schon hier, als wir ankamen. Er fragte, was wir hier wollten, und als ich ihm erklärte, dies sei der Ort, an dem wir anfangen wollten, nach Malleum zu graben, drehte er durch. Er schrie, wir seien herzlose Monster, und dann fing er an, uns anzugreifen.“
„Herzlose Monster“, wiederholte Timothy, wobei er die Worte langsam aussprach, um sie zu verstehen. Er sah sich um. Hier gab es überall die seltsamen Steinformationen, die aus dem Boden ragten. Ein wenig weiter südlich stand eine Felswand, die ebenfalls merkwürdig geformte Steine krönten. „Sein Verhalten muß irgend etwas mit dem Ort hier zu tun haben.“
Walter drängte ihn erneut, in Deckung zu gehen, wovon Timothy aber nichts wissen wollte. „Laß mich mit ihm reden!“ bat er. „Verlis ist mein Freund. Er wird schon auf mich hören.“
Also trat er vor, die Augen gen Himmel gerichtet, die Hände zum Trichter geformt an den Mund gelegt. „Verlis, ich bin es, Timothy!“ schrie er. „Bitte sag mir doch, was passiert ist!“
Walter, der um Timothys Sicherheit bangte, eilte hinter ihm her. „Er wird dich umbringen!“ rief er und streckte die Hand aus, um erneut zu versuchen, Timothy mit sich hinter einen der Felsen zu ziehen.
Ein zischender Feuerstoß löste sich aus dem Himmel und trieb Walter zurück. Auch Timothy schreckte zurück, als die Luft sengend heiß wurde und sich direkt vor ihm eine dicke Rauchwolke auftat. Er kniff die Augen zusammen: Wenn er sich anstrengte, vermochte er durch den Rauch hindurch Verlis’ furchterregende Gestalt zu erkennen, die soeben den Boden berührte.
„Lauf, Tim!“ schrie Walter, den der Feuerstoß zu Boden geworfen hatte und der nun Mühe hatte, wieder auf die Beine zu kommen. Die Kleider, die der Mann am Leibe trug, waren angesengt und qualmten.
Verlis richtete das große Haupt gegen den hilflosen Mann. „Du beschmutzt die Toten“, röhrte er, als er, wilde Drohungen im Blick, langsam näherkam.
„Verlis! Nein!“ schrie Timothy, aber der Wyrm hörte ihn nicht.
Schon glühte auf Walters Fingerspitzen ein Verteidigungszauber, aber Timothy spürte deutlich, daß er viel zu schwach war, um gegen den wütenden Wyrm anzukommen. Sich gegen Angriffe dieser Art zu wehren war nicht die Art von Magie, in der Walter ausgebildet war. Timothy nahm einen Felsbrocken auf, bereit, ihn Verlis an den Kopf zu werfen, sollte dies erforderlich sein – er wollte unbedingt verhindern, daß dieser etwas tat, was er später sicher bereuen würde. In diesem Moment begann die Luft um den Wyrm herum zu knistern, denn es entluden sich riesige Mengen magischer Energie.
Der Stein fiel Timothy aus den Händen, als er staunend mit ansehen mußte, wie Verlis plötzlich mitten in einem Schritt erstarrte, sein großer Leib eingehüllt in eine schimmernde Blase übernatürlicher Kraft. Zwar schien sich Verlis gegen die magische Falle zu wehren, hatte aber ganz offensichtlich wenig Erfolg.
Kurz darauf tauchte aus dem Garten der großen Steine Großmeister Maddox auf, im Gefolge einige sehr nervös wirkende Vertreter des Parlaments der Magi.
„Töte ihn, ehe er Gelegenheit hat zu entkommen!“ schrie einer von ihnen, dessen Stimme drohte, sich vor Panik zu überschlagen.
„Das werde ich gewiß nicht tun“, meinte Leander mit gebieterischer Stimme. „Hier liegt eindeutig irgendein Mißverständnis vor, und ich beabsichtige herauszufinden, wie es dazu kam.“
Timothy trat näher an die durchsichtige Kugel heran, in der Verlis gerade hilflos auf die Knie sank.
