Читать книгу Chemie - Claus Priesner - Страница 21

Das Brot

Оглавление

Mit der Erfindung des Brotbackens, die über mehrere Stufen und einen langen Zeitraum erfolgte, verbindet sich der Übergang von der nomadischen zur sesshaften Lebensweise. Der Umschwung begann vor ca. 12.000 Jahren im Gebiet des »Fruchtbaren Halbmonds«, dem Land zwischen Euphrat und Tigris. Weltweit waren nur jene Gruppen von Steinzeitmenschen, die den Übergang zur Sesshaftigkeit zumindest partiell vollzogen haben, zu höheren Kulturleistungen fähig, mit allen damit verbundenen Vor- und Nachteilen.


Salzgletscher im spanischen Cardona.

Ehe man überhaupt daran denken kann, Brot zu backen, braucht man Körner eines dafür geeigneten Getreides. Um diese wiederum in ausreichender Menge zu bekommen, reicht es nicht, essbare Samen von Wildgräsern einzusammeln, man muss einige vielversprechende Sorten dieser Gräser gezielt anbauen und durch Zucht schrittweise ertragreichere Pflanzen kultivieren. Nach dem Ernten des Getreides befinden sich die Fruchtkörner in je nach Sorte unterschiedlich gestalteten Ähren, die zusammen mit den Halmen anfallen. Beim Dreschen werden die Körner mechanisch aus den Ähren herausgeschlagen und danach die Halme und die Spreu, also die Hülsen der Körner abgetrennt.

Die Getreidekörner bestehen aus dem stärkehaltigen Mehlkörper (der in manchen Fällen auch Eiweiß enthält) und dem fetthaltigen Keimling, die von einer harten Schale umschlossen werden. Zwischen Mehlkörper und Schale liegt noch die eiweißhaltige Aleuronschicht. Das enthaltene Eiweiß einiger Getreidegattungen (Weizen, Dinkel, Roggen, Gerste) wird auch als Kleber oder Gluten bezeichnet. Mais, Reis, Hirse oder Hafer sind glutenfrei. Ein zum Backen von Brot geeignetes Mehl enthält ca. 10–15 % Kleber, 2–3 % andere Proteine, 60–70 % Stärke, 5–9 % niedere Kohlenhydrate, ferner Mineralstoffe und etwas Fett.

Ursprünglich wurde das Getreide nicht vermahlen, sondern die Körner wurden lediglich zerstampft und mit Wasser zu einem Brei angerührt, der Grütze. Im nächsten Schritt kam die Herstellung von Fladenbrot. Das Getreide wird jetzt gemahlen, d.h. zu einem mehr oder weniger feinen Pulver, dem Mehl, zerrieben und von der Kleie getrennt, die entweder als Viehfutter genutzt oder mit dem Mehl zu Vollkornbrot verarbeitet werden kann. Das Vermahlen erfolgte zunächst in kleinen Handmühlen zwischen einem festen und einem beweglichen Stein. Die Erfindung wassergetriebener Mühlen markiert den Beginn der Entwicklung von Kraftmaschinen. Mischt man Mehl und Wasser sowie etwas Salz, erhält man einen Teig, der dann über einem Feuer oder in einem Backofen zu Fladenbrot verbacken wird. Diese einfachste Form des Brotes ist wesentlich haltbarer als Grütze, wird aber rasch hart und ist nicht besonders schmackhaft.

