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B.Schriftformwahrender Antrag bei der Vergabekammer

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2Das Nachprüfungsverfahren wird nur auf Antrag eingeleitet (§ 160 Abs. 1 GWB). Eine Verfahrenseröffnung ex officio findet nicht statt. Eine schriftliche Eingabe an die Vergabekammer ist ungeachtet ihrer womöglich laienhaften Diktion dann als Antrag auf förmliche Vergabenachprüfung zu bewerten, wenn nach dem objektiven Erklärungswert nicht lediglich eine interne Überprüfung der Vorgänge angestoßen oder Missstände im Rahmen der Ausschreibung aufgezeigt werden sollen, sondern ein Tätigwerden der Vergabekammer mit dem Ziel der Korrektur eines laufenden Vergabeverfahrens begehrt wird.7

3Der Antrag ist gem. § 161 Abs. 1 Satz 1 GWB „schriftlich“ bei der Vergabekammer einzureichen. Aus dem Schriftformerfordernis folgt, dass der Antrag in schriftlich abgefasster Form, das heißt verkörpert in einem vom Antragsteller oder seinem bevollmächtigten Vertreter eigenhändig unterschriebenen8 Schriftstück bei der Vergabekammer einzureichen ist. Ein mangels Unterschrift unzulässiger Antrag vermag das Nachprüfungsverfahren nicht wirksam in Gang zu setzen;9 er ist insbesondere kein zulässiger Gegenstand des Kenntnisgabeverfahrens nach § 169 Abs. 1 GWB und vermag daher auch dessen Rechtsfolge (Zuschlagsverbot) nicht auszulösen. Eine fehlende Unterschrift ist indes grundsätzlich heilbar,10 wobei man jedoch die Antragsfrist gem. § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB als äußerste zeitliche Grenze der Nachholbarkeit anzusehen haben wird. Mit Rücksicht auf den lückenschließend anwendbaren11 § 25 Abs. 1 VwVfG und die sie treffende Amtsermittlungspflicht (§ 163 GWB) ist die Vergabekammer grundsätzlich gehalten, den Antragsteller auf die unterbliebene Unterschrift hinzuweisen und ihm die Möglichkeit zur kurzfristigen Nachholung einzuräumen.

4Die Übermittlung des Antrags kann durch unmittelbare körperliche Übergabe, auf dem Postweg, durch sonstigen Boten oder via Telefax12 erfolgen. Nach dem mangels entgegenstehender Bestimmungen anwendbaren13 § 3a Abs. 2 Satz 2 VwVfG ist eine Übermittlung auch per E-Mail mit qualifizierter digitaler Signatur14 zulässig, soweit die Vergabekammer hierfür einen entsprechenden Zugang eröffnet hat, § 3a Abs. 1 VwVfG.15 Gleiches gilt gem. § 3a Abs. 2 Satz 4 Nr. 2 VwVfG für die elektronische Versendung via De-Mail mit der Versandart nach § 5 Abs. 5 des De-Mail-Gesetzes16. Für beide Varianten der elektronischen Übermittlung sind etwa bei den Vergabekammern des Bundes entsprechende Zugänge zwischenzeitlich eingerichtet worden.17 Ein mittels einfacher E-Mail übermittelter Nachprüfungsantrag wahrt das Schriftformerfordernis des § 161 Abs. 1 Satz 1 GWB demgegenüber nicht.18 Gleiches gilt für die fernmündliche Einlegung eines Nachprüfungsantrages wie für dessen Erklärung zur Niederschrift bei der Geschäftsstelle der Vergabekammer.19

5Der Antrag ist in Ermangelung einer kartellvergaberechtlichen Sonderregelung gem. § 23 VwVfG20 in deutscher Sprache vorzulegen. Anderenfalls hat die Vergabekammer unverzüglich auf die Vorlage einer Übersetzung hinzuwirken (§ 23 Abs. 2 Satz 1 VwVfG). Wird die Übersetzung daraufhin nicht unverzüglich nachgereicht, ist der Antrag als offensichtlich unzulässig i. S. v. § 163 Abs. 2 Satz 1 GWB zurückzuweisen.

6Der schriftliche Nachprüfungsantrag ist gem. § 161 Abs. 1 Satz 1 GWB „bei der Vergabekammer“ einzureichen. Eine Antragseinreichung unmittelbar beim Auftraggeber oder der Vergabestelle vermag die mit einer wirksamen Antragseinreichung einhergehenden Sicherungen (§ 163 Abs. 2 Satz 3, § 169 Abs. 1 GWB) demgegenüber nicht zu aktivieren, löst aber – abhängig von der Natur des Auftraggebers – ggf. verwaltungsverfahrensrechtlich begründete Hinweispflichten (vgl. § 25 VwVfG) aus. Aus der Verwendung des bestimmten Artikels in § 161 Abs. 1 Satz 1 GWB folgt zudem, dass der Antrag bei der zuständigen Vergabekammer einzureichen ist. Eine örtlich unzuständige Vergabekammer (vgl. § 159 GWB) wird man – anders als im Verhältnis zu den gerichtlichen Spruchkörpern21 – gem. §§ 83 VwGO, 17a Abs. 2 GVG analog allerdings für zumindest berechtigt erachten dürfen, die unverzügliche Weiterleitung des Antrags an die zuständige Vergabekammer zu veranlassen.22 Insoweit liegt eine unbewusste Regelungslücke23 vor, die zur Vermeidung einer unnötigen Rechtsschutzbeeinträchtigung oder gar -vereitelung unter Heranziehung des in § 17a Abs. 2 GVG verkörperten allgemeinen Rechtsgedankens24 zu schließen ist. Da auch eine unzuständige Vergabekammer der allgemeinen Pflicht aus § 167 Abs. 1 GWB unterliegt und daher die Verweisung so zügig auszusprechen hat, dass die Sache noch vor Ablauf der Entscheidungsfrist der zuständigen Vergabekammer vorliegt, läuft die Anerkennung der Verweisungsmöglichkeit dem Beschleunigungsgebot des § 167 GWB nicht zuwider. Ist durch die Anrufung einer zunächst unzuständigen Vergabekammer die Reaktionszeit für die zuständige Kammer derart verknappt worden, dass eine Sachentscheidung innerhalb der Frist nicht mehr möglich erscheint, so werden regelmäßig die in § 167 Abs. 1 Satz 2 GWB normierten Voraussetzungen für eine Fristverlängerung vorliegen.25 Gegen die Verweisungsentscheidung der Vergabekammer ist die (isolierte) sofortige Beschwerde nach § 171 Abs. 1 Satz 1 GWB – jedenfalls jenseits offensichtlicher Willkür – grundsätzlich nicht statthaft (§ 83 Satz 2 VwGO analog).26

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