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4. Lily
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er Wecker klingelte wie jeden Morgen um sechs Uhr. Früher wäre Lily selbst ohne Wecker früh wachgeworden, doch die Zeiten waren längst vorbei. Dieser Tag hatte seinen Zauber vor einem Jahr verloren.
Sie nahm ihr Smartphone, stellte den Wecker aus, entsperrte es und warf einen Blick aufs Display. Nachrichten von Jessy und ein paar anderen, doch von ihm war keine dabei. Lily runzelte die Stirn. Seit ihrer Begegnung vor zwei Wochen bombardierte er sie täglich mit Nachrichten, auf die sie nie antwortete. Warum auch? Er hatte eine Freundin. Doch ausgerechnet heute schwieg er. Vielleicht hatte er endlich verstanden, dass sie kein Zeitvertreib, keine Nebenher-Affäre sein wollte.
Sie legte das Handy wieder aufs Regalbrett und drehte sich auf die andere Seite. Viel zu früh.
Ihr Hirn war jedoch anderer Meinung, schickte Gedanken um Gedanken, die sie nicht mehr schlafen ließen. Sie vermisste es, dass Robin ihr schrieb, erinnerte sich immer noch an seinen ersten Kuss, wie sehr sie … Sie warf sich herum, versuchte sich abzulenken, indem sie sich fragte, was Jessy für den heutigen Tag geplant hatte. Hoffentlich keine monströse Feier mit viel zu vielen Leuten.
Am Morgen nach der Party hatte Lily Philipp erst nach Robins Freundin fragen wollen, doch sie hatte Angst vor der Antwort gehabt und beschlossen, die Begegnung als nettes Intermezzo abzutun, das sie immerhin vor einer schrecklichen Party bewahrt hatte. Dabei hatte sie sich von Anfang an in Robins Gegenwart wohlgefühlt. Warum zum Teufel …
Noch einmal drehte sie sich auf die andere Seite, kniff die Augen zu und … Vor einem Jahr. Endlich achtzehn. Nur hatte ihre Schwester vollkommen andere Vorstellungen davon gehabt, was dieser Geburtstag für ihr weiteres Leben bedeutete.
Lily seufzte und setzte sich auf. So hatte das Ganze keinen Zweck, da konnte sie genauso gut aufstehen.
Gähnend tappte sie zum Fenster, zog die Vorhänge auf und öffnete es weit. So früh am Morgen war die Luft noch frisch und brachte ihr eine Gänsehaut ein. Lily reckte sich ein paar Mal und beugte sich hinaus. Der Himmel war bar jeglicher Wolken und verhieß einen wunderbaren Frühlingstag. Darüber hinaus hatte der Wetterbericht nahezu sommerliche Temperaturen versprochen. Geburtstagswetter.
Sie biss sich auf die Lippen und wandte sich ab. Traurigkeit umgab sie wie eine dunkle Wolke, zum ersten Mal empfand sie den Impuls ihrer Schwester, einfach fortzugehen, um der Leere im Inneren zu entfliehen. Vielleicht hatte sie in Robin lediglich jemanden gesehen, der diese Leere ausfüllen könnte.
Nachdem sie die Bettdecke zurückgeschlagen hatte, ging sie ins Bad, um zu duschen. Das würde helfen.
Und wirklich schien die Traurigkeit mit Seifenschaum und Wasser im Abfluss zu verschwinden und brachte Lilys Lächeln zurück. Heute war ein toller Tag. Ein besonderer Tag. Ein Lily-Tag.
Sie drehte das Wasser ab, wickelte ein Handtuch um ihre nassen Haare, trocknete sich ab und schlüpfte in ihren Morgenmantel. Nächster Programmpunkt: Cappuccino.
Auf dem Weg zur Küche musste sie an dem Zimmer vorbei. Nachdem sie von Austadt zurückgekehrt war, nach diesem verrückten Impuls mitten in der Nacht, hatte sie die Tür öffnen müssen, hatte sich vergewissern müssen, dass ihre Schwester nicht doch wiedergekommen war, dass sie lediglich einen Anflug von Sehnsucht verspürt hatte und sie nicht … Natürlich war es immer noch das Näh- und Bügelzimmer ihrer Mutter und bezeugte in seiner sachlichen Zweckmäßigkeit umso mehr den Schmerz einer ganzen Familie.
