Читать книгу Ich bin dann mal online - Claudia Heinze - Страница 3

Kapitel Eins

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Da saß ich nun vor meinem Laptop und hatte es tatsächlich getan: ich hatte meine Kreditkartendaten erfasst, auf „weiter“ geklickt und starrte jetzt auf die Mail in meinem Eingangskorb: „Herzlich willkommen bei DerPerfektePartner.de. Wir freuen uns, dass Sie sich für eine Mitgliedschaft bei uns entschieden haben – jetzt erwarten Sie jede Menge interessante Kontakte und spannende E-Mails.“. Eigentlich hätte dort stehen müssen: „Herzlich willkommen bei IchsucheverzweifelteinenMann.de. Wir freuen uns, dass Sie uns 150,-- Euro überwiesen haben, um sich mit anderen verzweifelten Menschen auszutauschen. Wir wünschen Ihnen viel Spaß dabei.“

Tja, ärgern half jetzt nichts mehr, ich war nun stolzes Mitglied in einer Internet-Singlebörse. Und was hatte ich bisher darüber gelacht und gelästert. Aber die Fakten hatten ganz einfach für eine Mitgliedschaft gesprochen: ich war 37 Jahre alt, seit zwei Jahren Single, durchschnittlich gutaussehend, beruflich gut situiert, sportlich und regelmäßig auf Tanzparties unterwegs, ohne dass mich auch nur ein Mann angesprochen hätte. Und es war nicht so, als würde ich mir auf der Tanzfläche keine Mühe geben. Ohne mich jetzt selbst loben zu wollen, aber wenn es etwas gab, was ich konnte, dann war es beim Tanzen meine Hüften zu bewegen. Lasziv ließ ich meinen wohl proportionierten Hintern kreisen und lächelte dabei natürlich so, als würde ich gar nicht darüber nachdenken, dass mir Männer dabei zu schauen. Nein, ich tanzte nur ganz für mich allein aus Spaß an der Musik. Kurz und gut: ich gab wirklich alles. Tja, und trotzdem ging ich nach Hause, ohne ein einziges Wort mit einem Mann gewechselt zu haben.

Freunde von mir behaupteten gerne, ich wäre wahrscheinlich bei der Männerwahl zu anspruchsvoll. Doch das würde ja voraussetzen, dass mich regelmäßig Männer ansprechen würden, die ich dann mit einer abweisenden Handbewegung davonwinken würde. Ich gebe es ja nur ungern zu: es sprach mich in letzter Zeit keiner an!!! Weder beim Tanzen, noch in der Kneipe und auch nicht an der Supermarktkasse, wo ich mir immer besonders viel Mühe gab, dass es in meinem Einkaufswagen nach einem gesund lebenden, gut verdienenden, aber nicht abgehobenen Single aussah. Ein Foto meines Einkaufswagen-Inhalts würde somit wie folgt aussehen: immer ein bisschen Obst, ein/zwei Markenprodukte, dann natürlich die No-Name-Produkte, damit man nicht zu versnobt aussah und selbstverständlich niemals einen Großeinkauf machen, denn es muss ja nach Single-Haushalt aussehen. Wie viel Geld ich nicht schon im Supermarkt ausgegeben hatte, um besonders interessant zu wirken. Ich habe gleichzeitig den „Spiegel“, den „Focus“ und das „Geo“-Magazin gekauft, nur um intellektuell auszusehen. Und ich wette, kein einziger Mann hat jemals den Inhalt meines Einkaufswagens studiert und sich gesagt: „Wahnsinn, zwei Äpfel, eine Packung Häagen Dasz-Eis und dazu noch ein 6er-Pack Tipp-Toilettenpapier. Und lesen kann sie auch. Die Frau muss ich unbedingt kennenlernen.“

Ich hatte sogar mit dem Laufen angefangen, da ich dachte, das würde bei Männern bestimmt gut ankommen. Es klingt doch sicher super, wenn man beim Small-Talk in einem Nebensatz fallen lassen kann: „Was ich letztes Wochenende getan habe? Ach, da bin ich mal wieder einen Halbmarathon gelaufen. Man lernt seine Stadt doch am besten zu Fuß kennen!“ In welch erbärmlicher Zeit ich gelaufen war und dass ich ab Kilometer 15 nur noch gejammert hatte, musste ich ja nicht erwähnen. Und es war tatsächlich so: die Männer waren beeindruckt. Aber da komme ich wieder zu meinem Problem von oben: es sprach mich nur viel zu selten jemand an, als dass ich die Halbmarathon-Karte hätte ziehen können. Also sage ich mir immer fleißig: ich mach dieses Lauf-Training nur für mich, damit es mir körperlich besser geht. Manchmal glaube ich es mir auch.

