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Kapitel 2

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Am Mittwochmorgen habe ich das Gefühl, dass irgendetwas anders ist. Ich bin wie immer um sechs Uhr aufgestanden und normalerweise werde ich schon nervös, wenn der Wecker klingelt. Eigentlich habe ich Angst vor der Schule und will gar nicht aufstehen, heute ist da jedoch keine Nervosität, keine Angst. Ich bin sofort hellwach und springe gut gelaunt unter die Dusche, um danach, immer noch fröhlich in die Küche zu kommen. Mutti sieht mich verwundert an, es passt nicht zu mir, dass ich mir eine schicke, hellblaue Bluse und eine moderne Jeans angezogen habe. Doch was sie am meisten verwundert ist wohl die Tatsache, dass ich nicht meine einfachen Turnschuhe trage, sondern hübsche Sandalen mit Keilabsätzen. Wir haben zwar schon Mitte September, aber das Wetter ist sehr schön und ich habe einfach das Gefühl, es ausnutzen zu müssen. »Was ist denn mit dir los?« Mutti lächelt mich an und ich zucke mit den Schultern, wobei es mich ziemlich berührt, sie so glücklich über mein neues Outfit zu sehen. »Mir war einfach danach.« »Deine Haare sehen schick aus.« Bei ihren Worten wird mein Lächeln noch breiter. »Danke.« Statt wie sonst einen schlichten Pferdeschwanz zu binden, habe ich mir die Haare mit einer Spange, die die Form einer Rosenblüte hat, zusammengesteckt. »Nur noch etwas Make-up und du siehst aus wie jedes andere siebzehn jährige Mädchen.« Ich werfe ihr einen skeptischen Blick zu, so etwas aus dem Mund meiner immer ungeschminkten und doch recht konservativen Mutter zu hören ist schon etwas komisch. »Als ob du besser wärst, Mutti.« Sie verdreht die Augen, muss aber schmunzeln. »Ich weiß«, sagt sie kleinlaut, »ich bin nicht gerade das beste Vorbild.« Dazu sage ich nichts, denn sie hat Recht, aber das will ich ihr nicht sagen. Dennoch lege ich ihr im Vorbeigehen kurz die Hand auf den Arm um ihr zu zeigen, dass ich sie dennoch liebe. Da es so gut wie nie Körperkontakt zwischen uns gibt, ist dies eine sehr intime Geste und ich weiß, dass sie diese ebenfalls zu schätzen weiß. »Also was ist los, dass du dich heute so zurechtgemacht hast?« Mutti sieht mich verschwörerisch an, ein neugieriges funkeln in ihren Augen. »Nichts. Ich hatte einfach Lust heute mal etwas anderes zu tragen.« Sie hebt eine Augenbraue und an ihrem Blick kann ich ganz genau erkennen, dass sie mir nicht glaubt aber was soll ich ihr auch sagen? Dass ich mich fühle, als könnte mir heute nichts passieren, als hätte mein Schutzengel endlich seine Arbeit aufgenommen und niemand könnte mir etwas anhaben? Sie würde sagen ich sei verrückt geworden. Aber genau das beschreibt mein Gefühl am besten, also halte ich lieber den Mund. Nach dem gemeinsamen Frühstück mache ich mich auf den Weg in die Schule und das erste Mal, seit ich in die Schule gehe, habe ich keine Angst sondern freue mich sogar richtig, was jedoch nur hält, bis ich das Schulgelände betrete und mich die übliche Gefühlswelle aus Nervosität und Angst eingeholt hat. Ich habe das Gefühl beobachtet zu werden und schaue mich um, doch ich kann niemanden entdecken. Also gehe ich zu meinem Spinnt und schließe einen Teil meiner Bücher ein, damit meine Tasche leichter wird, ständig begleitet von dem Gefühl, dass mich jemand beobachtet. Aber auf dem Flur ist niemand zu sehen, also