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DIE AUSGANGSLAGE ANALYSIEREN

1 Die Ausgangslage analysieren

Am Anfang steht immer eine Analyse der Ausgangslage. Wir gehen zunächst auf die Rahmenbedingungen ein, die uns durch Schule und Gesellschaft vorgegeben sind. Der nächste Schritt führt uns zu den Lernvoraussetzungen. Lernvoraussetzungen einzuschätzen, gehört zu den wichtigsten Aufgaben jeder Lehrkraft. Zu einer Analyse der Ausgangslage gehört aber auch, dass man die eigenen Lehrvoraussetzungen kennt und sich die Frage stellt, wie weit man mit Lehrplan und Unterrichtsstufe vertraut ist. Eine Lehrkraft, die neu in einer bestimmten Stufe unterrichtet, wird sich andere Fragen stellen als eine, die das Metier kennt.

Rahmenbedingungen

Mit Rahmenbedingungen sind die äußeren Faktoren gemeint, welche die Vorbereitung und Durchführung des Unterrichts maßgeblich beeinflussen. Günstige Rahmenbedingungen sind eine wichtige Voraussetzung für einen guten Unterricht.

Lernort: Größe und Lage der Schule, Art des Gebäudes, Raumausstattung, akustische, klimatische und optische Verhältnisse, Gruppenräume, Mediothek, Kantine, Turnhalle.

Lernmedien: Digitale Medien (zum Beispiel BYOD), Lernplattform, Lehrmittel.

Lernzeit: Stundenplan und Fächerfolge, Einzellektionen, Blockunterricht, Anzahl Lektionen pro Schultag, Anzahl Dozierende oder Lehrkräfte pro Schultag und Klasse.

Lerngruppe: Größe und Zusammensetzung, Art und Dauer der Sozialbeziehungen, Fach- oder Klassenlehrersystem.

Kollegium: Anzahl der Lehrkräfte in der Schule, Zuteilung der Lehrkräfte in Fach- und Arbeitsgruppen, Verhältnis Schulleitung–Lehrerschaft.

Rahmenbedingungen werden durch Menschen geschaffen und können von Menschen auch wieder verändert werden.

–Sofort veränderbare Faktoren: Auf die Klasse bezogene Maßnahmen, wie Sitzordnung und Gestaltung des Klassenzimmers.

–Mittelfristig veränderbare Faktoren: Veränderungen, die die Schulleitungen und die Lehrkräfte in ihrer organisatorischen Flexibilität und methodisch-didaktischen Kreativität herausfordern (Stundenplangestaltung, Gruppenräume, äußere Differenzierung u. a.).

–Langfristig veränderbare Faktoren: Bei bildungs- und schulpolitischen Entscheidungen ist eine direkte Einflussnahme einzelner Lehrkräfte kaum möglich.

In jedem Fall können die Rahmenbedingungen im Unterricht in eine positive Richtung weiterentwickelt werden. Ein Beispiel dazu: Wenn eine Lehrkraft eine Klasse nur am Freitagnachmittag unterrichtet, braucht es nach unserer Erfahrung neben einer klaren Führung und einer sinnvollen Sequenzierung der Lerneinheiten auch immer wieder motivationsfördernde Elemente, die dazu beitragen, dass die Schülerinnen und Schüler die Lernzeit gezielt nutzen. Der Unterrichtsnachmittag könnte zum Beispiel mit einer Erkundung enden, in der die Lernenden nach vorgegebenen oder vereinbarten Regeln ein Thema außerhalb des Schulzimmers bearbeiten.

Lernvoraussetzungen

Im Verlauf der Unterrichtsplanung stehen die Lehrenden immer wieder vor der Frage, über welche Lernvoraussetzungen ihre Schülerinnen und Schüler verfügen. Die Entscheidung für bestimmte Lehrer- oder Schüleraktivitäten lässt sich erst treffen, wenn die gegebenen Voraussetzungen analysiert wurden (Maier 2012; Kiel, Haag, Keller-Schneider & Zierer 2014, S. 32 ff.). Fehlen die nötigen Lernvoraussetzungen, bleibt meistens auch der Unterrichtserfolg aus.