Und das war der Status quo: so selbstbewusst ich auch gerne tat, ich war frustriert und ja, ich wollte endlich mal wieder einen Mann für mich alleine haben. Jemanden, dem der Atem stockt, wenn ich an ihm vorbeigehe. Der sich traut, mich anzusprechen, ohne dass ich einen Halbmarathon laufen musste. Der sich meine Handy-Nummer geben lässt und sich tatsächlich sofort meldet, ohne mich drei Tage lang verzweifelt aufs Handy starren zu lassen. Ein Mann, der mit mir eine Beziehung mit allem drum und dran will und nicht sagt: „Süße, du bist eine echt tolle Frau, aber ich bin derzeit noch nicht bereit für eine feste Beziehung. Aber ich hab super viel Spaß mit dir, meinetwegen können wir das gerne beibehalten.“ Ich hatte diese Sätze einfach so satt. Wenn ich den Männern Glauben schenken würde, war ich eigentlich eine perfekte Super-Granate, nur komischerweise wollte keiner mit mir zusammen sein.

Um es auf den Punkt zu bringen: ich wollte einen Mann, der mich liebt, genauso wie ich bin. Und natürlich wollte ich von dem Mann genauso hingerissen sein. War das jetzt schon zu anspruchsvoll? Vielleicht.

Aber wenn ich meiner Willkommen-Mail vertraute, dann war ich ja bei „Der PerfektePartner.de“ genau richtig. Denn die versprach mir: „Sie haben sich für den richtigen Weg zur neuen Partnerschaft entschieden: schon jeder fünfter Internetnutzer findet seinen Partner online!“ Und wie ich mein Glück kannte, gehörte ich zu den Nutzern eins bis vier.

Schluss jetzt, nicht immer so negativ sein. Denn das war definitiv eine meiner schlechten Angewohnheiten: immer alles mies machen, bloß nicht zu optimistisch sein, dann kann man am Ende ja auch nicht so enttäuscht werden. Nun hatte ich mich hier angemeldet und sollte das Beste daraus machen. Also erst mal ganz geduldig den Fragebogen für die Analyse meiner Persönlichkeit ausfüllen. Und vielleicht wurde mir danach ja schon diagnostiziert, dass man mir lieber mein Geld zurück überweist, da ich für die Männerwelt schon viel zu verkorkst war. Mist, das war schon wieder negativ.

Nach einer halben Stunde hatte ich den kniffligen Fragebogen zu meiner Persönlichkeit ausgefüllt. Das war vielleicht aufregend, eventuell entschied eine schlecht gewählte Antwort darüber, ob mein Traummann mich finden würde oder nicht. Aber wenn ich dachte, ich hätte das schwierigste schon geschafft, weit gefehlt. Jetzt galt es noch zwei bis drei tolle Fotos von mir auszuwählen und ins Netz zu stellen. Ich ging also sofort daran meinen Bilder-Ordner auf meinem Rechner zu durchforsten, irgendwo mussten doch ein paar geeignete Fotos von mir dabei sein: mmh, ich als Engel verkleidet auf unserer letzten Firmen-Weihnachtsfeier? Das war wohl unpassend. Im Teufelskostüm vom letzten Karneval sah ich eigentlich ganz gut aus, aber auf dem Foto war auch meine Freundin Yvonne und meine technischen Fähigkeiten reichten leider nicht aus, um sie von dem Bild zu entfernen. Also weiter suchen. Ich hatte diverse Fotos von all meinen Freundinnen, meinen Neffen, meinen Kollegen, Cala Ratjada bei Tag und Nacht; nur von mir allein hatte ich so gut wie nichts. Bei der Sucherei erstrahlten auf meinem Bildschirm diverse Fotos von mir, freudestrahlend im Arm meines Ex-Freundes Jan. Hätte man mir damals gesagt, dass ich versuchen würde, ihn von meiner Seite abzuschneiden, um das Foto in einer Single-Internetbörse einzustellen, dann hätte ich einen Vogel gezeigt. „Das kann mir nie passieren.“ Diesen Satz habe ich mit voller Überzeugung von mir gegeben. Ich hatte doch meinen Traummann gefunden, wir hatten ein Haus zusammen gekauft, wir verstanden uns super, ich würde doch niemals wieder Single sein und mich auf die Suche begeben müssen. Nein, ich war in besten Händen. Und doch kam alles anders und ich würde in diesem blöden Profil wirklich auf ledig/keine Kinder klicken müssen.