schließe ich hektisch den Spinnt und haste so eilig wie noch nie in mein Klassenzimmer. Ich gehe einfach hinein, ohne nochmal tief Luft zu holen und schnurstracks auf meinen Platz zu. Erst als ich sitze, fällt mir auf das Caprice noch nicht da ist und schaue auf mein Handy. Caprice hat mir bei Whats App geschrieben, dass sie krank ist und heute nicht kommen kann. Na klasse... Das tolle Gefühl von heute Morgen ist nun endgültig verschwunden und ich bereue es, mich heute so anders gekleidet zu haben. Damit die anderen nicht auf dumme Gedanken kommen, versuche ich mich so klein wie möglich zu machen, doch hat Sharon mich schon längst gesehen. »Sieh mal einer an«, flötet sie los. »Unser graues Mäuschen ist heute mal ein bunter Vogel, ist sie etwa in einen Farbtopf gefallen?« Taylor lacht übertrieben laut und ich verdrehe nur die Augen, versuche die Sticheleien zu überhören. Ein Blick auf die Uhr sagt mir, dass es nur noch sieben Minuten bis zum Unterrichtsbeginn sind, doch weiß ich aus Erfahrung, dass diese sieben Minuten die reinste Hölle bedeuten können »Weißt du was, Dawn?« Sharon steht nun vor meinem Tisch, die Arme in die Hüften gestemmt, während ich auf meinen Tisch starre und innerlich aufstöhne. »Du hast nur zwei klitzekleine Fehler. Erstens:« Sie hält ihren Zeigefinger dirket vor mein Gesicht, so dass ich ein bisschen zurück zucke. »Du lebst. Und zweitens:« Sie nimmt den Mittelfinger dazu. »Du tust nichts dagegen.« Die Klasse bricht in lautes Gelächter aus und ich wünsche mir nichts sehnlicher, als im Erdboden zu versinken und verberge mein Gesicht hinter meiner Hand. Sharon scheint dieser Auftritt fürs Erste zu reichen, denn sie begibt sich zurück auf ihren Platz. Einmal mehr bin ich froh, dass ich allein sitze und es sind nur noch fünf Minuten bis der Unterricht beginnt. Ich hoffe, dass bis dahin nichts mehr passiert, doch kaum hat Sharon sich hingesetzt, trifft mich etwas am Kopf. Neben mir sehe ich ein zusammengeknülltes Stück Papier auf den Boden fallen. Das Gelächter verrät mir, dass diese Attacke von Jerome kommt und ich dachte, wir wären aus dem Kindergartenalter herausgewachsen. Das zweite Knäuel trifft mich im Genick, auch kann ich hören wie er das nächste Stück Papier zusammen knüllt, doch ertrage ich wie immer alles schweigend, den Blick weiter auf die Tischplatte vor mir gerichtet, die eine Hand vorm Gesicht. Ich höre sogar wie er es wirft und warte auf den Treffer, allerdings trifft er nicht und ohne mich großartig zu bewegen, schaue ich zur Seite, ob Jerome daneben geworfen hat. Aber ich sehe nichts weiter als eine Jeans. Nun bewege ich mich doch und schaue, wer dort neben meinem Tisch steht. Mitten in der Bewegung erstarre ich. Der schönste Junge … Mann den ich jemals gesehen habe, steht neben meinem Platz und hält das Papierknäuel in der Hand. Er hat wunderschöne, rotblonde Locken und sein Gesicht sieht aus, als hätten Engel es gemalt, seine Augen haben die Farbe von einem klaren Bergsee. »Es ist aber nicht die feine Art, ein hübsches Mädchen mit Papier zu bewerfen, wurdest du von einer Horde Affen erzogen?«, sagt er an Jerome gewandt. Seine Stimme ist atemberaubend, geschmeidig und wie flüssiges Gold, ich könnte ihr ewig zuhören. »Stimmt«, sagt Sharon und es wundert mich, dass sie zustimmt. Ich werfe einen Blick in ihre Richtung. Sie hat das Kinn hochnäsig vorgeschoben. »Aber Dawn ist ja nun wirklich alles andere als hübsch.