Auch heute legte Lily eine Hand auf die Türklinke, öffnete die Tür und sah hinein. Es war aufgeräumter als vor zwei Wochen, weil ihre Mutter immer Ordnung schaffte, ehe sie in den Urlaub fuhr, doch es war immer noch nicht mehr das Zimmer ihrer Schwester. Rasch schloss Lily die Tür wieder und eilte weiter in die Küche.
Auf dem Küchentisch stand immer noch das Geschirr vom Abendbrot, weil niemand da war, der Lily hinterherräumte, und sie packte es rasch in die Geschirrspülmaschine, ehe sie den Wasserkocher einschaltete. Kaffee war nicht ihr Ding, doch sie liebte löslichen Cappuccino, den sie zusätzlich mit Zimt garnierte. Morgens musste der sein, damit der Tag einigermaßen gelang.
Mit der Tasse in der Hand kehrte sie zurück in ihr Zimmer, in dem es mittlerweile so kalt geworden war, dass Lily kurz überlegte, sich wieder ins Bett zu kuscheln. Doch ihr Handy klingelte und auf dem Display erschien das Gesicht ihrer Mutter.
»Mama.« Sie stellte den Cappuccino auf die Schreibtischplatte, machte rasch das Fenster zu und setzte sich dann auf ihren Schreibtischstuhl.
»Mein Schatz, alles Liebe und Gute zu deinem Geburtstag. Tut mir so leid, dass ich nicht da bin. Ausgerechnet heute.« Ihre Mutter strahlte so sehr, dass Lily ein Lächeln schaffte.
»Ihr habt euch den Urlaub verdient. Außerdem ist es ja nur der neunzehnte Geburtstag, der ist nicht so wichtig. Letztes Jahr wart ihr ja da.«
»Ja, aber dieses Jahr …« Ihre Mutter brach ab und runzelte die Stirn, weil sie nun erst sah, dass Lily nur ihren Bademantel trug. »Hab’ ich dich geweckt?«, fragte sie.
»Nein, Mama, ich war schon wach.« Sie wollte einfach nur plaudern, drauflos plappern, doch plötzlich überkam sie die Angst, ihre Mutter könnte Dinge aussprechen, die heute besser ungesagt blieben, und sie beschloss, das Gespräch abzukürzen. »Tatsächlich bin ich sogar etwas spät dran, ich muss doch gleich arbeiten.«
»An deinem Geburtstag? Da hätte dein Chef dir ruhig mal frei geben können.«
»Ich arbeite doch sowieso nur am Wochenende und da braucht er nun mal die meisten Leute. Lass uns morgen Abend noch mal telefonieren, ja?«
»Ich hab’ dich lieb, mein Schatz.«
»Ich dich auch. Grüß Papa und macht euch noch eine schöne Zeit auf der Insel.«
Sie hielt das Smartphone noch in der Hand, als das Display längst ausgegangen war, und eine Träne kullerte über ihre Wange. Ihr war die Lust auf Cappuccino vergangen, stattdessen wollte sie die Tageszeitung hereinholen und sich wieder auf ihr Bett legen. Und vielleicht doch noch ein bisschen schlafen.
Er saß vor der Wohnungstür, mit dem Rücken dagegen gelehnt, einen Arm auf seinen Rucksack gelegt und den Kopf gegen den Türrahmen gestützt. Er rutschte nach hinten, als er durch das Öffnen der Tür den Halt verlor. Jäh zuckte er zusammen und schaffte es, nicht vollends umzufallen. Als er realisierte, dass sie die Tür geöffnet haben musste, sprang er auf, fuhr sich durchs Haar und grinste frech.