Während ich in Erinnerungen und alten Fotos schwelgte, riss mich mein Telefon aus meinen Träumen. Im Display leuchtete „Yvonne-Festnetz“. Stimmt ja, wir wollten heute die Planung für das Wochenende durchsprechen. Ich nahm ab: „Hi Yvonne. Na, um die Uhrzeit schon zuhause?“ Yvonne arbeitete in einer Werbeagentur und kam selten vor 21 Uhr nach Hause, da sie behauptete, abends am kreativsten zu sein. „Hallo Alex. Auch ich schaffe es ab und zu mal mich von meinem Schreibtisch loszureißen. Na, was treibst du gerade?“

Verzweifelt blickte ich auf meinen Bildschirm, auf dem ich gerade das erste doch passende Foto von mir hochgeladen hatte. „Nichts Besonderes, ich gammle hier so vor dem Rechner rum und surfe eine Runde im Internet.“ Während ich sprach, wusste ich, dass meine Stimme nicht normal klang, denn ich fühlte mich ertappt. Es war, als würde ich etwas Verbotenes tun, und Yvonne hatte mich dabei erwischt. „Erzähl mir nix. Was hast du gerade angestellt?“ Yvonne kannte mich einfach zu gut. Sie hatte mein Zögern in der Stimme gleich herausgehört. „Das willst du gar nicht wissen“, stammelte ich kleinlaut. Yvonne lachte: „Na, das muss ja was ganz Schlimmes sein. Komm, raus mit der Sprache, wir haben doch sonst keine Geheimnisse voreinander.“ „Es ist mir aber peinlich. Versprich mir, dass du nicht lachst, mich nicht verurteilst und dass du mich nicht ewig damit aufziehen wirst.“ Ich merkte, wie bettelnd meine Stimme klang. „Ich verspreche, dass ich nicht lache und dass ich dich nicht verurteile. Ob ich dich nicht ewig aufziehen werde, kann ich dir erst sagen, wenn ich weiß, worum es geht.“ Ich nahm all meinen Mut zusammen, atmete tief durch und sprach das Unfassbare aus: „ Yvonne, ich habe mich vor einer guten Stunde bei „DerPerfektePartner.de“ angemeldet.“ So, jetzt war es raus. Und da hörte ich es auch schon: Yvonne schüttelte sich förmlich aus vor Lachen. Soviel zu ihrem Versprechen, es war nichts wert gewesen. Yvonne war aus unserer Vierer-Single-Truppe die eingefleischteste Single-Frau. Sie war seit Jahren Single und sie wirkte irgendwie happy damit. Daher ahnte ich, dass von ihrer Seite nur Gelächter kommen würde. „Oh Alex, dass ich den Tag noch erleben durfte. Was ist in den letzten Tagen passiert, dass dich dazu getrieben hat? Wir waren uns doch alle einig, dass wir das niemals tun wollen.“

