Читать книгу Praxisbuch Reisefotografie - Daan Schoonhoven - Страница 34
Оглавление2Vorbereitung
Marijn Heuts und Chris Stenger
Eine sorgfältige Vorbereitung maximiert Ihre Chancen auf schöne Fotos und sorgt dafür, dass Sie – unabhängig von Ihrem Ziel – mit sehr großer Wahrscheinlichkeit zur rechten Zeit am rechten Fleck sind. Aber auch selbst wenn Sie »einfach nur« in Urlaub fahren, wollen Sie sicher mit mehr als Schnappschüssen nach Hause kommen. Auch dafür lohnt sich eine gründliche Vorbereitung.
Eigentlich ist es völlig naheliegend: Die Wahl Ihres Reiseziels spielt für die Vorbereitungen eine entscheidende Rolle. Falls Sie eine Reportage über die Sehenswürdigkeiten von Paris machen wollen, sind Sie schnell fertig: Sie müssen nach Paris. Wenn Sie es jedoch auf eine spezielle Tiersorte, ein Naturereignis oder eine lokale Tradition abgesehen haben, sollten Sie vorher wissen, wo und zu welcher Jahreszeit das Motiv zu finden und ob es zugänglich ist. Tornados kommen zum Beispiel nicht in ganz Amerika vor, der jährliche Zug von Wildtieren zwischen Kenia und Tansania findet nur rund um den August statt, die Milchstraße ist nicht überall das ganze Jahr sichtbar und einige empfindliche Sandsteinformationen im Süden der USA können Sie nur mit einer Genehmigung besuchen – und dann auch nur während der »Geschäftszeiten«.
2.1Recherche vorab
Eine Recherche vorab liefert Ihnen das erforderliche Hintergrundwissen über Ihr Reisegebiet und vermittelt einen Eindruck von den fototechnischen (Un-)Möglichkeiten. Das Internet ist heute für Recherchen die bei Weitem wichtigste Informationsquelle. Durchsuchen Sie das Internet zum Beispiel nach dem Ortsnamen, so liefert das bereits eine enorme Menge an Informationen über Ihr Reiseziel. Google Bilder verschafft Ihnen ferner einen guten Eindruck über die Sorte Aufnahmen, die an einer bestimmten Stelle gemacht werden können (und somit schon gemacht wurden). Es ist eigentlich so, als würde man auf der Suche nach Inspiration einen Ansichtskartenständer eines Touristenladens vor Ort durchstöbern – nur moderner. Und mit dem Vorteil, dass Sie Ihre Möglichkeiten so bereits vorab einschätzen können.
Auch das Durchsuchen von Reisebüro-Websites kann sehr sinnvoll sein, um mögliche und gut erreichbare Reiseziele zu recherchieren. Fotos auf Seiten von Stockfoto-Anbietern oder bekannten Naturund Reisefotografen vermitteln einen guten Eindruck von den fotografischen Möglichkeiten, auch wenn nicht immer dabeisteht, wie viel Mühe ein bestimmtes Foto gekostet hat.
Eine wichtige Informationsquelle sind Personen, die diese Gegend schon besucht haben. Und zu guter Letzt dürfen auch eher konventionelle Quellen wie Bücher, Reiseberichte (oft auch als Blog im Internet) und Zeitschriften natürlich nicht vergessen werden.
Eine andere Art von Recherche, jedoch nicht minder wichtig, wenn man sich ernsthaft mit Fotografie beschäftigt, besteht darin, für sich selbst vorab festzulegen, welche Art von Fotos man eigentlich machen will, um sich dann zu fragen, ob diese Wünsche angesichts des beabsichtigten Reiseziels realisierbar sind.