Wichtige Lernvoraussetzungen betreffen die folgenden Bereiche:

–Arbeitstechnik: Über welche Lern- und Arbeitstechniken verfügen die Schülerinnen und Schüler? Welche Erfahrungen bringen sie aus der Primar- und Sekundarstufe I im Hinblick auf den Einsatz von erweiterten Lehr- und Lernformen mit? Wie selbstständig können sie lernen?

–Sachstrukturen: Auf welchem Wissen der Schülerinnen und Schüler kann ich meinen Unterricht aufbauen? Welche Begriffe müssen zu Beginn einer Einheit eingeführt werden, damit die Schülerinnen und Schüler anschließend selbstständig arbeiten können? Was könnten zentrale Fragen und Problemstellungen der Schülerinnen und Schüler sein?

–Soziale Beziehungen, Gruppe: Welches Verhältnis haben die Schüler und Schülerinnen untereinander? Welche Auswirkungen hat die Art der Interaktion auf das Arbeits- und Lernklima? Wie ist die Beziehung zur Lehrkraft?

–Motivation und Emotionen: Welche Haltung und welche persönlichen Einstellungen bringen die Schülerinnen und Schüler in den Unterricht ein? Sind sie bereit, sich auf den Unterricht einzulassen?

–Kulturen und Sprachen: Welche sprachliche und kulturelle Vielfalt zeichnet sich in meiner Klasse ab? Wie viele Schüler und Schülerinnen kommen aus einem anderen Kulturkreis? Wie können diese besser in den Unterricht integriert werden?

–Individuelle Faktoren: Gibt es Schüler oder Schülerinnen, die etwas Interessantes aus dem eigenen beruflichen oder privaten Umfeld einbringen können? Ist ein Schüler dauernd über- oder unterfordert?

Ist einmal die Analyse der Lernvoraussetzungen geleistet, so kann die Lehrkraft methodische Vorüberlegungen anstellen und die Unterrichtsvorbereitung planen. Dabei soll sie auch ihre eigenen Lehrvoraussetzungen berücksichtigen.

Tipps für Lehrkräfte mit wenig Erfahrung

Wie können Lehrkräfte vorgehen, die noch über wenig Erfahrung im Unterricht verfügen? Hierzu einige Empfehlungen:

–Klassenbesuch bei einer erfahrenen Lehrkraft

Ein Unterrichtsbesuch vor Ort ermöglicht einen direkten Einblick in die Rahmenbedingungen und die individuellen Gegebenheiten.

–Besprechen der Quartals- oder Semesterplanung mit der Kollegin oder dem Kollegen Transparenz bei der Unterrichtsplanung verleiht Sicherheit und ermöglicht, das eigene Instrumentarium zu optimieren. Nur ca. 80 Prozent der Unterrichtszeit sollten fix geplant werden. Die übrige Zeit schafft Gestaltungsspielraum für individuelle Bedürfnisse und Unvorhergesehenes.

–Absprachen mit anderen Lehrkräften über das Vorgehen bei Halbjahresbeginn

Ein gemeinsames Besprechen des Unterrichtsstarts verhindert Überschneidungen und ermöglicht einen guten Einstieg in das nächste Halbjahr.

–Regelmäßige Gespräche mit der Schulleitung

Regelmäßige Gespräche mit der Schulleitung machen die jeweiligen Erwartungen transparent und stärken das gegenseitige Vertrauen.

–Kollegiales Feedback

Das kollegiale Feedback fördert die Zusammenarbeit und ermöglicht, die eigene Konzeption eines guten Unterrichts weiterzuentwickeln.

–Mentoring für Neueinsteigerinnen und -einsteiger

Mit einem Mentoring durch erfahrene Lehrerkolleginnen oder -kollegen werden Neueinsteigerinnen oder -einsteiger begleitet und betreut. Administrative und pädagogische Fragen lassen sich im persönlichen Gespräch besser klären.

–Namen der Schülerinnen und Schüler sofort auswendig kennen

Ein Muss! Es gibt nichts Peinlicheres, als nach Wochen die Namen der eigenen Schülerinnen und Schüler noch nicht zu kennen.