« Es war ja klar, dass von ihr nichts Nettes kommen kann, ich verdrehe die Augen, werde rot und wünsche mir zum Zweiten mal innerhalb von fünf Minuten, der Erdboden möge sich unter mir auftun. »Schönheit liegt im Auge des Betrachters«, sagt der Unbekannte und sieht mich dabei mit einem so umwerfendem Lächeln an, dass ich das Gefühl habe zu schweben. In dem Moment kommt Frau Peters herein, einen Stapel Bücher unter dem Arm, welche sie auf dem Tisch abstellt und dann klingelt es auch schon zur ersten Stunde. Der Unbekannte geht nach vorn zu Frau Peters und wechselt einige Worte mit ihr, sie nickt und stellt sich an den Lehrertisch. »Wie ich gerade erfahren habe«, wendet sie sich an die Klasse, »Habt ihr einen neuen Mitschüler bekommen. Dies« Sie zeigt mit der Hand auf den Neuen. »Ist Daniel Abaloy und er geht ab heute in eure Klasse. Nehmt ihn bitte gut auf und seid nett zu ihm.« Als ob irgendjemand nett wäre, nur weil sie es sagt. »Daniel such dir doch bitte einen Platz, du siehst ja, dass du die freie Auswahl hast.« Auf meinen Block kritzelnd, warte ich darauf, dass Frau Peters fortfährt, als plötzlich ein Schatten auf meinen Tisch fällt. Ich schaue auf und da steht Daniel neben meinem Tisch und lächelt mich wieder so unglaublich an, dass in meinem Bauch tausend Schmetterlinge auf einmal starten. »Ist hier noch frei?« Mein Kopf läuft erneut rot an und ich kann nichts weiter tun, als stumm zu nicken, obwohl ich eigentlich gar nicht will, dass er sich neben mich setzt. »Ich glaube nicht, dass du dich wirklich neben die setzen willst.« Sharons Stimme ist klar und deutlich, doch ohne mich aus den Augen zu lassen, antwortet Daniel: »Ich kann ganz gut selbst entscheiden, wo ich sitzen will.« Seine Stimme ist so sanft und weich, dass mir ein Schauer den Rücken hinunterläuft. Als wäre diese Stimme nur dazu gemacht, um mir zu gefallen. Dann setzt er sich und erst nach einer halben Ewigkeit, als er mich mit hochgezogenen Augenbrauen und einem schiefen Lächeln ansieht, fällt mir auf, dass ich ihn schon die ganze Zeit ungläubig anstarre. Augenblicklich werde ich wieder rot, senke meinen Blick ruckartig auf meinen Block und tue so als würde ich mir Notizen machen. In meinem Kopf kreisen tausende Fragen, wie in einem Wirbelsturm. Warum ich? Und wie lange wird er da sitzen? Sicher auch nur ein paar Tage wie damals Robin, als er neu in die Klasse kam. Er saß zwar nicht neben mir, aber die ersten Wochen hat er des Öfteren versucht mit mir zu reden, bis Jerome und der Rest der Klasse ihm gezeigt haben, dass ich es nicht wert bin, sich die Mühe zu machen. Robin schloss sich Jeromes Clique an und versuchte auch nicht mehr mit mir zu reden, im Gegenteil, eine Zeit lang waren seine Mobbing-Attacken die Schlimmsten gewesen. Mit Daniel wird es nicht anders sein, da bin ich mir ziemlich sicher. Auch er wird bald wissen, mit wem man sich hier besser nicht abgeben sollte, um nicht ebenfalls ausgeschlossen zu werden. Ich würde ihn sogar verstehen, immerhin wünsche ich keinem mein Leben zu teilen. Ich versuche dem Unterricht zu folgen, doch irgendwie ist mir das heute nicht möglich. Es ist als wäre alles im Raum dunkel und Daniel die einzige Lichtquelle. Immer wieder schaue ich verstohlen zu ihm hinüber, nur um festzustellen,