Der Junge hockte sich auf den steinigen Boden, weit genug von der Blase entfernt, um deren Magie nicht zu stören. „Verlis?“ fragte er vorsichtig. „Was ist denn passiert? Was hat dich so wütend gemacht?“
Auch Leander kam näher. In seinen Fingern knisterten immer noch Reste des Zaubers, den er gewirkt hatte. „Erkläre dein Verhalten!“ befahl der Großmeister. In sich zusammengesunken kniete der Wyrm in der Kugel; der große, gehörnte Kopf hing ihm bis auf die Brust. Sein Zorn schien ganz und gar verflogen.
„Sie wollten hier graben“, sagte er leise und mit vor Empörung zitternder Stimme. „Ausgerechnet hier ...“ Als er den Kopf hob um die Umstehenden anzustarren, meinte Timothy, in seinen Augen Tränen erkennen zu können.
„Ich konnte die Vorstellung einfach nicht ertragen, daß sie den Ort hier so entehren wollten. Das darf man nicht zulassen. Ich entschuldige mich für meinen Ausbruch, aber dieser Ort hier ist tabu.“
Da dämmerte es Timothy. Er sah sich um in dem Wald aus großen, grauen Steinen und verstand endlich, was diese bedeuteten.
„Deine Vorfahren – die antiken Drachen – hier liegen sie begraben, stimmt’s?“
Verlis nickte. „Ja, und viele, die im Krieg gegen die Magier gefallen sind“, erklärte er. „Hier haben wir unsere Toten beerdigt, bis man uns nach Draconæ verbannte. Diese Steinhaufen markieren viele, viele Gräber, und in den Bergen dort hinten befinden sich dazu noch zahllose Grabhöhlen.“
Er wies mit seiner Klaue nach Süden, auf die Felswand, die Timothy schon vorher aufgefallen war. Eine Felswand, die mit einem komplexen Muster aus Steinformationen verziert war.
„Der Gedanke, ihr könntet ihre Totenruhe stören, war mehr, als ich ertragen konnte.“ Verlis ließ den Kopf von einer Seite zur anderen baumeln und zog die großen Schwingen näher an seinen Leib. „Ich habe die Kontrolle über mich verloren, und das tut mir wirklich sehr leid. Ich bitte euch alle um Vergebung.“
Daraufhin verschwand die magische Kugel, in der der Wyrm gefangen saß, ebenso schnell, wie sie aufgetaucht war – ein Vorgang, auf den die Parlamentarier sofort mit deutlichen Unmutsäußerungen reagierten.
„Haltet Ihr das wirklich für weise, Maddox?“ getraute sich einer laut, wenn auch in vorsichtigem Ton zu fragen.
„Verlis haben seine Gefühle überwältigt, die sich unmittelbar aus einer bestimmten Situation ergaben“, erklärte Leander sein Tun. „Er wollte die Gräber seiner Vorfahren schützen. Jeder von uns hätte wohl ebenso gehandelt. Ich glaube nicht, daß wir Grund haben, ihn zu fürchten.“ Nickend erhob sich der majestätische Drache. „Ich möchte niemandem von euch etwas zuleide tun.“
Eine große Frau mit rundem, wettergegerbtem Gesicht, die von Kopf bis Fuß in schlammfarbene Gewänder gehüllt war, drängte sich bis an die Spitze der Magi vor. „Können wir denn immer noch davon ausgehen, daß wir genau hier nach Malleum graben werden?“ wollte sie wissen, und andere Expeditionsmitglieder traten neben sie, als wollten sie der Frage Nachdruck verleihen und Verlis zu irgendeiner überstürzten Reaktion herausfordern.
„Aber ...“, meinte der große Wyrm traurig, um sich dann allerdings gleich selbst zu unterbrechen. Hilflos ballte er die krallenbewehrten Klauen zu Fäusten und schwieg – ein sehr beredtes Schweigen. Man meinte förmlich, schon wieder Rauch aus seinen Nüstern aufsteigen zu sehen.
Diesen Anblick konnte Timothy nicht ertragen. „Nein!“ rief er laut.
Woraufhin sich aller Augen fragend auf ihn richteten.
„Nein, Meister Cade?“ erkundigte sich die wettergegerbte Frau ein wenig von oben herab, ehe sie sich mit hochgezogenen Brauen an die Umstehenden wandte, als erwarte sie von diesen Aufklärung und Unterstützung.