»Happy Birthday!«
»Du hast es dir gemerkt?«
»Natürlich nicht. Dafür habe ich eine Sekretärin. Die hat dir auch gleich das hier besorgt.«
Neben dem Rucksack stand eine kleine Topfblume, die er sich schnappte und ihr entgegenhielt. »Das ist ein Einblatt, auch wenn sie mehr als eins hat. Und Blüten hat sie auch.« Er zuckte die Achseln. »Da ich nicht wusste, wann du öffnen würdest, habe ich mich halt gegen Schnittblumen entschieden. Wenn dir das Einblatt aber nicht gefällt, nimm es als Gutschein für einen Strauß.«
Für einen Moment wusste sie nichts zu sagen, fühlte nur ein dickes, glückliches Lachen in ihrem Bauch glucksen und sich in Richtung Mund schieben. Sie biss sich auf die Unterlippe, wollte streng gucken, und schaffte es doch nicht, das Lachen zurückzuhalten.
»Spinner!«, rief sie schließlich außer Atem und rieb sich die Tränen aus den Augen. »Natürlich nehm ich das Einblatt.«
»Bitte sehr«, entgegnete er leise, küsste sie auf die Wange, drückte ihr die Pflanze in die Hand und hob seinen Rucksack auf. »Also, wie sieht es aus? Darf ich rein und mich auf etwas Bequemes setzen? Oder wolltest du gerade gehen?« Er deutete mit einer Kopfbewegung auf ihren Bademantel.
»Natürlich. Das ist meine übliche Geburtstags-Ausgeh-Tracht.«
»Dachte ich mir. Dann muss ich wohl nächstes Jahr wiederkommen, um dir eine grandiose Geburtstagszeit zu bereiten.« Er drehte sich langsam um.
»Nee, du, warte mal, ich könnte mein Ausgehen eventuell verschieben, je nachdem, was du Grandioses geplant hast.« Sie verschränkte die Arme. »Also? Ich bin ganz Ohr.«
Er trat näher, strich ihr durchs Haar und brachte sein Gesicht ganz nah an ihr Ohr. Seine Worte waren kaum zu hören, dafür kitzelte sein warmer Atem sie, machte ihr eine Gänsehaut und – sie riss die Augen auf, als sie das Gesagte endlich verstanden hatte.
»Was? Oh, du …« Sie schob ihn von sich fort, um ihn im gleichen Moment wieder an sich zu ziehen. »Komm rein.«
Als er sie küsste, war sie froh, dass sie nur den Bademantel trug. Er hatte viel mehr auszuziehen, schaffte es jedoch schneller als befürchtet.
Sie schloss die Augen, wollte lediglich fühlen, endlich das erleben, von dem sie bislang nur geträumt hatte, auch wenn eine Stimme in ihr leise das Wort Freundin flüsterte. Ihre Hände erkundeten seinen Körper, während sie seine überall auf ihrem spürte.
Sie stöhnte leise, als er sie sanft zwischen den Beinen massierte. »Danke, dass du heute hier bist.«
Er schmiegte sich an sie und küsste sie zart. »Halt die Klappe«, raunte er ihr ins Ohr, bewegte sich langsam und drang behutsam in sie ein. »Happy Birthday.«
Viel später kuschelte sie sich an ihn. »Okay, das hätte ich jetzt gern jeden Tag.«
Er runzelte die Stirn. »Könnte schwierig werden.«
Jäh rieselte ein kalter Schauer über ihren Rücken und sie rückte von ihm ab. Die Stimme ließ sich nun nicht mehr überhören. »Ich verstehe« sagte sie kühl, »deine Freundin. Weiß sie überhaupt, wo du bist und was …« Sie zog die Decke über ihre Brüste. Was hatte sie sich dabei gedacht?
»Nein, es ist die Entfernung, du wohnst nun mal nicht um die Ecke – welche Freundin?« Erst jetzt schien er begriffen zu haben.
»Na, deine. Jessy hat gesagt …«
Sein Lachen unterbrach sie. »Ach, deshalb hast du mir nie geantwortet. Obwohl du es wolltest.«
»Wollte ich nicht.« Sie schob die Unterlippe vor. »Ich dränge mich nicht in Beziehungen.« Jäh verstummte sie. Wie blöd konnte man sein. Sie hatte mit ihm geschlafen. Gerade erst. Wenn das nicht hieß, sich in eine Beziehung zu drängen, wusste sie auch nicht, was sonst noch geschehen musste. Nur jetzt nicht weinen. Sie schluckte.