dass er mich anschaut und sogar lächelt. Dann erröte ich immer aufs Neue und schaue schnell auf meine Notizen. Es klingelt zur Pause, zehn Minuten die wieder nicht vergehen werden. Kaum ist Frau Peters aus dem Raum, sitzt auch schon Sharon auf meinen Unterlagen, ignoriert mich geflissentlich und streckt Daniel lächelnd die Hand entgegen. »Ich bin Sharon.« Ihre Stimme ist samtweich und verführerisch, wie immer wenn sie versucht jemanden um den Finger zu wickeln. Daniel schaut auf Sharons Hand, mit den manikürten Fingernägeln und blickt ihr dann mit einem kalten Lächeln ins Gesicht. »Und ich nicht interessiert!«, ist alles was er sagt und Sharons Lächeln gefriert. Ich stelle fest, dass es wirklich interessant ist, zu sehen wie Sharon einmal nicht alles bekommt was sie will und es fällt mir schwer mir ein Lächeln zu verkneifen. Doch sie hat sich schnell wieder gefangen und tut, als wäre nichts gewesen. »Weißt du, die wirklich coolen Kids sitzen dort hinten.« Mit dem Finger zeigt sie auf die letzte Reihe, in der sie und ihre Clique sitzen und die Reihe davor, in der Jerome und seine Kumpanen ihren Platz haben. »Nur gut dass ich kein Kind mehr bin«, antwortet Daniel gelassen, ohne sich auch nur einmal umzuschauen. Jerome taucht an seiner Seite auf, ich weiß genau wie eifersüchtig er sein kann und fühle mich hier überhaupt nicht wohl. Am liebsten würde ich weglaufen. Es ist nur eine Frage der Zeit bis die Stimmung umschlägt und alles an mir ausgelassen wird. »Na, Darling.« Besitzergreifend legt Jerome seinen Arm um Sharons Taille, welche sich ihm sofort entwindet und ihn kühl anlächelt. »Ich bin nicht mehr dein Darling, schon vergessen?« Jerome erwidert nichts und Sharon wendet sich wieder Daniel zu: »Soll ich dir ein wenig die Schule zeigen? Es gibt wirklich schöne Ecken hier.« Bei diesen Worten hebt sie die Augenbrauen und man hört die Zweideutigkeit in ihrer Stimme. Jeromes Gesicht verdüstert sich und wie erwartet, schlägt die Stimmung um und ich werde mit in den Streit hineingezogen. »Warum lässt du nicht unserm Freak hier zeigen, wo diese tollen Ecken sind!« Ich verdrehe die Augen und lege meine Hand über mein Gesicht, während ich versuche im Stuhl zu verschwinden. »Ja genau.« Der Spot in Sharons Stimme ist nicht zu überhören. »Was soll er denn mit der da, wenn ich ihm alles zeigen kann.« Dabei wirft sie ihr Haar zurück und wackelt mit den Hüften. Mein Gesicht ist heiß und ich weiß, dass ich puterrot bin, durch meine Finger sehe ich, dass Daniel mich ansieht. Ich will gar nicht wissen was er denkt, noch peinlicher kann es wirklich nicht mehr werden und wie üblich bekomme ich meinen Mund nicht auf. »Es wäre mir eine Ehre, wenn du mir die Schule zeigen würdest, Dawn.« Verblüfft nehme ich die Hand von meinem Gesicht weg und starre ihn, mit nun doch offenem Mund, an. Woher weiß er meinen Namen? »Du weißt nicht was du da sagst!« Ich kann deutlich die Wut in Sharons Stimme hören, doch einen Wimpernschlag später, hat sie wieder diesen säuselnden Klang angenommen. »Komm mit uns und wir zeigen dir, wer hier das sagen hat.« »Nein Danke«, noch immer lächelt Daniel mich an und ich bin nicht fähig weg zu schauen. »Ich glaube ich habe alles, was ich möchte.