„Ihr habt mich gehört“, sagte er. „Nein. Hier werden wir nicht nach Malleum graben.“
Aus der Menge erhob sich ein Keuchen aus vielen Kehlen, und er spürte Verlis’ Blick auf sich ruhen. „Timothy“, flehte der Wyrm. „Laß dich da nicht mit hineinziehen.“
Der Junge hatte nicht vor, auf Verlis zu hören. „Walter?“ rief er, indem er ein paar Schritte um Verlis herumging, dorthin, wo der Projektleiter stand. Dessen Kleidung schien hier und da ein wenig angesengt, und insgesamt war der Mann nicht mehr der sauberste, schien aber alles gut überstanden zu haben, was Timothy von ganzem Herzen freute. „Was meinst du: Wenn man sich die Berichte und Untersuchungen deiner Geologen vornimmt, lassen sich dann nicht auch noch andere Gebiete finden, die reif für den Malleum-Bergbau sind?“
Walter fuhr sich nachdenklich über das Kinn. Timothy konnte nur hoffen, daß der Mann verstand, wie wichtig seine Antwort war.
„Ja“, erwiderte er nach einer Weile. „Nicht weit von hier im Süden, mehr in Richtung Wasserscheide, gibt es noch ein weiteres Gebiet, das wir in Betracht gezogen hatten.“
„Ein Gebiet, das unter Umständen sogar noch besser ist als dieses, denn die Gegend hier ist wirklich sehr felsig.“ Timothy trat ein paar Steine los und kickte sie über den harten Boden.
„Nun paß’ aber mal auf, Junge“, mischte sich die wettergegerbte Parlamentarierin ein, „es hieß, das Gebiet hier ...“
Walter hatte die Hände in die Hüften gestemmt und starrte in die Ferne. Das aufgeregte Geplapper der Frau schien er nicht zu hören. „Ich glaube sogar, das Gebiet, das näher an der Barriere liegt, könnte reicher an Malleum sein als die Gegend, die wir zuerst in Erwägung zogen.“
„Das ist eine Unverschämtheit.“ Die aufgebrachte Magierin spuckte vor Zorn, und ihr Gesicht war womöglich noch roter geworden. „Ich weiß genau, was hier läuft. Wollen wir wirklich zulassen, daß dieser ... dieser Wyrm uns diktiert, wie wir unser Vorhaben umsetzen?“
Etliche Anwesende murrten ungehalten und musterten Walter Telford mit finsteren Blicken.
„Nun, Telford?“ wollte die Frau wissen. „Was habt Ihr zu Eurer Verteidigung vorzubringen?“
Walter schwieg. Er wischte sich ein wenig Staub und Ruß von der Kleidung, wobei ihm Timothy aufgeregt und voller Hoffnung zusah. Hatte es das Parlament wirklich darauf abgesehen, das Vertrauen Verlis’ und seines Stammes wiederzugewinnen, dann durften sie die Begräbnisstätte seines Volkes auf keinen Fall entweihen. Timothy konnte nur hoffen, daß der Projektleiter die Bedeutung der Situation verstand.
Walter hockte sich hin, hob eine Handvoll trockener Erde auf und ließ sie sich durch die Finger rinnen.
„Timothy hat recht“, sagte er. „Der Boden hier ist wirklich zu steinig. Wir wollen doch nicht, daß der Wühler schon zusammenbricht, ehe wir die erste Unze Malleum haben fördern können. Wir tun gut daran, es an einer anderen Stelle zu versuchen.“ Über die Schulter warf er der Gruppe der Parlamentarier einen Blick zu, der fast schon eine Herausforderung war, aber niemand nahm diese an. Alle würden sich seiner Entscheidung beugen, die ja immerhin die eines Experten war. Walter sah Timothy an und neigte kaum merklich den Kopf.
„Ich würde dieses andere Gebiet jetzt gern sehen“, sagte der Junge, kaum in der Lage, seine Erleichterung zu verbergen.
