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Dritter Dezember

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Auch Papa lernte Hans Engel kennen. Mit viel Schulterklopfen beschlossen sie, einander zu duzen, und es war nicht zu übersehen, dass sie sich auf Anhieb prächtig verstanden. Leider entdeckten die beiden zu Marias großem Verdruss an diesem Abend auch gleich ihre gemeinsame Vorliebe für das Kartenspiel „Schwarzer Peter“. Mama und Maria wurden überredet mitzuspielen. Zu viert sei das Spiel viel lustiger als zu zweit, meinte Papa.

Mama holte „etwas zum Knabbern“, Hans Engel verriet ihr sein an sich geheimes Rezept für den himmlischen Himbeerpunsch, den Maria und er kurz nach ihrer ersten Begegnung getrunken hatten, und Papa mischte schon mal gründlich die Karten des schmuddeligen Spiels, das Hans Engel aus der Tasche gezogen hatte.

Maria fand, „Schwarzer Peter“ sei ein schreckliches Spiel, und sie wusste, dass auch Mama es nicht mochte. „Warum spielen wir nicht Schnipp-Schnapp, Uno, Elfer-Raus, Halma, Domino oder Monopoly?“ fragte sie quengelnd. Papa und Hans Engel begannen gleichzeitig auf Maria einzureden, und gegen beide zusammen war einfach nicht anzukommen.

„Spielen wir!“ rief Hans Engel enthusiastisch, fünf oder sieben oder neunundvierzig oder hundertzehn Spiele!“

„Vier!“ sagte Papa, „damit jeder einmal gewinnen kann.

Hans Engel, der sich zwischendurch ganze Hände voller „Knabberzeug“ in den Mund schaufelte, gewann die erste Runde. Maria verlor und Papa malte ihr mit einem Kohlestückchen einen schwarzen Schnauz auf. Maria ließ es grollend geschehen. Sie spielten weitere sieben oder acht Runden, und Hans Engel schnitt unentwegt Grimassen, fröhliche oder verzweifelte, je nachdem, welche Karte er gerade gezogen hatte. Maria und ihre Eltern kamen aus dem Lachen nicht mehr heraus. Mit den richtigen Mitspielern konnte sogar ein Spiel wie „Schwarzer Peter“ lustig sein. Längst konnte Maria kein Knabberzeug mehr essen. Der Bauch tat ihr weh – vom Knabbern und vom Lachen. Sie schielte nach der Uhr und bemerkte erstaunt, dass es nach neun war und dass Mama und Papa offenbar vergaßen, sie zu Bett zu schicken, obwohl doch morgen Schule war und obwohl sie wussten, dass Frau Brandmeier nichts mehr hasste als Kinder mit schmalen, müden Schlitzaugen.

Auch Mama hatte längst einen schwarzen Schnauz, und als Papa in der neunten Runde verlor, griff Hans Engel nach der Kohle und stürzte sich mit triumphierendem Gekreische auf ihn. Papa wehrte sich lachend. Er rollte über den Teppich und versuchte, sein Gesicht mit den Armen zu schützen. Hans Engel verfolgte ihn eifrig mit der Kohle, und schließlich trug Papa, der ja schon Bart und Schnauz hatte, eine schwarze Stirn, schwarze Ohren und eine schwarze Nase davon.

„Wie kindisch!“ hätte Maria gerne vorwurfsvoll gesagt, aber vor lauter Lachen brachte sie keinen Ton heraus. Papa warf sich auf seinen Stuhl und japste: „Eine Runde noch, und diesmal verlierst du, Hans Engel!“

Aber Hans Engel gewann auch die zehnte Runde. Jetzt zog Papa die Lampe näher heran und betrachtete sich jede Spielkarte genau.

„Du schummelst wohl, wie?“ fragte er.

Hans Engel wurde sofort ernst. Er machte ein beleidigtes Gesicht.

„Kannst du dir einen schummelnden Engel vorstellen?“ fragte er empört.

Papa blieb ihm die Antwort schuldig.

„Ab ins Bett, Maria“, sagte er, „ich möchte mich keinesfalls morgen nach Feierabend noch mit Frau Brandmeier treffen müssen.“

Maria küsste die Eltern und gab Hans Engel einen freundschaftlichen Klaps. Schon halb im Schlaf hörte sie die drei Erwachsenen im Wohnzimmer noch immer reden und lachen. Auch Mama lachte, obwohl es schneite. Seit jenem Tag im Advent vor zwei Jahren, als der Lastwagenfahrer die Abkürzung über den gesperrten Rodelweg genommen hatte, hatte Mama nicht mehr gelacht. Gerade in der Adventszeit saßen traurige Gespenster in allen Ecken. Maria lächelte im Halbschlaf. Auch wenn er viel falsch machte, hatte der Engel in ihren Augen die wichtigste Probe bestanden.

***

Faustdick hinter den Flügeln

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