« Sharon schnaubt ungläubig auf, doch sie scheint zu merken, dass sie keine Chance hat, zumindest im Moment nicht und geht aufgebracht zurück zu ihren Leuten. Da leitet das Klingeln auch schon Englisch ein und Frau Braun kommt wie immer zu spät. Nach einem weiteren finsteren Blick auf Daniel, folgt Jerome seiner Gelegenheitsfreundin nach hinten. Ich kann sie leise miteinander lästern hören. »Ab jetzt wird alles anders.« Daniels Stimme ist nicht mehr als ein Flüstern und ich bin mir nicht sicher, ob ich mir daher seine Worte nicht nur eingebildet habe, denn als ich ihn anschaue, sieht er nach vorne und nur ein leichtes Lächeln umspielt seine Lippen. Frau Braun kommt rein und der Unterricht beginnt. Verwirrt versuche ich mich zu konzentrieren, doch es fällt mir unheimlich schwer. Trotzdem vergeht die Stunde wie im Flug und eine große Pause steht an, was bedeutet, dass alle Schüler nach draußen zu gehen haben. Ich warte gar nicht lange, sondern packe meine Sachen so schnell wie möglich ein, um aus dem Raum zu kommen. Als ich durch die Tür gehe, höre ich Sharon kichern. »Da interessiert sich so ein Unwissender mal für den Freak und schon nimmt sie Reißaus.« Gott sei Dank bin ich schon den Flur entlang, auf dem Weg zu meinem Spinnt, in den ich schnell meine Tasche hinein werfe und meine Jacke herausnehme um sie mir anzuziehen. Auf dem Pausenhof gehe ich in eine Ecke, in welcher ich mich immer aufhalte. Am Zaun unter mehreren Bäumen stehend, beobachte ich wie die Sonne das Gelb, in welchem die Schule gestrichen ist, so richtig zum Leuchten bringt. Ich setze mich auf die Bank neben der alten Eiche und halte mein Gesicht, mit geschlossenen Augen, in die warmen Sonnenstrahlen. Caprice fehlt mir, ebenso die Unterhaltungen mit ihr welche den Tag erträglich machen, doch ich werde aus meinen Gedanken gerissen, jemand steht vor mir in der Sonne. Innerlich stöhne ich auf und wappne mich gegen einen weiteren Angriff von Sharon. »Darf ich mich setzen?« Die Stimme jagt mir Schauer über den Rücken, und obwohl ich sie erst heute das Erste Mal gehört habe, würde ich sie unter tausenden wiedererkennen. »J … ja … natürlich«, stammele ich nachdem ich die Augen geöffnet habe und Daniel anschaue. Wieder werde ich rot und schaue auf meine Finger. Ich weiß nicht was Daniel von mir will, er kennt mich nicht einmal und besonders toll sehe ich auch nicht aus. Es gibt nichts an mir, was die Aufmerksamkeit der Jungs auf mich ziehen könnte, abgesehen von meinem gut entwickelten Oberkörper, aber der ist unter einer Schicht Pullover verborgen. Also warum gibt er sich überhaupt mit mir ab? »Ich bin neu hier her gezogen. Meinst du, du könntest mir mal ein wenig die Stadt zeigen?« Ich starre ihn an. Hat er das gerade wirklich gesagt? »I … Ich glaube nicht, dass das geht.« Wieder blicke ich auf meine Finger. »Und warum nicht?« Daniels Stimme ist weich und freundlich. »Ich … Hab noch zu viel zu tun.« Es ist schon ein Wunder, dass überhaupt ganze Sätze aus meinem Mund kommen. »Oh, schade.« Er scheint es wirklich zu bedauern und ich beobachte aus dem Augenwinkel seine enttäuschte Mine. Aber sicher nur solange, bis Sharon oder vielleicht auch Taylor ihn trösten. Ich antworte nicht und ich weiß auch gar nicht was ich sagen sollte und das Schweigen ist mir unangenehm. Wenn ich doch nur so Schlagfertig wäre, wie Caprice es immer ist. »Magst du mir etwas über dich erzählen, Dawn?« Erschrocken zucke ich zusammen, außer Caprice hat sich noch nie jemand für mich interessiert und die Frage ist mir unangenehm. »I … Ich … Da gibt es nichts zu erzählen«, stottere ich, doch das scheint Daniel nicht abzuschrecken. »Da gibt es doch sicher etwas.