„Dann laß uns gehen“, erwiderte Walter, stand auf und bedeutete den anderen mit einer Geste, ihm zu folgen. „Hier entlang.“
* * *
„Das ist doch völlig unmöglich!“ Verzweifelt schleuderte Cassandra eine Pergamentrolle auf Leanders Schreibtisch. Ihr kam es vor, als sei es die tausendste Pergamentrolle, die sie an diesem Morgen gelesen hatte. „Ich werde nie Großmeisterin sein! Dazu muß man einfach viel zuviel wissen.“
Edgar schwang sich von der steinernen Fensterbank in die Luft, um gleich darauf auf dem Schreibtisch zu landen. „Du hörst dich an wie jeder anständige Großmeisterlehrling!“ krächzte er, wobei er auf dem Schreibtisch hin- und herstolzierte. „Hätte ich ein Goldstück für jedes Mal, wo ich genau diese Aussage gehört habe, dann besäße ich jetzt mehr Goldmünzen, als ich Lust hätte zu zählen.“
Cassandra lehnte sich im reichverzierten Schreibtischsessel zurück und stieß einen tiefen Seufzer aus. „Ich weiß nicht einmal mehr die Hälfte der Sachen, die ich gelesen habe. Es ist völlig hoffnungslos.“
Auch Sheridan und Ivar waren in der Studierstube. Der mechanische Mann war gerade dabei, das Büro aufzuräumen, wobei er gleich noch abstaubte. Ein Staubtuch in der Hand eilte er geschäftig hin und her und rückte alles gerade, was ihm nicht genau so zu stehen schien, wie es sich gehörte. Ganz sicher war Cassandra sich nicht, aber sie vermutete stark, Leander oder sogar Timothy hatte die drei gebeten, ein Auge auf sie zu halten.
Bei der Vorstellung, es könnte Timothy gewesen sein, mußte Cassandra lächeln – das erste richtige Lächeln, das an diesem Morgen ihr Gesicht erhellt hatte.
„Seien Sie nicht zu streng mit sich, Miss“, meinte Sheridan und ließ seinen Worten einen kurzen Dampfstoß aus dem seitlich an seinem Kopf angebrachten Ventil folgen. „Ein echter Großmeister wird nicht an einem Tag geboren. Diese Aufgabe verlangt viel Zeit und Hingabe.“
Tapfer griff Cassandra nach einer weiteren Schriftrolle, hatte aber nicht mehr die Kraft, noch irgend etwas zu lesen. Ununterbrochen schweiften ihre Gedanken zu Timothy und zu all den wunderbaren Abenteuern, die der Junge wahrscheinlich gerade in Tora’nah erlebte, ab.
„Ich wünschte, Leander hätte mir erlaubt, ihn zu begleiten!“ jammerte sie und zog einen Schmollmund. „Ich bin sicher, auch ich hätte eine Hilfe sein können.“
„So hättest du auch mehr Zeit mit Timothy verbringen können“, ergänzte Ivar leise, womit er Cassandra so erschreckte, daß sie einen kleinen Aufschrei von sich gab. Ivars Teint sorgte nun einmal dafür, daß der Mann so gut wie nicht zu sehen war. Gerade jetzt glich er aufs Haar der Wand der Studierstube, vor der er stand. Cassandra hatte ganz vergessen, daß auch er im Zimmer war.
Jetzt wurde sie ein wenig rot – wie gut der Asura sie durchschaute!
„Ich schätze, er wäre auch dagewesen.“ Cassandra wandte ihre Aufmerksamkeit erneut dem Schreibtisch zu, denn sie wollte nicht darüber reden, wie sehr Timothy sie faszinierte. Schon gar nicht mit seinen Freunden!
Als in der Luft über dem Tisch plötzlich eine kleine Lichtkugel auftauchte und zu glühen begann, keuchte Cassandra erschrocken.
„Krah!“ rief Edgar, den die Lichtkugel ebenfalls überrascht hatte.
Ivar kam quer durch das Zimmer herbeigestürzt, die Hand am Knauf des Messers, das er in einer Scheide am Gürtel trug.
Der glühende Ball hatte sich langsam auf die Schreibtischplatte gesenkt, wo er anfing, eine andere Gestalt anzunehmen. Cassandra sah ihm neugierig dabei zu, nur wich ihre Neugier bald einem gewissen Widerwillen, als mehr und mehr zu erkennen war, daß der Ball zu einer Miniaturkopie von Carlyle wurde, dem fürchterlich umständlichen Assistenten des Großmeisters Maddox.
„Guten Morgen, Herrin Nikodemus“, sprach das winzige Ebenbild des Sekretärs, indem es sich höflich verneigte. „Ich bin nur ein Zauber, der Euch daran erinnern soll, daß Ihr einen Termin mit den Gärtnern vereinbart habt, bei dem es um ein ziemlich großes Loch ...“
Cassandra schlug mit der flachen Hand auf das magische Konstrukt und zerquetschte es damit zu einem Blitz aus magischem Licht.
