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Von Soldaten und Gespenstern

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Plautus

Name: Titus Plautus

Lebensdaten: ca. 250–ca. 180 v. Chr.

Literarische Gattung: Komödie

Werke: „Der glorreiche Soldat“ (Miles gloriosus), Amphitruo u. a.

Tragödie und Komödie – das waren die zwei literarischen Formen des Schauspiels, die die römische Antike kannte. Selbstverständlich stammten die Vorbilder dieser Genres (wie die der meisten Gattungen der römischen Literatur) aus Griechenland, und im Falle der Komödie wird dies besonders deutlich – und zwar vor allem bei Plautus, dem früheren der zwei erhaltenen römischen Komödiendichter.

Wer war das?

Titus Plautus stammte aus Umbrien, aus einem Ort in der Nähe des heutigen Rimini. Ansonsten ist wenig über sein Leben bekannt. Der ihm oft angehängte Familienname Maccius ist wohl nur ein Missverständnis: Hin und wieder nennt er sich selbst „Maccus“, doch das wird eher ein Spitzname sein, den man ihm gegeben hatte, nach einer Figur in einer seiner Komödien, und den er vielleicht selbst weitergeführt hat. Denn maccus ist nichts weiter als das lateinische Wort für „Dummkopf“.

Plautus ist nicht nur der früheste Komödiendichter, von dem vollständige Stücke erhalten sind, er war auch der erste römische Dichter, der aus dem Norden Italiens nach Rom kam. Und er war der erste, der sich ausschließlich auf eine einzige Gattung spezialisierte.

Was schrieb er?

Die Zeit des Plautus war eine Zeit großer Kriege (gegen Karthago im Süden und gegen Mithridates II. und III. im Osten), die mit dafür verantwortlich waren, dass in Rom verstärkt griechische Einflüsse Einzug hielten. Vor allem die griechisch besiedelten Städte in Süditalien (die man „Magna Graecia“ nannte) sorgten dafür. Und nicht alle waren so skeptisch gegenüber der griechischen Kunst und Kultur wie Cato d. Ä. (s. S. 24) – vor allem nicht Plautus.

Lupus est homo homini, non homo, quom qualis sit non novit.

„Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf, kein Mensch – solange er nicht weiß, wie jener ihm gesonnen ist.“

Plautus’ Komödien zählt man zur sogenannten fabula palliata. Diese Bezeichnung stammt daher, dass diese Art von Komödie (fabula) die lateinische Neufassung eines griechischen Originals ist, dem sie so stark verhaftet ist, dass sie sogar in Griechenland spielt und die Schauspieler in griechischer Tracht auftreten, im pallium. (Später trat an ihre Seite die fabula togata – also die „Komödie in der Toga“: in römischem Setting und in römischer Tracht gespielt.) In den Komödien wurde übrigens nicht nur gespielt, sondern es wurden ganze Passagen gesungen – ganz ähnlich den Filmkomödien der 30er Jahre oder dem heutigen Musical.

Vorbild für Plautus’ Stoffe waren die Komödien der griechischen Dichter der hellenistischen sog. „Neuen Attischen Komödie“ wie Menander, Philemon und Diphilos (die rund 100 Jahre vor Plautus schrieben). Von diesen ist heute nicht mehr viel erhalten, aber das, was wir haben, lässt darauf schließen, dass Plautus durchaus viel Eigenes und eben echt Römisches wie Wortspiele und Slapstick-Einlagen in seine Komödien einbrachte, so dass man sie nicht einfach als romanisierte griechische Komödien sehen kann.