Yvonne stellte die entscheidende Frage. Was hatte mich dazu getrieben? Eigentlich war ein Telefonat mit meinem Bekannten Carsten Schuld, dass ich am Abend zuvor geführt hatte. Carsten und ich hatten uns vor gut einem Jahr beim Kölner Karneval kennen gelernt. Wir verstanden uns auf Anhieb und hatten ein super tolles Wochenende. Und seit langem hatte ich mal wieder das Gefühl, dass sich aus dieser „Affäre“ etwas Handfestes entwickeln könnte. Mein Herz war tatsächlich noch funktionsfähig und klopfte damals bei dem Gedanken an Carsten etwas schneller. Wir hatten so viel Spaß in Köln zusammen und führten intensive, stundenlange Telefonate als ich wieder zu Hause im guten alten Bremen war. Natürlich hatten wir nicht genau definiert, was das jetzt eigentlich genau zwischen uns war. Manchmal vermisste ich die gute alte Zeit, als man nach dem ersten Kuss wusste, dass man zusammen war. Jetzt konnte man schon drei Kinder gemeinsam groß gezogen haben, und der Mann behauptete immer noch: „ Kleines, da hast du was missverstanden!“ Um klare Verhältnisse zu schaffen, lud ich ihn für ein romantisches Wochenende nach Bremen ein. Leider schlug er meine Einladung mit den Worten aus, die ich nur zu gut kannte: „Mensch Alex, ich finde dich echt super, aber ich glaube, wir wollen beide derzeit nicht dasselbe, daher ist es sicher besser, wenn ich dich nicht besuchen komme.“ Wie konnte ich nur die vielen SMS und die stundenlangen Telefonate so missverstehen? Ich heuchelte also Verständnis, wünschte ihm viel Glück bei der Suche nach einer besseren Frau (ha, die würde es doch nie geben) und äußerte noch den Wunsch, dass wir ja Freunde bleiben könnten, da es doch schade wäre, den Kontakt zu verlieren, wo wir uns doch so gut verstünden. Den Kontakt haben wir gehalten und die bessere Frau scheint er in regelmäßigen Abständen immer mal wieder zu finden. Ist es eigentlich sehr gehässig, dass ein bisschen Schadenfreude bei mir aufkommt, wenn eine Beziehung bei ihm in die Brüche geht? Wer mir einen Korb gibt, soll gefälligst auch nicht glücklich werden. Ich weiß, um diese Einstellung aus mir herauszubekommen bedarf es einer Langzeit-Therapie, aber vor der habe ich mich bisher noch erfolgreich gedrückt.

Vor zwei Tagen hatte ich Carsten mal wieder eine SMS geschrieben. Von sich aus meldete er sich eigentlich nie, wahrscheinlich wollte er mir keine falschen Hoffnungen machen, wie rücksichtsvoll von ihm. Da Silvester vor der Tür stand, fragte ich ihn per SMS, ob er nicht Lust hätte mit gemeinsamen Freunden ins neue Jahr zu starten. Natürlich müsste er mich dann aber auch um Mitternacht küssen. Ich war mir nie zu schade, bei einem Mann um ein bisschen Aufmerksamkeit und Zuneigung zu betteln. Beim Senden der Nachricht hätte ich mir am liebsten die Finger abgehackt. Und als dann die Antwort kam „Lieben Dank für das nette Angebot, aber meine Freundin hätte sicher was dagegen.“ hätte ich meine SMS am liebsten zurückgezogen. Wie hieß es vor Gericht so schön: „Die Frage wird aus dem Protokoll gestrichen.“ Und ich würde da gerne so einiges aus dem Protokoll streichen. Aber leider ging das nicht. Daher versuchte ich mir meinen Stolz in unserem Telefonat vom Vorabend zu bewahren, in dem ich mich ja total für ihn freute, dass er mal wieder eine Freundin hatte. Nein, bei mir gibt es nichts Neues, kein Mann in Sicht, ist aber ja auch nicht weiter schlimm. Keine Ahnung, ob er mir das abgekauft hat. Jedenfalls erzählte mir Carsten von einem seiner Freunde, der sich jedes Jahr über die Wintermonate auf Online-Rating Seiten anmeldete und bei dem hätte es vor kurzem gefunkt und das wäre doch vielleicht auch mal eine super Idee für mich. Und was für eine super Idee das für mich war. So super, dass ich mich kaum traute, meiner Freundin davon zu erzählen. Und meine Angst war ja auch berechtigt gewesen, immerhin hatte Yvonne sich tüchtig über mich kaputt gelacht.