Im Prinzip können Sie jederzeit an jedem Tag des Jahres an einem bestimmten Ort auf den Auslöser drücken. Reicht Ihnen das, dann sind nicht mehr viele Vorarbeiten zu erledigen. Wollen Sie jedoch die aufgehende Sonne an einem bestimmten Ort auf Ihrem Bild haben, das Nordlicht einfangen, einen nationalen Feiertag fotografieren oder sind Sie abhängig von Ebbe und Flut, dann werden Sie sich noch vor der Abreise an die Arbeit machen müssen, um herauszufinden, ob Ihre Ziele realisierbar sind, und wenn ja, wann und wie. Auch eine Chancenabschätzung ist hilfreich. Wenn Sie in die Karibik reisen, um Delfine zu fotografieren, dann kann es immer passieren, dass das Wetter eine Woche lang zu stürmisch ist, um hinaus auf See zu fahren. Sie können Ihre Aufenthaltsdauer auf Ihre Ziele und die zu erwartenden Gegebenheiten abstimmen, doch bleiben Sie dabei flexibel und lernen Sie mit Rückschlägen umzugehen. Nicht umsonst steht in den meisten Reisebürobroschüren immer etwas in der Art von: »Die Reise führt in ein fernes Land mit anderen Gebräuchen und Gegebenheiten. Dinge können deshalb anders verlaufen als geplant und anders, als Sie es gewohnt sind. Wir erwarten von unseren Teilnehmern eine offene und flexible Einstellung.« Was für den »normalen« Reisenden gilt (der einfach einen schönen Urlaub will), gilt vermutlich für den Reisefotografen, der ein deutliches Ziel vor Augen hat, potenziert.
»The Photographer’s Ephemeris«
Welches Motiv Sie auch vor Augen haben: Licht spielt eine wichtige, wenn nicht sogar die wichtigste Rolle in Ihrem Foto. Es ist hilfreich, so detailliert wie möglich zu wissen, wann die Sonne auf- und untergeht. Natürlich können Sie dazu alle möglichen lokalen Websites konsultieren, besser ist jedoch, die App von »The Photographer’s Ephemeris« (TPE) auf Ihrem Handy, Tablet oder Laptop zu installieren. Im einfachsten Fall benutzt man TPE dazu herauszufinden, wann und aus welcher Richtung die Sonne auf- und untergeht. TPE nutzt die Karten von Google Maps, sodass Sie tief hineinzoomen können. Platzieren Sie eine Nadel an Ihrem Standort oder dem Ihres Motivs und farbige Linien liefern Ihnen alle Informationen. Es ist einfach, ein Datum in der Zukunft einzugeben, sodass Sie den Zeitraum, in dem Sie auf Reisen gehen, vorab bereits prüfen (oder planen!) können. Für Fortgeschrittene gibt es die Möglichkeit zu berechnen, ob zum Beispiel Berge den Sonnenaufgang blockieren, und Informationen zu den Mondständen einzuholen. Alle Informationen und Videos mit Erklärungen finden Sie unter http://photoephemeris.com. Die App für Ihren Computer ist kostenlos, die mobile App kostet 9,99 € und ist verfügbar für iOS und Android.
Die Richtungen, aus denen Sonne und Mond auf- und untergehen, werden im Bild deutlich dargestellt, in diesem Fall vor der berühmten Düne von Sossusvlei, Namibia am 15. August 2015.
2.2Reisegesellschaft
Allein reisen oder in der Gruppe – das ist eine immer wiederkehrende Diskussion unter Reisefotografen. Aus rein fotografischen Gesichtspunkten ist allein reisen oder mit einem Partner/Freund, der auch fotografiert, zu präferieren. Das maximiert die fotografischen Möglichkeiten, denn man ist frei zu gehen und stehen zu bleiben, wo immer man will, und kann selbst die rechten Zeitpunkte bestimmen, ohne auf die Wünsche nicht fotografierender Mitreisender Rücksicht nehmen zu müssen. Zudem erregt man als Einzelner weniger Aufmerksamkeit und kann so entspannter fotografieren. Doch allein reisen hat auch Nachteile. Man ist für alles selbst verantwortlich und das kann, vor allem wenn’s Probleme gibt, anstrengend werden. Individuelle Reisen sind häufig auch teurer und es kann ziemlich ungemütlich sein, allein in seinem Zelt oder Hotelzimmer zu sitzen. Das andere Extrem ist, mit einer komplett durchorganisierten Reise für Nichtfotografen unterwegs zu sein. Man hat dann wenig Möglichkeit, die Tagesplanung zu beeinflussen, was die fotografischen Möglichkeiten in hohem Maße einschränkt. Der größte Vorteil einer Gruppenreise ist, dass es bei eventuellen Problemen einen Ansprechpartner gibt. Es kann auch unterhaltsamer sein als auf einer individuellen Reise, was jedoch stark vom »Draht« zu den anderen Mitreisenden abhängt, die man sich oft nicht selbst ausgesucht hat. Zwischen diesen beiden Extremen liegen natürlich allerlei Zwischenformen – wie zum Beispiel eine Reise mit einer Gruppe Fotografen. Dann gibt es wieder mehr Möglichkeiten, die Tagesplanung zu beeinflussen. Das Wichtigste bei jeder nichtindividuellen Fotoreise ist, dass vorab klare Absprachen getroffen werden, wie mit individuellen Wünschen innerhalb der Gruppe umgegangen wird, ohne dass das zu Irritationen oder Streitereien führt. Viele (Gruppen-)Fotoreisen enden in einer zänkischen Atmosphäre, weil die Teilnehmer stark auseinanderlaufende Wünsche und Erwartungen hegten, über die zu Beginn keine klaren Übereinkünfte getroffen wurden.