Er rückte näher. »Jessy weiß längst nicht alles, weil Phil ihr nicht alles erzählt. Ich bin sein Kumpel, nicht Jessys. Ich hatte eine Freundin, Saskia, doch wir hatten eine Woche vor der Party Schluss gemacht. Ich hab’ es Phil erst auf dem Weg dahin erzählt.«
»Also keine Freundin?« In ihrem Bauch brummte es zufrieden und beinahe hätte sie breit gegrinst.
»Doch«, sagte er und hauchte einen Kuss auf ihre Lippen, »nur leider wohnt sie viel zu weit von mir entfernt.«
»Ich bin so blöd«, murmelte sie und küsste ihn, »ich hätte bloß zu fragen brauchen«, noch ein Kuss, »tut mir leid um die letzten Wochen.«
»Schon verziehen. Bei der Wiedergutmachung.«
Sie kuschelte sich wieder an ihn und beide genossen schweigend die Gegenwart des jeweils anderen.
Schließlich seufzte sie. »Also gut, einigen wir uns wenigstens auf mindestens einmal im Monat.«
»Einmal im Monat was?«, fragte er und zog sie näher zu sich.
»Das«, antwortete sie nur und setzte sich auf ihn.
Später duschten sie gemeinsam und zogen sich an.
»Und was steht für heute an?«, fragte er, als er in seine Jeans schlüpfte.
»Frühstück. Ich hab’ einen Mordshunger. Ansonsten nichts. Meine Eltern machen Urlaub an der Nordsee, von daher …« Sie zuckte die Achseln.
»Gute Güte, dann bin ich erst recht froh, dass ich gekommen bin.« Er grinste.
»Nicht nur du.« Sie schnappte sich das Kopfkissen vom Bett und warf es nach ihm. »Lass uns bummeln, Eis essen, ins Kino, Essen gehen …« Sie zog ihr Kleid über.
»In genau der Reihenfolge?«
»Eigentlich lag mir noch ein ‚oder‘ auf den Lippen, aber – ja, in genau der Reihenfolge.« Sie drehte ihm den Rücken zu. »Aber zuerst machst du mir bitte den Reißverschluss zu.«
Sie genoss es, dieses Mal ihm ihre Heimatstadt zu zeigen, auch wenn sie sie schon lange nicht mehr als Heimat empfand. Doch das spielte keine Rolle mehr, weil es nun Robin gab.
Der Bummel währte nur kurz, dafür schmeckte das Eis in ihrem Lieblingseiscafé umso besser. Außerdem war das Kino gleich nebenan.
Abends nahmen sie dann den Bus zum Waldschloss, bummelten durch den Park, wobei sie jede Wegbiegung dazu nutzten Küsse und andere Zärtlichkeiten auszutauschen. Nachdem sie auf diese Weise den ganzen Park durchmessen hatten, begaben sie sich ins Schlossrestaurant, wo er sie zu Steak und Salat einlud.
Als sie später an ihn gekuschelt seinem Herzschlag lauschte, war von der Leere in ihr, die morgens noch geschmerzt hatte, endgültig nichts mehr zu spüren.
Er war schon nicht mehr da, als ihr der Gedanke kam, auf ihr Handy zu schauen. Mehrere Anrufe in Abwesenheit, unzählige Nachrichten auf WhatsApp und etliche SMS. Es sah ganz so aus, als hätten auch andere an ihren Geburtstag gedacht. Sie biss sich auf die Lippen. Da waren wohl einige Entschuldigungen fällig.
Bei den WhatsApp-Nachrichten dominierte Jessy, die auch zweimal angerufen hatte. Lily hatte ein schlechtes Gewissen, weil sie ihre Freundin nun schon wieder düpiert hatte, doch Robin hatte den Tag gestern gerettet und sie bereute auch nicht, ihm den Vorzug gegeben zu haben.
Die übrigen Nachrichten waren Glückwünsche von Mitschülern und Arbeitskollegen – da reichte es sogar aus, wenn sie sich morgen bedankte, doch das mit Jessy sollte sie geradebiegen.
Jessy klang unterkühlt, als sie sich meldete.
»Hi, Jess, tut mir leid, dass ich gestern nicht erreichbar war, aber es war einer dieser Tage.« Sie zuckte die Achseln.