„Ich kann dir gar nicht genau erklären, was mich dazu getrieben hat. Es war irgendwie ein Spontankauf“, versuchte ich mich vor Yvonne zu rechtfertigen. „Schuhe oder Handtaschen sind ein Spontankauf, aber doch kein Online-Dating. Muss ich mir jetzt Sorgen um dich machen?“ Ich glaube, auf Verständnis wartete ich hier vergeblich. Ich lenkte daher vom Thema ab, besprach die Details für das kommende Wochenende und beendete das Telefonat mit Yvonne relativ zügig, da ich Angst hatte, meinen „Spontankauf“ so sehr zu bereuen, dass ich mein Profil gar nicht mehr vollständig ausfüllte, und die gezahlten 150,-- Euro dann wirklich für die Katz’ gewesen wären.

Also stellte ich meine Telefone auf lautlos und konzentrierte mich wieder ganz auf das Projekt „Ich werde meinen Traummann schon finden“.

Jetzt galt es das Profil und die vielen Fragen annähernd wahrheitsgetreu und natürlich so kreativ und ansprechend wie möglich mit all meinen persönlichen Daten und Empfindungen zu befüllen. Als erstes brauchte ich ein Motto. Diese Zeile leuchtete neben dem Foto auf und musste daher möglichst kreativ sein. O.k., einfach mal schauen, was die anderen so schreiben: „Krümel sucht Keks.“ Das war süß, aber gab es ja schon. Gut gefiel mir auch „Küssen kann man nicht alleine.“ Ich entschied mich in Anlehnung an meine Lieblingsserie „Sex and the City“ für das Motto: „Alex sucht Mr. Big.“ Tja, und wer damit nichts anfangen konnte, war sowieso nichts für mich. Mein Traummann sollte alle Folgen „Sex and the City“ gesehen haben, denn dann bestand die Chance, dass er eine Frau wie mich verstehen konnte. So viel zum Thema, ich wäre zu anspruchsvoll.

Nun noch schnell den unkreativen Steckbrief beantworten, bevor die kniffligen Fragen kamen:

Alter: 37 Jahre

Status: Single

PLZ: 28..