Geht man mit seiner Familie in den Sommerurlaub, dann steht die Gesellschaft natürlich schon fest. Doch auch dann ist es wichtig, gute Absprachen miteinander zu treffen, wie viel Zeit zu welchen Tageszeiten fürs Fotografieren zur Verfügung steht. Wenn jeder andere Erwartungen an den Urlaub hat, kann das schnell zu Frustration auf allen Seiten führen. Dazu ist ein Urlaub allerdings nicht gedacht. | Pontresina, Schweiz | Peter Wijn | 04.08.2010, 12:45 Uhr | Nikon D700 mit AF-S Nikkor 105 mm 1:2,8 VR, 1/800 s, Blende 5,6, ISO 200
2.3Verkehrsmittel
Als Reisefotograf ist man, wie der Name schon sagt, immer in Bewegung. Die Frage ist nur, auf welche Weise man sich bewegt. In Städten ist laufen möglicherweise ein brauchbarer Ansatz, doch in der Regel liegen in einer Weltstadt die schönsten Flecken nicht direkt beieinander. Das bedeutet ziemlich viel Lauferei und mit einem schweren Fotorucksack auf dem Rücken wird es schnell anstrengend. Öffentlicher Nahverkehr ist dann eine gute Option. Zumindest in Städten mit einem guten U-Bahn-Netz kann man sich schnell und günstig bewegen. Allerdings ist die U-Bahn in manchen Städten nicht die sicherste Option – schon gar nicht, wenn man deutlich sichtbar mit einer Menge Fotoausrüstung unterwegs ist.
In eher ländlichen Gegenden können Sie mit Zug oder Bus reisen, aber auch die halten nicht immer an den Stellen, die Sie gerne fotografieren wollen. So führt kein Weg am Individualverkehr vorbei. Das kann ein (teures) Taxi sein oder ein Leihwagen, doch in ärmeren Ländern kann man oft auch für einen oder mehrere Tage einen lokalen Bewohner mit seinem Moped, Tuk-Tuk oder einem anderen lärmenden provisorischen Fahrzeug anheuern. Der Vorteil davon ist, dass der Chauffeur sich in der Gegend auskennt und gleichzeitig Führer und Dolmetscher sein kann.
Weniger naheliegende Formen lokaler Transportmittel sind kleine Boote und Flugzeuge, Hubschrauber, Ultraleichtflugzeuge und Luftballone. Sie helfen, an schwer erreichbare Orte zu kommen (denken Sie an das Amazonasgebiet oder das Pantanal in Brasilien), sind aber auch gut geeignet, um einfach erreichbare Orte auf eine außergewöhnliche Weise zu fotografieren. Denn wen beeindrucken sie nicht – die von oben aufgenommenen Bilder der berühmten Sanddünen in Namibia, von Elefantenherden in Ostafrika oder eines isländischen Flussdeltas.
Transportmittel sind in erster Linie dazu gedacht, Sie an Ort und Stelle zu bringen. Achten Sie jedoch auch darauf, dass an Bord genügend Platz für alle Sachen ist, die Sie mitnehmen wollen. Jeder kennt sicher die Gepäckregelungen bei Fluggesellschaften. Das setzt sich auch auf anderer Ebene fort: Ist Ihr Leihwagen groß genug? Wie viele Menschen gehen mit an Bord eines kleinen Bootes oder des offenen Safariautos? Oder wie viele Ellenbogen machen Ihnen das Arbeiten in einem Ballon unmöglich?
Für Urlaubsfotografen ist es eine gute Idee, vor der Abreise oder sofort vor Ort herauszufinden, ob es Möglichkeiten gibt, mit öffentlichen Nahverkehrsmitteln, gemieteten Mopeds oder Fahrrädern oder einer organisierten Tour die Umgebung zu erkunden. Man verliert dann vor Ort keine wertvolle Zeit und weiß genau, was man erwarten kann und was nicht. Das vermeidet Enttäuschungen.