»Du meinst einen dieser Tage, an denen wir bummeln und in deinem Lieblingscafé Apfelstrudel mit Vanillesauce essen wollten?«
Lily schloss die Augen. Stimmt, das war eigentlich das Programm, was sie mit Jessy absolvieren wollte.
»Ich weiß, es tut mir auch echt leid, aber mir ist etwas dazwischengekommen. Genauer gesagt jemand.«
Schweigen am anderen Ende.
»Robin saß überraschend vor meiner Tür und …«
»Robin.« Sie hörte, wie Jessy ein paar Mal tief ein- und ausatmete. »Du hast mich wegen Robin versetzt.«
»Boah, bitte, tu jetzt nicht so, als hättest du mich niemals jemals wegen Philipp versetzte.«
»Das ist was anderes«, entgegnete Jessy schnell. Viel zu schnell.
Lily runzelte die Stirn. »Wieso sollte das was anderes sein?«
»Ich war mit Philipp zusammen.«
War? Lily hob eine Augenbraue. »Tja, dann seh’ ich allerdings nicht, wieso das was anderes sein sollte.«
»Was willst du damit sagen?«, fragte Jessy langsam.
Lily schloss die Augen und spürte ihn ganz nah bei sich, auch wenn er mittlerweile schon beinahe in Austadt angekommen sein dürfte. »Wir haben gestern miteinander geschlafen.«
Erneutes Schweigen am anderen Ende.
»Und deshalb gehe ich mal davon aus, dass wir auch zusammen sind. Also nicht nur wegen gestern, aber … auch wegen gestern.« Sie lächelte.
»Du hast … Ausgerechnet Robin …«
Lily öffnete die Augen und horchte dem Klang von Jessys Stimme nach. Irgendetwas hat unausgesprochen mitgeschwungen in deren Worten.
»Ja, ausgerechnet Robin. Hast du damit ein Problem?«
»Nein, warum sollte ich ein Problem damit haben? Aber seine Freundin vielleicht.«
»Du bist nicht auf dem Laufenden, Jess. Mit seiner Freundin war schon vor der Party Schluss, frag Phil, wenn du mir nicht glaubst.«
Jessy atmete tief durch. »So. Das wusste ich nicht. Na, dann ist ja alles in schönster Ordnung.«
Doch Lily glaubte ihr nicht. Sie hatte die ganze Zeit im Schneidersitz auf der Bettdecke gesessen und ließ sich nun zurückfallen. Jessy klang beleidigt, verletzt. Wirklich nur, weil Phil ihr nichts von dem Beziehungsende erzählt hatte? Und weil sie ihre Freundin wegen Robin versetzt hatte? Jessy hat oft von Robin erzählt, immer, wenn sie Phil in Austadt besucht hatte. Eigentlich sogar viel zu oft. War sie deshalb so schnippisch, weil Robin und sie, Lily, jetzt ein Paar waren, anstatt … Lily atmete tief durch.
»Jessy, auch auf die Gefahr hin, dass du jetzt ziemlich sauer werden wirst, aber beantworte mir bitte eine Frage: Bist du selbst in Robin verliebt?«
»Was? Wie kommst du denn auf so einen Unfug?« Jessy lachte hoch und falsch.
»Komm, tu nicht so, du reagierst so seltsam, wenn ich von mir und Robin erzähle, du freust dich nicht mit mir, sondern versuchst teilweise sogar, ihn mir auszureden. Ich denke, du bist eifersüchtig, dass ich jetzt mit Robin zusammen bin und nicht du – und das solltest du dringend mit Phil klären. Das bist du ihm schuldig.« Sie hörte Jessy nach Luft schnappen, hatte aber keine Lust mehr, sich irgendwelche Ausflüchte und halbherziges Abstreiten anzuhören und beendete das Gespräch. Dass ihr das aber auch nicht eher aufgefallen war. Sie seufzte. Die Zahl derer, denen sie sich eng verbunden fühlte, war nun erneut um eine Person geschrumpft. Auch wenn gerade jemand dazugekommen war.
Als hätte er ihre Gedanken gehört, rief er sie in just diesem Moment an.
»Bist du gut heimgekommen?«
»Bist du gut daheimgeblieben?«
»Ich vermisse dich.«
»Dann komm her.«