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Der Wein

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Auch die Anfänge der Weinbereitung verlieren sich in grauer Vorzeit. Zwar war vermutlich der Wein aus Weintrauben noch nicht bekannt, als das Bier erfunden wurde – man nimmt an, dass Weintrauben ab dem 6. oder 5. Jahrtausend v. Chr. kultiviert wurden –, aber diese Einschränkung gilt nicht für andere Arten des Weins.5 Aus biochemischer Sicht ist die Weinbereitung der Vergärung der gekochten Stammwürze des Bieres analog. Damit soll aber keineswegs gesagt sein, dass die Erzeugung guten Traubenweins – und auf diesen beziehen sich die weiteren Ausführungen – eine einfache Sache sei. Auch beim Wein spielen nicht die grundlegenden biochemischen Abläufe die Hauptrolle, sondern zahlreiche Verfahrensdetails und die Qualität der Trauben. Wenn man nach dem Auspressen der Trauben, der »Kelterung«, nur den Saft (»Most«) vergärt, ist das Ergebnis ein Weißwein. Wird der Most mit den Schalen vergoren, erhält man aus roten Trauben Rotwein.

Je nach Traubensorte und eventuell der Mischung verschiedener Traubensorten erhält man Weine unterschiedlicher Qualität. Weißweine sind meist nicht sehr lange lagerfähig, da sie weniger Gerbsäuren enthalten. Gute Rotweine können mehrere Jahre bis Jahrzehnte aufbewahrt werden, allerdings muss in allen Fällen Luftzutritt vollkommen ausgeschlossen sein. Entscheidend ist dabei der »Ausbau« des Weines. Viele gehobene Weine werden in Eichenholzfässern (»Barrique«) ausgebaut.6

Vielleicht noch mehr als das Bier war auch der Wein Gegenstand mythologischer Erhöhung und magischer Aufladung. Nicht nur bei den Göttern Griechenlands, auch im germanischen Heldenepos der »Edda« spielte er eine maßgebliche Rolle: »Doch nur von Wein lebt der waffentragende Odin immer.« Besonders der mystische Zusammenklang von (Rot-)Wein und Blut tritt uns hier entgegen, wie z.B. im Christentum, in dem Wein und Brot das Blut und den Leib Jesu vertreten. Interessant ist aber, dass ein gleicher Symbolismus auch die Opferfeste für Dionysos kennzeichnet: »Das Weintrinken bei den Dionysosfesten war kein gewöhnliches Trinkgelage, sondern ein wirkliches Sakrament, durch das die Teilnehmer das Blut des Gottes tranken und so seiner Seele teilhaftig wurden.« Der Wein verleiht Lebenskraft oder auch Kampfeskraft, weil er als Götterblut deren Kraft auf die Opfernden überträgt. Dieser Symbolgehalt ist Germanen, Griechen und Christen gemeinsam und es wäre zu klären, inwieweit das Christentum seinen Blut- und Brotsymbolismus diesen älteren Kulten verdankt.

Der legendäre Alchemist und Schwarzkünstler Doktor Faust kann Wein aus einem Holztisch fließen lassen. Faust vermag dies mit Hilfe des Teufels, der in anderen Überlieferungen direkt den Wein aus Kellern raubt oder dies durch Hexen bewerkstelligt. Noch beim Bau der Gotthardbahn in den 1880er Jahren war davon die Rede, dass manche Arbeiter eine Birke anbohrten, aus der danach Wein hervorquoll. Wein kann aber auch (gemeinsam mit Salz) bösen Zauber abwehren.

Man kann aus allen Arten alkoholischer Getränke durch Destillation »gebrannte Wässer« mit stark erhöhtem Alkoholgehalt fabrizieren. Chemiehistorisch interessant sind diese mit dem Sammelbegriff Branntwein bezeichneten Destillate nur hinsichtlich der dabei durchgeführten Operation, eben der Destillation. Diese steht geradezu als Symbol für die Chemie schlechthin, die gerne durch das einfachste Destillationsgefäß, die Retorte, dargestellt wird. Mit einer Retorte lassen sich niedrigsiedende Flüssigkeiten wie Alkohol allerdings nicht destillieren, weil das Kondensationsrohr, der sog. Vorstoß zu kurz ist und auch nur durch Luft anstatt Wasser gekühlt wird. Daher wurde hochkonzentrierter Alkohol erst im Mittelalter bekannt. Der ansonsten als Alchemist kaum hervorgetretenen Thaddäus Alderotti aus Florenz (1223–1303) beschrieb als Erster einen Destillationsapparat, bei dem der Retortenhals mit einem gewundenen Rohr (»canale serpentinum«) verbunden ist, das durch ein Gefäß mit Kühlwasser lief. Damit war die Möglichkeit gegeben, auch relativ niedrig siedende Fraktionen zu kondensieren. Zwar sind einfache Destillationsapparate schon in der Antike verwendet worden, doch die Kühlung des Kondensationsrohrs kannte man damals nicht. Interessant ist in diesem Zusammenhang jedoch die Bemerkung von Plinius, wonach das »faustianische Land« in der Gegend von »Sinuessa« (einer antiken Stadt im südlichsten Latium, an der Grenze zu Kampanien gelegen) einen Wein hervorbringe, der sich anzünden lasse. Möglicherweise gelang es manchmal, evtl. durch Ausfrieren, ein Gemisch mit einem Alkoholgehalt von 40–45 % zu gewinnen, das entflammbar ist.

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