« Es gibt so viel was ich gerne erzählen würde, doch ich traue ihm nicht und stelle mir schon vor, wie er nachher zu Sharon rennt um sich lustig zu machen. Wenn ich mir jetzt Hoffnungen mache, dass es diesmal doch anders abläuft, werde ich nachher doch nur wieder enttäuscht und das will ich auf jeden Fall vermeiden. Noch weniger Selbstvertrauen als ich eh schon habe, kann ich wirklich nicht gebrauchen. Wie von der Tarantel gestochen springe ich auf und falle dabei fast über meine eigenen Füße. »Ich muss gehen«, sage ich, ohne eine Erklärung abzugeben und verschwinde schnell im Schulgebäude. Auf der Toilette schließe ich mich erst einmal in einer Kabine ein. »Ruhig bleiben. Ganz ruhig«, flüstere ich mir selbst zu und versuche gleichmäßig zu atmen. Das erste klingeln verrät mir das die Pause fast um ist, also gehe ich zurück in mein Klassenzimmer. Daniel ist schon da und sitzt auf seinem Platz. Ich setze mich neben ihn und achte darauf, dass ich ihm ja nicht zu nahe komme. Für den Rest des Tages macht er keine Annäherungsversuche mehr und nach der sechsten Stunde beeile ich mich, aus dem Klassenzimmer und nach Hause zu kommen und kann den Schulhof ohne Zwischenfälle verlassen. Den ganzen Weg nach Hause, denke ich über Daniel nach. Ich werde das Gefühl nicht los, ihn zu kennen, obwohl er mir vollkommen fremd ist, wirkt er doch so vertraut wie sonst nur Caprice. Mir ist als würde da eine Erinnerung am Rande meines Bewusstseins schweben, die ich aber nicht erfassen kann. Wie ein Traum den man krampfhaft versucht zu fassen zu bekommen, aber umso mehr man sich müht, umso weiter entfernt er sich von einem. Zu Hause angekommen öffne ich die Haustür. Lily ist da und empfängt mich: »Erzähl mir alles.« Verdattert schaue ich sie an. »Was meinst du?« »Ach komm! Die ganze Schule hat von dem heißen neuen Typen gehört, der auch noch ausgerechnet in deine Klasse geht.« »Hast du keine anderen Sorgen, Lily?« Ich will eigentlich gar nicht so schroff klingen, kann es aber nicht verhindern. »Was ist dir denn für eine Laus über die Leber gelaufen?« Lily sieht mich besorgt an und meine Worte von eben tun mir leid. »Es ist nichts. Ich bin nur irgendwie müde.« Bevor sie weiter nachfragen kann, verschwinde ich die Treppen hoch und gehe in mein Zimmer. Oben angekommen, schmeiße ich meine Tasche in die Ecke und lasse mich aufs Bett fallen. Was zum Teufel war das heute für ein komischer Tag? Erst begann er so toll und so anders und dann kommt Daniel in meine Klasse und setzt sich auch noch neben mich. Ich seufze und stehe wieder auf. Zum Nachdenken habe ich nach den Hausaufgaben genug Zeit und so setze ich mich an den Tisch und verbanne die Gedanken an Daniel aus meinen Kopf. Als ich gerade sehr tief in meinen Aufgaben versunken bin, klingelt mein Handy. Da die Anzahl der Menschen, die meine Handynummer haben, sehr überschaubar ist, denke ich, dass es Caprice sein wird und gehe ran ohne auf das Display zu schauen. »Ja?« »Hallo Dawn.« Beim Klang seiner Stimme erstarre ich und mein Kopf ist wie leer gefegt. Ich kann Daniel