„Wer den Phallus, das Symbol des Dionysos, nicht ehrt, ist der Komödie nicht wert.“

Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff

Von den wohl über 100 unter dem Namen Plautus veröffentlichten Komödien sind 20 (annähernd) vollständig überliefert. Die bekanntesten: „Der glorreiche Soldat“ (Miles gloriosus), die „Gespensterkomödie“ (Mostellaria) und Amphitruo. Auch wenn sie in einer griechischen Umgebung spielen, bedienen sich Plautus’ Stücke eines bürgerlich-römischen Personals, das viel mit Stereotypen arbeitet – vom habgierigen Schwiegervater über die durchtriebene Geliebte bis zum listenreichen Sklaven. Dabei hat sich der Komödienstoff als solcher bis heute kaum verändert: Verwechslungen, Irrtümer und Intrigen, vertauschte oder unklare Identitäten, deformierte Charaktere, die außerhalb der Gesellschaft stehen, und immer: ein Happy End, die unglücklich Liebenden bekommen einander, die als Kleinkinder getrennten Zwillinge treffen endlich aufeinander, der Geizhals bekommt seine gerechte Strafe. Dies sind Elemente, die sich durch die Weltgeschichte der Komödie ziehen, vom alten Griechenland über Molière bis zur Screwball Comedy oder Didi der Doppelgänger.

Dass es dabei z. T. recht derb zur Sache geht, mag kaum verwundern. Doch gegen die Vertreter der griechischen „Alten Komödie“ (wie Aristophanes, dessen Werke wesentlich besser erhalten sind als die „Mittlere Komödie“) war Plautus bereits recht zahm …


Titelei einer englischen Plautus-Übersetzung, erschienen in London 1772.

Peniculus: Beim Pollux! Ein guter Wagenlenker wärst du!

Menaechmus: Wieso?

Peniculus: Die ganze Zeit schaust du dich um, ob deine Frau uns nicht verfolgt. Menaechmus: Was meinst du damit?

Peniculus: Ich? Ich meine gar nichts. Ich sag zu allem Ja und Amen, was du willst. Menaechmus: Kannst du, wenn du an etwas riechst, das sehr stark riecht, erriechen, woher der Geruch wohl stammt? […]1 Dann riech einmal am Kleid, das ich hier habe.

Wonach riecht es? Du schreckst zurück?

Peniculus: Bei einem Frauengewand darf man am oberen Teil nur riechen, denn da unten wird die Nase vom Gestank beleidigt.

Menaechmus: Dann riech also hier oben. – Wie anmutig du zurückschreckst!

Peniculus: Das muss ich wohl!

Menaechmus: Was also? Wonach riecht es? Antwort!

Peniculus: Nach Diebstahl, Hure, zweitem Frühstück. […]

Menaechmus: Nun, so will ich’s zu meiner Freundin bringen, der Hure Erotium, dass sie mir und dir und ihr ein schönes zweites Frühstück anrichtet.

Peniculus: Gut!

Menaechmus: Und dann werden wir trinken, bis der Morgenstern erstrahlt.

Peniculus: […] Sehr wohl gesprochen! Soll ich an die Tür klopfen?

Menaechmus: Das tu! Oder … nein, warte noch!

Peniculus: Du stellst die Trinkschale wieder eine Meile weit fort von meinem Mund? Menaechmus: Klopf sanft!

Peniculus: Ich glaub, du meinst, die Tür hier ist aus Ton gebaut?

Menaechmus: Wart doch, wart, beim Herkules: Sie tritt schon von selbst heraus. Oh, siehst du, wie der Glanz ihres Körpers sogar die Sonne in den Schatten stellt?

Erotium: Mein Liebster, Menaechmus, ich grüße dich!

Peniculus: Und ich?

Erotium: Du zählst für mich nicht.

Peniculus: Genau wie bei der Legion, wenn man nur zur Reserve eingeschrieben wird … Menaechmus: Heute lad ich bei dir zum Gefecht!

Erotium: Gut, heute sei’s.

Menaechmus: Und in der Schlacht, da wollen er und ich um die Wette saufen. Und wer von uns sich beim Saufen besser schlägt, darüber sollst du Richter sein: Wähle dann, mit wem von uns du die Nacht verbringst. Oh, du meine Freude, wie sehr verabscheu ich doch meine Frau, wenn ich dich sehe!