Figur: 165 cm, sportlich

Haare: schulterlang, blond, Locken

Beruf: Unternehmensberaterin

Kinder: keine

Kinderwunsch: weiß ich noch nicht

Sternzeichen: Skorpion

Raucher: nein

Eigentlich ganz einfach, nur bei zwei Punkten war ich etwas unschlüssig. Sollte ich die Frage nach dem Beruf wirklich wahrheitsgetreu beantworten. Meine Freundin Dany und ich hatten die Theorie aufgestellt, dass Männer Angst vor erfolgreichen, selbstbewussten Frauen haben (irgendeine plausible Erklärung musste es doch geben, dass wir noch Single waren und diese fanden wir ganz gut). Wir haben uns daher im Urlaub einen Abend lang als Angestellte eines Sonnenstudios ausgegeben (ich möchte jetzt diesen Berufszweig nicht abwerten, aber nach drei Lumumba waren auch wir nicht mehr ganz so kreativ). Wie man an meinem obigen Status „Single“ ablesen kann, hat ja auch diese Variante nicht geklappt (vielleicht lag es auch an dem betrunkenen Kichern, wenn wir ganz stolz von unserem Sonnenstudio-Job erzählten). Ich versuchte es daher hier mal mit der korrekten Job-Angabe. Außerdem grübelte ich über die Kinderwunsch-Frage nach. Wenn ich ganz, ganz ehrlich war, dann hatte ich den Traum nach Kindern noch nicht ganz aufgegeben. Ja, meine biologische Uhr tickte ganz gewaltig, manchmal so laut, dass ich morgens kaum den Wecker klingeln hörte. Und von Jahr zu Jahr erhöhte ich mein Alter, in dem ich mir noch zutraute ein Kind zu bekommen. Vor ein paar Jahren war das mal 35 gewesen. Mittlerweile hatte ich die Deadline auf 40 erhöht, die Medizin war ja so fortschrittlich. Aber bekam ein Mann nicht Angst, wenn eine 37-jährige schreibt, dass sie noch gerne Kinder hätte? Dann ist ja zeitlich schon klar, dass man nach dem ersten Treffen eigentlich schon mal gleich mit der Planung loslegen könnte. Ich entschied mich daher für die etwas abgeschwächte Fassung: „weiß ich noch nicht“. Das signalisierte zumindest den noch potentiellen Vätern meine Bereitschaft und verschreckte vielleicht die Männer nicht, die ich erst noch vom Vater-Sein-Wollen überzeugen musste. Die Beantwortung der Frage zum Thema Alkohol hatte ich mal lieber weggelassen. Welche vernünftige Antwort sollte es denn darauf geben? Egal was man schrieb, entweder würde es nach Spießerin oder nach Trinkerin klingen. Und ich würde von mir behaupten, dass ich der goldene Mittelweg war. Ja, ich trank ganz gerne mal ein Glas Wein und auf einer Party dufte es auch mal etwas mehr sein. Aber man kann es so beschreiben: ich war vernünftiger geworden. Vielleicht lag es auch daran, dass ich nach einer durchfeierten Nacht den ganzen nächsten Tag nur noch komatös auf dem Sofa liegen konnte. Das war doch früher auch mal anders gewesen. Irgendwas musste mittlerweile dem Alkohol zugemischt worden sein, dass ich ihn nicht mehr so gut vertrug. Und da ich auch ohne Alkohol gut feiern konnte, bot ich mich im Freundeskreis gerne als Fahrerin an. So musste ich am nächsten Tag nur den Schlafmangel und nicht auch noch den Kater bekämpfen.

Nachdem ich nun die Standardfragen zu meiner Person wahrheitsgetreu ausgefüllt hatte, kam ich zu den Punkten, die sich nicht nur mit einem Wort beantworten ließen. Erstes Thema Eigenschaften. Nach einem Blick auf die Profile der Männerwelt leuchteten mir folgende Begrifflichkeiten entgegen: treu, ehrlich, romantisch, intelligent, witzig, spontan, sportlich. Da waren sie: die Klassiker. Hilft uns das wirklich weiter, wenn wir diese Eigenschaften beim Wunschpartner lesen? Sind diese Eigenschaften nicht selbstverständlich? Es juckte mich in den Fingern, folgendes zu schreiben: „ Ich bin eine notorische Lügnerin, betrüge gerne meine Partner und jeglicher Humor ist mir derzeit abhanden gekommen. Außerdem bin ich total dumm, aber ich hoffe, dass das nicht weiter stört.“ Aber das traute ich mich dann doch nicht. Ich ließ das Feld also erst Mal frei. Ich entschied mich, in dem Feld „Über mich“ einfach alles Wesentliche und Unwesentliche über mich unterzubringen, und mich um die anderen Fragen später zu kümmern. Ich wollte doch endlich auf die Suche nach Männern gehen und jetzt bastelte ich hier schon stundenlang an meinem eigenen Profil herum. Mit mir hatte ich mich in den letzten Jahren genug beschäftigt, ich wollte Männer kennen lernen und nicht mich selbst. Daher schrieb ich folgendes, in der Hoffnung, dass das der Männerwelt ausreichen würde: „ Lieber Unbekannter. Willkommen auf meinem Profil. Ich freue mich, dass ich den Optik-/Alters- und Berufs-Check schon überstanden habe, denn sonst hättest du ja nicht mein Profil geöffnet. Jetzt liegt es also an den nächsten Zeilen, ob du auch bereit bist, den „Kontakt aufnehmen“ – Button zu drücken. Mal schauen, ob es mir gelingt. Ich bin eine unternehmungslustige Frau, die aber auch die Ruhe der eigenen vier Wände zu schätzen weiß. Ich gehe gerne auf Partys tanzen und genieße es aber auch, mich stundenlang mit einem guten Buch aufs Sofa zurückzuziehen. Ich plappere unheimlich viel und schnell und manchmal zu laut, aber ich kann auch gut zuhören. Ich treibe gerne Sport und futtere anschließend zur Belohnung mit Leidenschaft ein BigMäc-Menü. Meine Arbeit ist mir sehr wichtig, am Wochenende lass ich jedoch die Seele baumeln und starte erst wieder am Montag durch.