„Dieser Mann ist mir zuwider!“ knurrte sie ungehalten. Sie merkte, daß die anderen sie verwundert ansahen und lächelte leicht gequält, wütend, weil sie es ihrem Jähzorn gestattet hatte, ihre Selbstkontrolle zu besiegen. „Ich weiß wirklich nicht, wo ich sonst schon so einen nervigen Mann habe ertragen müssen.“
„Krah! Krah!“ Edgar hockte sich auf die Schreibtischplatte und schüttelte die tiefschwarzen Federn. „Weisere Worte wurden kaum je gesprochen.“ Provozierend reckte der Vertraute den Kopf, um Ivar und Sheridan anzusehen.
„Carlyle kann ganz schön nerven“, befand auch der mechanische Mann, der sich ansonsten wieder dem Bestreben widmete, das Zimmer ein wenig aufzuräumen.
„Eine wirklich unangenehme Person“, kommentierte Ivar trocken, und die schwarzen Muster auf seiner Haut schienen schneller zu fließen und dichter zu werden, als wollten sie seiner Abneigung gegen den Mann Ausdruck verleihen.
„Wenn ich hier Großmeister wäre – nichts könnte mich dazu bewegen, ihn als Assistenten zu nehmen!“ Stirnrunzelnd nahm Cassandra die Schriftrolle zur Hand, die sie zuletzt überflogen hatte. „Nicht, daß es eine Chance gibt, daß das je passieren wird.“
Ivar blieb vor dem Schreibtisch stehen und betrachtete sie prüfend, den Kopf leicht geneigt. Cassandra fühlte sich nicht wohl bei dieser Musterung.
„Stimmt irgend etwas nicht?“ wollte sie wissen.
„Hoffst du, eines Tages Großmeisterin zu sein?“
Cassandra zuckte die Achseln. „Natürlich, aber darum geht es nicht. Die Frage ist, ob ich Großmeisterin sein sollte. Bin ich in der Lage dazu? Denkt doch nur an Leanders Wissen und seine Erfahrung. Mit ihm kann ich mich doch keineswegs vergleichen.“
„Aber du bist nicht er“, stellte der Asura fest. „Du bist du.“
„Natürlich bin ich ich!“ meinte Cassandra. „Ich verstehe nicht, was das damit zu tun hat, daß ich ...“
„Für dich ist jetzt die Zeit gekommen, eigenes Wissen, eigene Erfahrung zu sammeln“, erklärte Ivar. „Den Titel wirst du so definieren, daß er zu dir paßt, wirst in die Rolle einer Großmeisterin hineinwachsen, die du definierst, niemand sonst.“
„Aber wie erwirbt man die Stärke und Weisheit, die so sehr ein natürlicher Teil Leanders zu sein scheinen? Wenn ich ihn eines Tages ersetzen soll, wäre ich der Aufgabe nicht würdig, wenn ich sie nicht mindestens so gut bewältigte wie er.“
„Wenn das dein Ziel ist und du bereit bist, für dieses Ziel zu kämpfen, dann wirst du so gut sein, wie du sein mußt. Es liegt alles in deiner Hand, Herrin.“
Während Cassandra noch über diese Worte nachdachte, neigte der Asura den Kopf zur Seite, als lausche er auf ein Geräusch in der Ferne. Dann drehte er sich um und ging mit bloßen Füßen hinüber zum Fenster, wo er durch das Zauberglas hindurch auf die Rasenfläche schaute, die sich unter ihnen ausbreitete.
„Die Gärtner haben sich versammelt. Sie warten auf dich.“ Der Asura wandte sich vom Fenster ab und fixierte Cassandra mit einem dunklen, seelenvollen Blick.
Cassandra stand auf. Sie verspürte ein Selbstvertrauen, das noch vor wenigen Minuten nicht dagewesen war. „Dann werde ich mich auf den Weg machen“, sagte sie mit einem bis dahin nicht gekannten Gefühl der Zielstrebigkeit. Zusammen mit diesem neuen Gefühl erfüllte sie ein ebenfalls bis dahin unbekannter Respekt für einen Mann, den sie noch vor kurzem für einen Wilden gehalten hatte. „Ein Großmeisterlehrling darf niemanden warten lassen, mit dem er verabredet ist.“