nicht einmal antworten. »Tut mir leid, dass ich einfach anrufe. Ich habe deine Nummer von Caprice. Sie ist meine Nachbarin, weißt du.« Nein weiß ich nicht, doch ich sage nichts. »Na jedenfalls wollte ich dich fragen, ob du vielleicht mal einen Kaffee mit mir trinken gehst?« »Ich trinke keinen Kaffee«, antworte ich automatisch und verfluche mich auch gleich dafür. »Tja, na dann eben etwas anderes, Tee, Cola, Saft, Wasser, irgendetwas wirst du doch trinken. Hättest du Lust?« »Nein.« Meine Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen. Es ist eine Art Reflex, ein Schutzmechanismus, ich kann einfach nicht mit Daniel etwas trinken gehen. Wir würden einfach nur da sitzen und uns anstarren und ich würde nicht ein Wort herausbringen. »Das war ehrlich.« Daniel klingt leicht verletzt und meine schnelle Antwort tut mir leid. »I … Ich … Also, es ist … nicht so, dass ich nicht will … I … Ich kann einfach nicht.« Verdammt! Kann ich nicht einmal aufhören zu stottern? »Dawn … Ich weiß, dass es dir seltsam vorkommen muss, aber ich bin nur deinetwegen hier.« »Ja genau und im Himmel ist Jahrmarkt.« Seine Aussage und die Tatsache, dass Daniel nicht direkt vor mit steht, lässt mich für einen Moment meine Schüchternheit vergessen. »Es gibt keinen Jahrmarkt im Himmel.« Daniel klingt total ernst und ich frage mich, was mit ihm nicht stimmt. »Das … Das sollte nur meinen Unglauben ausdrücken.« Am anderen Ende der Leitung ist es still und ich nutze die Stille aus bevor mich mein Mut wieder komplett verlässt: »Ich muss lernen und meine Hausaufgaben fertig machen, also bis morgen.« Dann lege ich auf bevor er noch etwas sagen kann. An lernen ist nun allerdings nicht mehr zu denken, ich kann mich nicht konzentrieren und meine Gedanken kreisen nur um Daniel. Was meinte er mit, er sei nur meinetwegen hier? Er kennt mich gar nicht und ich habe ihn noch nie zuvor in meinem Leben gesehen. Zu dem Gefühl der Ungläubigkeit, mischt sich nun auch die Angst, ob er vielleicht ein Psychopath oder etwas in der Richtung ist. Wieder klingelt mein Handy, doch dieses Mal schaue ich wer dran ist bevor ich ran gehe. »Hi, Cap.« »Und?« Sie klingt total aufgeregt. »Wie kannst du es wagen, einem wildfremden Typen meine Nummer zu geben?« Eigentlich wollte ich nicht laut werden, doch bin ich total Sauer und das hört man mir auch an. »Ach Dawn. Da will endlich mal ein Typ was von dir und du hast nichts Besseres zu tun als zu meckern? Noch dazu ist er unglaublich heiß. Glaub mir, ich habe versucht an ihn ran zu kommen, aber der ist irgendwie total auf dich fixiert.« Das macht die Sache nicht gerade einfacher. »Was totaler Schwachsinn ist, in meinen Augen. Er kennt mich nicht einmal. Und ich meine, er ist den ersten Tag an unserer Schule und tut so als würde er mich ewig kennen. Das ist mir unheimlich. Dazu kennt er dich anscheinend schon und woher wusste er, dass du meine Handy Nummer hast? Wenn du mich fragst ist das alles sehr suspekt.« Am Ende wird meine Stimme bereits wieder leiser »Ach du und deine Fantasie. Freu dich doch einfach, dass es da jemanden gibt, der ganz offensichtlich etwas von dir will.« Mit Caprice zu diskutieren, hat keinen Sinn, also lasse ich sie reden und entgegne nichts mehr. Jedoch höre ich nur mit halbem Ohr hin. Meine Gedanken sind längst auf die Reise gegangen und beschäftigen sich mit tausenden Fragen. Nach ein paar Minuten ist sie fertig, verabschiedet sich noch mit einem gutgemeinten Rat von mir, legt auf und lässt mich mit meinem Gedankenkarussell alleine.

Dawns Liebe

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