–Frühzeitige Planung eines Eltern- oder Ausbilderabends

Das frühzeitige Einbinden der Eltern oder Ausbildungspartnerinnen und -partner schafft Vertrauen und ist Teil der Öffentlichkeitsarbeit der Schule.

Auch wer seinen Unterricht sorgfältig plant, hat noch lange nicht die Gewähr, dass bei der Durchführung alles optimal verläuft. Die Kluft zwischen Planung und Vorbereitung einerseits und Realisierung andererseits kann beträchtlich sein. Erfahrene Lehrkräfte sind sich dieser Diskrepanz bewusst; Lehrkräfte, die eine neue Schulstufe unterrichten, sind häufig enttäuscht, wenn ihnen trotz gewissenhafter Analyse der Ausgangslage und des Lehrplans die Umsetzung misslingt. Unser Rat: Lassen Sie sich nicht beirren, die Ursachen können ganz unterschiedlicher Natur sein. Tauschen Sie sich mit Kollegen und Kolleginnen über das weitere Vorgehen aus. Und haben Sie den Mut, zu Beginn des Halbjahres mit neuen Ideen aufzuwarten.

Instrumente – Anregungen zu den Zusatzmaterialien

Die Zusatzmaterialien können über mehr.hep-verlag.com/unterrichten heruntergeladen werden.

1.1 Kollegiales Feedback durchführen

Das kollegiale Feedback gehört zum Kerngeschäft Unterricht. Wir zeigen, wie sich ein Team auf das kollegiale Feedback vorbereiten kann, wie der Unterricht protokolliert wird und wie Rückmeldungen zum Unterricht formuliert werden können.

1.2 Mentoring planen

Welche Begleitung erhalten Lehrkräfte, die neu an einer Schule unterrichten? Wir stellen ein Mentoringkonzept vor, in dem die Rahmenbedingungen und ein mögliches Vorgehen skizziert werden.

1.3 Sich Namen besser merken

Ein gutes Gedächtnis ist kein Geschenk, sondern Übungssache. Wir skizzieren Methoden, wie Sie sich die Namen der Schülerinnen und Schüler besser einprägen können.

1.4 Einen Informationsabend durchführen

Es ist heute selbstverständlich, dass die Lehrkräfte ihre Schule nach außen zu repräsentieren wissen. Für viele Lehrkräfte bietet die Durchführung eines Informationsabends eine gute Möglichkeit, mit Eltern und/oder Ausbilderinnen und Ausbildern ins Gespräch zu kommen. Wir zeigen, wie ein Treffen mit Eltern oder Ausbilderinnen und Ausbildern konkret vorbereitet und organisiert werden kann.

1.5 Erkundungen durchführen

Exkursionen und Projektwochen gehören heute zum methodischen Standardrepertoire – auch deshalb, weil auf einer Exkursion die Sinne auf vielfältige Weise angeregt werden, wie es im schulischen Alltag kaum möglich wäre. Exkursionen sind dennoch die schulische Ausnahme, da sie in der Regel bewilligungspflichtig sind, Mehrkosten und Aufwand verursachen und immer ein gewisses Risiko beinhalten. Unsere Checkliste trägt zu gelingenden Veranstaltungen bei.

1.6 Schülerrückmeldungen sammeln

Frühzeitig Schülerrückmeldungen einzuholen, ist die beste Voraussetzung, um den eigenen Unterricht zu reflektieren. Wir zeigen, wie Rückmeldungen der Lernenden gesammelt und ausgewertet werden können.

1.7 Die Lehrkraft im Spannungsfeld zwischen Schul- und Unterrichtsentwicklung

In den letzten Jahren wurden in Deutschland, Österreich und der Schweiz zahlreiche Schulentwicklungsprojekte realisiert. Abläufe wurden optimiert und die internen Strukturen der Schulen verbessert. Glücklicherweise wenden sich heute viele Qualitätsverantwortliche vermehrt wieder dem Unterricht zu, unserem eigentlichen Kerngeschäft. – Wir geben hier vier Denkanstöße, wie das «Kerngeschäft Unterricht» noch stärker ins Zentrum gerückt werden kann und stellen ein dreidimensionales Modell der Lehrqualität vor.

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