Am liebsten würde ich das alles gerne mit einem Partner teilen, der mir jedoch auch die Freiheit gibt, dass ich nicht nur im Doppelpack zu haben bin. Wenn dir gefällt, was du liest, dann scheu dich nicht, den Kontakt-Button zu drücken. Dann verrate ich dir mit Freude den Rest, den du noch über mich wissen willst.“

Klang doch gar nicht so schlecht. Also schnell abspeichern, bevor ich noch weiter nachgrübeln konnte. Sollte sich hierauf nichts tun und die Männerwelt mir nicht zu Füßen liegen, dann könnte ich mein Profil immer noch ändern. Ich hatte mich ja für drei Monate angemeldet, da blieb mir doch noch genug Zeit, einiges auszuprobieren.

Jetzt musste ich nur noch warten, dass mein Profil geprüft und freigeschaltet wurde, damit ich mich ausgiebig in der Single-Börse tummeln konnte. Das sollte angeblich innerhalb weniger Stunden passieren. Da ich jetzt schon eine Ewigkeit vor dem Bildschirm verbracht hatte, ließ ich es für diesen Abend erst mal gut sein und fuhr den Rechner runter. Es war mittlerweile schon 22 Uhr und ich hatte meinen Freitagabend somit fast vollständig an meinem Küchentisch verbracht. Fragt sich jetzt tatsächlich noch jemand, warum ich keine Männer kennen lerne. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Mann meiner Träume einfach so vor meiner Wohnungstür steht, ist wohl sehr gering. Und deshalb hatte ich mich ja auch fürs Internet entschieden, denn dann konnte ich auch an einem Freitagabend das Glück finden, während ich in bequemer Jogginghose und Schlabberpulli bei einer Tasse Tee in meiner Küche saß. Klingt doch eigentlich super. Eigentlich war es doch viel frustrierender, sich den ganzen Tag zu überlegen, was man abends zum ausgehen anziehen sollte, sich dann stundenlang zuhause aufzustylen, um dann doch wieder alleine nach Hause zu gehen. O.k. ich gebe zu, ich hatte meist nicht ganz so viel Lust Stunden auf mein Äußeres zu verschwenden und war eigentlich ruckzuck fertig, vielleicht ein weiterer Grund, warum sich die Männer nach mir nicht den Hals verrenkten. Ich hatte echt Respekt vor den Frauen, die im Laufe des Abends immer noch so aussahen, als kämen sie gerade direkt vom Hair – und Make-up-Artist. Ich schaffte es noch nicht mal zu Beginn des Abends so auszusehen. Meine Naturlocken machten sowieso immer was sie wollten (daher ließ ich sie auch) und mein Make-up beschränkte sich auf etwas Lidschatten, den ich lieblos auftrug, und Lippenstift. Zu mehr war ich einfach nicht zu bewegen. Daher ging es dann aber auch schön schnell. Und wenn ein Mann abends neben mir einschlief, erschrak er vielleicht nicht ganz so sehr, da ich morgens nur etwas zerknautschter aussah, aber ansonsten noch so wie am Vorabend. Klar, fühlte ich mich auch toll, wenn ich frisch von der Kosmetikerin kam und mein Gesicht makellos aussah. Aber wenn ich dann abends den ganzen Kleister wieder vom Gesicht entfernte, wusste ich wieder, warum ich dazu keine Lust hatte. Also blieb ich meiner Natürlichkeit weiterhin treu. Daher kam mir das Medium Internet eigentlich ganz gelegen, denn dort musste ich erst Mal nur auf den Fotos gut aussehen. Und wenn es wider Erwarten dort auch nicht klappen sollte, konnte ich ja immer noch ein Buch darüber schreiben und behaupten, dass ich mich nur zur Recherche-Zwecken im Internet angemeldet hatte.

Ich bin dann mal online

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