Wesentlich besser sind diejenigen Brote, deren Teig durch Gärung viele Poren bekommt und beim Backen eine Kruste ausbildet. Diese Brote werden aus Sauerteig oder Hefeteig hergestellt und können nur aus Weizen- oder Roggenmehl erzeugt werden, dem man aber andere Mehle in kleineren Mengen zumischen kann. Der Sauerteig enthält, wie der Name schon sagt, etwas Säure und zwar Milch- und Essigsäure, die aus dem Mehl durch entsprechende Bakterien gebildet werden. Außerdem enthält er Hefepilze, die sich in einem leicht sauren Milieu besser vermehren können. Die Hefezellen zerlegen einen kleinen Teil, etwa 1–3 %, der Stärke, die den Hauptbestandteil des Mehls ausmacht, zu Traubenzucker und vergären diesen zu Alkohol und Kohlendioxid. Das Kohlendioxid wird durch die zähen und klebrigen Glutenmoleküle festgehalten und bildet Blasen im Teig, der dadurch »aufgeht«. Die Blasen bleiben auch beim Backen erhalten und sind das Charakteristikum des Brotes. Ferner bewirkt der Kleber auch die Ausbildung einer braunen und glänzenden Kruste. Sauerteig lässt sich wie gesagt nur aus Weizen- und Roggenmehl herstellen, da nur diese Mehle das sog. Klebereiweiß oder Gluten in ausreichender Menge besitzen. Das Backen der aus dem fertigen Sauerteig geformtem Brotlaibe erfolgt in einem Backofen bei 250–290 °C. Um Sauerteig zu erhalten, genügt es, 100 Gewichtsteile Weizen- oder Roggenmehl mit 60–70 Teilen Wasser zu vermengen und die Mischung in der Wärme stehen zu lassen. Aus der Luft gelangen im Laufe von 1–2 Tagen sowohl Milchsäurebakterien wie Hefepilze auf den Teig. Er beginnt zu gären und entwickelt einen angenehm säuerlichen Geruch. Riecht der Teig allerdings muffig und fade, haben statt der Milchsäure-Fäulnisbakterien die Oberhand gewonnen und der Teig muss verworfen werden. Selbstverständlich verlässt man sich schon seit vielen hundert Jahren nicht mehr auf die zufällige Entstehung des Sauerteigs, sondern stellt ihn gezielt durch Zugabe entsprechender bakterienhaltiger Hefen her. Hat man einmal einen Sauerteig, kann man immer einen kleinen Teil davon nutzen, um frischen Teig zu »impfen«. Während man aus Roggenmehl stets Sauerteig macht, kann man reines Weizenmehl auch zu Hefeteig verarbeiten. Dieser Teig enthält nur Hefepilze, die wie beim Sauerteig auch eine partielle Umwandlung von fermentierter Stärke in Alkohol und Kohlendioxid bewirken. Hefeteig wird zu sog. Weißgebäck verarbeitet, etwa Semmeln oder Baguette, aber auch zu Krapfen und anderen Süßspeisen. Eine Sonderform des Brotes, das früher etwas verächtlich als Arme-Leute-Brot betrachtet wurde, erlebt seit einiger Zeit eine Renaissance – das Vollkornbrot. Bei diesem werden Mehl und Kleie nicht getrennt, sondern gemeinsam verbacken.


Die Mahd, Aussaat und Ernte des Getreides, Miniatur aus einer Handschrift aus Trier, Ende d. 12. Jh.

Im europäischen und deutschen Brauchtum spielte das Brot ebenfalls eine herausragende Rolle. Brot war in derart vielfältiger Weise mit volksmagischen Vorstellungen und Ritualen verknüpft, dass hier nur ein kleiner Ausschnitt dieses riesigen Spektrums angesprochen werden kann. Brot gilt in unserem Kulturraum als Gottesgabe, auch schon vor der Christianisierung. Es darf nicht missachtet werden. Wer ein Stück Brot fallen lässt, muss es wieder aufheben, küssen und um Verzeihung bitten. Brot mit den Füßen zu treten, ist eine schwere Sünde, weil man damit symbolisch Gott selbst mit Füßen tritt. Der Sage nach wurde Friesland vom Meer überflutet, als ein Priester die Hostie mit Füßen trat. Auch der Untergang der sagenhaften Stadt Vineta soll erfolgt sein, nachdem die Bürger Mauerlöcher mit Brot geflickt hatten. Die Idee der Sündhaftigkeit der Verschwendung besitzt bei zahlreichen Untergangssagen eine zentrale Bedeutung. Verweigert der Reiche dem Armen ein Stück Brot, wird er schwer bestraft, entweder, indem er selbst zu Stein wird, wie in der Watzmannsage, oder indem das Brot zu Stein wird und das Brotmesser zu bluten beginnt.

Das mit dem Brot verknüpfte Brauchtum spielt in der modernen Welt praktisch keine Rolle mehr. Dabei sollte man allerdings nicht vergessen, dass die Situation in vielen ländlichen Gebieten bis in die Mitte des 20. Jh. noch eine ganz andere war. Auch in Bereiche, in denen man es nicht vermuten würde, wirkt die uralte Symbolik des Brotes hinein: Das Wort »Company« oder auch unser »Kumpan« leitet sich von der Sitte her, gemeinsam das Brot zu essen, von »cum« mit(einander) und »panis« Brot.

Chemie

Подняться наверх