Erotium: Und doch hast du von ihr etwas am Leib? Was ist denn das?

Menaechmus: Dies Kleidungsstück hab ich bei meiner Frau für dich erbeutet, meine Rose! Erotium: So bist du leicht der Beste von allen, die mich bedrängen.

Peniculus: Die Hure schmeichelt nur, solang sie etwas sieht, das sie erbeuten kann; denn wenn du ihn wirklich liebtest, hättest du ihm längst doch schon die Nase abgebissen!

Menaechmus: Halt das mal, Peniculus: Die Kriegsbeute will ich ihr überreichen, wie versprochen.

Peniculus: Gib her. Aber beim Herkules beschwör ich dich – tanz uns im Kleid nachher noch etwas vor!

Menaechmus: Ich soll tanzen? Du bist wohl nicht ganz gescheit!

Peniculus: Ich oder du? Wenn du nicht tanzen willst, dann zieh es aus.

Menaechmus: In größter Gefahr hab ich das Kleid erbeutet heut. Selbst Herkules, als er der Amazonenkönigin Hippolyte den Gürtel raubte, war nicht in solch großer Gefahr! Nimm es dir, denn du allein nur machst es mit mir, wie ich’s gerne mag!

Erotium: Das ist die Einstellung, die man vom aufrechten Liebhaber erwartet …

Peniculus: … der sich beeilt, ganz schnell bettelarm zu werden.

Menaechmus: Für vier Minen hab ich’s meiner Frau gekauft im letzten Jahr.

Peniculus: Vier Minen aus dem Fenster rausgeworfen, das ergibt die Rechnung.

Menaechmus: Weißt du, was ich jetzt möchte, dass du’s mir besorgst?

Erotium: Ich weiß es, und ich tue, was du willst.

Menaechmus: Dann lass also für uns das zweite Frühstück anrichten, mit ein paar Leckereien, frisch vom Markt: das Drüsenstück vom Schweinehals, Schinkenspeck oder Schweinekopf oder etwas in der Art …

[Plaut., Men. 160–211]

Wie ist das alles überliefert worden?

Bei Plautus haben wir den (leider nicht allzu häufigen) Glücksfall, dass es sowohl eine erhaltene antike Handschrift gibt – einen Palimpsest (s. S. 41) aus dem 3. oder 4. Jh. n. Chr. – als auch eine ganze Reihe Abschriften aus dem Mittelalter (beginnend im 10./11. Jh.), die auf ein anderes antikes Exemplar zurückgehen. Die überlieferten 20 Komödien sind eben dieselben 20, die Varro als „echt plautinisch“ bezeichnet hat. Ihr Text ist zwar teilweise immer noch lückenhaft (wie man an den Auslassungen im Text auf S. 14 sieht), doch sind dies zum Glück immer nur kleinere Stellen, die den Genuss der Komödien nicht wirklich trüben.

Was bleibt?

Noch heute wird Plautus oft gespielt, allerdings sind inzwischen manche Adaptionen seiner Stücke bekannter als die Originale. So wurde Amphitruo von Molière und Kleist bearbeitet, und die Comedy of Errors von William Shakespeare hat die Zwillings-Verwechslungskomödie Menaechmi als Grundlage. Auch Plautus’ titelgebender „glorreicher Soldat“ lebte fort: als Shakespeares Figur Falstaff (in Henry V und The Merry Wives of Windsor).

Eine Besonderheit ist Richard Lesters (A Hard Day’s Night) Film „Toll trieben es die alten Römer“ (A Funny Thing Happened on the Way to the Forum, 1966), die Verfilmung des gleichnamigen Broadway-Musicals von Stephen Sondheim, das sich bei mehreren Plautus-Komödien bedient (so beim Pseudolus und der „Gespensterkomödie“).

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